Protokoll der Sitzung vom 31.01.2014

liebe Kolleginnen und Kollegen: Damit kommen wir im Kampf gegen die Diskriminierung keinen Schritt weiter. Damit legitimieren wir Diskriminierung und wir verstärken sie.

Unsere Position ist eine andere. Wir brauchen eine aktive Auseinandersetzung mit der Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität. Wir werden an diesem Kampf festhalten und wir werden weiter gehen. Wir lassen uns nicht von Widerständen aufhalten, auch nicht aus der CDU. Das sind wir unserem Gesellschaftsverständnis und den Menschen schuldig, die es verdient haben, für ihre Rechte Unterstützung in der Politik zu finden. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN - Zustimmung bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Gallert. - Für die Landesregierung spricht nun der Minister für Arbeit und Soziales Herr Bischoff.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat beginnen:

„Wir wissen, dass in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften Werte gelebt werden, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind.

Wir werden darauf hinwirken, dass bestehende Diskriminierungen von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften und von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität in allen gesellschaftlichen Bereichen beendet werden. Rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, werden wir beseitigen. Bei der Adoption werden wir das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption zügig umsetzen...

Wir verurteilen Homophobie und Transphobie und werden entschieden dagegen vorgehen.

Wir werden den ‚Nationalen Aktionsplan der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und darauf bezogene Intoleranz‘ um das Thema Homo- und Transphobie erweitern.

Die durch die Änderung des Personenstandsrechts für intersexuelle Menschen erzielten Verbesserungen werden wir evaluieren und gegebenenfalls ausbauen und die besondere Situation von trans- und intersexuellen Menschen in den Fokus nehmen.“

Dieser Position, die im Koalitionsvertrag in Berlin festgeschrieben ist, schließt sich die Landesregie

rung an. Wir haben das auch in verschiedenen Punkten in den letzten Jahren deutlich gemacht.

Homophobie bezeichnet ja eine soziale, gegen Lesben und Schwule gerichtete Aversion und Feindseligkeit. Zumindest ist das die Definition, die man nachlesen kann, wenn man bei Wikipedia oder in anderen Lexika nachschlägt. Letztlich geht es also um feindseliges und diskriminierendes Verhalten gegen eine Gruppe von Menschen, die sich aufgrund eines bestimmten Merkmals - hier ihrer sexuellen Orientierung - von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden.

An dem Punkt habe ich gestern schon gesagt, ich mag das Wort Mehrheitsgesellschaft nicht, weil das immer bedeutet: Hier ist die Mehrheit, und die anderen sind eine Minderheit. - Ich sage immer: Wir sind eine Gesellschaft, in der alle ihren Platz haben, auch bei manchmal unterschiedlichen Meinungen, aber auf jeden Fall ohne jegliche Diskriminierung und Ausgrenzung oder Marginalisierung.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN und von Minister Herrn Dr. Aeikens)

Es ist Aufgabe des Staates und staatlicher Stellen, gegen Diskriminierung in der Gesellschaft tätig zu werden. Das gilt auch für die Diskriminierung wegen der sexuellen Identität. Hier hat sich das Recht in Deutschland und in Europa in den vergangenen Jahren fortentwickelt. Auch das im Jahr 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet Benachteiligung wegen sexueller Identität.

Der Staat kann seiner Aufgabe mit aufklärenden Maßnahmen nachkommen. Das machen wir auch, in der Schule und in anderen Bildungseinrichtungen. Das müssen wir verstärken, auch mit Mitteln, die andere mitnehmen. Dazu komme ich gleich noch einmal.

Die Förderung verschiedener Initiativen und Vereine auf dem Gebiet gleichgeschlechtlich Lebender, wie in Sachsen-Anhalt bereits seit vielen Jahren erfolgt, verfolgt unter anderem das Ziel, aufzuklären und Vorurteile abzubauen. Es fördert die Sache auch, wenn sich politische Akteure ebenso wie Prominente oder weniger Prominente zur Vielfalt in der Gesellschaft bekennen und damit ein öffentliches Beispiel geben.

Die Debatte - die kennen Sie alle - um die Antwort auf die Große Anfrage zur Situation von lesbischen, schwulen und bisexuellen Menschen, Transgendern und intersexuellen Menschen in SachsenAnhalt im Jahr 2012 hat deutlich gemacht, dass wir in verschiedenen Bereichen immer noch erheblich von einem selbstverständlichen und toleranten Nebeneinander und Miteinander von Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung entfernt sind. Das zeigen tatsächlich auch die Kommentare bei MDR online.

Es gibt auch Menschen - deshalb möchte ich das ein bisschen weiter fassen, weil es meines Erachtens zur Ehrlichkeit dazu gehört - quer durch die Gesellschaft - ich vermute auch, quer durch die Parteien -, die sagen: Ich habe offiziell nichts dagegen. Jeder soll nach seiner Fasson selig werden. Ich habe nichts dagegen, wenn es diese Menschen gibt. - Aber wenn es in dem eigenen familiären Umfeld passiert, wenn es mit den eigenen Kindern oder Kindeskindern passiert, hat man schon erhebliche Schwierigkeiten, damit umzugehen.

Wir haben also noch einen Weg vor uns, bis das wirklich eine anerkannte gleichberechtigte Lebensart ist, die ihren Wert und ihr Glück entfalten kann und mit der wir in Zukunft leben.

Deshalb ist es gut, dass die neue Bundesregierung dies ausdrücklich in den Koalitionsvertrag aufgenommen hat. Auch im Nationalen Aktionsplan und im Aktionsplan des Landes Sachsen-Anhalt ist die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit fest verankert und bezogen auf die Intoleranz um das Thema Homo- und Transphobie erweitert.

Die Debatte, die jetzt durch den Verein Leo aufgekommen ist, muss geführt werden. Ich will dabei nicht den Richter darüber spielen, schon gar nicht von der Regierungsseite, wie man das besser hätte abgrenzen sollen. Die Debatte steht auch unter dem Thema, den Standpunkt der Parteien zu erfahren.

Von daher ist unser Interesse eher darauf gerichtet, was wir mit öffentlichen Mitteln, die ausgegeben werden - wahrscheinlich auch über die Jugendpauschale vor Ort -, machen. Ich sage noch einmal ausdrücklich: Die Anerkennung als freier Träger der Jugendhilfe ist im Jahr 1995 durch den Kreis geschehen. Ich vermute auch, dass der Kinder- und Jugendhilfeausschuss des Kreises einbezogen war, in dem auch die Parteien vertreten sind.

Zumindest muss das jetzt geklärt werden, damit man nicht unter dem Deckmantel von manch Gutem - ich unterstelle das erst einmal -, was darin steht, etwas weiter betreibt, was nicht nur umstritten ist, sondern auch Anlass zu echter Sorge geben kann. Von daher ist es auch wichtig, sich tatsächlich noch einmal nicht nur mit dem auseinanderzusetzen, was auf der Website steht, sondern auch damit, welche Gesellschaften dort mit tätig sind.

Von daher ist es wichtig, dass öffentliche Aufklärung - auch über die Medien - zu diesem Zeitpunkt passiert, obwohl es kein neues Phänomen ist. Die Altgedienten unter uns kennen die Meinung von Herrn Ritter. Im Jahr 1997 hatten wir die Auseinandersetzung im Landtag anlässlich einer Diskussion um einen Bildungsbericht. Ich weiß, dass ich

mich da auch schon einmal eingemischt habe. Ich dachte immer, das gäbe es gar nicht mehr.

Wir müssen uns damit ernsthaft und vor allen Dingen bei allen Redebeiträgen auseinandersetzen. Wir müssen auch die gewinnen, die nach wie vor ihre Vorurteile pflegen und die jetzt vielleicht neuen Anlass sehen, noch mehr zusammenzuhalten, weil sie glauben, dass sie mit ihrer Aggressivität gegenüber anderen Lebensweisen Boden gewinnen können. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN und von Frau Brakebusch, CDU)

Danke schön, Herr Minister. Es gibt eine Frage des Abgeordneten Striegel.

Herr Minister, eine kurze Frage. Sie haben darauf verwiesen, dass Sie nicht Richter sein wollen, schon gar nicht aus der Perspektive der Landesregierung. Sie haben auch darauf verwiesen, dass die Altgedienten hier im Hause Herrn Ritter und seine Position schon lange kannten. Was ich gern von Ihnen wissen würde - Sie haben heute auch in der Zeitung, so werden Sie jedenfalls zitiert, ausgeschlossen, dass aus Ihrem Haus eine Förderung für den Verein erfolgt ist -:

Erstens. Können Sie für die Landesregierung in toto ausschließen, dass eine Förderung dieses Vereins, in welcher Art und Weise auch immer, durch Programme der Landesregierung erfolgt ist?

Zweitens. Können Sie ausschließen, dass diese Förderung in Teilen zur Unterstützung von sogenannten Homo-Heilungen verwendet worden ist?

Ich habe mich in den letzten Tagen - das ist das, was man sofort tut - auch über den Kreis informieren lassen, ob Landesmittel dorthin geflossen sind. Ich kann das aufgrund dessen, was ich im Augenblick weiß, ausschließen. Zumindest ist das nicht über Programme - Bildungsprogramme oder Ähnliches -, die wir im Land haben, passiert.

Ich kann nicht ausschließen, dass über die Jugendpauschale, die noch vor zwei Jahren über das FAG ausgewiesen worden ist, vor Ort, also in den Landkreisen, die diese Mittel verwenden, Mittel dorthin gegangen sind. Das muss geprüft werden. Dazu kann ich nichts sagen. Zumindest ist das nicht mit dem Wissen der Landesregierung geschehen.

Herr Minister, es gibt noch eine weitere Frage von der Abgeordneten Frau Dr. Klein.

Herr Präsident, es ist keine Frage, sondern eine Zwischenintervention. - Ich habe versucht, mich sachkundig zu machen, was die Einbeziehung des Kreistages in die Verteilung der Gelder betrifft. Die Vorsitzende des Kinder- und Jugendhilfeausschusses hat mir gesagt, dass sie von dem Verein noch nie etwas gehört hat, dass es also unabhängig vom Kreistag passiert sein muss. Weil Sie sagten: Der Kreistag muss es wissen. - Er ist nicht mit einbezogen worden. Das möchte ich nur klarstellen.

Okay.

Weitere Zwischeninterventionen?

Ich bin davon ausgegangen.

Bitte, Sie können darauf eingehen. Selbstverständlich.

Ich bin davon ausgegangen. Ich weiß nicht, ob es unterschiedliche Satzungen gibt. Zumindest in Magdeburg als kreisfreier Stadt entscheidet der Kinder- und Jugendhilfeausschuss über die Aufnahme. Mit dem Hinweis darauf, wie das anderswo geregelt ist, bin ich vielleicht einen Schritt zu weit gegangen.

Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen? - Herr Minister, es gibt noch eine Wortmeldung. - Frau Abgeordnete Lüddemann.

Es ist eher eine Zwischenintervention. Es gab Anfang der 90er-Jahre eine Regelung, nach der Vereine, die dem Paritätischen beigetreten sind, bis zu einem bestimmten Stichtag automatisch freie Träger der Jugendhilfe waren. Nach dem, was die Kollegin Klein gesagt hat, vermute ich, dass das in diesem Fall ebenso war. Das ist möglicherweise die Erklärung dafür,

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

dass der Jugendhilfeausschuss nicht einbezogen war. Deswegen habe ich in dieser Woche auch schon gesagt, dass es dringend geboten ist, solche automatischen Anerkennungen jetzt einfach einmal zu überprüfen.

Es stimmt, dass die Verbände der freien Wohlfahrtspflege automatisch anerkannt worden sind, aber nicht automatisch alle ihre Untergliederungen. Hinsichtlich des in Rede stehenden Vereins hat die Kreisverwaltung gesagt, dass die Anerkennung automatisch erfolgt ist.

Es gibt die Anerkennung der landesweiten Träger auf der Ebene des Jugendhilfeausschusses des Landes. Dann gibt es die lokalen Träger. Ich vermute, dass die Anerkennung des Vereins Leo auf der lokalen, also auf der kreislichen Ebene geschehen ist.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Wir werden das sehen!)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir fahren in der Aussprache fort. Als nächster Redner spricht für die Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Schröder.

Herr Präsident! Hohes Haus! Es trifft heute im doppelten Sinne des Wortes zu. - Die öffentliche Auseinandersetzung um das Thema Homophobie ist in Sachsen-Anhalt nicht neu. Aber die heutige Debatte bietet natürlich den Anlass und die Gelegenheit, die ich auch nutzen möchte, die Position der CDU noch einmal zu verdeutlichen.