Protokoll der Sitzung vom 27.03.2014

Industrie- und Handelskammern. Bei diesen Stellen ist bereits die Kompetenz zur Bearbeitung dieser oder ähnlicher Angelegenheiten ansässig.

Da die zuständigen Behörden mit dem zusätzlichen Arbeitsaufwand einen neuen Kostenpunkt haben, wird dieser den Antragstellern berechnet. Der Aufwand wird auf etwa eine Stunde geschätzt. Die Stundenkosten und somit die Gebühren betragen, wie eben auch schon gehört, folglich 46 €.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass zum Finanzanlagenvermittler auf Provisionsbasis nunmehr ein Finanzanlagenberater auf Honorarbasis hinzukommt. Es obliegt dem Land, diesbezüglich die Normierung und die Zuständigkeit zu regeln. Die Erlaubniserteilung erfolgt wie bei seinem Kollegen an der gleichen Stelle, bei den Kreisen und kreisfreien Städten, und durch das gleiche Verfahren.

Folglich wird durch die Änderung dieses Gesetzes zu den bisherigen Punkten der Honorarfinanzanlageberater hinzugefügt. Die bisherige Zuständigkeit der entsprechenden Behörden wird um diesen Punkt erweitert. Dieser Vorgang soll mit diesem Gesetzentwurf nunmehr durchgeführt werden. Ich bitte um Überweisung in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft. - Danke schön.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Mormann. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Meister. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der von der Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf soll eine Zuständigkeit im Bereich des Gewerberechts neu regeln. Der Hintergrund ist das Honoraranlageberatungsgesetz, welches noch von der schwarz-gelben Bundesregierung in den Deutschen Bundestag eingebracht und dort am 25. April 2013 verabschiedet worden ist.

Bis dato fand die Anlageberatung in Deutschland hauptsächlich in Form der provisionsgestützten Beratung statt. Hierbei wird die Beratung durch Zuwendungen vergütet, die der Anlageberater von Anbietern oder Emittenten der Finanzprodukte erhält. Dieser Zusammenhang ist den Kunden trotz der bestehenden gesetzlichen Pflicht zur Offenlegung von Zuwendungen häufig nicht bewusst. So begründete die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf, mit dem sie mehr Transparenz über die Form der Vergütung der Anlageberatung schaffen wollte. Damit hat sie Recht.

Kundinnen und Kunden möchten dem Rat ihrer Finanzberaterin oder ihres Finanzberaters vertrauen

können. Dies geht jedoch nur, wenn offengelegt wird, von wem und wie die Beratenden bezahlt werden. Verbraucherinnen und Verbraucher erfahren bisher nur in Einzelfällen, wie hoch die Provisionen ausfallen. Das belastet das Vertrauen; denn die Kunden möchten eine Beratung in ihrem Sinne. Die verdeckte Finanzierung der Beratungsleistung durch den Anbieter der Produkte mittels Provision verschleiert das Verkaufsinteresse der Anlageberater.

Die unabhängigen Honorarberater ermöglichen es Verbraucherinnen und Verbrauchern, Finanz- und Versicherungsprodukte auszuwählen, die ihrer Arbeits- und Lebenssituation entsprechen. Im Bereich der provisionsgesteuerten Finanzberatung stehen die Kundeninteressen nicht immer im Vordergrund, wie diverse Studien von Verbraucherzentralen und auch der Stiftung Finanztest offengelegt haben.

Grundsätzlich geht das Honoraranlageberatergesetz aber am Verbraucheranliegen vorbei und schafft tatsächlich mehr Verwirrung als Klarheit. Diesem Bundesgesetz mangelt es an einer konsistenten Ausgestaltung, sei es bei der Bezeichnung der Berater, der Vergütung und auch der Aufsicht.

Verbraucherinnen und Verbrauchern sollte klar sein, wer vor ihnen sitzt und mit welchem Interesse beraten wird. Die Kunden müssen sich darauf verlassen können, dass die Beratung in ihrem Interesse liegt und nicht von Zuwendungen Dritter bestimmt wird. Deswegen sollte sich nur noch der „Berater“ nennen dürfen, der auch tatsächlich berät, aber nicht derjenige, der vermittelt. Sonst droht dem Markt ein weiterer Berater, ohne dass die provisionsbasierten Berater verschwinden. Zentral ist auch, dass ein Honorarberater die Kundinnen und Kunden umfassend über alle Finanzprodukte am Markt informieren können muss und nicht nur über bestimmte Angebote.

Das Honoraranlageberatungsgesetz schafft leider kein umfassendes Berufsbild zur Honorarberatung, sondern segmentiert weiterhin nach Produkten, indem es den Honoraranlageberater nach dem Wertpapierhandelsgesetz und den Honorarfinanzanlageberater nach § 34h der Gewerbeordnung schafft.

Der Honoraranlageberater darf nicht zu Versicherungen und Darlehen beraten. Der Honorarfinanzanlageberater darf ausschließlich zu Investmentfonds, geschlossenen Fonds und Vermögensanlagen beraten. Damit wird die Honorarberatung auf bestimmte Produkte beschränkt und das Ziel, die Kundinnen und Kunden umfassend zu beraten, gerade nicht erfüllt.

Dies widerspricht der Logik der Honorarberatung, die ja gerade bedarfsgerechte, sich an den konkreten Kundenbedürfnissen orientierende Lösungen

entwickeln soll. Oftmals haben Kunden nämlich eher einen abstrakten Beratungswunsch, wenn sie zum Beispiel wünschen, über Anlageentscheidungen für die Altersversorgung beraten zu werden.

Ein Honorarberater muss deshalb in der Lage sein, aus dem gesamten Spektrum optimale, individuelle Lösungen für seine Kundinnen und Kunden zu entwickeln. Nur dann werden diese auch bereit sein, für die Beratung ein angemessenes Honorar zu entrichten.

Das Ziel, die Honorarberatung als Alternative zu dem bereits von mir beschriebenen Provisionsmodell für alle Produktgruppen von Finanzdienstleistungen, also für Versicherungen, Geldanlagen und Darlehen, gesetzlich zu verankern und hierfür ein umfassendes Berufsbild des Finanzberaters zu schaffen, wurde im Bund leider verfehlt.

Das Honoraranlageberatungsgesetz führt ferner die widersprüchliche und für die Kundinnen und Kunden kaum durchschaubare Regulierung des Kapitalanlagerechts fort. Statt ein einheitliches Verbraucherschutzniveau über alle Produktgruppen und Vertriebswege hinweg mit einer einheitlichen Aufsicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu schaffen, setzt das Honoraranlageberatungsgesetz den für die freien Finanzanlagenvermittler eingeschlagenen Regulierungssonderweg und die damit einhergehende Zersplitterung der Finanzaufsicht fort.

So führt die im Honoraranlageberatungsgesetz enthaltene Unterscheidung zwischen Honoraranlageberatern und Honorarfinanzanlageberatern zu unterschiedlichen Aufsichten. Während Honoraranlageberater der BaFin unterstellt sind, fällt die Verordnung der Aufsicht über die Honorarfinanzanlageberater in die Zuständigkeit der Länder.

Mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung sollen die Honorarfinanzanlageberater nunmehr unter die Aufsicht der Landkreise und kreisfreien Städte gestellt werden. Ich bezweifle, dass die Gewerbeämter sowohl inhaltlich als auch personell eine adäquate Finanzaufsicht sicherstellen können, wie es erforderlich wäre.

Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ergab, dass bei Verbraucherinnen und Verbrauchern jährlich Verluste in Höhe von ca. 20 Milliarden € durch falsche Finanzberatung entstehen.

Als einheitliche zuständige Aufsicht für Honorarberater ist deshalb aus bündnisgrüner Sicht einzig die BaFin geeignet, welche heute übrigens bereits ein Beraterregister für Bankberater führt. Eine Verortung der Aufsicht bei den Gewerbeämtern oder wie in einigen anderen Ländern bei Industrie- und Handelskammern ist aus unserer Sicht eigentlich der falsche Weg.

Aber wir können als Land nur bedingt auf die rechtlichen Grundlagen Einfluss nehmen. Uns bleibt aus der Sicht des Landes eben nur, diese Zuständigkeit vor der gegebenen Rechtslage zu wählen. Die Regierung hat einen Weg vorgeschlagen. Ich meine, dass es tatsächlich der Weg ist, den man am Ende wird gehen müssen. Wir werden für die Überweisung des Gesetzentwurfes stimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Meister. - Herr Kollege Güssau, Ihre erhobenen Hände waren kein Antrag zur Geschäftsordnung, nur gymnastische Übungen?

(Herr Güssau, CDU: Ja!)

- Wunderbar. - Für die CDU-Fraktion kommt jetzt Herr Kollege Thomas zu Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Zuständigkeit im Gewerberecht. Der Herr Minister und meine Vorredner haben das inhaltlich schon so ausführlich dargelegt, dass ich das nicht wiederholen möchte. Es geht in erster Linie um Zuständigkeiten.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Natürlich möchte auch die CDU-Fraktion für eine Überweisung in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft werben. Wir möchten auch dafür werben, dass wir im Ausschuss zügig weiter beraten, damit wir in der zweiten Lesung - wir haben ja ein Zweilesungsprinzip - dieses Gesetz zügig verabschieden können. Denn auf der Bundesebene sind die nächsten Veränderungen bereits zum 1. August 2014 absehbar und bis dahin wollen wir damit fertig sein. Deswegen hoffe ich, es geht genauso zügig wie meine Rede. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Thomas. - Damit haben wir die Debatte zur Einführung des Entwurfes beendet.

Ich komme zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/2924. Ich habe einen einzigen Überweisungswunsch gehört, nämlich in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft. Habe ich einen überhört? - Das ist nicht der Fall.

Wer ist dafür, dass dieser Gesetzentwurf in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft überwiesen wird? - Das sind Stimmen aus dem ganzen Haus. Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand

der Stimme? - Niemand. Damit ist der Gesetzentwurf in den genannten Ausschuss überwiesen worden.

Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Erste Beratung

Berufs- und Studienorientierung im Gymnasium verbindlich verankern

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/2880

Einbringerin ist Frau Professor Dr. Dalbert. Frau Professor, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine der folgenreichsten Entscheidungen, die ein junger Mensch trifft, ist die Entscheidung über den zukünftigen Beruf. Hiermit wird eine Entscheidung über Berufszufriedenheit, gesellschaftliche Teilhabe und Verdienstmöglichkeiten getroffen. Hieraus erwächst auch häufig die Motivation, auf einen guten Schulabschluss hinzuarbeiten, oder auch die Motivation, bei Durststrecken durchzuhalten, weil beispielsweise jeder, der Medizin studieren will, weiß, dass er dazu gute Noten im Abitur braucht.

Die Aufgabe eines berufsorientierenden Unterrichts ist es, Schülerinnen und Schüler in einem umfassenden Sinn zur Arbeits- und Berufswahl zu befähigen, Handlungsoptionen zu verdeutlichen und ihre Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit zu steigern.

Eine zentrale Voraussetzung dafür, sich für den richtigen, also den individuell passenden Beruf zu entscheiden, ist, dass der junge Mensch den Beruf kennt, dass er weiß, was in diesem Beruf zu tun ist, welche Anforderungen in diesem Beruf gestellt werden. Nur wenn er über all dieses Wissen tatsächlich vollumfänglich verfügt, kann es zu einer individuell passgenauen Entscheidung kommen.

Daher ist die Berufsorientierung in unserem Schulgesetz verankert. Es ist für jeden jungen Menschen das Recht auf eine seine Fähigkeiten und seine Neigungen fördernde Erziehung, Bildung und Ausbildung festgeschrieben. Weiter heißt es: In Erfüllung dieses Auftrags ist die Schule insbesondere gehalten, die Schülerinnen und Schüler auf die Anforderungen der Berufs- und Arbeitswelt vorzubereiten.

Aber: Das gilt nur für die mittleren Berufsabschlüsse und eben nicht für das Gymnasium. Lediglich für die neugegründeten Gemeinschaftsschulen gibt es die Vorgabe, dass in deren pädagogischem Konzept praxisbezogene Angebote und Aktivitäten

zur Berufs- und Studienorientierung enthalten sein müssen. Für unsere Gymnasiasten heißt das: Abitur - und was dann? - Das halten wir für falsch.

(Zustimmung von Frau Lüddemann, GRÜ- NE, von Herrn Weihrich, GRÜNE, und von Frau Bull, DIE LINKE)

Auch Gymnasiastinnen und Gymnasiasten müssen gezielt auf die Anforderungen der Arbeitswelt vorbereitet werden. Darum stellen wir heute unseren Antrag, in dem wir die Landesregierung auffordern, ein Konzept für die systematische Berufs- und Studienorientierung eben auch an Gymnasien zu entwickeln. Denn bis heute führt die systematische Berufs- und Studienorientierung an den Gymnasien ein Schattendasein.

Es gab immer wieder einmal Initiativen; ich möchte gar nicht ruminieren, ob diese erfolgreich waren oder nicht. Die Zahlen, die uns vorliegen, zeigen deutlich, dass wir ein Problem haben.