Protokoll der Sitzung vom 08.07.2011

Ich bin davon überzeugt, dass die Braunkohle eine Zukunft haben wird. Sachsen-Anhalt wird ein Braunkohleland bleiben. Wir haben die Aufgabe, dafür verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit. Glück auf!

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank Herr Kollege. Möchten Sie eine Frage beantworten?

Aber gern.

Herr Kollege Gallert, bitte.

Herr Erben, es geht hierbei ausdrücklich nicht nur um die Verwendung der Braunkohle und ihre stoffliche Verwertung. Wir kennen alle ein bisschen die Dimension, um die es dabei geht. Mir geht es insbesondere um die Frage der energetischen Verwendung der Braunkohle, sprich des Verbrennens, um Strom zu gewinnen.

Ich habe es ja wohl richtig verstanden, dass Ihre Partei auch in Sachsen-Anhalt die CCS-Technologie sozusagen nicht nach vorn schiebt, sondern dieser eher ablehnend gegenübersteht. Dies war zumindest immer so, wenn wir über die Altmark gesprochen haben. Ich weiß nicht, ob dies noch der Fall ist, wenn wir jetzt über die Braunkohle an sich reden.

Falls das der Fall ist, frage ich Sie jetzt einmal unter dem Aspekt, dass wir wohl beide anerkennen, dass die CO2-Emission pro Kilowattstunde bei diesem Energieträger am größten von allen fossilen Energieträgern ist - das dürfte unstrittig sein -: Wie lange wollen Sie denn die Verstromung von Braunkohle unter diesen Bedingungen noch aufrechterhalten?

Wir haben mehrere Rahmenbedingungen einzuhalten, zum einen die Versorgungssicherheit. Wir müssen doch ehrlich sagen: Was jetzt in Bezug

auf den Atomausstieg passiert, ist in Teilen auch ein Blindflug. Es steht nicht wirklich fest, was uns am Ende dieses Blinflugs blüht und ob es tatsächlich und, wenn ja, in welchen Zeiträumen gelingen wird, die Grundlastversorgung in Deutschland ausschließlich auf regenerativer Basis zu organisieren. Deshalb sage ich auch, dass das eine Gratwanderung zwischen Klimaschutz und Klimazielen einerseits und Versorgungssicherheit andererseits sein wird.

Ich lege mich im Unterschied zu vielen anderen in der Energiewirtschaft nicht auf ein Datum fest. Wir müssen erst einmal sehen, welche Konsequenzen die so genannte Energiewende in den nächsten Jahren hat. Aus meiner Sicht kann man erst dann verlässlich planen.

(Zustimmung bei der SPD - Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Vielen Dank. Es gibt eine zweite Frage. - Frau Kollegin Hunger.

Herr Kollege Erben, meine Frage geht in eine ähnliche Richtung. Sie haben eben geäußert, Sachsen-Anhalt wird ein Braunkohleland bleiben. Nun müssen wir trotzdem konstatieren, dass die Braunkohle irgendwann alle ist. Wäre es deshalb nicht seriös, etwa zu sagen, dass Sachsen-Anhalt noch für einen bestimmten Zeitraum ein Braunkohleland bleiben wird? Alles andere halte ich für Polemik.

Frau Kollegin Hunger, ich habe versucht, das am Schluss meiner Rede kurz zusammenzufassen. Wenn Sie das so interpretiert haben, dass Sachsen-Anhalt in den nächsten tausend Jahren ein Braunkohleland sein wird - das ist es mit Sicherheit nicht gewesen; so habe ich es nicht gemeint.

Ich habe vielmehr gesagt, dass Sachsen-Anhalt - das ist auch die Intention unseres Antrages - auch in Zukunft sowohl in der Energieversorgung als auch in der stofflichen Verwertung auf Braunkohle setzen wird.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Weitere Fragen gibt es nicht. Vielen Dank, Herr Kollege Erben. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Frederking.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Thomas, dass wir der Anlass für diesen Antrag sind, zeigt mir eine gewisse Nervosität bei Ihnen. Oder ist es

vielleicht Angst, Angst vor der Erkenntnis, dass wir mit der Braunkohleverstromung immer noch auf ein Auslaufmodell setzen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben in den letzten zwei Jahrzehnten einen Strukturwandel gehabt und die Zahl der Arbeitsplätze in der Braunkohleindustrie ist massiv nach unten gegangen.

In Mitteldeutschland waren im Braunkohletagebau im Jahr 1990 noch 46 000 Menschen beschäftigt.

(Unruhe bei der CDU - Herr Borgwardt, CDU: Das war in der DDR!)

Heute sind es 2 500 Menschen. Das ist ein um 18 niedrigerer Faktor.

In der Braunkohleindustrie in Sachsen-Anhalt gibt es heute im energetischen Bereich 1 400 Arbeitsplätze und nicht, wie Sie gesagt haben, 3 000 Arbeitsplätze. Ich habe ein Gutachten dabei, aus dem die aktuellen Zahlen für alle, die sie nicht kennen, ersichtlich sind.

(Herr Schröder, CDU: Es sind aber keine schlechten Arbeitsplätze!)

- Genau, Herr Schröder. Es sind keine schlechten Arbeitsplätze. Dazu komme ich gleich noch.

(Zuruf von der CDU)

- Das habe ich nicht gesagt.

Es sind 1 400 Arbeitsplätze im energetischen Bereich. Wenn man das mit dem Bereich der erneuerbaren Energien vergleicht, dann stellt man fest: Dort sind es 20 000.

Natürlich sind die 1 400 Arbeitsplätze gerade für den Burgenlandkreis wichtig. Nichtsdestotrotz ist es angesichts dieser Dimensionen, dieser Verhältnisse verfehlt, die Braunkohleindustrie als wichtigen Jobmotor zu bezeichnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen zunächst die Frage beantworten, ob diese 1 400 Arbeitsplätze kurzfristig verloren gehen. Wir sehen diese Arbeitsplätze bis zum Jahr 2030 nicht als gefährdet an. Unsere Meinung ist: Effiziente Kraftwerke sollen weiterlaufen. Schkopau ist zum Beispiel so ein Kraftwerk. Der bestehende Tagebau Profen kann auch weiterhin ausgekohlt werden.

An dieser Stelle möchte ich noch eine Anmerkung zu der vielbeschworenen Effizienzsteigerung machen. Bei 43 %, 45 % ist Schicht; da ist nicht mehr zu machen. Man kann die Physik nicht außer Kraft setzen; es ist keine Effizienzsteigerung mehr möglich. Die heutigen Kraftwerke haben schon das Maximum an Effizienz erreicht.

Uns ist nicht bekannt, dass die Kohleverstromung jetzt gestoppt werden soll. Sie muss aber aus Klimaschutzgründen schrittweise zurückgefahren

werden. Dafür haben wir einen Zeitraum von 20 Jahren zur Verfügung. Die Unternehmen im Kohlegeschäft haben ausreichend Zeit, um sozialverträglich und betriebswirtschaftlich vertretbar umzusteuern und sich neu auszurichten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Mibrag hat im Jahr 2010 ihre Gewinne noch einmal steigern können. Das Unternehmen hatte einen Gewinn von 66 Millionen €. Es hat Geld genug, um in zukunftsweisende Projekte, zum Beispiel in die erneuerbaren Energien, zu investieren. In diesem Bereich würden dann die erwünschten Arbeitsplätze entstehen.

In Ihrem Antrag ist davon die Rede, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden sollen, um die Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt zu erhalten. Was heißt denn „Rahmenbedingungen“? - Damit kann doch nur gemeint sein, dass das Land Subventionen bereitstellen will, um den Neubau des Braunkohlekraftwerkes Profen zu fördern. Klimaschutz kann man dann vergessen.

Wir lehnen ein neues Kraftwerk ab. Wir brauchen kein neues Kraftwerk. Denn hierbei soll in eine nicht überlebensfähige Dinosauriertechnik investiert werden.

Wenn Sie davon reden, dass KWK umgesetzt wird: Ich habe mit der Mibrag gesprochen. Davon ist mir nichts bekannt.

Der Ansatz, die Regionen wirtschaftlich zu entwickeln und Arbeitsplätze zu schaffen, ist in Ordnung und verantwortungsvoll. Das bietet auch den Menschen eine Perspektive. Aber man muss vom Ziel her denken. Die Frage ist: Welche Produkte und Branchen brauchen wir? Welche wirtschaftliche Betätigung ist zukunftsfähig?

In den beiden Anträgen wird aber eine ganz andere Frage gestellt. Es wird die Frage gestellt, was wir mit der Braunkohle machen können.

Die Kohle wird irgendwann nicht mehr zur Verstromung gebraucht. Deshalb erfindet man die Kohlechemie oder man erfindet sie neu; Sie haben auch auf die 30er-Jahre Bezug genommen.

Wieso kommt dieser Antrag gerade jetzt?

(Zuruf von Herrn Harms, CDU)

Wer hat denn die Kohle im Land? Will man etwa die Mibrag bei Laune halten und ihr einen neuen Absatzmarkt für ihre Kohle eröffnen? Will man die tschechischen Anteilseigner bei der Stange halten, damit sie ihre Anteile nicht verkaufen und sich nicht zurückziehen? - Wenn das so ist, dann würden in unverantwortlicher Weise betriebswirtschaftliche Einzelinteressen bedient.

(Beifall bei den GRÜNEN - Herr Borgwardt, CDU: Das ist aber eine Unterstellung! - Un- ruhe)

Wenn wirklich die Arbeitsplätze im Vordergrund stehen: Warum kümmert sich dann die Landesregierung nicht um die 5 000 Arbeitsplätze in der Solarindustrie? Hierbei geht es doch arbeitsplatzmäßig um ganz andere Größenordnungen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Herr Borgwardt, CDU: Die werden doch gefördert!)