Protokoll der Sitzung vom 15.11.2013

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/2559

Alternativantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/2578

Einbringer für die antragstellende Fraktion ist der Abgeordnete Herr Gebhardt. Herr Gebhardt, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte meinen Redebeitrag mit einem Zitat beginnen:

„Die Bauhausstiftung arbeitet provinziell. Das Provinzielle besteht darin, dass es der Stiftung nicht gelingt, das Bauhaus in Dessau als einen kulturellen Leuchtturm im Bewusstsein des gesamten Deutschlands zu verankern.“

Der eine oder andere hier im Saal wird sich an diese vernichtende Kritik an der Bauhausstiftung erinnern können. Sie war zu finden im Blaubuch im Jahr 2006 und wurde geschrieben von dem allseits hoch geachteten und international renommierten Kulturmanager und Bibliothekar Professor Paul Raabe.

Wenn man heute über das Bauhaus spricht, muss man feststellen, dass es eine ganz andere Entwicklung genommen hat, als sie seinerzeit beschrieben wurde, nämlich eine positive. Diese positive Entwicklung des Bauhauses lässt sich an mehreren Fakten nachvollziehen.

Ich beginne einmal chronologisch rückwärts. Am 17. Oktober 2013 berichtete die „Mitteldeutsche Zeitung“, dass die erstmals durchgeführte „Triennale der Moderne“, die insgesamt einen Ansturm von ca. 2 000 Besuchern zu verzeichnen hatte, sehr erfolgreich war. Der Stiftung Bauhaus ist es auch gelungen, auf das große Bauhaus-Jubiläum im Jahr 2019 nicht nur hinzuarbeiten, sondern sich hierfür konzeptionell außerordentlich gut aufzustellen.

Innerhalb der letzten Jahre wurde die einstmals festgefahrene Diskussion um die Sanierung bzw. Rekonstruktion der Meisterhäuser gelöst und erfolgreich nach vorn entwickelt. Bekanntlich sollen im Mai 2014 die rekonstruierten Meisterhäuser als Ensemble feierlich eingeweiht werden.

Seit dem Jahr 2009 gibt es eine bis dato noch nicht da gewesene zeitliche Dichte von Sonderausstellungen und Präsentationen, die allesamt eine enorm hohe Qualität verzeichnen und zeitgleich ein öffentliches Interesse bei den Besucherinnen und Besuchern hervorgerufen haben, wie es bis dahin nicht bekannt war. Zu den Erfolgen der letzten Jahre zählt natürlich auch, dass man in Sachen Besucher- bzw. Ausstellungszentrum und im Hinblick auf den langjährigen Wunsch nach einem Bauhaus-Museum in Dessau konzeptionell sehr weit gekommen ist.

Die inhaltliche Planung und die finanziellen Rahmenbedingungen für das Museum sind weitestgehend abgesteckt. Im kommenden Jahr soll hierfür der Wettbewerb ausgelobt werden, sodass das Museum pünktlich zum großen Jubiläum im Jahr 2019 eröffnet werden könnte.

Meine Damen und Herren! Ich möchte im Namen der Linksfraktion in aller Deutlichkeit sagen, dass diese eben von mir beschriebene positive Entwicklung untrennbar mit dem Wirken des Stif

tungsdirektors Herrn Professor Oswalt verbunden ist.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Herr Oswalt hat das Bauhaus buchstäblich aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Er hat es geschafft, diesen kulturellen Leuchtturm in das Bewusstsein der Bevölkerung, und zwar innerhalb und außerhalb von Sachsen-Anhalt, zu rücken. Oder anders gesagt, wie wir es auch in unserem Antrag formuliert haben, das Bauhaus „ist heute ein beachtetes Zentrum der Moderne, das sich in die Gesellschaft öffnet und die Kooperation mit anderen Bauhausstätten vertieft und neu gestaltet.“ - Exakt so haben wir es formuliert.

Deshalb ist meine Fraktion auch der Auffassung, dass man das Wirken Philipp Oswalts als Stiftungsdirektor gar nicht hoch genug würdigen kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Er hat enorme Verdienste an der positiven Entwicklung, die das Bauhaus Dessau in den letzten Jahren genommen hat. Hierfür gilt ihm unser uneingeschränkter Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Wir sind deshalb auch der Auffassung, dass wir als Landtag die Arbeit von Philipp Oswalt als Stiftungsdirektor anerkennen und würdigen müssen.

Meine Damen und Herren! Das, was in unserem Antrag steht und was heute nach unserer Meinung beschlossen werden soll, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Aber eben nur eigentlich!)

Die Betonung liegt aber auf dem Wort „eigentlich“. Denn etwas, das bei einer so positiven Entwicklung selbstverständlich sein sollte, ist für die Landesregierung und für das Kulturministerium offenbar noch lange nicht selbstverständlich.

Am Rande der letzten Landtagssitzung erfuhren wir alle aus der Presse, dass der Vertrag mit dem Stiftungsdirektor Herrn Oswalt entgegen aller Erwartung eben nicht verlängert werden soll. In einem aus unserer Sicht intransparenten Umlaufverfahren wurde ohne weitere Diskussion vom Stiftungsrat der Stiftung Bauhaus beschlossen, die Stelle des Stiftungsdirektors neu auszuschreiben.

Diese Entscheidung des Stiftungsrats hat weit über die Landesgrenzen hinweg und mittlerweile auch international für Empörung und Kopfschütteln gesorgt. Die Feuilletonseiten waren gefüllt mit eben jener Negativnachricht. Ich betone: Dies geschieht, obwohl das Bauhaus Dessau eine so positive Entwicklung genommen hat.

Erst gestern oder vorgestern titelte die „Zeit“ - ich zitiere -:

„Wird hier ein Haus von Weltrang durch Provinzpolitiker kaputt gewirtschaftet?“

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf: Ja!)

Daran können Sie, Herr Dorgerloh, einmal sehen, als was Sie wahrgenommen werden.

Mit dieser Entscheidung - das belegen aus unserer Sicht auch die nationalen wie internationalen Proteste und Kommentare - hat man dem Bauhaus schon jetzt einen enormen Schaden zugefügt. Wir hoffen, dass er weitestgehend reparabel ist.

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Aber wenn wir die Dinge jetzt einfach so weiterlaufen lassen und die Stiftungsdirektorenstelle dann tatsächlich neu ausgeschrieben wird, ergibt sich ganz automatisch eine schwierige Situation.

Der Vertrag mit Herrn Oswalt endet bekanntermaßen im Februar des kommenden Jahres. Wenn der Vertrag nicht verlängert wird, ist Herr Oswalt ab dem 1. März 2014 nicht mehr da. Selbst wenn der Stiftungsratsvorsitzende Herr Dorgerloh noch in diesem Jahr neu ausschreiben würde, hätte man nicht innerhalb von ein paar Wochen oder Monaten einen neuen Stiftungsdirektor. Die Ausschreibung, nach der die Stelle letztlich mit Herrn Oswalt besetzt wurde, dauerte eineinhalb Jahre.

Jeder, der ein bisschen davon versteht, weiß, dass das unter einem Jahr überhaupt nicht machbar ist. Damit wäre das Bauhaus für einen extrem langen Zeitraum, nämlich für das gesamte kommende Jahr, quasi führungslos. Man hätte vielleicht einen amtierenden Direktor oder vielleicht auch eine amtierende Direktorin, der oder die jedoch immer nur zeitlich begrenzt und damit auf Abruf agieren würde.

Im nächsten Jahr stehen aber ähnlich bedeutende Entscheidungen an wie in den letzten Jahren auch. Es werden wieder einmal Weichen gestellt. Wie ich schon sagte, sollen im Mai 2014 die rekonstruierten Meisterhäuser in Anwesenheit den Bundespräsidenten eröffnet werden. Im kommenden Jahr soll die Auslobung des Wettbewerbs für das Bauhaus-Museum erfolgen. Meine Frage ist: Wer soll das denn bitte schön machen? An solch einem Szenario kann doch niemand ernsthaft Interesse haben.

(Zuruf: Richtig!)

Die Sorgen und Befürchtungen, die wir als Fraktion haben, werden von vielen geteilt. Ich erwähne nur die offenen Briefe - ich glaube, es gibt mittlerweile drei - von mehr als 100 renommierten Kunst- und Kulturwissenschaftlern, unter anderem auch ein offener Brief von Christoph Stölzl - er ist Präsident

der Musikhochschule Weimar und Vorsitzender des Freundeskreises Bauhaus -, der deutliche Worte gefunden hat. Ich nenne auch Franziska Bollerey, die Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats, die immer betont, mit Herrn Oswalt sehr gut zusammengearbeitet zu haben, und die ihr Unverständnis für diese Entscheidung äußerte.

Der Versuch meiner Fraktion und auch der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im zuständigen Fachausschuss, nämlich im Ausschuss für Bildung und Kultur, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und das Verfahren zumindest so transparent zu gestalten, dass wir eine Antwort auf die Frage nach den Motiven und eine Erklärung bekommen, um damit weiteren Schaden vom Bauhaus und seiner Stiftung abzuwenden, war - das müssen wir konstatieren -, nicht erfolgreich.

Eine Anhörung bzw. ein Gespräch mit dem Stiftungsdirektor Herrn Oswalt wurde von den Koalitionsfraktionen, nachdem er vom Ausschuss eingeladen worden war, abgelehnt - warum auch immer. Uns wurden keine Gründe mitgeteilt. Offenbar hat man Angst vor seinen Worten oder vor Argumenten.

Doch nicht nur das. Auch die beiden Stiftungsratsmitglieder, die im Ausschuss präsent sind, nämlich Frau Reinecke als vom Landtag entsandtes Stiftungsratsmitglied und der Kultusminister als Stiftungsratsvorsitzender, verweigerten die Auskunft auf die aus unserer Sicht brennenden Fragen. Statt die persönliche Motivation für das eigene Agieren zu erklären, zog man sich darauf zurück, dass man nicht dem Ausschuss, sondern nur dem Stiftungsrat rechenschaftspflichtig sei.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Absurd wird es dann, wenn man den heutigen Alternativantrag zu unserem Antrag liest.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Ja! Lesen!)

Was ist denn nun? Im Ausschuss erklären Sie uns, der Stiftungsrat allein ist für so etwas zuständig. Heute bekommen wir aber einen Antrag, in dem exakt das Gegenteil steht.

(Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Das ist Dia- lektik! - Frau Dr. Klein, DIE LINKE, lacht)

Was wollen Sie denn nun? Sie müssen sich doch irgendwann einmal für eine Variante entscheiden.

Das, was Sie hier abliefern, meine Damen und Herren, ist eine Zirkusnummer, die leider Gottes katastrophale Folgen hat.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Noch ein paar Anmerkungen zum Alternativantrag. Interessant ist natürlich, dass jetzt nicht der Stiftungsdirektor, sondern der Stiftungsrat für die Erfolge der letzten Jahre verantwortlich ist.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das ist eine Leis- tung! - Herr Striegel, GRÜNE, lacht)