Protokoll der Sitzung vom 27.03.2014

Wir als SPD-Fraktion schlagen auch vor, im Ausschuss für Bildung und Kultur ein Fachgespräch zu diesem Thema zu organisieren, bei dem wir uns mit allen Verbänden der Wirtschaft, den Sozialpartnern, den Schülervertretungen, den Elternvertretungen und natürlich mit den Lehrern darüber unterhalten, wie wir die Berufs- und Studienorientierung in den Schulen organisieren wollen.

Denn es ist zum Beispiel viel zu spät, erst in Klasse 11 mit der Studienorientierung zu beginnen. Dann haben die Schüler doch schon längst ihre

Kurse gewählt, und Kurse, die sie für ein Studium benötigen, können ihnen dann fehlen.

Viele Studenten finden auf einmal heraus, dass sie für ein Medizinstudium das Fach Physik doch nicht hätten abwählen dürfen oder dass sie für ein Studium der romanischen Sprachen Lateinkenntnisse brauchen. Das kann man den Schülern vorher beibringen und erklären.

Wir müssen uns daher darüber unterhalten, welche Formen wir haben wollen. Neben Praktika, dem Schnupperstudium und dem Hochschulinformationstag, die innerhalb eines Schuljahres nur als Block eingeplant werden können, sollte es verschiedene über das Schuljahr verteilte Maßnahmen, wie individuelle Fachgespräche, Workshops zu den verschiedenen Berufsbildern oder auch fakultative Praktika in den Ferien, geben.

Es muss also das Ziel sein, vor Ort kontinuierlich mit den Schülern im Gespräch zu bleiben, um sie so individuell entsprechend ihren Neigungen, ihrem Leistungsvermögen und ihrem Entwicklungsstand in der Phase der Berufsorientierung zu begleiten.

Die Koalitionsfraktionen beantragen daher, den Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung und Kultur und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Wissenschaft und Wirtschaft sowie für Arbeit und Soziales zu überweisen, damit wir uns dort gemeinsam darüber unterhalten können.

Meine Vorredner haben eigentlich alles zu dem Thema gesagt. Darüber sollten wir in den Ausschüssen auch intensiver diskutieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr, Kollege Wanzek. - Frau Kollegin Professor Dalbert, bitte sehr.

Noch einige wenige Sätze zum Abschluss dieser Debatte. Ich bedanke mich bei allen Fraktionen für die positive Aufnahme dieses Antrages. Deshalb freue ich mich auch auf eine konstruktive Zusammenarbeit in den genannten Ausschüssen zu diesem Thema und teile die Zuversicht, die von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern artikuliert wurde, dass wir dann gemeinsam sicherlich ein Stück weiterkommen.

Es ist in der Debatte deutlich geworden, dass wir weiterkommen müssen, ganz schlicht aus zwei Gründen, die in dieser Debatte aufgezeigt worden sind. Zum einen ist es ein antiquiertes Bildungsverständnis

(Zustimmung von Frau Bull, DIE LINKE)

zu meinen, die einen kommen ins Handwerkstöpfchen und die anderen kommen ins Uni-Töpfchen. Erst einmal sollte man versuchen, den besten schulischen Bildungsabschluss zu erreichen, den man erreichen kann.

(Zustimmung von Frau Bull, DIE LINKE)

Dann schaut man, was man damit macht. Je höher der Bildungsabschluss ist, desto mehr Möglichkeiten stehen einem offen. Das ist unabhängig vom gegliederten Schulsystem der Fall. Also auch wenn wir ein anderes Schulsystem hätten, wären die Abschlüsse in Abhängigkeit von der Länge der schulischen Ausbildungszeit unterschiedlich.

Herr Keindorf, Sie haben es gesagt, dass man mit einer Berufsausbildung anfangen und dann etwas aufsatteln kann. Deshalb ist es einfach antiquiert, sich daran zu klammern und zu sagen: Diejenigen, die das Abi machen, müssen an die Hochschule kommen. Wenn sie sich alle dafür entscheiden, dann habe ich nichts dagegen. Wenn sie eine gute Information haben und sagen, so ist das, dann habe ich nichts dagegen. Aber die Zahlen sprechen dafür, dass dabei auch Fehlentscheidungen passieren. Das ist nicht gut.

Zum anderen finde ich, Herr Minister, Sie haben mit Ihrer Rede sehr schön deutlich gemacht, warum der Antrag notwendig ist. Herr Wanzek hat es ausformuliert. In der Tat passiert bei uns im Land sehr viel in Kooperation mit den Hochschulen, mit der Arbeitsagentur und mit anderen. Aber es ist eben zufällig. Es ist nicht systematisch. Davon, auf welchem Gymnasium ich bin, hängt ab, was mir an Berufsorientierung geboten wird.

Das ist genau der Punkt, an dem wir sagen, das ist nicht ausreichend. Wir müssen hierfür klare Leitplanken formulieren, die besagen, was passieren muss. Das muss im Grunde genommen schon in der 5. und 6. Klasse anfangen, weil es dafür - auch das hat Herr Wanzek betont - in der 10. oder 11. Klasse viel zu spät ist.

Deshalb freue ich mich über die positive Aufnahme unseres Antrages. Ich freue mich auf spannende Debatten. Selbstverständlich stimmen wir als einbringende Fraktion dem Vorschlag hinsichtlich der Überweisung gern zu. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Frau Professor Dalbert.

Damit ist die Debatte beendet. Wir stimmen jetzt über die Drs. 6/2880 ab. Ich glaube, es besteht im Haus Einvernehmen dahingehend, dass wir den Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung und Kultur und zur Mitberatung an die Ausschüsse für Wissenschaft und Wirtschaft sowie für Arbeit und Soziales überweisen. - Ich sehe keinen Widerspruch.

Dann stimmen wir darüber ab. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit ist das so beschlossen worden. Der Tagesordnungspunkt 18 ist beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Beratung

Grundschulen auf dem Lande eine Chance geben

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/2910

Der Einbringer ist der Abgeordnete Herr Höhn. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Manchmal gibt es Tage - heute ist wieder so einer -, an denen man morgens die Zeitung aufschlägt und sich nicht ganz sicher ist, ob man angesichts dessen, was man darin liest, lachen oder weinen soll.

Ich will während des zweiten Teils meiner Rede natürlich noch einmal etwas zum Thema Personal sagen. Aber was ich vorwegnehmen will und was auch heute schon die Botschaft dieser Schlagzeilen zum Thema Lehrerpersonal ist: Die vielen kleinen Kartenhäuser, die Sie sich in den letzten Jahren im Rahmen ihrer Politik aufgebaut haben, fallen alle Stück für Stück in sich zusammen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

Zu den Grundschulen. Was bisher geschah: Wir haben in der letzten Landtagssitzung eine Aktuelle Debatte zu dieser Frage geführt; Sie erinnern sich daran.

Kurz nach dieser Aktuellen Debatte haben wir festgestellt, dass es innerhalb der Union eine Fortsetzung dieser Diskussion gab. Es war eine sehr intensive und offensichtlich auch nicht völlig destruktive Diskussion zum Thema Schulverbünde und zu der Frage, ob die sogenannte zweite Stufe der Schulentwicklungsplanung mit den Richtzahlen ab dem Jahr 2017 nun sein oder nicht sein muss und in welcher Form sie verhindert oder nicht verhindert werden kann.

Ich will - das habe ich bereits im Fachausschuss getan - ausdrücklich würdigen, dass diese Debatte innerhalb der CDU stattgefunden hat, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es gab ein Papier - ich glaube, es stammte von einer Arbeitsgruppe innerhalb des CDU-Landesverbandes - und es gab Aufregung über dieses Papier. Ein Pressegespräch war angekündigt. Dann wurde es

abgesagt. Irgendwann - es dauerte ein bis zwei Tage - kam das Basta seitens der CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzenden Kollegin Budde.

(Herr Gallert, DIE LINKE: SPD! Na ja, er hat CDU gesagt! - Frau Budde, SPD: Ich habe mich gar nicht angesprochen gefühlt!)

- SPD, selbstverständlich. - Es kam also das Basta und damit war die Diskussion wieder beendet, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Würde es an dieser Stelle allein um das parteitaktische Kalkül gehen, dann könnte ich sagen: Herzlichen Dank, liebe SPD, dass Sie noch einmal allen, die sich dafür interessieren, deutlich mitgeteilt haben, dass Sie unbedingt alle diese Schulen streichen wollen. Da es hierbei aber um die Sache geht, erwarte ich von der Sozialdemokratie auch in Sachsen-Anhalt, dass sie endlich damit aufhört, einmal gefasste Beschlüsse immer wieder als Dogma zu betrachten, und sich den Debatten, die in diesem Land stattfinden, offen stellt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe es in einer der vergangenen Debatten zu diesem Thema schon einmal gesagt: Es ist ein Irrglaube, dass sich eine starke und handlungsfähige Regierung dadurch auszeichnen würde, dass sie einfach unbeirrt durchzieht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Nein, gute Politik muss zuallererst auch zuhören können und den Dialog führen können. Das ist etwas, was Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, in den letzten Monaten völlig abgeht.

(Beifall bei der LINKEN)

In Richtung der CDU will ich aber auch Folgendes sagen: Ihre Strategie ist ebenfalls nicht akzeptabel, mal etwas in die Debatte zu werfen, damit alle mitbekommen, dass man es eigentlich blöd findet, was hier so beschlossen wird, aber an der Sache selbst nichts zu ändern, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. Sich der Abstimmung immer wieder zu entziehen bedeutet nicht, am Ergebnis unschuldig zu sein, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Dezember 2013 hatten wir zwar nicht zum ersten Mal, aber erneut einen Antrag in das Plenum eingebracht, der die Forderung nach einem Moratorium, also dem Aussetzen der Schulentwicklungsplanverordnung, als einen seiner wesentlichen Inhalte hatte, damit wir bis Mitte des Jahres 2014 Zeit gewinnen, um mit den Planungsträgern, mit Bürgerinnen und Bürgern und im Fachausschuss mit der Landesregierung ins Gespräch zu kommen. Diesen Antrag haben Sie mit Ihrer Mehrheit in den Fachausschuss überwiesen.

Im Februar 2014 hatten wir die bereits erwähnte Diskussion. In dieser Debatte hat die SPD noch einmal deutlich gesagt, dass sie bei ihrer Position bleibt. Die CDU hat das ein bisschen hinterfragt und eigene Vorschläge angekündigt.

Wenige Tage später haben wir im Fachausschuss über den im Dezember 2013 überwiesenen Antrag diskutiert. Beide Koalitionsfraktionen, CDU und SPD, haben im Fachausschuss deutlich betont, dass sie Änderungen an der Schulentwicklungsplanverordnung ablehnen würden und dass sie es ebenso ablehnen, ein Moratorium zu beschließen. Trotz dieser klaren Positionen sahen sie sich allerdings nicht in der Lage, eine Abstimmung im Ausschuss herbeizuführen, damit wir heute auf dieser Sitzung über den Antrag vom Dezember 2013 abschließend beraten können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für dieses Verhalten gibt es für mich nur eine einzige Erklärung: Sie scheuen sich, als Abgeordnete in dieser Frage öffentlich Farbe zu bekennen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für diejenigen, die im Fachausschuss nicht vertreten sind, will ich noch einmal Folgendes sagen: Ich habe namens meiner Fraktion im Fachausschuss ein sehr konkretes Angebot zu diesem Antrag vom Dezember 2013 unterbreitet.