Protokoll der Sitzung vom 18.09.2014

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zum Sechzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 6/3421

Einbringer ist Staatsminister Robra. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bringe heute das Ratifikationsgesetz zum 16. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ein. Der Staatsvertrag selbst war schon wiederholt Gegenstand der Beratungen sowohl im Plenum als auch in den Ausschüssen. Es geht um die Absenkung des Rundfunkbeitrags um 48 Cent auf 17,50 €.

Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten standen vor dem Problem, dass die einen die volle Weitergabe der Empfehlung der KEF - eine

Absenkung um 73 Cent - und die anderen gar keine Absenkung wollten, weil sie befürchteten, hinterher möglicherweise nicht genug Volumen für weitere notwendige Veränderungen bereithalten zu können. Der Kompromiss, der dann gefunden wurde, war die Absenkung um 48 Cent auf 17,50 €.

Der Differenzbetrag zum Vorschlag der KEF - das wissen jedenfalls die Fachleute - wird den Rundfunkanstalten nicht zur Verfügung stehen, sondern in eine Rücklage eingestellt, damit wir, wenn im nächsten Jahr der Evaluationsbericht zum Rundfunkbeitrag vorliegt, noch Spielräume haben, um in einem zweiten Schritt - dies ist jetzt der erste - im Rahmen der Evaluierung über Anpassungen bei den Anknüpfungspunkten für die Rundfunkbeitragspflicht zu entscheiden.

Dabei sollen insbesondere die Entwicklung der Erträge aus dem Rundfunkbeitrag, die sich immer weiter konkretisieren, die jeweiligen Anteile der privaten Haushalte, der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand am Gesamtertrag sowie die Notwendigkeit und die Ausgewogenheit der Anknüpfungstatbestände, darunter insbesondere die Rundfunkbeitragspflicht für Kraftfahrzeuge, geprüft werden.

Der dann noch verbleibende Restbetrag steht zur Verfügung, um den Rundfunkbeitrag auch über das Jahr 2016 hinaus stabil halten zu können; denn wir streben an, dass es bei einem Rundfunkbeitrag von jetzt 17,50 € für einen längeren Zeitraum bleibt und wir uns nicht in absehbarer Zeit eine erneute Diskussion um eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags zumuten müssen.

Deswegen haben sich die Ministerpräsidentin und Ministerpräsidenten zu dieser, wie ich finde, wohl begründeten Abweichung von der Empfehlung der KEF durchgerungen. Das hat im Ergebnis geringfügige Folgen bei der Verteilung des Rundfunkbeitrags auf die einzelnen Anstalten; das findet sich auch im Staatsvertrag wieder.

Last, not least haben wir eine Formel für die dauerhafte Regelung des Finanzausgleichs zugunsten des Saarländischen Rundfunks und von Radio Bremen gefunden.

Das sind die Bausteine dieses Staatsvertrags und damit auch die des Ratifikationsgesetzes. Ich bitte um Überweisung in den zuständigen Ausschuss und um Unterstützung des Vorhabens. - Danke sehr.

Danke sehr, Herr Staatsminister. - Es ist eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Als erster Debattenredner spricht Herr Gebhardt für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe in der Vergangenheit mehrere Pressemeldungen gelesen, gerade solche von Ministerpräsidenten und Staatssekretären, aber auch solche von Kolleginnen und Kollegen der CDU, die regelrecht euphorisch verkündet haben, dass es nun erstmals gelungen ist, den Rundfunkbeitrag zu senken.

Wir können diese Euphorie beileibe nicht nachvollziehen, weil unserer Meinung nach mit einer Senkung um 48 Cent - wohlgemerkt, pro Haushalt, nicht einmal pro Person - wirklich niemandem geholfen ist.

Herr Robra hat darauf hingewiesen, dass die KEF ursprünglich 73 Cent vorgeschlagen hatte. Auch dazu wollen wir klar sagen: Ob 73 Cent oder 48 Cent - keine dieser Summen stellt in irgendeiner Weise eine spürweise Entlastung dar.

Ich bin aber Herrn Robra ausdrücklich dankbar, dass er dargestellt hat, dass selbst innerhalb der Runde der Ministerpräsidenten nicht von Anfang an Einmütigkeit geherrscht hat, sondern dass die einen oder anderen dahin tendiert haben, entweder doch den vollen Beitrag der KEF-Empfehlung zu übernehmen oder - worin auch wir als LINKE die Alternative sehen - den Vorschlag aufzugreifen, den auch wir präferieren, nämlich neue und weitere Befreiungstatbestände zu schaffen.

Wir glauben, dass es ein positives Signal gewesen wäre, wenn man gesagt hätte: Wir lassen den Beitrag für die nächsten Jahre stabil - auch das wäre eine gute Aussage für die Beitragszahlerinnen und -zahler gewesen - und es kommt in den nächsten Jahren nicht zu Erhöhungen, aber die Mehreinnahmen, die durch die Umstellung von Gebühr auf Beitragszahlung erwirtschaftet werden, werden dafür genutzt, Befreiungstatbestände zu schaffen und vor allem an den Stellen zu korrigieren, an denen es zu deutlichen Mehrbelastungen im Zuge der Systemumstellung gekommen ist.

Dadurch hätte man aus unserer Sicht durchaus eine Erhöhung der Akzeptanz in diesen Bereichen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und vor allen Dingen seine Finanzierung erreichen können. Wenn man sich jetzt darauf einigt, lieber eine Absenkung des Beitrags um 48 Cent vorzunehmen, wäre diese Chance aus unserer Sicht vertan.

Man könnte die Mehreinnahmen tatsächlich zur Entlastung in einigen Bereichen nutzen. Uns als LINKE schwebt natürlich der soziale Bereich vor; ich denke hierbei an Menschen mit Behinderungen, die seit 2013, seit der Systemumstellung, mehr als vorher bezahlen. Ich denke dabei an Einkommensschwache und auch an gemeinnützige Vereine, die von der Reform negativ betroffen sind.

Wir als LINKE denken aber auch ausdrücklich an das Handwerk und an den Mittelstand, wo Korrekturen dringend notwendig sind. Herr Robra hat dort eine Evaluierung angekündigt, zumindest was die Zahl der Pkws betrifft.

Ich will klar sagen, dass im Handwerksbereich, im Mittelstand zum Teil nicht nur Doppelt- und Dreifachzahlungen, sondern Acht- und Neunfachzahlungen vorherrschen, die doch zu einer spürbaren Mehrbelastung geführt haben. Man hätte die Mehreinnahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dafür einsetzen können.

Meine Damen und Herren! Das ändert jedoch nichts daran, dass wir den Gesetzentwurf zum Rundfunkstaatsvertrag selbstverständlich in den Ausschuss überweisen, um auch dort über unsere Vorschläge zu diskutieren. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Danke sehr, Kollege Gebhardt. - Für die SPDFraktion spricht der Abgeordnete Herr Felke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Rundfunkabgabe soll - zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik - zum April 2015 sinken. Ich denke, das ist erst einmal eine gute Nachricht für alle Beitragszahler, egal ob dies private Haushalte, die Privatwirtschaft oder die öffentliche Hand sind, ohne natürlich aufgrund der Höhe - darauf ist Herr Kollege Gebhardt bereits eingegangen - allzu euphorisch zu sein.

Natürlich gibt es Stimmen, die sagen, man könnte das alles auch ganz anders machen, und diese Reduzierung um rund 2,7 % ist ohnehin keine nennenswerte Verbesserung.

Ich möchte aber zu bedenken geben, dass das, was uns vorliegt, auch schon Anfang Juli 2014 per LIV-Unterrichtung im Ausschuss vorlag. Der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien verständigte sich damals darauf, keine Stellungnahme abzugeben. Am 17. Juli 2014 hat Ministerpräsident Haseloff den 16. Rundfunkänderungsstaatsvertrag unterzeichnet. Derzeit ist auch nicht erkennbar, dass das Inkrafttreten des Vertrags scheitert.

Meine Damen und Herren! Uns liegt ein Kompromiss vor - darauf ist der Herr Staatsminister schon eingegangen -, der verschiedene Aspekte berücksichtigt. Die Mehrerträge aus dem neuen Rundfunkbeitrag stehen den Anstalten nicht für zusätzliche Aufgaben zur Verfügung; denn die KEF hat den Bedarf für die bis 2016 laufende Beitragsperiode verbindlich festgelegt.

Empfohlen hat die KEF allerdings, etwa die Hälfte der Mehrerträge für eine Beitragssenkung um 73 Cent auf 17,25 € ab Januar 2015 zu verwenden. Dagegen stand die Position, bis zur Evaluierung des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages im Jahr 2015 die gegenwärtige Höhe beizubehalten, um dann größere Spielräume für die Finanzierung notwendiger Maßnahmen zu erhalten, die sich aus der Evaluierung ergeben. Die Ministerpräsidenten haben sich auf eine Lösung in mehreren Schritten verständigt; die Reduzierung auf 17,50 € ist ein erster Schritt.

Die Bildung einer Rücklage bis zur Vorlage der Evaluierung sowie die Diskussion und Entscheidung zu Fragen des Strukturausgleichs, möglichen Korrekturen am Beitragsmodell und der Stabilität für die neue Beitragsperiode sollen weitere Schritte werden.

Darüber hinaus soll eine Entscheidung über eine stufenweise weitere Reduzierung von Werbung und Sponsoring im öffentlich-rechtlichen Rundfunk getroffen werden. Wir als SPD-Fraktion können diese Lösung mittragen. Im Rahmen der jetzt bekannten Fakten halten wir dies für eine seriöse Herangehensweise.

Zum einen liegt sie auf der Linie unseres Landtagsbeschlusses vom 10. November 2011, wie mit etwaigen Mehreinnahmen umgegangen werden soll. Auch hierauf trifft wieder die alte Weisheit zu: Der Euro lässt sich nur ein Mal ausgeben.

Vielleicht muss man auch die eine oder andere Aussage des Kollegen Gebhardt relativieren. Die Wünsche sind bedeutend größer als das, was tatsächlich verteilt werden kann.

Wir wollen, dass es zu einer Entlastung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen kommt und Unwuchten - wie die Beitragserhebung für gewerblich genutzte Kraftfahrzeuge oder für Bauten nach dem Bundeskleingartengesetz - aufgehoben werden.

Zum anderen ist es uns wichtig, dass sich die Entscheidungen an einer nachhaltigen Beitragsstabilität orientieren. Ein stabiler Beitrag bis zum Ende der nächsten Beitragsperiode im Jahr 2020 wird von uns ausdrücklich unterstützt. Er schafft für die Anstalten Planungssicherheit trotz aller weiter notwendigen Haushaltskonsolidierung und kann in der Bevölkerung im besten Fall zu einer höheren Akzeptanz führen. Was wir definitiv nicht wollen, ist ein Jo-Jo-Effekt bei der Beitragshöhe. Damit wäre niemandem wirklich geholfen.

Meine Damen und Herren! Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht uns als Beitragszahlerinnen und Beitragszahler. Doch auch wir alle brauchen ihn als stabiles und belebendes Element einer demokratischen Gesellschaft. Wichtige Beiträge werden von den öffentlich-rechtlichen Anstalten geliefert.

Die Berichterstattung des MDR über die Ereignisse in Mitteldeutschland vor 25 Jahren zähle ich unbedingt dazu.

Anderes hingegen - wie aberwitzige Rankingshows, zumal mit manipulierter Reihenfolge - ist überflüssig und schadet zudem der journalistischen Seriosität.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Miester- feldt, SPD: Wo er Recht hat, hat er Recht!)

Meine Damen und Herren! Wir bleiben für die öffentlich-rechtlichen Anstalten ein konstruktiv-kritischer Begleiter. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr, Herr Kollege Felke. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Herr Herbst.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN trägt eine Senkung des Rundfunkbeitrags, wie sie zwischen den Bundesländern auf der Grundlage des KEFBerichts vereinbart wurde, mit. Die Protokollerklärung der Freien und Hansestadt Hamburg, des Landes Niedersachsen, des Freistaats Sachsen und des Landes Sachsen-Anhalt zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vermerkt - Zitat -

„... dass für die Akzeptanz des neuen Finanzierungssystems eine aufkommensneutrale Gestaltung entscheidend ist. Etwaige im Zuge der Neuordnung der Rundfunkfinanzierung entstehende Mehreinnahmen werden daher für eine Reduzierung der Belastung von Bürgern und Unternehmen genutzt werden.“

So soll es geschehen. Dem sollten wir nachkommen und auch erkennen, dass die geräteunabhängige Haushaltsabgabe zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Beitragsmodell auf breiten Schultern funktioniert. Das kann man, denke ich, konstatieren.

Bereits im Dezember 2013 habe ich im Rahmen der Aktuellen Debatte zu diesem Thema ausgeführt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk und damit in Sachsen-Anhalt natürlich insbesondere der Mitteldeutsche Rundfunk vor großen Herausforderungen steht. Ich denke, diejenigen von Ihnen, die gestern am parlamentarischen Abend beim MDR teilgenommen haben, konnten sich von der Intendantin darüber informieren lassen, worin diese Herausforderungen in den nächsten Jahren ganz praktisch bestehen werden.

Meine Damen und Herren! Diese Herausforderungen müssen natürlich finanziell untersetzt und gemeistert werden. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum ZDF-Staatsvertrag untermauert diesen Reformbedarf noch einmal. In den Gremien des ZDF beispielsweise gibt es zu viele politische Freundeskreise.

Neben der staatsfernen Ausgestaltung der Gremien also mahnen die Karlsruher Richter sehr deutlich auch eine Verbesserung der Transparenz an. Öffentliche Gelder bedürfen öffentlicher Darlegung interner Entscheidungsprozesse sowie der Verwendung der Mittel. Transparenz bei Gremien, Inhalten und Finanzströmen ist beim öffentlichrechtlichen Rundfunk ein wichtiger Baustein, um mehr Verständnis bei den Beitragzahlerinnen und Beitragzahlern zu erreichen. Denn sie sind es letztlich, die dieses wichtige Programm finanzieren.