Protokoll der Sitzung vom 27.03.2014

Liebe Frau Tiedge, niemand hat gesagt - ich weiß gar nicht, woher Sie das haben -, dass Regionalbereichsbeamte in Rathäusern sitzen müssen. Von „müssen“ haben wir nie geredet. Wir haben gesagt: Wir reden mit den kommunalen Entscheidungsträgern, weil wir in diesem Land die Sicherheitsarchitektur gemeinsam mit den kommunalen Entscheidungsträgern schaffen. Einen solchen Dialog hat es noch nie gegeben.

Es sind Beamte im Land unterwegs, die mit Bürgermeistern und Landräten reden und sagen: Wie hättet ihr es denn gern? Wenn jemand sagt, er möchte ein oder zwei Regionalbereichsbeamte im Rathaus haben, und das ergibt wirtschaftlich Sinn, etwa hinsichtlich der Mieten, dann kommen wir diesem Wunsch nach. Denn es gibt Synergieeffekte, wenn Polizei und Ordnungsamt gemeinsam Streife laufen. Wir bringen die Sicherheit, die jetzt nicht da ist, auf die Straße. Das ist das Entscheidende, Frau Tiedge.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie haben hier ein Bild gemalt, das ich zurückweisen muss. Sie haben dieses Land schwarzgemalt. Wir haben nirgends in Sachsen-Anhalt einen rechtsfreien Raum. Wir haben nirgends in Sachsen-Anhalt Verwahrlosung oder Zustände, wie Sie sie beschrieben haben. Das weise ich entschieden auch für das Ansehen dieses Bundeslandes zurück. Solche Bilder, wie Sie sie zeichnen, schaden dem Image und dem Ansehen unseres Landes und sind schlicht und ergreifend unwahr.

(Zustimmung bei der CDU und von der Re- gierungsbank)

Wir werden diese Reform so, wie Sie Ihnen mehrfach vorgestellt worden ist, in Ruhe im April 2014 beschließen. Wir werden auch diejenigen, die wir zusätzlich einstellen, liebe Frau Tiedge, selbstverständlich vernünftig ausbilden. Wir werden 200 Studierende an der Fachhochschule in Aschersleben ausbilden. Wir haben natürlich vorher geklärt, dass das funktioniert; denn wir haben nicht erst eine Idee und fangen dann an zu überlegen,

sondern das läuft bei uns schon anders herum. Darauf können Sie sich verlassen.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Na, da bin ich mir nicht so sicher!)

- Ja, dass Sie sich dessen nicht so sicher sind, würde ich, wenn ich in der Opposition wäre, auch sagen. Das gehört zum Geschäft.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Na, Sie kennen doch die Haushaltsberatungen! Da gab es andere Argumente!)

Gehen Sie davon aus, dass wir jetzt eine Situation haben, in der die Polizei mit der Struktur, wie sie jetzt ist, nicht mehr funktioniert. Denn auch in der Politik ist eins und eins noch immer zwei. 8 000 minus 2 000 ergibt 6 000. Und eine Struktur, die für 8 000 ausgelegt war, funktioniert mit 6 000 nicht. Politisch können Sie alle reden, was Sie wollen - was nicht funktioniert, das funktioniert nicht.

Wir haben unsere Polizei in den letzten Jahren auf Verschleiß gefahren. Ich bin meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, unseren Polizisten außerordentlich dankbar dafür, dass sie unter diesen schwierigen Bedingungen Sicherheit in diesem Land ermöglicht haben. Das ist eine Herkulesaufgabe, die unsere Polizei unter diesen schweren Rahmenbedingungen stemmt.

(Zustimmung bei der CDU und von der Re- gierungsbank)

Ich komme zu den Dingen, die Sie angesprochen haben. Beförderungsstau - ja, Frau Tiedge, es gibt einen Beförderungsstau. Den wollen wir auch nicht kleinreden, dem müssen wir uns stellen. Aber der ist nicht erst heute entstanden.

Es gibt einen Investitionsstau im Umfang von 154 Millionen € im Bereich der Liegenschaften. Der ist nicht erst heute entstanden. Wenn Sie sich einmal ansehen, wie die Amtsgerichte und die Justizvollzugsanstalten ausgebaut und aufgebaut worden sind, dann stellen Sie fest, dass unsere Beamtinnen und Beamten teilweise unter schlechteren Bedingungen arbeiten als diejenigen, die dort einziehen, wohin unsere Polizei sie gebracht hat.

(Zustimmung bei der CDU und von der Re- gierungsbank)

Was meinen Sie, wie sehr mich das ärgert. Aber ich kann nicht einfach einen Schalter umlegen und diesen Investitionsstau über Nacht auflösen. Das müssen wir gemeinsam tun. Doch was ich in den letzten zwei Jahren erlebt habe - nicht nur von Ihnen allein, wobei Sie das immer kommod, nett und moderat machen, sondern auch von anderen -, ist für mich ein Lernprozess.

Zum Abschluss habe ich eine Bitte. Wir haben Menschen, die diesem Land dienen und unsere Sicherheit garantieren. Tun Sie mir den Gefallen

und machen Sie nicht ständig auf dem Rücken unserer Polizei Politik. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von der Regierungsbank - Oh! bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Minister. Herr Minister, würden Sie eine Frage beantworten? - Nein. - Frau Dr. Paschke, er möchte nicht.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Er muss! - Herr Schröder, CDU: Er muss nicht!)

- Er muss eigentlich antworten. Doch, er muss antworten. - Herr Minister, bitte.

(Zuruf von Minister Herrn Stahlknecht)

- Das ist die Höflichkeit, die ich versuche, an den Tag zu legen. - Wir einigen uns jetzt. Frau Dr. Paschke stellt die Frage und der Herr Minister beantwortet Sie, wenn er das kann. Bitte schön, Frau Dr. Paschke.

Herr Minister, Ihrer Rede habe ich entnommen, dass die Fehler sozusagen nicht in den jetzigen Reformabsichten bestehen und dass das alles ganz normal läuft, sondern dass die Fehler in der Vergangenheit liegen. Könnten Sie mir bitte erläutern, warum dann der Ministerpräsident eingegriffen hat? Können Sie mir bitte auch sagen, welche Verantwortung der Ministerpräsident in dieser Reformphase hat - er hat natürlich für alles die Verantwortung, aber an dieser Stelle hat er sie ganz besonders betont - und welche Verantwortung Sie haben? Denn mir war am Anfang gar nicht so klar, wer hier vorn spricht.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich komme zu Ihrer ersten Frage. Ich habe nicht gesagt, dass in der Vergangenheit Fehler gemacht worden sind. Darum geht es auch gar nicht. Ich habe lediglich gesagt, dass wir im Jahr 2008 eine Personalsituation mit ungefähr 8 000 Beamten gehabt haben und damals eine Reform gemacht haben - wir als CDU haben sie mitgetragen; es kann sich niemand aus der Verantwortung stehlen -, die aber heute nicht mehr funktioniert, weil wir mittlerweile einen Personalabbau vorgenommen haben, der es uns nicht ermöglicht, in diesen Strukturen zu arbeiten.

Deshalb sind Stationen nur noch Potemkinsche Dörfer; denn draußen steht zwar Station drauf, es ist aber niemand mehr drin. Deshalb haben wir Revierkommissariate, in denen wir Personalmangel zu verzeichnen haben. Deshalb haben wir Re

viere, in denen wir Personalmangel zu verzeichnen haben. Ich will das nicht als Fehler bezeichnen, das ist ein Befund. Das sage ich ohne jede Emotion.

Auch der Investitionsstau im Umfang von 154 Millionen € ist doch nicht eine Frage von Fehlern, sondern das ist eine Frage, bei der wir in den letzten Jahren in unterschiedlicher Regierungsverantwortung Prioritäten gesetzt haben. Aber ich fordere jetzt auch ein, dass wir uns der Aufgabe der Sanierung von Polizeidienststellen gemeinsam widmen. Das ist kein Vorwurf an irgendjemanden.

Ich komme zu Ihrer Frage, wer hier vorn redet. Es ist ganz einfach: ich. Denn nach wie vor habe ich bzw. mein Ministerium die Federführung bei dieser Polizeireform. Der Herr Ministerpräsident hat mir diese Federführung auch zu keiner Zeit weggenommen. Insofern bin ich der federführende Minister für diese Polizeireform.

Die Staatskanzlei hat, wie es die Verordnungen vorsehen, ein Verfahren mit den unterschiedlichen Häusern koordiniert. Wir haben die Besprechungen geführt. Wir haben mit den Gewerkschaften geredet. Insofern ist es völlig zutreffend, dass ich hier spreche und nicht der Herr Ministerpräsident. Insofern ist es so, wie es ist.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. Jetzt hat der Abgeordnete Herr Krause eine Frage. - Bitte, Herr Krause.

Herr Minister, glauben Sie wirklich, dass die Ordnungsämter so viel Personal haben, dass sie Ihre verfehlte Personalpolitik ausgleichen und die Kraft aufbringen können, gemeinsam mit Polizeibeamten Streife zu laufen?

(Unruhe bei der CDU - Herr Borgwardt, CDU: Das hat keiner gesagt!)

Meine zweite Frage: Ist die Rathausdiskussion nicht eher entstanden, weil Sie in den ländlichen Regionen wegen fehlender Räumlichkeiten oder fehlender Dienststellen keine Alternativen bieten können?

Herr Krause, lassen Sie mich Folgendes einmal ganz bewusst sagen: Wenn Sie das draußen erzählen, ist das genau der Mumpitz, der die Unruhe bringt. Punkt.

Das ist die Wahrheit.

Sie glauben doch selbst nicht den Blödsinn. Das glauben Sie doch selbst nicht.

Herr Krause, wenn Sie fertig sind, dann beantworte ich auch Ihre Frage. - Niemand hat gesagt, dass Ordnungsämter für die Polizei Streife laufen sollen.

Das haben Sie doch eben gesagt.

Nein, das habe ich nicht gesagt. Sie müssen mir zuhören oder müssen sich mit dem beschäftigen, was im SOG steht und was nach der Strafprozessordnung die Aufgabe der Polizei ist. Im Moment nimmt die Polizei, obwohl das SOG die Aufgaben regelt, Aufgaben der Ordnungsämter für die Kommunen wahr, was im Übrigen auch bedeutet, dass unsere Polizei als Dienstleister freiwillig mehr Aufgaben erbringt, als sie es aufgrund des Gesetzes tun müsste.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir haben die Bitte von den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, dass Ordnungsämter und Polizei auch einvernehmlich zusammenarbeiten. Das hat mit dem, was Sie vorgetragen haben, überhaupt nichts zu tun.

Dass Sie sagen, wir brauchten Rathäuser, weil wir andere Liegenschaften nicht hätten - ich weiß nicht, wer Ihnen das geflüstert hat oder ob Sie das heute Nacht geträumt haben -,

(Herr Borgwardt, CDU, und Herr Schröder, CDU, lachen)

ist völliger Unsinn. Das ist völliger Unsinn. Wir bieten den Bürgermeistern etwas an, und wenn die das nicht wollen, dann wollen sie es nicht. Wir leben in einem freien Land. Wir machen doch keine Enteignung in irgendeinem Rathaus, um dort die Polizei hineinzusetzen. Da gibt es Mietverträge und das wird vernünftig gemacht.

(Zustimmung bei der CDU)