Sie schaffen kulturelle und intellektuelle Vielfalt. Sie sind Ort des kritischen, demokratischen, gesellschaftlichen Diskurses. Ihre Forschungsleistungen schaffen internationales Renommee und gesellschaftlichen Mehrwert. Die Hochschulen bilden junge Menschen für das ganze Land aus. Damit meine ich nicht nur Sachsen-Anhalt.
Deswegen möchte die LINKE mit diesem Antrag erreichen, dass keine Strukturentscheidungen von oben aufoktroyiert werden, dass die Hochschuldemokratie gestärkt und nicht geschwächt wird, dass keine Studienplätze abgebaut werden, dass die Studentenwerke weiter durch das Land angemessen gefördert werden und dass die Berechnungsgrundlagen endlich transparent gemacht werden.
Der Landtag muss frühzeitig in die Diskussion eingebunden werden. So wie die Landesregierung die Strukturdiskussion führt, schadet sie dem Land. Sie schadet den Hochschulen in ihrem Ansehen, sie schadet den Hochschulen in ihrem Kampf um Wissenschaftler, Studierende und Forschungsmittel.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, stoppen Sie die Landesregierung in ihrem Kurs. Stimmen Sie unserem Antrag zu.
Herr Lange, Sie bekommen ein Bienchen für die fast drei Minuten Redezeit. - Für die Landesregierung spricht Herr Minister Möllring.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich kann man sich immer wünschen, dass im Hochschulbereich alles so bleibt, wie es ist. Das scheint mir aber auf Dauer nicht realistisch zu sein.
Zwischen der Beschlusslage des Landtages und dem Regierungshandeln besteht kein grundsätzlicher Dissens. Die Regierung hat, so wie es der Landtag beschlossen hat, auf der Basis der Empfehlung des Wissenschaftsrates den gesetzlichen Auftrag erfüllt und einen Entwurf zur Hochschulstrukturplanung vorgelegt.
Dieser Entwurf ist vielen Akteuren, maßgeblichen Verbänden und Vereinen und natürlich auch den Hochschulen sowie den außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu einer ersten Stellungnahme übersandt worden. Die jetzt eingegangenen Hinweise und Kritiken werden derzeit für eine Kabinettsvorlage ausgewertet.
Meine Damen und Herren! Einen aktiven, also direkten Abbau von Studierendenzahlen hat die Landesregierung dabei nicht verfolgt. Sie müssen unterscheiden - das wissen Sie auch - zwischen der Zahl der personenbezogenen Studienplätze, die eine reine Berechnungsgröße ist, und den tatsächlichen Studierendenzahlen. Die 34 000 sogenannten personalbezogenen Studienplätze, von denen
Die Strukturveränderungen von 2004 erforderten Verlagerungen von Fachbereichen und Studiengängen zwischen den Hochschulen in einem erheblichen Umfang. Um diese zu berechnen, wurden fächergruppenspezifisch Summen pro Studienplatz festgesetzt. Damals orientierte sich die erforderliche Stellenstruktur daran und die Finanzierung der Hochschulen wurde daran ausgerichtet.
Das heißt, jede Hochschule hat eine feste Anzahl von Studienplätzen, für die Personal erforderlich ist und wofür entsprechendes Geld zur Verfügung gestellt wird. Diese Strukturen und die Finanzzuweisungen sind in den letzten Jahren jeweils fortgeschrieben worden.
Wenn nun weniger Geld für das System zur Verfügung steht - darauf haben Sie richtigerweise hingewiesen -, kann natürlich nur weniger Personal bezahlt werden und das entsprechende Äquivalent an Studienplätzen fällt rechnerisch weg. Einsparungen an Personalkosten ohne eine entsprechende Reduzierung der rechnerischen Studienplätze sind also nicht möglich.
Das bedeutet aber nicht und muss auch gar nicht bedeuten, dass es weniger Studierende geben muss. Schon heute haben wir 55 000 Studierende, wenn man auch die Studierenden außerhalb der Regelstudienzeit, die Doktoranden, die Gaststudenten und die Studierenden in der Weiterbildung mitzählt.
Sie haben soeben auf die demografische Entwicklung hingewiesen. Wir gehen davon aus - so ist es auch geplant -, dass sich trotz der Tatsache, dass wir im Land etwa 6 500 Studienzugangsberechtigte pro Jahr haben, in der Zukunft doch deutlich mehr Studieninteressenten in Sachsen-Anhalt immatrikulieren, wobei man auch davon ausgehen muss, dass nicht alle 6 500 Studienberechtigten aus Sachsen-Anhalt erstens direkt ein Studium aufnehmen und dieses zweitens im eigenen Land tun.
Mit dem Entwurf der Hochschulstrukturplanung haben wir einen ersten Vorschlag gemacht, wie die Vereinbarung von Bernburg umgesetzt werden kann. Ich habe von Anfang an gesagt, dass das nicht in Stein gemeißelt ist, sondern ein entsprechender Vorschlag ist. Wir haben mit den Rektoren der Universitäten vereinbart, dass uns die Universitäten dazu bis Mitte des Jahres einzelne Vorschläge unterbreiten. Erste Vorschläge sind schon eingegangen. Es ist klar: Je größer die Einheit, je größer die Universität, umso komplizierter ist das.
Noch ein Punkt. Sie haben Recht, in Leipzig gibt es im Moment keine Lehramtsausbildung für das Fach Geografie. Aber das Land Sachsen plant, die
Lehramtsausbildung in Geografie ab dem Jahr 2017 von Dresden nach Leipzig zu verlagern; darauf war unser Vorschlag gemünzt. Aber, wie gesagt: Nichts ist in Stein gemeißelt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Minister, Sie haben gerade erklärt, dass Sie die Berechnungs- und die Finanzierungsgrundlage für die Hochschulen verändern wollten. Sie haben gesagt, die Studienplätze, die festgeschrieben seien, die 34 000 Plätze, seien erst einmal die Finanzierungsgrundlage. Darauf errechne sich dann, wie viel Geld die Hochschulen bekommen müssten. Das wollen Sie absenken. Sie sagen aber auch, dass die Anzahl der Studierenden im Land gleich bleiben solle. - Das bedeutet doch nichts anderes als Abbau von Qualität an den Hochschulen, oder?
Nein. Sie haben in Ihrer Rede - deshalb konnte ich das weglassen - die finanziellen Folgen der Bernburger Vereinbarung aufgezeigt. Wie Sie es dargestellt haben, ist es auch vereinbart worden. Wenn insgesamt weniger Geld zur Verfügung steht und man personenbezogene Studienplätze zur rechnerischen Finanzierung der Hochschulen heranzieht, dann ist es eine mathematische Folge, dass eine Reduzierung der Plätze erfolgt. Aber da wir auf 34 000 personenbezogenen Studienplätzen bereits heute 55 000 Studierende haben, heißt das nicht - -
- Keiner von uns kann sagen, wie es in zehn Jahren aussieht, weder Sie noch ich. Prognosen sind immer schwierig.
- Das ist auch richtig. Das wollte ich nicht sagen, weil sich das ein bisschen schnippisch anhört. - Wir wissen nicht, wie sich das Verhalten der Studierenden in Zukunft darstellen wird. Wenn noch mehrere Länder zum 13. Schuljahr zurückkehren, werden wir auch wieder Jahrgänge haben, in denen zumindest in einigen Ländern von den Gymnasien keine Studienberechtigten abgehen.
Herr Minister, Sie sprachen auch die Bernburger Vereinbarung an. Diese Vereinbarung ist die zentrale Legitimation für Ihre Kabinettsvorlage zum Thema Hochschulen. Ich möchte darauf hinweisen, dass in Bernburg die zukünftige Hochschulfinanzierung von zwei Seiten vereinbart wurde, die sie nicht entscheiden werden. Es waren die Rektoren und der Ministerpräsident.
Entschieden wird die Hochschulfinanzierung aber durch den Landtag, der an dieser Vereinbarung nicht beteiligt war. Insofern hat das, was dort vereinbart wurde, keine Bindungswirkung. Das Einzige, was der Landtag dazu gesagt hat, war der entsprechende Antrag, der mehrfach zitiert wurde: keine aktive Absenkung der Zahl der Studienplätze. Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, dass diese Bernburger Vereinbarung für uns keine Grundlage ist, da der Haushaltsgesetzgeber daran nicht beteiligt war.
Das ist doch aber selbstverständlich in der Demokratie. Nach dem Hochschulgesetz hat die Landesregierung in regelmäßigen Abständen einen Hochschulstrukturplan vorzulegen.
Das werden wir tun. Dann geht das in die Landtagsberatung. Wir als Landesregierung werden einen Haushaltsplanentwurf beschließen. Auch der geht in die Landtagsberatung. Wenn der Landtag mehr oder weniger beschließt, dann wird die Regierung dem selbstverständlich folgen. Das ist doch aber ein ganz normaler Weg im Gesetzgebungsverfahren.
Deshalb muss es doch so sein, dass die Landesregierung, in diesem Fall vertreten durch den Herrn Ministerpräsidenten, mit den von Herrn Lange angesprochenen autonomen Hochschulen Vereinbarungen trifft und wir Ihnen auf der Grundlage dieser Vereinbarung Vorschläge unterbreiten. Hiernach wird selbstverständlich der Landtag darüber entscheiden. Das ist doch ganz selbstverständlich.
Weitere Nachfragen gibt es nicht. Danke sehr, Herr Minister. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Dr. Pähle.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Relativ viele Themen, die wir heute im Hohen Haus beraten, erwecken den Eindruck eines Jahresrückblicks bzw. eines Rückblicks der Regierungsfrak
tionen. Denn auch dieses Thema ist eine lang währende Geschichte. Ich möchte meinem kurzen Rückblick, den ich gleich vornehmen möchte, eine gewisse Pointe hinsichtlich des Antrages voranstellen: Wir werden den Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema Hochschulstruktur in den Ausschuss überweisen. Ich will erklären, warum.
Wir haben im Hohen Haus seit 2011 immer wieder über die Hochschulen und die Hochschulstruktur in diesem Land debattiert. Im Jahr 2011 haben wir darüber diskutiert, welcher Auftrag von der Landesregierung an den Wissenschaftsrat ergangen ist. Dazu gab es eine Debatte im Hohen Haus. Es bestand Einigkeit darin, dass der Landtag das Gutachten des Wissenschaftsrates abwarten will und dann in die Beratung über die weitere Struktur einbezogen werden soll.
Natürlich hat sich der Ausschuss mit dem Gutachten des Wissenschaftsrats auseinandergesetzt. Welche Schlussfolgerungen der Ausschuss aus dem Gutachten zieht, nachdem auch das Ministerium dargelegt hat, welche Schlussfolgerungen es daraus zieht, ist bisher noch nicht besprochen worden.
Im Dezember 2012 gab es einen Antrag mit dem Titel „Kein Abbau von Hochschulkapazitäten“. Hierin wurde eine Definition vorgenommen, wie der Prozess der Diskussion zu gestalten ist. Es wurde dazu aufgefordert, in der folgenden Strukturdebatte auch die Bedeutung der Hochschulen für die jeweiligen Regionen und für die Kommunen einzubeziehen und mit den Gebietskörperschaften in den Austausch zu treten. Auch das ist bis zum heutigen Tag nicht passiert.
Im Juli 2013 gab es eine Aktuelle Debatte und einen Antrag, der sich mit dem Gutachten des Wissenschaftsrates auseinandergesetzt hat und die Rahmenbedingungen für die Hochschulen im Land Sachsen-Anhalt festgezurrt hat. Die entsprechenden Beschlüsse wurden bereits vom Minister und vom Kollegen Lange zitiert. Darin ging es auch um eine Nicht-Absenkung der Studienplatzkapazitäten.
Auch wenn man sagt, 34 000 Plätze stimmen rechnerisch nicht, hat sich der Landtag darauf verständigt. Wenn wir mit den 34 000 bezahlten Studienplätzen auch 55 000 Studierende qualitativ hochwertig unterrichten können, dann ist das natürlich ein Erfolg - dank des Hochschulpaktes.
Das heißt nicht, dass eine Absenkung der Grundfinanzierung und damit eine Absenkung der rechnerischen Studienplatzkapazitäten die Qualität weiterhin sichert. Eine solche Auseinandersetzung haben wir bislang nicht geführt. Diese Vorlage aus dem Wissenschaftsministerium fehlt uns als Fachausschuss.
Im Dezember 2013 wurde hier darüber diskutiert, Sachsen-Anhalt als Standort von Wissenschaft und Forschung für Nachhaltigkeit zu stärken. Dabei haben wir als Landtag Qualitätsziele vom Ministerium eingefordert. Wir haben aufgefordert, die Daseinsvorsorge in unserem Land bei der Strukturdebatte zu berücksichtigen.
Vor diesem Hintergrund erscheint es mir sehr zweifelhaft, wenn das Ministerium anscheinend akzeptiert, dass die Martin-Luther-Universität beschließt, die Kapazität in der Grundschullehrerausbildung zu senken. Das hat mit Daseinsvorsorge nichts zu tun und widerspricht dem Beschluss des Landtags.
Viele Aspekte der Diskussion, die auch der Antrag der Fraktion DIE LINKE aufgreift, sind also schon Beschlusslage. Daher müssen wir keinen neuen Beschluss fassen. Aber wir müssen die Einhaltung der Beschlüsse einfordern.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle ganz klar die folgende Frage stellen: Ist das Ministerium in der Lage, die aufgestellten Fragestellungen im vorgegebenen Zeitplan abzuarbeiten, den Ausschuss zu informieren, und zwar so, dass wir als Ausschuss darüber auch fachkundig debattieren können, und gleichzeitig eine Vorlage für den nächsten Doppelhaushalt hinsichtlich der Strukturentwicklung zu erstellen?