Herr Minister, eingedenk der verbrecherischen Geschichte von 1933 bis 1945 frage ich Sie, was am Antirassismus und am Antifaschismus gefährlich ist.
- Nun lassen Sie mich doch einmal! - Wir haben uns und der Welt mit einer Wahl im Jahr 1933 unglaublich viel zugemutet. Eine schwache Demokratie in der Weimarer Republik hat am Ende die Demokratie auf einem Silbertablett denjenigen serviert, die sie abschaffen wollten.
Das System von 1933 bis 1945 ist eine Last für die Welt, in dessen Verantwortung wir als Deutsche auch zukünftig stehen werden. Ohne 1933 hätte es auch nicht ein geteiltes Deutschland gegeben.
Ich bin der Auffassung - ich will es einmal höflich formulieren, damit wir jetzt nicht eine andere Debatte bekommen -, dass es in diesem Teil Deutschlands im Jahr 1989 das erste Mal wieder Freiheit gegeben hat.
Selbstverständlich ist es aufgrund dieser historischen Verantwortung gerecht, gegen Rassismus zu sein. Es ist richtig, gegen Faschismus zu sein. Aber die Frage ist, Frau Tiedge, was sich unter diesen Begriffen sammelt.
Wenn sich unter diesen Begriffen wieder Leute sammeln, die am Ende ein System schwächen wollen, um es wieder auf dem silbernen Tablett Leuten zu servieren, die einen anderen Staat wol
len, der den Menschen Wohltaten verspricht und diese nur durchsetzen kann, wenn er ihnen die persönliche Freiheit nimmt, dann bin ich schon dafür, dass wir dagegen kämpfen.
Als Beispiel für Linksextremismus hat der CDUFraktionsvorsitzende Schröder vorhin ein Zitat verwendet, welches aus der Feder von Rechtsextremisten stammt. Von der Kollegin Quade daraufhin angesprochen, meinte er, dass dieses schließlich austauschbar sei.
Hierzu meine erste Frage, ob Sie als Fachminister diese formulierte Austauschbarkeit genauso sehen oder ob Sie durchaus Unterschiede zwischen der Propaganda des Rechtsextremismus und den linksextremistisch motivierten Propagandataten sehen.
Die zweite Frage ist auch fachlicher Art. Sie haben die vermeintliche gleiche Gefährdungslage von Linksextremismus und Rechtsextremismus im Wesentlichen mit der Statistik von Propagandadelikten begründet. Warum haben Sie in dem Punkt insbesondere jene Straftaten nicht erwähnt, die Gewalttaten waren und die sogar den Tod von Menschen zur Folge hatten, und zwar mehr als 150 Straftaten in Sachsen-Anhalt seit 1990 - Entschuldigung, in Deutschland, 13 in Sachsen-Anhalt.
Wir haben Ihnen Zahlen genannt, die für politisch motivierte Kriminalität entscheidend sind. Das sind Statistiken, die im Bundesdurchschnitt überall gleich gehalten werden.
Wenn Sie hier die Frage stellen, was die Aufarbeitung angeht, dann bin ich Ihnen dafür richtig dankbar.
Was die Aufarbeitung von Todesfällen angeht, die möglicherweise einen politisch rechten Hintergrund gehabt haben könnten, gibt es den Journalisten Herrn Jansen von einer großen Berliner Tageszeitung.
diese Fälle aufgearbeitet werden. Wir haben dann gemeinsam mit meiner Kollegin Frau Kolb diese Fälle untersucht. Wir haben es in drei Fällen korrigiert. Wir haben eine Expertise geschaffen, die Sie gern lesen können. Insofern habe ich bei Ihnen diesbezüglich keinen Nachholbedarf, den Sie mir anmelden müssten. - Erste Aussage.
Die zweite Aussage dazu, was austauschbar ist. Wissen Sie, Herr Wagner, das kann eigentlich völlig dahingestellt bleiben. Entscheidend ist, dass Linksextreme und Rechtsextreme in einem ganz bestimmten Duktus ein System haben wollen, welches nicht dem entspricht, das wir haben wollen. Denn wir wollen in einem freien Land leben. Wir wollen in einem Land leben, in dem jeder seine Glaubenszugehörigkeit haben kann. Wir wollen in einem Land leben, in dem Meinungsfreiheit gilt und nicht verordnete Zufriedenheit.
Wir wollen auch in einem Land leben, in dem nicht die Gleichmacherei dahin geht, dass Leistung sich am Ende nicht mehr lohnt. Dazu, wozu dies geführt hat, können Sie sich gern einmal die Annalen von 1989 ansehen. Die DDR ist auch deshalb zugrunde gegangen, weil sie wirtschaftlich kaputt war. Sie war wirtschaftlich auch deshalb kaputt, weil sich Leistungsanreize aus diesem System nicht ergaben.
Lassen Sie mich abschließend noch eines sagen: Ich finde es gut, dass Sie mir die Fragen stellen. Das macht ja auch Freude. Aber ich verstehe eigentlich überhaupt nicht, warum Sie diese Fragen stellen. Wir haben doch nicht über Ihre Partei geredet.
Wir haben vielmehr über linksextreme oder rechtsextreme Straftaten und Ausführungen geredet. Es würde doch reichen, wenn dieses Hohe Haus, ähnlich wie beim Rechtsextremismus, sich klar gegen jede Form von Linksextremismus bekennen würde. Das wäre doch ganz einfach.
Daher verstehe ich im Augenblick - ich sage es einmal so - Ihre Unruhe nicht. Aber Sie, Frau Bull, werden es uns erklären, warum bei Ihnen so ein bisschen Unruhe ist - durch meinen Redebeitrag bestimmt nicht. - Herzlichen Dank.
Es gibt eine weitere Wortmeldung. Eine Frage oder eine Zwischenintervention? - Herr Abgeordneter Gallert.
Danke. Es ist eine Intervention, eine erklärende Intervention. - Sie haben sich gewundert, dass ich gelacht habe, als Sie gesagt haben: Wir haben doch gar nicht über Ihre Partei geredet.
Ich bin davon ausgegangen, dass Sie nicht für sich selbst den Pluralis Majestatis verwenden. Ich habe gedacht, mit „wir“ meinen Sie Ihren Vorredner, den Kollegen Schröder, und sich. Der Kollege Schröder hat mehr oder weniger pausenlos über meine Partei geredet.
Wenn Sie allerdings mit „wir“ ausschließlich sich selbst gemeint haben, dann haben Sie Recht. Dann war mein Lachen überflüssig. - Danke.