Protokoll der Sitzung vom 12.09.2013

Nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung werden die Auswirkungen des Klimawandels allein in Sachsen-Anhalt bis zum Jahr 2050 40 Milliarden € kosten. Darin sind die Kosten des Hochwassers von diesem Jahr noch nicht enthalten.

Deshalb steht eines fest: Handeln wird deutlich billiger als die Schäden zu beseitigen. Je länger wir warten, desto teurer werden die notwendigen Maßnahmen.

(Zuruf von Herrn Leimbach, CDU)

Ich bin sicher, schon in ein paar Jahren werden wir kaum noch nachvollziehen können, warum wir nicht konsequenter gehandelt haben; denn alle Entscheidungsgrundlagen liegen offen auf der Hand. So wissen wir zum Beispiel bereits heute, dass die externen Kosten der Braunkohleverstromung etwa 70 % des Marktpreises ausmachen und die Braunkohleverstromung deshalb volkswirtschaftlich gesehen schlichter Unfug ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun ist eines klar: Wir können durch eine Senkung der Treibhausgasemissionen in Sachsen-Anhalt das globale Klima nicht retten. Ich sehe uns aber in der Pflicht, eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz einzunehmen. Ich sehe uns in der Pflicht, einen Beitrag zur Lösung der weltweiten Probleme zu

leisten und damit zu demonstrieren, dass eine Low Carbon Society möglich ist.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Bisher ist davon wenig zu spüren. Das Land Sachsen-Anhalt ist bezogen auf den Zeitraum seit dem Jahr 2000 laut einer Darstellung der Länderinitiative Kernindikatoren das einzige Bundesland, in dem der Ausstoß von CO2 pro Kopf zugenommen hat.

Bislang gibt es in Sachsen-Anhalt keine verbindlichen Klimaschutzziele. Es fehlen verbindliche Vorgaben für die Erarbeitung, Umsetzung und Überprüfung der sowie die Berichterstattung über die klimapolitisch notwendigen Maßnahmen. Genau diesen verbindlichen Rahmen wollen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Welche Ziele hat das von uns vorgeschlagene Klimaschutzgesetz? - In dem Klimaschutzgesetz sollen zwei wichtige Ziele verankert werden. Bis zum Jahr 2020 sollen die Treibhausgasemissionen auf 31,3 Millionen t pro Jahr reduziert werden. Das bedeutet eine Reduzierung um 24,8 % gegenüber dem Jahr 2005. Damit wollen wir das verbindlich festschreiben, was im Klimaschutzkonzept des Landes Sachsen-Anhalt als machbar angesehen wird.

Ich will an dieser Stelle nicht verschweigen, dass wir GRÜNEN auch deutlich ambitioniertere Ziele anstreben, die bei einem entsprechenden politischen Willen auch umsetzbar sind. Wir wollen der Koalition mit diesem Gesetzentwurf aber auch einen realistischen Vorschlag unterbreiten, der durch die Referenz auf das eigene Konzept mehrheitsfähig sein sollte.

Als langfristiges Ziel ist im Klimaschutz vorgesehen, die Pro-Kopf-Emissionen bis zum Jahr 2050 auf 1 t zu reduzieren. Das ist eine Herausforderung, keine Frage.

(Zurufe: Eben! - Ja!)

Aber: Dieser Wert ist für alle Staaten unumgänglich, um das politisch gesetzte 2-Grad-Ziel einhalten zu können. Damit würde das Land SachsenAnhalt seine eigenen Klimaschutzziele an die langfristigen globalen Ziele, die Ziele der EU und die Ziele der Bundesrepublik Deutschland sowie die internationalen Vereinbarungen anpassen.

Wie funktioniert das Klimaschutzgesetz? - Kernpunkt des Gesetzes ist die Erarbeitung eines Klimaschutzplans für Sachsen-Anhalt. Bei dem Klimaschutzplan soll die Landesregierung das gesamte Spektrum der Interessenverbände, alle Stakeholder, die Umwelt-, Verbraucher- und Wirtschaftsverbände, Frauenverbände und Netzwerke, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände, Industrie-

und Branchenverbände, Kirchen und auch Bürgerinnen und Bürger, die Behörden sowie wissenschaftliche Einrichtungen mit ins Boot holen.

Denn eines muss klar sein: Es reicht nicht mehr aus, an einigen kleinen Stellschrauben zu drehen. Wir brauchen ein breites gesellschaftliches Bündnis für den Klimaschutz. Nur ein breiter gesellschaftlicher Konsens gewährleistet die nötige Akzeptanz für den Klimaschutzplan und nur mit dieser Akzeptanz kann auch die Umsetzung der Klimaschutzziele gelingen. Das Klimaschutzgesetz bietet dafür den passenden Rahmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben keine Zeit mehr zu zögern, die Herausforderungen des Klimawandels anzunehmen. Wir dürfen nicht länger für einen kurzfristigen Nutzen langfristige Schäden in Kauf nehmen. Das ist ein Gebot der ökologischen wie der ökonomischen Vernunft.

Wir wissen, dass mit dem, was jetzt auf dem Tisch liegt, das 2-Grad-Ziel nicht zu erreichen ist. Deswegen müssen wir handeln. Wir müssen agieren. Wir müssen auch in Sachsen-Anhalt verbindliche Klimaschutzziele setzen und in einem Klimaschutzplan Maßnahmen benennen, deren Erfolge beobachten und ganz konkret abrechnen. Meine Damen und Herren! Ein Weiter-so im Klimaschutz ist keine Option. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Weihrich, für die Einbringung des Gesetzentwurfes. - Wir treten jetzt in die Debatte ein. Als erster Redner spricht für die Landesregierung Minister Herr Dr. Aeikens. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Weihrich, unter Bezugnahme auf Ihre einleitenden Worte möchte ich zunächst anmerken, dass es mich sehr freut, dass wir gemeinsam eine außerordentliche Wertschätzung unserer Bundeskanzlerin haben.

(Beifall bei der CDU - Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Sie haben uns den Entwurf eines Klimaschutzgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt vorgelegt. Natürlich: Ist es nicht etwas Gutes und Zielführendes, den Schutz unseres Klimas, ein Ziel, hinter das wir uns alle stellen können, gesetzlich zu normieren? Ist es nicht zu begrüßen, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dieses Land in diesem für die Menschheit wichtigen Punkt voranbringen möchte?

Ich will in meinem Redebeitrag versuchen, auf diese Fragen Antworten zu geben. Das Fazit ziehe ich jedoch gleich. Es lautet: Meine Damen und Herren! Wir brauchen kein Klimaschutzgesetz in Sachsen-Anhalt.

(Beifall bei der CDU)

Wie ist die Faktenlage? - Die Treibhausgasemissionen in Sachsen-Anhalt sind seit dem Jahr 1990 drastisch zurückgegangen.

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE - Herr Grünert, DIE LINKE: Ja, ja!)

Von ca. 65 Millionen t CO2-Äquivalenten hat sich die Belastung auf weniger als die Hälfte reduziert. Das ist nicht nur auf den Zusammenbruch einiger stark emittierender Industrien zurückzuführen, sondern auf die erfolgreiche Klimapolitik dieser Landesregierung.

(Unruhe bei der LINKEN - Herr Henke, DIE LINKE: O nee! - Herr Gallert, DIE LINKE: Aber für den Regen sind Sie dann nicht zu- ständig! - Zuruf von der LINKEN: Was soll das denn? - Zurufe von den GRÜNEN)

- Nehmen Sie die Fakten mal weiter zur Kenntnis, Herr Gallert.

(Zuruf von der LINKEN: Ja, machen wir das!)

40 % der Potenziale zur weiteren Minderung der Treibhausgasemissionen sind nämlich dem Ausbau der erneuerbaren Energien zuzuschreiben. In den zurückliegenden Jahren belegte SachsenAnhalt in Ländervergleichen hier immer Spitzenplätze. Wir sind das führende Land im Bereich der regenerativen Energien

(Herr Leimbach, CDU: Ja!)

und haben die höchste Arbeitsplatzdichte in diesem Bereich - durch wissenschaftliche Studien nachgewiesen.

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Sachsen-Anhalt war übrigens das erste Land, das eine Windpotenzialstudie erstellt, die regionalplanerischen Voraussetzungen für den geordneten Ausbau der Windenergie geschaffen,

(Zuruf von Herrn Leimbach, CDU)

Potenzialstudien entwickelt und ein kommunales Energiemanagement eingeführt sowie einen Landesdialogprozess zur Energiewende begonnen hat, um nur einige wichtige Punkte zu benennen.

Wir haben ein ambitioniertes Klimaschutzprogramm in Sachsen-Anhalt entwickelt. Wir haben Anpassungsstrategien entwickelt, um den Auswirkungen des Klimawandels begegnen zu können. Und wir sind das erste Bundesland, das bei der Behandlung von Vorlagen für das Kabinett einen Klimacheck eingeführt hat. Klimaschutz steht somit

oben auf der politischen Agenda dieser Landesregierung.

(Zustimmung von der Regierungsbank)

Und, Herr Gallert, wir sind im Klimaschutz erfolgreich. Das heißt: Wenn wir hier ohne Gesetze erfolgreich sind, brauchen wir keine zusätzlichen Gesetze.

(Zustimmung bei der CDU)

Auch wenn man sich den Gesetzentwurf näher anschaut, wird die Bewertung nicht besser. Sie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, scheinen zu vergessen, dass es beim Klimaschutz auch darauf ankommt, die Ökonomie nicht aus dem Auge zu verlieren. Beim Klimaschutz ist es wichtig, sozialverträglich eine möglichst große Menge an Treibhausgasen zu möglichst geringen Kosten zu vermeiden.

(Zuruf von der LINKEN: Das bleibt ein Wunsch!)

Wenn man allerdings zunehmend auf ineffiziente Maßnahmen setzt, bei denen CO2-Vermeidungskosten von mehreren Hundert Euro je Tonne bewusst als Klimaschutzmaßnahme propagiert werden, so führt das in eine Sackgasse. Ich empfehle dazu die Publikation des bekannten Magdeburger Wirtschaftswissenschaftlers Professor Weimann zur Lektüre.

(Oh! bei den GRÜNEN)