Protokoll der Sitzung vom 12.09.2013

(Oh! bei den GRÜNEN)

Wie bereits aus anderen Klimaschutzgesetzen bekannt, will auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen-Anhalt sektorspezifisch verbindliche Treibhausgasminderungsziele gesetzlich festschreiben. Es sollen rechtliche Grundlagen für die Erarbeitung, Umsetzung, Überprüfung, Berichterstattung und die Fortschreibung von Klimaschutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel geschaffen werden.

Es stellt sich die Frage, wie und mit welchen rechtlichen Ansätzen das erfolgen soll. Das bleibt sowohl in dem Gesetzentwurf als auch in der Begründung zu dem Gesetzentwurf völlig offen.

Auch wird in dem Gesetzentwurf so getan, als würden die Länder in den tatsächlich klimarelevanten Bereichen über die volle Rechtsetzungskompetenz verfügen. Dazu muss man wissen, dass Instrumente wie der europäische Emissionshandel, das EEG, Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur Energieeffizienz, Maßnahmen zur Emissionsreduzierung im Verkehr oder produktbezogene Regelungen zur Energieeinsparung nicht der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterliegen.

Schaut man sich den Gesetzentwurf noch näher an, so stellt man fest, dass außer der Festlegung von Zielen keinerlei Aussagen dazu zu finden sind, wie und mit welchen Mitteln diese Ziele erreicht

werden können, wie sie finanziert und wie ihre Erreichung überwacht werden sollen.

Im Übrigen ist Ihnen, Herr Weihrich, glaube ich, auch entgangen, dass die Landesregierung zur Erarbeitung ihres Klimaschutzprogramms 2020 im Rahmen einer Studie die Potenziale und Möglichkeiten des Landes hinsichtlich weiterer Treibhausgasminderungen intensiv analysiert hat. Auch sind hierzu Berichterstattungen und Evaluierungen durchgeführt worden, die kontinuierlich fortgesetzt werden.

Im Übrigen: Natürlich ist es in Ordnung, wenn man das macht, was die Bundesregierung tut, also sich Ziele sich als Orientierung setzt. Aber Ziele mit Zeithorizonten bis 2030 oder sogar 2050 rechtsverbindlich festzuschreiben ist fragwürdig. Sie ignorieren hierbei völlig, dass kein Mensch in der Lage ist, präzise vorauszusehen, welche technischen und sonstigen Entwicklungen sich in diesen Jahren vollziehen werden. Sie ignorieren den menschlichen Erfindergeist.

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Man weiß nicht, welche Entwicklungen noch vorstellbar sind. Die rasante Entwicklung der Elektronik und Rechentechnik ist hierfür, glaube ich, ein überzeugendes Beispiel.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Sachsen-Anhalt zeigt: Eine Landesregierung muss sich zur Realisierung von Klimaschutzmaßnahmen nicht selbst per Gesetz verpflichten, um erfolgreich zu sein. Dafür reichen ein Landesklimaschutzprogramm und eine Klimaanpassungsstrategie, wie wir sie haben, völlig aus. Genau das haben wir mit unserem Klimaschutzprogramm, mit unseren Anpassungsstrategien und mit unserem Energiekonzept. Die bisherige positive Entwicklung gibt uns absolut recht.

Überflüssige Gesetze brauchen wir nicht, insbesondere nicht in einem Bundesland wie SachsenAnhalt, das deutliche Reduzierungen bei den Treibhausgasemissionen aufweist, bei den regenerativen Energien vorn liegt und somit engagierte und erfolgreiche Klimaschutzpolitik betreibt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Minister. - Jetzt beginnt die Fünfminutendebatte der Fraktionen. Als erster Redner spricht Herr Barth für die SPD. Bitte schön, Sie haben das Wort, Herr Kollege.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich sollte Herr Bergmann hier ste

hen. Er ist leider kurzfristig erkrankt. Ich wünsche ihm eine gute Genesung von dieser Stelle. Ich denke, er wird nächste Woche wieder an Bord sein.

Meine Damen und Herren! Ich denke, der Gesetzentwurf trägt dazu bei, die Debatte über den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel in Sachsen-Anhalt zu forcieren. Unter diesem Gesichtspunkt können wir dem Vorstoß der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN durchaus etwas abgewinnen.

Ein Klimaschutzgesetz sollte allerdings auf nationaler Ebene erarbeitet werden; denn 98 % der Treibhausgasemissionen fallen in den Regelungsbereich der Bundesregierung.

(Herr Borgwardt, CDU: So ist es!)

Meine Kritik - das muss ich an dieser Stelle nicht verhehlen - geht ganz klar an die Bundesregierung; denn in den vergangenen vier Jahren war sie nicht in der Lage, ein Klimaschutzgesetz zu schaffen. Ich denke, das ist auch einer der Gründe, warum Länder wie Nordrhein-Westfalen oder BadenWürttemberg eigene Gesetze erlassen haben.

(Zuruf von der CDU)

Natürlich muss man auch berücksichtigen, dass diese Länder durch ihren Bevölkerungsanteil und ihre Schwerindustrie eine deutlich höhere Motivation haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sachsen-Anhalt muss sich hinsichtlich seiner Aktivitäten zum Klimaschutz nicht verstecken. Der Minister hat hier sehr viele Zahlen genannt. Ich möchte sie nicht wiederholen. Ich denke aber, es ist es wert, dem noch ein paar Dinge hinzuzufügen.

Die von der Bundesregierung für das Jahr 2020 gesetzten Ziele zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen haben wir bereits erfüllt. Der Minister hat es auch schon gesagt. Es gibt ein Klimaschutzprogramm seit dem Jahr 1997. Im Jahr 2010 wurde das Klimaschutzprogramm 2020 erstellt und im Jahr 2012 ein Zwischenbericht vorgelegt.

Parallel wurde ein Aktionsplan zur Anpassungsstrategie an den Klimawandel entwickelt. In diesem Plan werden Maßnahmen aufgezeigt, die bereits umgesetzt oder geplant sind. Dies betrifft zum Beispiel das Monitoring zum Klimawandel, die CO2-Langzeitmessung, die Überwachung von Wasserkörpern und die Aktualisierung von Klimaprojekten.

Auch die Gesundheit stellt einen wichtigen Teil des Aktionsplanes dar. Dies betrifft zum Beispiel die Badegewässerprofile und klimabedingt übertragene Krankheiten. Im Bereich Landwirtschaft werden geohydrologische Gutachten mit Maßnahmenplänen und Flurbereinigungsverfahren für die Problemfelder Hochwasser und Bodenerosion erstellt.

Das wird zukünftig sicherlich noch viel wichtiger werden.

Nicht unerwähnt bleiben sollte auch die Tatsache, dass alle Vorhaben der Landesregierung einem Klimacheck unterzogen werden. Das MLU hat hierbei zur Unterstützung des Ressorts Leitlinien erarbeitet, die bei der qualitativen Bewertung der Auswirkungen auf den Klimaschutz hilfreich sind.

Meine Damen und Herren, die Inhalte des Gesetzentwurfs von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN halten wir für diskussionswürdig. Auch könnten wir uns vorstellen, dass aus der parlamentarischen Diskussion heraus eine Initiative im Bundesrat hervorgeht. Gerade im Hinblick auf die Gleichrangigkeit von Umweltgütern wäre ein Klimaschutzgesetz auf Bundesebene sinnvoll; das habe ich schon gesagt.

Mit dem Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollen die in § 2 genannten öffentlichen Stellen dazu verpflichtet werden, Klimaschutzkonzepte zu erstellen. In einem ersten Schritt sollten wir mit den Kommunen darüber reden, welche Vorstellungen sie von einem Klimaschutzkonzept haben und welche Möglichkeiten und Schwerpunkte sie sehen, um den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel in ihrem Wirkungskreis voranzubringen. Die Kommunen brauchen auf sie zugeschnittene Anpassungsstrategien.

Ich denke, es wäre sinnvoll, wenn sich der Umweltausschuss mit dem Pilotprojekt befasst, welches durch die Hochschule Harz erarbeitet worden ist. Ein Aspekt, den wir für wichtig erachten, ist, dass nachhaltiger Klimaschutz nur mit den Menschen umgesetzt werden kann. Herr Weihrich, Sie sind direkt darauf eingegangen. Es geht nur mit den Menschen. Insofern sollten wir uns auch daran halten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den zurückliegenden Jahren hat ein Umdenken im Klimaschutz und im Ressourcenverbrauch eingesetzt. Lassen Sie uns deshalb die Gelegenheit nutzen, mit den Verbänden und Kommunen Möglichkeiten der Entwicklung des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel zu diskutieren.

In diesem Sinne bitten wir um Überweisung des Gesetzentwurfs zur federführenden Beratung in den Umweltausschuss und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Inneres und Sport, für Wissenschaft und Wirtschaft, für Landesentwicklung und Verkehr sowie für Finanzen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Barth. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt der Kollege Herr Lüderitz. Herr Lüderitz, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bündnisgrünen greifen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ein wichtiges Thema auf. Es trifft durchaus auch unsere Intention, Klimaschutzziele konkret zu definieren und Zielstellungen gesetzlich zu fixieren. Das, Kollege Dr. Aeikens, ist eigentlich der kleine feine Unterschied, dass der Landtag Zielstellungen fixieren sollte, um sie für die Umsetzung durch Sie vorzugeben.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Aber ich möchte nicht verhehlen, es gibt durchaus zwei Seiten der Medaille: einerseits die - wie gesagt - berechtigte konkrete gesetzliche Fixierung, andererseits die bereits jetzt schier unübersichtlichen Regulierungsvorgaben und Konzepte auf der Ebene der Europäischen Union, des Bundes, der Länder und der Kommunen.

Dem Außenstehenden fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Da wäre meines Erachtens ein komplexes Umweltgesetzbuch eigentlich das anzustrebende Ziel. Das ist aber gegenwärtig, glaube ich, kaum durchzusetzen. Auf Bundesebene ist man ja bereits einmal kläglich daran gescheitert.

Trotzdem wird meine Fraktion einer Überweisung des Gesetzentwurfs zustimmen und ihn damit auf den Weg bringen. Unser Ziel ist es vor allem, eine möglichst breite öffentliche Debatte zu diesem Thema zu bekommen und im Ergebnis vielleicht doch gesetzliche Vorgaben zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen in Sachsen-Anhalt konkret hier in diesem Haus festzulegen.

Nun hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dieses Klimaschutzgesetz nicht neu erfunden. Ein solches ist - wie schon erwähnt - bereits in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg in Kraft und in Rheinland-Pfalz in Vorbereitung, also überall da, wo die Bündnisgrünen mit in der Regierungsverantwortung sind.

Große Teile des vorliegenden Gesetzentwurfs sind diesen Gesetzen entnommen. Auch dies, finde ich, ist nicht zu kritisieren. Was mich verwundert, ist das doch etwas inkonsequente Übernehmen von für mich sehr wichtigen Inhalten. Ich will das hier anhand von einigen Beispielen verdeutlichen.

Erstens. Die Zielstellungen der Einsparvolumina sind in den beiden geltenden Gesetzen prozentual angegeben, während es bei uns in Tonnen CO2Äquivalent geschehen soll. Das ist durchaus problematisch, auch was die weitere Entwicklung betrifft. Ich halte die Angabe in Prozent für durchaus zweckmäßiger.

(Unruhe)

Herr Kollege, einen kleinen Moment, bitte. Es gibt eine das ganze Haus ergreifende Unruhe. - Sie flacht ab. Sie können weiterreden.

Zweitens. Die Zielstellung „klimaneutrale Landesverwaltung“, die ich sehr unterstütze, ist in den vorliegenden Gesetzen wesentlich detaillierter definiert. Warum macht man das bei uns nicht so? - Das wäre, glaube ich, bei unserer Landesverwaltung durchaus hilfreich.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens. Baden-Württemberg hat sich nicht nur auf die Klimaschutzkonzepte, sondern auch auf die integrierten Energie- und Klimaschutzkonzepte bezogen. Sie, Kollege Weihrich, haben ja auch auf diese Probleme hingewiesen. Ich denke, auch im Haushalt, den wir heute in die Ausschüsse überwiesen haben, wird das deutlich. Die Bewirtschaftungskosten, gerade die energetischen, sind in unseren Häusern in der letzten Zeit mächtig angestiegen. Da wäre es mehr als zweckdienlich, wenn wir in dieser Richtung aktiv werden würden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Viertens. Im vorliegenden Gesetzentwurf ist die wissenschaftliche Begleitung im Vergleich zu anderen Regelungen sehr detailliert dargestellt. Leider trifft das für das Problem des Monitorings für den Klimaschutzplan nicht zu. Das ist eigentlich schade; denn insbesondere Baden-Württemberg hat diese Problematik in § 9 des dortigen Gesetzes meines Erachtens sehr gut gelöst. Ich würde mir fast eine Übernahme wünschen.