Protokoll der Sitzung vom 15.11.2013

Ja, das sind sehr kurze Gedanken, Herr Präsident. Es sind vier kurze Gedanken.

(Herr Schröder, CDU: Kurze Gedanken von Herrn Kurze!)

Ich bitte Sie, diese sehr kurz zu machen, weil Sie das Ende der Redezeit schon erreicht haben.

Es ist richtig, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Bundesregierung auch in Europa für ein No-Spy-Abkommen mit den EU-Ländern wirbt. Das unterstützen wir.

Es ist auch richtig, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir zur deutsch-amerikanischen Freundschaft stehen und diese weiter stärken; denn es waren schließlich die USA, die Deutschland ein Stück weit zu dem gemacht haben, was Deutschland heute ist. Lassen Sie mich das als letzten Satz noch mit unterstreichen. Es sind die USA, die unser christliches Menschenbild genauso teilen wie unsere Werteordnung, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit des Einzelnen und Demokratie.

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Diese Errungenschaften wollen wir nicht aufs Spiel setzen.

(Beifall bei der CDU - Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Man, Herr Kurze!)

Danke schön. Es gibt noch eine Nachfrage des Abgeordneten Herrn Striegel, Herr Kollege Kurze. Möchten Sie die beantworten?

(Zurufe von der CDU: Nein! - Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Ein paar kurze Gedanken! - Zu- ruf von der CDU: Machen wir es kurz!)

Da von den vier Gedanken nur zwei geäußert werden konnten, wäre ich bereit, Ihre Redezeit zu verlängern, Herr Kollege Kurze. Ich möchte mich auf einen Redeteil beziehen, den sie vorher vorgebracht haben. Sie haben ausgeführt, dass jeder Einzelne seine Privatsphäre einfordern und schützen muss. Sie sind dann zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung weitergegangen, das sich aus dem Grundgesetz ergibt.

Stimmen Sie mir zu, dass es neben der Notwendigkeit, dass der oder die Einzelne sich Gedanken über die Privatsphäre machen muss, eine auf dem Grundgesetz basierende Pflicht für staatliche Institutionen gibt, genau diese Privatsphäre zu ermöglichen und diese auch in den freundschaftlichen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika, zu denen ich genauso stehe wie Sie, tatsächlich umzusetzen und zu ermöglichen? Es geht also um eine staatliche Pflicht.

Der Staat hat die Pflicht, seine Bürger mit ihren Grundrechten zu schützen. Das könnte sich daraus auch ableiten. Deshalb würde ich das mit unterstreichen.

Danke schön. - Weitere Nachfragen gibt es nicht. Damit ist das Thema abgeschlossen. Beschlüsse zur Sache werden nicht gefasst.

Ich rufe das zweite Thema der Aktuellen Debatte auf:

Fördermittel transparent vergeben und nachhaltig einsetzen - Vorgänge um die Jahn-Halle Wolmirstedt vollständig aufklären

Aktuelle Debatte Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/2574

Als erster Debattenredner wird Herr Dr. Thiel für die Fraktion DIE LINKE sprechen.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

So ein kleiner Vorabapplaus ist schon einmal ermutigend, Herr Scheurell.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im September 2013 herrschte in diesem Hohen Hause bei der Aktuellen Debatte zum Thema IBG eine ziemliche Aufgeregtheit bei den Kolleginnen und Kollegen von der CDU, als ich als Beispiel für aktuelle Fördermittelskandale auch die Jahn-Halle in

Wolmirstedt nannte, bis dato nur für Interessierte in Wolmirstedt und Umgebung ein Aufreger. Erst nach umfangreicheren Informationen in der „Volksstimme“, in der „Mitteldeutschen Zeitung“ und beim „Mitteldeutschen Rundfunk“ zu den Entscheidungen im Stadtrat wurde das Problem einer breiteren Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht.

Was wurde mir damals vorgeworfen? - Ich solle doch keine Bananenrepublik herbeireden. Und: In Sachsen-Anhalt gehörten Korruption und Vorteilsnahme nicht zum Tagesgeschäft. Und: Von „schwarzem Filz“ zu reden, wäre doch völlig daneben.

(Herr Scheurell, CDU: Das stimmt!)

- Es geht uns, lieber Herr Scheurell, nicht allein um Filz in einer bestimmten Farbe. Aber wenn er da ist, gilt es, ihn auch aufzuheben und einmal ordentlich durchzuklopfen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Was ist die Ausgangsfrage bei diesem nicht einfachen Sachverhalt? - Die Ausgangsfrage ist: Wie war es möglich, dass die Stadt Wolmirstedt für eine Sporthalle, für die es keinen öffentlichen Bedarf gab, keine Fördermittel für die Sportförderung in Anspruch nahm, sondern Mittel aus dem Städtebauprogramm beantragte und dabei noch nicht einmal als Bauherr auftreten durfte?

Was sind die Fakten? - Im Jahr 2007 hat ein Verein aus Wolmirstedt einen formlosen Antrag beim Landesverwaltungsamt für den Umbau der JahnHalle in ein modernes Gesundheits- und Leistungszentrum gestellt. Die dazu notwendigen Stadtratsbeschlüsse wurden im Jahr 2007 gefasst, auch mit der Aussage, dass der damalige Minister für Bauwesen und Verkehr Herr Dr. Daehre hinter der Sache stehe. Es ging um ein Volumen von etwa 1 Million €.

Bei der Stadt Wolmirstedt wurde eine Vereinbarung über die Nutzung der Halle getroffen. Zur Unterstützung des Vereins wurde auch eine Bürgschaft zur Inanspruchnahme von Krediten übernommen. Die erforderlichen Stadtratsbeschlüsse, die von der Verwaltung unter der Leitung des damaligen Bürgermeisters erstellt worden waren, wurden mit breiter Mehrheit gefasst, um die unbenutzte Halle einer sinnvollen Verwendung als Gesundheits- und Leistungszentrum zuzuführen.

Zugleich wurde dem Verein von der Stadt ein Investitionszuschuss zur Stärkung der Eigenmittel zur Verfügung gestellt. Im Begünstigtenverzeichnis der Landesregierung ist der Fördermittelbescheid aus dem Jahr 2008 mit einer Größenordnung von 983 635,91 € vermerkt, unter dem Stichwort „Wolmirstedt“ und dem Zweck „Umbau der Jahn-Halle, Erweiterung der sozialen Infrastruktur“.

Wie wir heute wissen, sind die Mittel an die Stadt ausgezahlt worden. Seit dem 1. Oktober 2009 hat der Verein die neue Trainingsstätte bezogen. Nach Aussagen von Stadträten soll die Halle seit dem 1. Januar 2010 überwiegend als gewerbliches Fitnessstudio des Sohnes des Vereins- und Stadtratsvorsitzenden Herrn Zimmermann betrieben worden sein.

Bei der Verwendungsnachweisprüfung sollen unvollständige Unterlagen vorgelegen haben, die zu Beanstandungen seitens der Kommunalaufsicht im Landkreis geführt haben. Letztendlich sollen diese Beanstandungen in Gesprächen mit Mitarbeitern des Landesverwaltungsamtes ausgeräumt worden sein.

Noch gestern verwies Minister Webel auf den Prüfbericht der Vor-Ort-Kontrolle vom 30. August 2010 und verlas akribisch die Prüfungsfragen, ob es jeweils negative Feststellungen gebe, und endete jeweils mit der beruhigenden Antwort „nein“.

Am Ende des Tages sitzt die Stadt Wolmirstedt auf einem Schuldenberg für eine Einrichtung, die sie selbst nicht benötigt und bei der sie weder auf den Instandsetzungsverlauf noch auf die Auftragsvergabe oder die Abrechnungsmodalitäten Einfluss hatte - und das nur - diese Frage stellt sich - , weil mit ministerieller Unterstützung ein teures Vorhaben für einen Verein errichtet wurde, der keine Eigenmittel beisteuerte und das Objekt privat für gewerbliche Zwecke weiterverpachtete, offenbar ohne Zustimmung des Eigentümers.

So lässt es sich mit öffentlichen Geldern angenehm arbeiten: kein Risiko, indirekte Förderung von Investitionen, für die es überhaupt keine Förderprogramme gibt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Des Weiteren gab es seltsame Absprachen zwischen Bürgermeister, Vereinsvorsitzendem und Stadträten, die glaubhaft machen sollten, dass nur der Verein Mittel beantragen könne, die Stadt jedoch nicht, und deshalb müsse der Verein auch als Bauherr auftreten.

Knapp zwei Jahre später, nach Rücksprache mit dem Bauministerium, wurde auf einmal festgestellt: Nein, der Verein dürfe nicht Bauherr sein, sondern das müsse die Stadt sein. Zwischenzeitlich wurde jedoch die in Rede stehende Bürgschaft durch die Stadt übernommen. Das heißt, die Stadt übernimmt die Bürgschaft für einen Kredit zur Überbrückung ausstehender Fördermittel, um den Bauablauf zu gewährleisten.

Wie konnte es überhaupt zu solchen Absprachen und Festlegungen kommen? Wie kam es dann, dass die Stadtverwaltung am 30. September 2010 einen vorläufigen und unvollständigen Schlussverwendungsnachweis beim Landesverwaltungsamt

einreichen musste, weil die Unterlagen nicht vollständig waren?

Wie kam es, dass per Prüfungsvermerk zum Verwendungsnachweis vom 6. Dezember 2011 auf einmal der Förderbescheid um 58 000 € reduziert werden musste, weil nicht förderfähige Ausgaben festgestellt wurden? - Alles andere war vorher schon klar.

Wie kommt es, dass nach Angaben aus dem Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Börde aber Mittel in Höhe von 112 000 € fehlten? Wie wurden die fehlenden Gelder glattgebügelt?

Wie kam es dazu, dass Mehrkosten in Höhe von 391 000 € aufliefen und dass die Stadt beantragte, die förderfähigen Mehrkosten durch das Landesverwaltungsamt auszugleichen? Wieso war trotzdem kein Geld an die kreditgebende Bank geflossen, sodass die Stadt gezwungen war, die Bürgschaft zu bezahlen, um weiteren Schaden abzuwenden? Bisher ist der Stadt ein Schaden in Höhe von 347 000 € entstanden, obwohl sie keinen Einfluss auf die Bewirtschaftung des in Rede stehenden Objektes hat.

Woher kommt die Unverfrorenheit der selbsternannten Bauherren, mit der sie der Stadt einen Vergleich aufdrücken wollen?

Was hat Sie, Herr Minister Webel, zu der Äußerung gegenüber der „Volksstimme“ veranlasst - ich zitiere -: Ich wurde von Wolmirstedtern um Hilfe gebeten. Ich habe als Freund dieser Stadt Gespräche geführt, nicht als CDU-Landesvorsitzender. Das war keine Beeinflussung.

Welchen Rat haben Sie Ihren Parteifreunden gegeben, wie sie sich zur offenkundigen Misswirtschaft zu verhalten haben? Deckel drauf und Augen zu, wir halten schon zusammen?

Fragen über Fragen. Einige werden wohl nur im Verlauf der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen oder der Ermittlungen der europäischen Ermittlungsbehörde Olaf zu beantworten sein. Doch mit einer Berichterstattung der Landesregierung über den Projektverlauf in den zuständigen Ausschüssen könnte viel Erhellendes zur Fördermittelvergabepraxis beigetragen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nicht nur Kritik bei der Verwendung von Fördermitteln zu verzeichnen, sondern auch Kritik bei der Vergabe generell. Immer wieder hört man auch von Vereinen und Verbänden, dass die Vergabe von EU-Fördermitteln nicht transparent genug sei. Es gebe etwa keine ausreichenden Antworten auf die Frage, warum Anträge auf Förderung abgelehnt worden seien.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Auch wir im Parlament haben es nicht immer leicht, als Haushaltsgesetzgeber die entsprechen