Protokoll der Sitzung vom 17.10.2013

Ein länderübergreifender Verbund kann die Chancen erhöhen, kann Vorteile hinsichtlich der Funktionalität, der Datensicherheit, insbesondere auch der Zukunftsfähigkeit der Systeme haben. Aber das kann es eben auch nur. Ein Selbstläufer ist das nicht.

Es kommt darauf an, die spezifischen Bedürfnisse und Spezifikationen unserer sachsen-anhaltischen Verfahren und die Struktur unserer IT-Landschaft in dem neuen Verbund so gut wie möglich zu berücksichtigen. Letztlich wird sich gerade an dieser Stelle zeigen, ob Dataport wirklich der große Wurf hinsichtlich der Effizienz und der von Ihnen erwarteten Einsparungen sein kann.

An dieser Stelle, Herr Minister Bullerjahn, hätten Sie selbst eigentlich noch mehr tun können, mehr tun müssen, um diese Chancen zu maximieren. Was Sie, Herr Minister, nämlich nicht getan haben, das ist, die Kompetenzen und Erfahrungen, das Know-how und auch die Innovationsfähigkeit der heimischen IT-Wirtschaft wirklich abzufragen und zu berücksichtigen.

Es ging ja nie darum, ob die das, was Dataport jetzt machen soll, wirklich selbst mit dem eigenen Baukastensystem sozusagen hinbekommen. Aber es geht darum, ihre Innovationskraft und ihre Erfahrungen abzufragen und sie zu beteiligen.

Da das nicht gemacht wurde, wird der DataportBeitritt heute von der heimischen IT-Wirtschaft kritisiert und als Affront wahrgenommen. Ich sage ganz ehrlich: Das ist eine Chance, die wir uns hier haben nehmen lassen.

(Minister Herr Bullerjahn: Diese Gespräche gab es!)

Schade ist das auch, Herr Minister, weil damit in der Tat Chancen vergeben wurden. Schade ist es, weil dadurch Misstrauen entstehen kann. Sie kennen ja die einschlägigen Pressemitteilungen. Schade ist es, weil das alles nicht hätte sein müssen.

Richtig ist die Kritik des Verbandes der IT- und Multimediaindustrie Sachsen-Anhalt daran, dass in keiner Weise eine wirtschaftliche Alternative geprüft wurde. Dieser Kritik können wir uns als Fraktion anschließen. Diese Tatsache macht uns die Entscheidung, ehrlich gesagt, auch nicht wirklich leichter.

Herr Bullerjahn, angesichts der Beauftragung von Dataport jetzt von einem großen Sprung für die heimische IT-Wirtschaft zu sprechen - da nehmen Sie vielleicht den Mund ein bisschen zu voll.

Mehr als fragwürdig ist auch der Vorgang, dass der Landtag inmitten der Sommerpause mit sehr

knapper Frist um die Abgabe einer Stellungnahme gebeten wurde. Diese Verfahrensweise und auch die fehlende Berücksichtigung von Alternativen nähren den Verdacht, dass Dataport eigentlich niemals wirklich zur Debatte stand. Es ging wenig um das Wie und noch weniger um das Ob.

Diese Verfahrensweise ist deswegen schlecht, weil sie unsere Startposition als Land in dem zukünftigen Verbund schwächt. Wir haben hierbei eine wichtige Chance versäumt, in vertrauensbildende Maßnahmen zu investieren.

Ich glaube, mit dem Versprechen hinsichtlich lokaler Standorte und auch mit dem Versprechen hinsichtlich der Personalübernahme allein ist es nicht getan. Es gibt weitere Fragen zu beantworten. Sie haben das Rückkehrrecht angesprochen. Eigentlich ist das eine tolle Sache. Aber nehmen wir einmal an, sie würden wirklich in Größenordnungen zurück in die Landesverwaltung wollen: Wo sollen sie denn dann eigentlich hin? Wir haben keine offenen Stellen dafür.

Noch einmal kurz zum Vertrag selbst. Er weist einige Auffälligkeiten auf, die uns zum Nachteil gereichen könnten. Ein besonderer Dorn im Auge ist mir dabei, dass beabsichtigt ist, das Polizeirechenzentrum so spät zu transferieren, und dass das Ganze von einer erfolgreichen Polizeireform abhängig gemacht wird.

Sie wissen alle, wie der Status der Polizeireform im Moment im Land ist. Ich befürchte schon, dass wir damit die Übertragung dieses zweiten wichtigen Rechenzentrums auf den Sankt-NimmerleinsTag verschoben haben.

Auffällig ist außerdem, dass wir - Herr Knöchel ist auch darauf eingegangen - in den IT-Verbund nur mit einer Bareinlage hineingehen. Das ist wahrscheinlich so, weil die Technik im Landesrechenzentrum mehr oder weniger nur noch Schrottwert hat. Aber ich glaube, das ist eine schlechte Ausgangsposition. Die anderen Länder machen das anders. Auch das könnte ein Mitentscheiden auf Augenhöhe im Verbund schwieriger machen.

Als letzten Punkt möchte ich noch die Beteiligung der lokalen IT-Wirtschaft ansprechen. Ich glaube, dafür ist es noch nicht zu spät. Wenn wir in den Staatsvertrag hineinschauen, dann sehen wir, dass Schleswig-Holstein den kommunalen IT-Verbund des Landes als weiteren Träger in den Staatsvertrag mit aufgenommen hat. Wir haben in SachsenAnhalt ebenfalls eine kommunale IT-Union, einen Verbund, der erfolgreich arbeitet und eher die kommunalen Verfahren abdeckt.

(Zuruf von Frau Niestädt, SPD)

Wir sollten bei der weiteren Beratung des Gesetzentwurfs darüber nachdenken, Frau Niestädt, ob

das nicht eine Möglichkeit sein könnte. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Abgeordneter Herbst. - Zum Schluss spricht für die Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Barthel.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will als Erstes auf das von Herrn Herbst zuletzt Gesagte eingehen. Es ist richtig, dass man die kommunale Ebene in ein solches Projekt einbeziehen kann. Das Angebot vonseiten des Landes steht meines Wissens nach wie vor. Ich bin mir aber relativ sicher, dass es da ein klares Bekenntnis gerade vonseiten der KITU gibt, die gesagt hat, dass sie das nicht möchte. Sie hat ausdrücklich darum gebeten, das künftig allein weitermachen zu dürfen und nicht per Zwang in den nordostdeutschen IT-Verbund aufgenommen zu werden.

Unabhängig davon reichen wir der kommunalen Ebene natürlich weiter die Hand und bieten ihr an, dafür zu sorgen, dass die Bedürfnisse derer, die davon einen Mehrwert haben könnten, in dem weiteren Verfahren Berücksichtigung finden.

Ich halte es für bemerkenswert und auch für sehr ehrlich, dass der Minister mit dem Blick in die Vergangenheit analysiert hat, woran es möglicherweise gelegen hat, dass wir heute einen so starken Handlungsbedarf im Bereich IT haben, und zwar im Bereich der IT-Infrastruktur und auch bei der Frage, wie die Verwaltung zeitgemäß die vorhandenen Instrumente nutzen kann.

Ich glaube, diesbezüglich herrscht zwischen allen Fraktionen Konsens: Das, was wir hier haben, ist nicht mehr zeitgemäß. In diesem Bereich besteht dringender Handlungsbedarf. Im Lichte der Probleme, die wir zu lösen haben und angesichts der Tatsache, dass wir mit weniger Personal effektiver arbeiten müssen, müssen wir an dieser Stelle ein paar Kohlen nachlegen. Es gibt jetzt erstmalig eine Strategie, um den Problemen zu begegnen.

Der Minister sprach in Bezug auf die Vergangenheit von Ausprobieren. Ich glaube, so kann man das auch bezeichnen. Das war so eine Art Trialand-Error-Prinzip. Jeder durfte einmal probieren, ob er das Problem lösen kann. Aber so richtig hat sich nichts vorwärts bewegt.

Jetzt gibt es Dataport als Kooperationspartner, als IT-Verbund. Dass wir jetzt fast ein Jahr lang darüber geredet haben, ob und wie viel Dataport wir brauchen, liegt nicht daran, dass wir ein großes Misstrauen gegenüber dem Thema haben oder dass wir skeptisch sind, was das Vorhaben insge

samt angeht. Vielmehr liegt das daran, dass wir hier einen großen Wurf vorhaben und dass wir über sehr viel Landesmittel reden, die dabei investiert werden müssen.

Ich bin auch ziemlich sicher, dass wir hierbei keine zweite Chance haben. Wenn wir uns einmal für diesen Weg entscheiden, muss es funktionieren. Zweimal haben wir schon festgestellt, dass das Ergebnis suboptimal war. Daher setzen wir jetzt auch darauf, dass die Migration durch Dataport entschlossen vorangetrieben wird.

(Unruhe)

Wir hoffen aber auch, dass wir bei den weiteren Strukturveränderungen, die geplant sind, als Parlament mit im Boot bleiben, nicht weil wir misstrauisch sind, sondern weil wir meinen, dass das Thema insgesamt besetzt werden muss. Darüber gibt es in den Ausschüssen viel gemeinsam zu besprechen. Es kann durchaus hilfreich sein, wenn man darüber kontroverse Debatten führt.

(Unruhe)

Es ist tatsächlich so, dass uns die Frage, wie wir die regionale Wirtschaft beteiligen, sehr stark umgetrieben hat.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich bin gar nicht so pessimistisch wie Sie, Kollege Herbst. Ich würde nicht sagen, dass wir im laufenden Verfahren nichts hinbekommen haben, weil von Anfang an klar war, Dataport kriegt alles.

Wir haben einmal angefangen, darüber zu diskutieren, dass dem zentralen IT-Dienstleister Dataport sowohl die Ertüchtigung des Landesdatennetzes als auch die kompletten Fachverfahren übertragen werden. Das war die Ausgangsdiskussion.

Dass wir es unterwegs geschafft haben, das Land Sachsen-Anhalt als federführenden Betreiber und auch ausschreibende Vergabestelle für das Landesdatennetz zu bekommen, ist, finde ich, ein Riesenerfolg, auch für das Parlament. Dabei haben wir uns durchgesetzt. Wir reden über 240 Millionen €, die jetzt im Wettbewerb an die Wirtschaft vergeben werden.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Ich meine, das sollten wir auch nicht kleinreden.

Sicherlich hätte es bei der Frage, wie man mit den Fachverfahren umgeht, auch noch Raum gegeben, das abzuschichten und zu sagen: Hoheitlich, nicht hoheitlich, wie macht man das? - Darüber hätte man diskutieren können. Aber wir haben jetzt natürlich auch den Faktor Zeit zu berücksichtigen.

Wir haben einen Rieseninvestitionsstau. Wir haben momentan schon reihenweise Funktionsausfälle im Landesdatennetz zu verzeichnen. Daher ist die gefundene Lösung aus unserer Sicht ein guter Kompromiss.

Auf der einen Seite geht es um ein gewisses Hoffen und Glauben, dass Dataport auch für SachsenAnhalt die bestmögliche Lösung ist und dass die Migration so gelingt, wie wir das haben wollen, und auf der anderen Seite um die Frage, wie wir die regionale IT-Wirtschaft beteiligen. Sie hat die Chance, sich zu bewerben. Sie hat die Chance, als Kooperationspartner künftig für Dataport aufzutreten.

Wir werden natürlich dem Ministerium und dem Land Sachsen-Anhalt als emanzipierter Wegbegleiter dabei weiter kritisch auf die Finger schauen und werden gelegentlich dazu etwas sagen. Das haben wir in der Vergangenheit auch getan.

Ich will abschließend - meine Redezeit neigt sich dem Ende zu - noch sagen: Ich finde es schon bemerkenswert, dass man sich darüber beklagt, dass diese Frist in der Sommerpause gesetzt wurde. Ich halte das im Übrigen auch für keinen guten Stil; wir haben uns dazu auch deutlich geäußert. Aber dass sich alle beklagen und dann in der entscheidenden Sitzung lediglich von der CDU und der SPD eine Stellungnahme vorgelegt wird, das finde ich schon bemerkenswert.

(Zustimmung bei der CDU)

Man kann sich darüber beklagen und kann sagen, dass das eine Sauerei ist oder - Entschuldigung - dass das kein guter Stil gewesen ist, dass man das so gemacht hat. Aber nichts zu liefern und nur das zu kritisieren, was die Regierungskoalition vorgelegt hat, ist ein bisschen wenig. Ich denke, diesbezüglich sollten Sie als Opposition einen höheren Anspruch haben.

Ich denke, wir haben im Finanzausschuss einen guten Beschluss gefasst. Dem werden wir bei der Beratung über das Zustimmungsgesetz Rechnung tragen. Ich bedanke mich für die gute Zusammenarbeit und die Nerven, die Sie in den Diskussionen bewiesen haben. Ich kann Ihnen nur sagen: Die werden Sie in Zukunft weiter brauchen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Danke schön, Herr Abgeordneter Barthel. - Damit sind wir am Ende der Aussprache, und wir treten in das Abstimmungsverfahren zu der Drs. 6/2468 ein.

Es ist die Überweisung in den Finanzausschuss beantragt worden. Weitere Vorschläge habe ich nicht vernommen. - Dabei bleibt es. Wer der Überweisung in den Finanzausschuss zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Auch nicht. Dann ist der Gesetzentwurf einstimmig in den Finanzausschuss überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 11 ist erledigt.