Protokoll der Sitzung vom 27.03.2014

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/2931

c) Hochwasser 2013 - Kommunen helfen

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/2932

d) Hochwasser 2013 - Unternehmen helfen

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/2933

e) Hochwasserschutz beschleunigen

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/2881

Änderungsantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/2953

Aufgrund der Vielzahl der Anträge wird der Tagesordnungspunkt 10 gegliedert. Die Einbringung der Anträge der Koalitionsfraktionen unter den Tagesordnungspunkten 10 a bis 10 d erfolgt im Komplex durch den Herrn Kollegen Bergmann. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verzichtet auf eine ge

sonderte Einbringung ihres Antrags unter Tagesordnungspunkt 10 e. Im Anschluss an die Einbringung treten wir in eine verbundene Debatte ein. Als Einbringer hat Herr Kollege Bergmann das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Einbringung der Hochwasseranträge in der heutigen Plenarsitzung übernehme ich gerne. Gleichwohl bin ich der Meinung, dass die Anträge an der einen oder anderen Stelle vielleicht gar nicht nötig gewesen wären. Ich werde die Anträge dennoch einbringen, auch mit der notwendigen Kritik an der richtigen Stelle.

Zu dem Antrag unter Tagesordnungspunkt 10 a - Hochwasser 2013 - Antragsfristen bis 31. Dezember 2014 verlängern - in der Drs. 6/2914. Dies ist sinnvoll, da wir feststellen, dass die Fristen, die bisher gelten, nicht ausreichen werden, um alle Anträge aufzunehmen. Wir stellen aber auch fest, dass es vor Ort weitere Schäden gibt, die erst jetzt auftreten, sodass weiterhin Anträge gestellt werden müssen und auch gestellt werden sollen.

Wir stellen auch fest, dass manche Haushalte aus Angst, sie könnten den Eigenanteil von 20 % nicht zusammenbekommen, noch gar keine Anträge gestellt haben, obwohl sie das Recht hätten, Anträge zu stellen. Hierbei ist noch verstärkt Öffentlichkeitsarbeit und Unterstützung nötig, damit auch diese Anträge eingehen werden.

Vielleicht gestatten Sie mir, bevor ich auf die anderen Anträge eingehe, noch eine kleine Bemerkung zur gestrigen Fragestunde. Frau Kollegin Paschke, Sie haben gefragt, warum ein Antrag notwendig war, nachdem Sie doch schon in der vorherigen Sitzung darauf hingewiesen hatten.

Ich bin nicht die Landesregierung, aber ich kann sagen, dass wir den Antrag deshalb aufgenommen haben, weil zum Zeitpunkt unserer Beratungen der neue Antragszeitpunkt noch nicht offiziell fixiert war. Wir haben kein Zeichen der Landesregierung benötigt, um dies zu tun. Das haben wir auch nicht bekommen.

Das sage ich, weil Ihre Frage in diese Richtung ging. Ich würde mir - das muss ich ganz ehrlich sagen - von der Landesregierung auch nicht vorschreiben lassen, was wir hier beantragen. - Das dazu.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich komme zu dem Antrag unter Tagesordnungspunkt 10 b - Hochwasser 2013 - Bürgerinnen und Bürgern helfen. Es geht um ein Kapitel, von dem ich vor vier Monaten noch gar nicht wusste, dass es eines wird.

Ich habe erst vorgestern Abend an einer Einwohnerversammlung teilgenommen - eine Bürgerinitia

tive hatte dazu eingeladen - und habe wieder einmal einen kleinen Kloß im Hals gehabt, als ich erfuhr - vielleicht kann Herr Staatsminister Robra nachher noch drei Sätze dazu sagen -, dass Spielzeug nicht als zu ersetzender Hausrat anerkannt wird. Das ist, wenn es stimmt, schon bedenklich. Ich habe mir einfach die Frage gestellt habe: Wie ist das, wenn ein kleines Kind aus der Evakuierung in die Wohnung zurückkehrt, die nicht mehr so aussieht wie früher, und sein altes Kuscheltier vermisst? - Die Eltern haben es neu gekauft und hinterher heißt es: Nein, das können wir nicht erstatten; das ist eigentlich kein Hausrat.

Wir leisten hier humanitäre Hilfe. Hierbei geht es nicht darum festzulegen, welche Leistungen nach irgendeinem Sozialgesetz korrekt sind und welche nicht. Ich glaube, in solchen Situationen muss man einfach auch ein Auge zudrücken. Das ist keine wahnsinnig gravierende Kritik. Aber ich glaube, wir müssen in solchen Fällen mit den Bürgern, den Betroffenen, die teilweise traumatisiert sind, einfach anders umgehen.

Wir müssen die Bürger aber auch weiterhin beraten. Ich habe das im Zusammenhang mit dem ersten Antrag bereits angedeutet. Mir ist in den letzten Wochen verstärkt aufgefallen, dass Bürger keinen Antrag stellen, weil sie gar nicht wissen, an wen sie sich wenden müssen, oder weil sie den Eigenanteil von 20 % nicht aufbringen können und sich schämen, dort hinzugehen.

Es war lange Zeit noch unklar, ob der Eigenanteil von 20 % mit Spenden aufgefüllt werden kann. Wir haben hierzu inzwischen eine Klarstellung durch die Landesregierung erhalten. Darüber freue ich mich. Das muss jetzt aber auch in die Orte transportiert und publik gemacht werden, damit weiterhin von den Antragstellungen Gebrauch gemacht wird. Denn am Geld wird es letztlich nicht scheitern.

(Staatsminister Herr Robra: Die Bürgermeis- ter!)

- Ich habe jetzt gerade das Stichwort Bürgermeister gehört. Ja, die Bürgermeister sind auch dabei. Sie kennen ihre Leute vor Ort und sprechen sie auch an. Aber das allein reicht nicht.

Wir haben schon das erste gute Zeichen von Herrn Struhkamp aus der Staatskanzlei erhalten, dass die Gemeinden vor Ort zusätzliche Hilfen auch in Form von Personalkraft bekommen, die sich gegebenenfalls darum kümmern werden. Der eine oder andere Sozialverband leistet ebenfalls Unterstützung.

Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass in der Vergangenheit durch die Investitionsbank die Entschädigungen teilweise auch pauschal abgegolten wurden. Auch hierbei konnten wir inzwischen Missverständnisse klären.

Ich stellte etwa fest, dass eine vierköpfige Familie, deren Haus komplett zerstört wurde, mit 9 000 € pauschal abgegolten worden war. Abzüglich der Soforthilfe und abzüglich der 20 % musste diese Familie mit ungefähr 6 000 € eine Küche, ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer, ein Bad und zwei Kinderzimmer finanzieren. Ich muss Ihnen, glaube ich, nicht erklären, dass man das mit 6 000 € nicht kann.

Ich bin sehr froh über die Klarstellung, die wir inzwischen bekommen haben, dass auch diese Familie einen zweiten Antrag, einen Nachantrag stellen kann, auf dessen Grundlage man über die Gesamtsumme noch einmal neu befinden wird.

Ich muss sowieso feststellen - darüber freue ich mich auch ein bisschen; das sage ich in Richtung des Staatsministers Herrn Robra -, dass sich auch schon etwas getan hat, nachdem die Anträge in der Welt waren. Ich glaube, es ist immer ganz gut, wenn der eine oder andere Antrag endlich gestellt ist; denn es dauert doch noch ein paar Wochen, bis er hier besprochen wird.

Ich komme zu dem Antrag unter Tagesordnungspunkt 10 c - Hochwasser 2013 - Kommunen helfen. Auch das ist ein wichtiger Punkt. Welche Situation hatten wir in den betroffenen Kommunen? - Ich denke dabei insbesondere an die Bereiche, in denen Deichbrüche zu verzeichnen waren.

Wir hatten öfter den Fall, dass die Kommunen über das Jahresende hinaus ihre Gelder für die Projekte ausgegeben hatten, die umgesetzt werden mussten. Die Kommunen stehen unter unheimlich großem Druck. Sie kommen mit ihrem Personal nicht klar. Sie haben zu wenig Personal. Sonst schieben sie Baukosten in Höhe von 2 Millionen bis 3 Millionen € durch ein Haushaltsjahr; jetzt müssen sie Baumaßnahmen mit einem Volumen von 30 Millionen €, 40 Millionen €, 50 Millionen € innerhalb kürzester Zeit betreuen. Das schaffen sie mit der vorhandenen Personalstärke überhaupt nicht.

Gleichzeitig sollen sie Anträge beim Landesverwaltungsamt stellen. Gleichzeitig wird die Kasse leer. Gleichzeitig ist eine bestimmte Qualität bei den Anträgen erforderlich, damit die Kommunen das nicht in Zukunft wieder zurückzahlen müssen. Damit sind die Kommunen zum Teil überfordert. Das mag für Halle und Magdeburg als Großverwaltungen nicht gelten; das gilt aber für die kleineren Verbandsgemeinden umso mehr.

Also haben wir gesagt: Hier muss man helfen. Ganz wichtig ist, dass es zu Teilbewilligungen kommt. Ich möchte, dass das durch die Landesregierung unbedingt umgesetzt wird; denn wenn das Geld erst einmal verbraucht ist und die Kassenkredite in Anspruch genommen worden sind, dann kommen die Kommunen nicht weiter.

Es nützt gar nichts, wenn das Landesverwaltungsamt das irgendwann einmal bewilligt, es bis dahin

aber noch nicht zur Auszahlung kommt und das Geld nicht zur Verfügung steht. So lange passiert dann nichts. Dann wundern wir uns in der Politik manchmal und sagen: Warum fließt das Geld nicht ab? - Ganz klar: Es kann nicht abfließen, weil wir an einem Punkt angekommen sind, an dem es wegen sicherlich notwendiger Vorschriften plötzlich nicht weitergeht. Dieser Knoten muss durchschlagen werden. Das kann nur die Landesregierung regeln. Ich erwarte, dass unsere Minister diesbezüglich ihrer Verantwortung gerecht werden.

Zu dem Antrag unter Tagesordnungspunkt 10 d - Hochwasser 2013 - Unternehmen helfen. Dieser bezieht sich - darauf brauche ich nicht im Einzelnen einzugehen - auf steuerliche Regelungen. Diese waren anfangs teilweise auch für die Bürger vorgesehen. Wir möchten schlicht und ergreifend, dass Unternehmen, die zum Beispiel Ansparrückstellungen für Investitionen gebildet haben, die nicht getätigt werden konnten, weil das Hochwasser neue Prioritäten gesetzt hat, die Möglichkeit erhalten, diese Vorhaben zu verschieben und Ähnliches. Ich glaube, das ist eine wertvolle Hilfe. Wir bitten die Landesregierung, die Vorkehrungen dafür zu treffen.

Herr Ministerpräsident, lieber Herr Dr. Haseloff, wir beide sind einmal zusammen durch das Hochwassergebiet rund um Fischbeck gefahren. Ich kann mich auch noch an die Worte erinnern, die wir in der Politik immer gebraucht haben: Wir wollen schnell und unbürokratisch helfen. Das Ganze ist jetzt etwa zehn Monate her.

Die Leute empfinden die Hilfe nicht als unbürokratisch und schnell. Ich erkläre inzwischen auch, dass die Hilfe nicht unbürokratisch ist und auch nicht sein kann. Das muss man ganz klar sagen. Trotzdem müssen wir zusehen, dass es schnell geht, möglichst noch ein bisschen schneller. Manche Anträge sind noch gar nicht bearbeitet worden. Deswegen bitte ich auch Sie, den nötigen Druck aufzubauen, damit das in den Verwaltungen entsprechend abgearbeitet wird.

(Zustimmung von Frau Schindler, SPD)

Ausdrücklich möchte ich sagen: Hin und wieder kommt ganz leise eine Diskussion auf über den Missbrauch von Geldern, die den Leuten vor Ort helfen sollen. Dafür haben wir eine Verwaltung, die die Anträge prüft. Ich denke, man prüft genau. Ich hoffe, dass man so etwas unterbindet. Ich sage aber auch ganz klar: Hilfe geht eindeutig vor. Ich habe keine Lust und werde keine Diskussion darüber zulassen, in der wir über schwarze Schafe diskutieren und nicht über die Betroffenen. Das mache ich nicht mit.

(Zustimmung bei der SPD)

Deshalb bitte ich diejenigen, die solche Geschichten kennen: Tragen Sie sie an uns heran. Das

kann man klären. Für mich ist es wichtig, dass die Hilfe bei den Betroffenen ankommt, insbesondere bei denen, die teilweise gar nicht wissen, wie sie an sie herankommen sollen.

Der letzte Antrag unter Tagesordnungspunkt 10 e ist ein Antrag der GRÜNEN; er trägt die Überschrift „Hochwasserschutz beschleunigen“. Ich will darauf gar nicht vertiefend eingehen, denn dieser Antrag, Kollege Weihrich, beinhaltet teilweise Dinge, die wir bereits vor wenigen Monaten im Landtag beschlossen haben. Ich will Ihren Antrag nicht jetzt schon debattieren. Aber ich glaube, das ist genau der Punkt, an dem wir uns in vielen Dingen einig sind, die wir vorhin schon diskutiert haben.

Ich glaube schon - das sage ich an dieser Stelle noch einmal -, dass wir bei unseren Genehmigungs- und Planungsverfahren schneller werden müssen. Wir haben deswegen schon vor längerer Zeit beantragt, uns, was die Gerichtsbarkeit angeht, auf eine Instanz festzulegen.

Eines habe ich auch immer klar und deutlich gesagt: Wir wollen nicht die Demokratie schleifen. Es sollen alle beteiligt werden, es soll transparente Prozesse geben. Wir müssen aber auch klar und deutlich sagen, dass bereits die jetzigen Planfeststellungsverfahren - das wissen Sie so gut wie ich - immer einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf nach europäischem Recht immer einer Öffentlichkeitsbeteiligung. Das kann man gar nicht ohne Öffentlichkeit.

Der LHW ist zurzeit auch unabhängig von Verfahren in Vorbesprechungen zu neuen Projekten im Land unterwegs, diskutiert das ganz offen gerade auch in den betroffenen Gebieten. Ich glaube, mehr Transparenz, als wir im Moment zeigen, ist kaum möglich. In diesem Fall meine ich das wirklich so.

Deswegen wäre es sehr nett, wenn Sie mir nachher einmal den Begriff der „völligen Transparenz“ erläutern würden. Denn damit habe ich ein Problem. Ich möchte nicht, dass der LHW im Freien arbeiten muss, damit man den Mitarbeitern auch noch über die Schulter schauen kann.

Die Diskussion vor Ort findet statt und sie findet sehr intensiv statt. Ich finde es klasse, wie sich die Bürger aus den betroffenen Gebieten einbringen. Das ist in vielen Fällen hilfreich, in manchen auch nicht. Aber ich bewundere Herrn Henning - ich habe das vorhin schon gesagt - wegen der Ruhe und Geduld, mit der er alle Wortmeldungen pariert, erklärt, erläutert und letztlich mit den Bürgern meist zu einem guten Ergebnis kommt. Immer zwar auch nicht, aber das liegt in der Natur der Sache.

Ich bedanke mich für das Zuhören und wünsche uns allen, dass wir das Thema Hochwasser in Bezug auf die Hochwasserkatastrophe 2013 heute