Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

Dankbar bin ich übrigens auch dem Tourismusverband des Landes, der mir in einem an mich gerichteten Schreiben mitgeteilt hat, dass er das Vorhaben einer Kulturförderabgabe sehr löblich findet und hier mit uns an einem Strang zieht.

Zum Thema Bildung von Kulturregionen und solidarischer Umlandfinanzierung erhielten wir kürzlich etwas überraschend die Unterstützung des Präsidenten des Landesrechnungshofes Herrn Seibicke. Wörtlich meinte der Präsident in seiner jüngsten Stellungnahme - ich zitiere -:

„Vor allem ist es wichtig zu prüfen, wie das Umland der Theater- und Orchesterstandorte an der Finanzierung beteiligt werden kann. Verpflichtende Formen der Zusammenarbeit wie in Sachsen seien ein möglicher Weg.“

Recht hat Herr Seibicke.

(Herr Schröder, CDU: Aber Ihr Vorschlag ist ein anderer!)

Auch der Kultusminister Herr Dorgerloh findet einige Ansätze unseres Gesetzentwurfs offenbar ganz gut. Zumindest zum Thema Bettensteuer bzw. zur Kulturförderabgabe äußerte er sich unlängst wohlwollend und zeigte sich diesem Vorschlag gegenüber sehr aufgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Dann kann eigentlich nichts mehr schiefgehen.

(Heiterkeit bei der LINKEN - Zuruf: Genau!)

Ich bitte Sie um die Überweisung in die jeweiligen Fachausschüsse.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Abgeordneter. Möchten Sie eine Nachfrage beantworten?

(Herr Felke, SPD: Lassen wir das mit dem Ausschuss, das beschließen wir gleich!)

Ja, gern.

Herr Kollege Barthel, bitte.

Herr Kollege Gebhardt, Ihren Optimismus, dass da nichts mehr schiefgehen kann, teilen wir ausdrücklich nicht. Ich habe dazu drei Fragen.

Sie sprachen die rechtlichen Schwierigkeiten Ihres Gesetzentwurfes an. Ist denn mit dem GBD einmal die Frage der Verfassungskonformität geprüft worden? Was Sie vorhaben, ist nichts anderes als dass die Umlandkreise und Umlandkommunen zum Beispiel auch zur Finanzierung von Einrichtungen in kreisfreien Städten herangezogen werden. Die Mitfinanzierung setzt Mitwirkungsrechte voraus. Insofern sehen wir an der Stelle ein Problem in Bezug auf Artikel 28 des Grundgesetzes und Artikel 87 der Landesverfassung, die die kommunale Selbstverwaltung festschreiben.

Dann gibt es ein weiteres Problem, das Sie angesprochen haben. Sie argumentieren, dass die Tragfähigkeit dieser Einrichtungen gestärkt werden muss, weil sie von Dritten mitbenutzt werden, die nicht am Standort der Kultureinrichtungen wohnen.

Jetzt haben wir das Gutachten von Professor Deubel, der im Zusammenhang mit der Stadt-UmlandAbgabe festgestellt hat, dass es überhaupt keinen empirischen Hinweis darauf gibt, dass die Kosten auf Dritte umlagefähig sind. Im Gegenteil: Die Tragfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Kultureinrichtungen wird durch mehr Kundschaft, die diese Einrichtungen besucht, verbessert und nicht geschwächt. Mehr Kundschaft erhält man, indem die Kultureinrichtungen gerade auch von Leuten besucht werden, die nicht am Standort leben. Das kommt auch noch mit dazu.

Ich komme zum letzten Argument. Sie sprachen Sachsen an. Das, was der Rechnungshofpräsident gut findet, muss man genau betrachten. In Sachsen hat man einen kommunalen Kulturraum gebildet, in dem man die kreislichen Kultureinrichtungen zusammengefasst hat, und einen kreisfreien Kulturraum, in dem man die Kultureinrichtungen zusammengefasst hat, deren Finanzierung teurer ist. Man hat dort so etwas wie kommunale Gruppen gebildet und hat die Umverteilung innerhalb dieser Gruppen gemacht.

Sie schlagen vor, dass es quasi quer aus dem kreislichen und kommunalen Raum in die kreisfreien Räume hineingeht. Das scheint im Hinblick auf die Verfassungskonformität massiv problematisch zu sein. Haben Sie das prüfen lassen?

(Herr Borgwardt, CDU: Das ist Quersubven- tionierung!)

Ich fange einmal mit dem Letzten an. Wir haben uns auch im Kulturkonvent mit dem sächsischen Kulturraumgesetz beschäftigt und sind dann sehr schnell zu der Auffassung gekommen, dass uns eine 1:1-Übertragung des sächsischen Gesetzes nicht weiterhilft, weil wir in Sachsen-Anhalt zwingend auch eine Entlastung der kreisfreien Städte auf diesem Gebiet brauchen. Die Sachsen - da haben Sie völlig Recht - haben urbane Kulturräume gebildet. Das sind die drei großen Städte Chemnitz, Leipzig und Dresden. Das ist ein eigener Kulturraum.

Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass Halle, Dessau und Magdeburg ein eigener Kulturraum ohne das Umland wären, dann wäre das Gesetz sinnlos, zumindest für die drei großen Zentren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir wollen ausdrücklich eine Entlastung der Zentren haben, von deren Kulturangeboten nachweislich das gesamte Umfeld profitiert. Herr Deubel wird auch künftig damit leben müssen, dass wir eine andere Auffassung haben als er. Das finde ich jetzt auch nicht dramatisch und nicht schlimm.

(Herr Gallert, DIE LINKE, lacht)

Übrigens hat das nicht der Präsident des sächsischen Rechnungshofs, sondern der Präsident des sachsen-anhaltischen Landesrechnungshofes so vorgeschlagen.

Zu der ersten Frage ist zu sagen: Ja, natürlich haben wir das durch den GBD und gerade auch hinsichtlich der Verfassungsfrage prüfen lassen. Das wurde positiv beschieden, sonst hätten wir dieses Gesetz heute so nicht eingebracht.

Ich finde es nur - das muss ich ganz ehrlich sagen - erstaunlich, dass Sie mit dem Argument kommunale Selbstverwaltung kommen. Also da möchte ich doch einmal an die letzte Gebietsreform in diesem Land erinnern,

(Beifall bei der LINKEN)

bei der die kommunale Selbstverwaltung überhaupt keine Rolle gespielt hat, bei der man sich über den Bürgerwillen und über Entscheidungen bei Bürgerentscheiden völlig hinweggesetzt hat und wo man neue Einheiten geschaffen hat.

(Unruhe bei der CDU)

Also ich glaube, da ist die Bildung von Kulturregionen, wenn wir bereits existierende Planungsregionen zur Grundlage nehmen, ein Kinkerlitzchen gegen die Gebietsreform, die Sie in der Vergangenheit gemacht haben.

(Zurufe von der CDU)

Danke schön, Herr Kollege Gebhardt. Es gibt eine weitere Nachfrage. Der Abgeordnete Herr Barthel würde noch eine Frage stellen.

Ich will nur darauf hinweisen, dass wir bei der FAG-Systematik nicht ohne Grund kommunale Gruppen bilden und dass wir bei dem Verteilungsschlüssel kreisfreie Städte im FAG ausdrücklich privilegieren, indem sie aufgrund ihrer Struktur wesentlich mehr Geld kriegen als der kreisangehörige Raum und die Landkreise.

(Herr Borgwardt, CDU: Genau so ist das!)

Jetzt schlagen Sie hier eine völlig andere Systematik vor und sagen, das gilt zwar für die allgemeinen Finanzierungsstrukturen, aber für die Kultureinrichtungen ausdrücklich nicht. Da schlagen Sie eine Quersubventionierung zwischen den Gruppen vor.

Da würde ich meinem Landrat in jedem Fall den Klageweg empfehlen, weil ich die kommunale Selbstverwaltung wirklich großschreibe. Sie ist ein Verfassungsgrundsatz, den wir sehr hoch halten, was Sie uns auch nicht absprechen werden. In dieser Hinsicht teile ich den Optimismus, den Sie haben und den der GBD offenbar hat, ausdrücklich nicht.

Da war jetzt aber keine Frage zu erkennen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das war vielleicht eine Zwischenintervention. - Weitere Nachfragen gibt es nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann spricht nun für die Landesregierung der Kultusminister Herr Dorgerloh.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will gern die Gelegenheit nutzen, um über Kultur zu reden, für Kultur zu streiten und schließlich auch über den Gesetzentwurf zu reden.

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir immer wieder laut und leise, aber auf jeden Fall nicht müde werdend, daran zu erinnern - Stefan Gebhardt hat es eben auch schon getan -, wie wichtig Kultur für dieses Land und

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

wie wichtig Kultur für die Identität dieses Landes ist. Man kann auch sagen, dass Kultur ein Allein

stellungsmerkmal Sachsen-Anhalts in der Gemeinschaft der Länder ist.

Die Wiege europäischer Kulturen und Epochen steht vielfach in unserem Land. Deutsche Kaiser wie Heinrich und Otto, Reformatoren wie Luther und Melanchthon, Pietisten wie Francke oder aufgeklärte Landesherren wie Fürst Franz, Bauhäusler wie Gropius und Meyer usw. usf. - immer wieder Sachsen-Anhalt.

Ich will natürlich auch von Bach und Novalis, von Klopstock und Winckelmann reden und könnte das noch eine ganze Weile tun. Immer wieder würde deutlich werden, dass wir es hier mit Kulturerbe aus Sachsen-Anhalt zu tun haben.