Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

Ich will natürlich auch von Bach und Novalis, von Klopstock und Winckelmann reden und könnte das noch eine ganze Weile tun. Immer wieder würde deutlich werden, dass wir es hier mit Kulturerbe aus Sachsen-Anhalt zu tun haben.

Zu Recht ist schon auf die Gegenwart hingewiesen worden, auf junges Design, also auf Kunststudenten der Burg Giebichenstein, die versuchen, sich im Land Sachsen-Anhalt eine Existenz aufzubauen, auf Komponisten oder auf „Neue Impulse“, auf Neo Rauch und „Jugend musiziert“, auf Puppentheater und Händel-Oper. All das gehört dazu, zusammen mit dem Weill-Fest und der kulturellen Bildung. Auch davon ist zu reden, wenn wir über Sachsen-Anhalt reden. Da macht auch SachsenAnhalt von sich reden.

All das finanzieren wir. Das finanzieren wir weiter. In diesen Bereichen haben wir in diesem und im nächsten Jahr stabile Verhältnisse. Wenn wir dann noch schauen, mit welcher langfristigen Perspektive wir Cranach 2015, Luther 2017 und Bauhaus 2019 planen und auch da Erbe und Gegenwart Hand in Hand gehen, dann, glaube ich, können wir zu Recht von Kulturpolitik und von einem Kulturland reden.

(Beifall bei der SPD)

Das Jahr 2013 ist Francke-Jahr. Deswegen will ich an dieser Stelle an einen erinnern, der in ganz besonderer Weise Gegenwart und Erbe miteinander verknüpfte. Es handelt sich um Paul Raabe. Dieser gelehrte Bibliothekar und visionäre Kulturmensch, dieser herzliche Menschenfischer, hat es meisterhaft verstanden, Vergangenheit und Gegenwart zu verknüpfen. Man kann sich vor diesem großen Lebenswerk im Land nur verneigen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kultur muss uns allen in diesem Haus viel wert sein. Die Kultur hat eine zivilisierende und zivilisatorische Kraft. Ohne Kultur ist kein Staat zu machen. Die Kultur ist Humus für unsere Gesellschaft. Das müssen wir sorgfältig pflegen.

Bei aller Euphorie, in die man geraten kann, wenn man über ein solches Kulturland, über eine solche Kulturlandschaft sprechen kann, darf man aber nicht das Versagen kultureller Eliten in den europäischen und deutschen Katastrophen des

20. Jahrhunderts verdrängen. Deshalb sind gerade kulturelle Bildung und Erinnerungskultur, Theater und Film, Literatur und Musik die Grundnahrungsmittel für Mensch und Gesellschaft, für Demokratie und Gemeinwesen. Sie sind unverzichtbar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben an dieser Stelle alle miteinander eine Aufgabe zu erfüllen, nämlich Hüter der Kultur, von Erbe wie Gegenwart, zu sein und auch für uns selbst immer darauf zu achten, dass Kultur in unseren vollen Kalendern genügend Platz hat und sich breit machen kann und dass wir selbst auch auf uns achten, dass wir die nötige Dosis Kultur in uns tragen.

Der Landtag hat den Kulturkonvent einstimmig beauftragt. Darüber ist schon berichtet worden. Er sollte den Bestand sichten und beschreiben, die Herausforderungen markieren und Empfehlungen formulieren.

Es sind 163 Empfehlungen geworden. Zwei davon betreffen Finanzen. Die haben es allerdings auch in sich. Man kann das aber mit Blick auf Bestand und Herausforderungen durchaus nachvollziehen.

Aber der Konvent redet eben auch viel über Kooperationen und Strukturveränderungen, über eine kritische Überprüfung des Bestehenden sowie über Anpassungen, weil er die Gegebenheiten der Gegenwart und des Landes finanziell wie strukturell, demografisch wie in der Geschichte gewachsen nicht ignoriert. Das macht ihn so besonders.

Deswegen ist er an dieser Stelle auch ein erfolgreicher Vorgang, dessen Empfehlungen wir natürlich umsetzen. Wir sind mittendrin, weil wir erstens immer gesagt haben, dass die Empfehlungen die Grundlage für ein Landeskulturkonzept sind. Das wird in wenigen Tagen im Kabinett in Grundzügen vorgestellt. Dann werden wir daraus einen ersten Entwurf machen, über den wir mit den Akteuren des Konventes und anderen noch einmal diskutieren, bevor er in der zweiten Jahreshälfte im Kabinett vorgestellt und hoffentlich auch besprochen und verabschiedet werden kann.

Das tun wir natürlich, weil wir so ein reiches Kulturland sind und weil wir im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten sehr sorgfältig schauen müssen, wofür wir Mittel einsetzen und wie wir bei all den Veränderungen, die schon da sind, die sichtbar sind oder auf uns zukommen, verlässliche Rahmenbedingungen setzen können.

Die Kommunen und das Land, Vereine und die Kirchen sind bei der Finanzierung zentrale Akteure. Ich will nur zwei Zahlen nennen, weil ich glaube, dass das noch einmal deutlich macht, wie viel uns die Kultur wert ist.

Die Kommunen - sie sind an dieser Stelle zuerst zu nennen - und das Land lassen es sich jährlich mehr als 100 Millionen € kosten, Theater, Oper und Orchester, Ballett und Musical zu spielen.

Über 100 Millionen € jährlich bringen die Kommunen und das Land auf. Das Land muss ich bescheiden an zweiter Stelle nennen.

Wir haben mehr als 40 Millionen € jährlich für die Unesco-Welterbestätten und die Stiftungen zur Verfügung. Auch an dieser Stelle wird das Land durch den Bund unterstützt. Auch die Kommunen tragen die finanziellen Aufwendungen, allerdings in einem bescheidenerem Maße, ebenso wie Private mit.

Dies alles kann uns nicht davon befreien, grundsätzlich darüber nachzudenken - jetzt komme ich zum letzten Punkt, nämlich dem Gesetzentwurf -, wie man die Lasten solidarisch verteilen kann, wie man gemeinsam ins Nachdenken über zu setzende Schwerpunkte und regionale Angebotsstrukturen kommt.

Die Kulturräume sind bereits erwähnt worden und wir haben dazu gerade eine kleine Debatte geführt. Ja, der Konvent hat sich dazu positiv positioniert. Sicherlich ist das Beispiel Harz eines, an dem man sich orientieren kann. Aber der Konvent hat es gerade vermieden - ich finde, an dieser Stelle war der Konvent sehr, sehr weise -, dies pflichtig von oben zu verordnen.

Das unterscheidet auch die Positionen der Empfehlung des Konvents und des Gesetzentwurfs. Die Frage ist: Kann man diese Solidarität tatsächlich verordnen? Kay Barthel hat gerade auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die verfassungsrechtlich und aus anderen Gründen damit verknüpft sind.

Der Konvent hat, wie ich finde, sehr weitsichtig empfohlen, an dieser Stelle Freiwilligkeit zum Prinzip zu machen. Wir müssen darüber im Ausschuss ausführlich diskutieren und debattieren.

(Herr Borgwardt, CDU: Genau so ist es!)

Wenn man sich den Gesetzentwurf anschaut, dann stellt man fest, dass immer dann, wenn es ins Detail geht, wenn es darum geht, wie Mittel verteilt werden, wenn es darum geht, welche Veranstaltungen einzubeziehen sind usw., das Kultusministerium das per Verordnung regeln darf. Ich sage an dieser Stelle: So viel Vertrauen in die Landesregierung ist löblich. Aber der Teufel steckt im Detail.

Darüber müssen wir reden, wenn wir uns die pflichtige Mitgliedschaft, Einstimmigkeit bei Abstimmungen in den Kulturregionen, Verteilungsprinzip, kommunale Selbstverwaltung, Zweckbindung von Abgaben usw. anschauen. Das alles sind Hürden, die möglicherweise für das, was dort beschrieben ist, zu hoch sind.

Ich möchte auch sagen, was gut ist. Gut ist, dass wir darüber zielorientiert und offen diskutieren sollen, dass wir es so machen sollen, dass am Ende

hoffentlich eine Lösung steht, gerade mit Blick auf die Einnahmeseite. Wir diskutieren in den letzten Wochen über Ausgaben, Ausgaben, Ausgaben. Ich wünsche mir, dass wir genauso intensiv über die Frage diskutieren, wie wir zu Einnahmen kommen.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das heißt, wir müssen schauen, wie wir Einnahmen erhöhen können und wer wie dazu beitragen kann. Wir sind nicht die Ersten, die darüber diskutieren. Kulturabgabe, Kulturtaxe - all das gibt es schon. Aber ich sage an dieser Stelle auch: Es darf am Ende nicht so bürokratisch sein, dass außer Verwaltungsspesen nichts gewesen ist.

Deswegen bin ich dankbar für diesen Gesetzentwurf, weil er uns die grundsätzliche Debatte darüber ermöglicht - kommunal wie personal. Das begrüße ich ausdrücklich. Gut, dass wir ihn haben, aber jetzt müssen wir auch darüber reden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zu- stimmung bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Minister. - Für die Fraktion der CDU spricht nun der Abgeordnete Dr. Schellenberger.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines ist sicher - dies hat die Fraktion DIE LINKE auf jeden Fall erreicht -, nämlich eine sehr große Aufmerksamkeit. Nach der Hochschuldebatte ist, so glaube ich, die Frage der Kultur im Moment die zweitwichtigste im Land. So gesehen ist der Gesetzentwurf zur rechten Zeit gekommen.

Da ich dafür bekannt bin, mich kurz zu halten, werde ich jetzt gezielt auf den Gesetzentwurf eingehen. Das heißt, wir schauen uns jetzt die Paragrafen an. Unser finanzpolitischer Sprecher hat gerade viele Punkte, ohne dass wir uns darüber abgestimmt haben, aufgegriffen. Es könnte Teamwork gewesen sein, aber Kultur ist mehr als Finanzen - das stimmt auch.

Deshalb ist es sehr wichtig, dieses Thema zum jetzigen Zeitpunkt aufzugreifen. Ich werde mich in meinen Äußerungen auf den Gesetzentwurf beschränken und werde zum Schluss etwas zum Thema sagen.

(Herr Lange, DIE LINKE: Der Gesetzentwurf ist das Thema!)

Punkt 1. In § 1 werden fünf Kulturregionen benannt. Diese fünf Kulturregionen werden per Gesetz festgelegt. Der Landkreistag sagt, dies sei

keine glückliche Wahl; vielmehr sei es sinnvoll, so etwas selbst zu bilden. Der Unterschied zu Sachsen - das wurde bereits gesagt - ist genau der, dass die kreisfreien Städte eingebunden sind. Der Hinweis kam schon.

Schwierig wird es auch mit Blick auf die unterschiedliche Behandlung im FAG. Das heißt, man müsste an dieser Stelle über das FAG noch einmal nachdenken. Ich möchte hinterfragen, ob das sinnvoll ist.

In Anbetracht der Unruhe, die hier ab und zu bei der Partei DIE LINKE entsteht, möchte ich sagen, dass wir den Gesetzentwurf natürlich an den Ausschuss überweisen werden. Ich finde, dies ist eine durchaus spannende Diskussion. Ich möchte heute nur einige Schwerpunkte, die unserer Meinung nach geklärt werden müssen, anzeigen.

Punkt 2. In § 4 werden die Organe beschrieben. Unter anderem ist von einem Verbandsgeschäftsführer bzw. einer Verbandsgeschäftsführerin die Rede. Diese sollen ehrenamtlich tätig sein. Das Ehrenamt - das muss ich sagen - ist ein hohes Gut. Wir sind dankbar für so viel Ehrenamtlichkeit in unserem Land Sachsen-Anhalt. Man darf es allerdings auch nicht missbrauchen. Ich denke, das Ehrenamt in dieser Größenordnung zu betreiben, ist schwierig. Ich will nicht sagen, dass es nicht möglich ist, aber ich finde es sehr schwierig.

Punkt 3. In § 5 Abs. 1 wird die Landeszuweisung geregelt. Nach ersten Fehlinterpretationen hat man festgestellt: 100 000 € je Region, fünf Regionen, 500 000 €. Diese Mittel sollen aus dem Landeshaushalt kommen. Woher, würde ich auch gern wissen wollen.

Punkt 4 betrifft die Änderung des Kommunalabgabengesetzes. Darauf ist bereits eingegangen worden. Hierbei spielen beispielsweise die Bettensteuer und die Kultursteuer, also 0,25 € ab einem Eintrittsgeld von 5 € bei Kulturveranstaltungen und Besuchen von Kultureinrichtungen, eine Rolle.

Gestern stand dazu einer toller Artikel in der „Volksstimme“, also genau zum richtigen Zeitpunkt. Darin ging es um die Tourismusförderung. Dieser Artikel stand unter der Überschrift: Touristen sollen die Kassen der Städte füllen.

Die in diesem Artikel aufgegriffen Fragen sind die spannenden Fragen, die wir uns stellen müssen: Ist sichergestellt, dass das Geld wirklich bei der Kultur ankommt? Was sagen die Datenschützer dazu? - Dazu würde ich gern Herrn von Bose hören. Auch der Steuerzahlerbund sollte eingeladen werden, weil nicht klar ist, wer den Aufwand bezahlen soll. - Ich muss zügig reden. - An dieser Stelle werden auch kommunale Leistungen in Anspruch genommen. Das Land gibt eine Aufgabe nach unten und es stellt sich die Frage, wie sie finanziell unterlegt wird.

- Stellt mir bitte jemand eine Frage?

(Herr Czeke, DIE LINKE: Das will niemand! - Herr Knöchel, DIE LINKE: Sie müssen ja nicht! - Heiterkeit bei allen Fraktionen)

- Dann muss ich meine Rede leider beenden. - Ich würde gern mit Genehmigung des Präsidenten eine kurze E-Mail vorlesen, die alle Obleute betrifft. Sie hat etwas mit dem Thema zu tun und ich finde es ganz spannend.

Die Kulturkonferenz hat sich gerade gegründet und uns als Ausschuss einen Brief geschrieben. Darin stand, dass sie sich gern mit uns als Ausschuss zu dem Thema zusammensetzen wollen, um ihre Meinung dazu erläutern zu können. Das finde ich ganz spannend und würde dies mit Blick auf die Finanzen - von dieser Seite wird sicherlich kein Konzept vorgelegt - gern so schnell wie möglich tun.

Der Konvent ist auf dem Weg zum Konzept und diesen Weg würden wir gern als Ausschuss mit den Akteuren vor Ort begleiten. Ich lade Sie dazu ein, dies gemeinsam in der Besprechung der Obleute zu diskutieren, um Nägel mit Köpfen zu machen und dieses Thema gleich im September angehen zu können, damit wir nach Abschluss der Haushaltsberatungen Klarheit haben. - Danke.