Er hat Ihnen doch gar nicht unterstellt, dass Sie in Ihrer Partei linksextreme Straftaten begehen. Herr Schröder hat sich einem einzigen Aspekt zugewendet, den ich nicht vorgetragen habe. Er hat sich damit auseinandergesetzt, ob die von Ihnen
getroffene Wahl, jemanden in ein Gremium zu berufen, das sich hochsensiblen Aufgaben aussetzen muss, die richtige war. An diesem Punkt hat er Ihre Partei berührt; denn Sie haben mit Ihrer Fraktion sozusagen jemanden berufen wollen, der möglicherweise nicht den Anforderungen entspricht. Das habe ich nicht näher zu kommentieren. Bei diesem Punkt hat Herr Schröder das einmal angesprochen.
Aber in der Schnittmenge, in der wir über linksextreme Gewalt gesprochen haben, hat mein Kollege Herr Schröder in keiner Weise gesagt, dass Ihre Partei offen zum Kampf und zur Gewalt aufruft. Das habe ich jedenfalls hier vorn nicht so gehört.
Wir fahren in der Aussprache fort. Als Nächste spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Bull.
Meine Damen und Herren von der CDU, da haben Sie ja einen ordentlichen Topf zusammengerührt; das will ich einmal so sagen.
Offensichtlich hat die Sorge um die Arbeitsgemeinschaft meiner Partei, der LINKEN, dem Fraktionsvorsitzenden der CDU die Kraft zur Differenzierung geraubt. Dabei hat das allermeiste so viel miteinander zu tun wie der Fisch mit dem Fahrrad. Aber ich will gern den Versuch unternehmen zu sortieren.
Zunächst, meine Damen und Herren: DIE LINKE ist sehr wohl eine pluralistische Partei. Sie ist eine Partei, die den kritischen Diskurs befördert, und sie ist eine Partei, die Einspruch erhebt, und zwar insbesondere dann, wenn Menschen in ihrer Teilhabe behindert werden oder es ungerecht zugeht.
Und ja: DIE LINKE hat eine dezidiert kritische Position zu einer kapitalistisch organisierten Gesellschaft. Aber, meine Damen und Herren, das ist heutzutage doch nun wirklich kein Alleinstellungsmerkmal mehr.
Der Heilige Vater persönlich ist derjenige, der in Sachen Kapitalismuskritik noch ordentlich eine Schippe drauflegt.
Meine Damen und Herren! Nun teile ich das nicht alles. Aber bei Ihnen muss man ja Sorge haben, dass Sie zukünftig noch anfangen, den Papst mobben.
(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN - Zu- stimmung von Herrn Striegel, GRÜNE - Herr Schröder, CDU: Willkommen beim Thema! - Herr Gallert, DIE LINKE: Katholiken aus- schließen!)
Aber mal im Ernst: Kapitalismuskritik ist ebenso Bestandteil des Grundsatzprogramms meiner Partei wie das Ziel, diese Verhältnisse demokratisch zu verändern. In der LINKEN ist es genau wie in anderen Parteien auch - das ist kein Alleinstellungsmerkmal -: Bei uns gibt es Menschen mit sehr unterschiedlichen Biografien und Erfahrungen, auch politische. Wir haben einen Grundvorrat an Gemeinsamkeiten. Wir haben aber auch sehr unterschiedliche Ansichten - auch das ist Ausdruck von Demokratie -, und wir pflegen den offen, sachlich geführten Streit, und zwar einen Streit um das beste Argument.
Wenn Sie ganze Heerscharen für die Recherche beschäftigt haben, dann wird Ihnen nicht entgangen sein, dass wir in unserer Partei ordentliche Kontroversen haben, dass es in meiner Partei gewisse Klassiker gibt, die sehr emotional aufgeladen und munter diskutiert werden. Das ist nicht alles vergnügungssteuerpflichtig. In der Tat: Sie haben eines mit der Antikapitalistischen Linken gemeinsam: Die wollen eine Regierungsbeteiligung der LINKEN verhindern.
Es wird Ihnen auch nicht entgangen sein, dass ich mich persönlich - und mein Landesverband als solcher - ganz gelegentlich auch auf der Dartscheibe der einen oder anderen politischen Plattform meiner Partei wiederfinde. Die Erklärungen - das wird Ihnen auch nicht entgangen sein - klingen nicht alle wie politische Liebeserklärungen.
Aber egal, welches Gewicht die Antikapitalistische Linke meiner Partei hat, und egal, ob man ihre Position teilt oder nicht: Ihr Demokratiefeindlichkeit oder Extremismus zu unterstellen, das ist nicht nur unverschämt, meine Damen und Herren, das ist auch absurd.
Ganz nebenbei gesagt: Sie können sich ja einmal - wie ich - einen Sonntagnachmittag hinsetzen und 15 Seiten Gründungsaufruf der AKL - so heißen sie - zu Gemüte führen. Was Sie darin nicht finden, ist zum Beispiel das Wort „Revolution“. Da kann man enttäuscht sein. Da kann man sich auch denken: Mensch, Leute, ihr seid auch nicht mehr das, was ihr mal wart.
Aber Ihre Angriffe auf meine Partei, Herr Schröder, sind nichts weiter als ein durchsichtiges und zugleich hilfloses Reload einer erfolglosen RoteSocken-Kampagne.
Sie ziegeln hier etwas hoch, was einer rationalen Betrachtung nicht mehr standhält. Ich sage es einmal so: Ihnen muss ja ordentlich die Halskrause auf Null stehen.
Ein kapitalismuskritischer Diskurs, meine Damen und Herren, findet sich nicht nur in allen programmatischen Aussagen meiner Partei, der findet sich mittlerweile in so vielen wissenschaftlichen und kirchlichen Diskursen - damit meine ich jetzt nicht nur den Papst -,
in politischen Zusammenhängen, in sozialen Zusammenhängen, selbst im Altersdenken von Menschen. Das zeigt, wie schräg Ihre Debatte ist.
Statt des Arguments bemühen Sie nun allerlei Beschimpfungen und wedeln mit dem Geheimdienst. Dazu will ich Ihnen Folgendes sagen:
Erstens. Als eine Instanz, die über die vermeintliche Gefährdung von Demokratie bzw. den Schutz von Menschenrechten wacht oder entscheidet, hat sich der Verfassungsschutz hierzulande allerspätestens seit den - ich sage es einmal so - Machenschaften und Pannen im Zusammenhang mit den Morden des NSU in der Öffentlichkeit vollständig diskreditiert.
Auch ihre Extremismustheorie, meine Damen und Herren, verfehlt das Problem. Sie konstruieren sich eine Gesellschaft, in der eine vermeintlich gute Mitte dem vermeintlich bösen rechten bzw. linken Rand gegenübersteht. Das ist eine Milchbubenrechnung, meine Damen und Herren; denn das macht blind für Rassismus und Fremdenfeindlich
Was wir stattdessen brauchen, ist eine Stärkung von Demokratie und eine Stärkung des kritischen Diskurses. Den muss man aushalten.
Aber den muss man nicht nur aushalten, den muss man auch befördern. Wir brauchen die Stärkung der Zivilgesellschaft als Korrektiv zur repräsentativen Demokratie. Ich weiß, da erschrecken Sie sich immer. Trotzdem: Das hat beispielsweise mit Geld und verlässlicher Förderung zu tun.
Zweitens. Nun haben Sie geschickt das Spielfeld gewechselt, das ist sehr schlau, aber schenken werden wir es Ihnen deshalb trotzdem nicht. Als ich am vorvergangenen Dienstag die „Mitteldeutsche Zeitung“ aufschlug und die Details aus der Sitzung der PKK lesen konnte, war - ehrlich gesagt - mein erster Impuls: Wer ist denn jetzt hier das eigentliche Sicherheitsrisiko, meine Damen und Herren? Wer ist denn hier derjenige, der Geheimnisse ausplaudert?