Wie schaffen wir es, die jungen Menschen wieder an das Handwerk heranzuführen? Wie schaffen wir es, den jungen Menschen mehr Praxisorientierung beizubringen und somit Interesse für das Handwerk zu wecken? - Dazu gehört es, dass im Rahmen der Berufsorientierung verstärkt die beruflichen Potenziale des Handwerks eine Rolle spielen. Eine Karriere im Handwerk ist ein erstrebenswertes Ziel. Das muss deutlich gemacht werden.
Es gibt bereits viele hervorragende Projekte in Zusammenarbeit von Wirtschaft und Schule. Sie gilt es in Zukunft weiter auszubauen und in die Fläche zu tragen. Hieran müssen wir ansetzen, damit die Berufsorientierung in den Schulen noch mehr zum Handwerk findet bzw. das Handwerk noch stärker zu den jungen Leuten kommt. Denn wenn man die Schüler befragt, wissen die Schüler allerwenigsten, wie vielfältig das Handwerk sein kann.
Klassische Handwerksaufgaben sowie neue, die die Anforderungen der Zeit mit sich bringen - dabei ist die Energiewende nur eine von viele, wenn auch eine entscheidende -, sind spannend und wichtig und sie bergen ungeheuer viel persönliches Entwicklungspersonal. Das gilt gleichermaßen für junge Männer und junge Frauen.
Meine Damen und Herren! Die Anzahl der anstehenden Betriebsübergaben ist enorm hoch. Wenn wir die Probleme nicht gemeinsam mit den Handwerksbetrieben und Handwerkskammern lösen, wird das nicht nur zu Problemen im Handwerk selbst führen, sondern auch zu Problemen in der gesamten Gesellschaft.
Wir alle haben nach den Ereignissen der Flut und beim Beseitigen der Schäden vielerorts davon gehört oder es selbst erlebt, wie schwierig es war, einen Handwerker zu finden. Natürlich war das eine besondere Situation. Aber um zu verhindern, dass dieser Zustand zum Normalfall wird, müssen wir die Handwerksunternehmen bei ihren Betriebsübergaben unterstützen.
Dabei gilt es, auch andere Personengruppen anzusprechen und dafür zu sensibilisieren. Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund und Studienabbrecher gehören dazu.
Meine Damen und Herren! Gerade das Handwerk in Sachsen-Anhalt ist ein Wirtschaftszweig mit enormem Potenzial. Nicht zuletzt die von der Landesregierung in Auftrag gegebene Studie „Leistungspotenzial des kreativen Handwerks in Sachsen-Anhalt“ hat das aufgezeigt.
Unsere Gesellschaft braucht das Handwerk, nicht nur als Arbeitgeber und Ausbilder, sondern auch als Motor einer wirtschaftlichen Entwicklung, die klassische Aufgabenfelder mit Innovation und Zukunftsausrichtung verbindet. Deshalb ist der Antrag der Koalitionsfraktionen nicht nur ein Lippenbekenntnis zum Handwerk. Er ist der notwenige
Das Handwerk hat sich bereits auf den Weg gemacht. Die zu Beginn erwähnte Kampagne „Das Handwerk - die Wirtschaftsmacht von nebenan“ ist nur ein Beispiel.
Sehen Sie es mir nach, wenn ich in diesem Debattenbeitrag die Einbringung mit einer anderen Kampagne des Handwerks, die in der vorletzten Woche auch Thema im Gespräch mit der Handwerkskammer war und die sicherlich vielen von Ihnen bekannt ist, beenden möchte: Ich sage ja zum Meisterbrief. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Mormann. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Möllring. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Handwerk ist ein starker, sicherer und leistungsfähiger Wirtschaftsfaktor und damit ein wichtiger Garant für Wachstum, Beschäftigung und auch für Ausbildung.
Ich möchte einige wenige Fakten dazu nennen. Wir haben rund 29 000 in die Handwerksrolle eingetragene Unternehmen, die knapp jeden siebenten Beschäftigten in unserem Lande beschäftigen. Bei den Ausbildungsplätzen ist es noch deutlicher. Jeder vierte junge Sachsen-Anhalter wird in einem Handwerksbetrieb ausgebildet.
Zudem erwirtschaftet das heimische Handwerk mit seinen knapp 130 Berufsfeldern einen Umsatz von etwa 13 Milliarden €. Das ist etwa ein Viertel unseres Bruttoinlandsproduktes.
Aber das Handwerk - Herr Mormann hat darauf hingewiesen - steht auch vor großen Herausforderungen. Einige vor allem kleine und mittlere Handwerksbetriebe beklagen bereits einen Fachkräftemangel. Auch wenn wir das Problem noch nicht flächendeckend haben, so müssen wir doch feststellen, dass die Betriebe ihre Ausbildungsplätze jetzt auch mit weniger leistungsstarken Jugendlichen besetzen und besetzen müssen. Das ist für die Betriebe mit einem zusätzlichen Aufwand, wie betriebsinternen Nachschulungen und Ähnlichem, verbunden.
Generell gilt, dass die Deckung des Fachkräftebedarfs in der privaten Wirtschaft nicht primär die Aufgabe der Politik ist, sondern die der Unternehmen. Aber selbstverständlich unterstützen wir die Unternehmen und Betriebe mit verschiedenen Maßnahmen und Projekten. Ich will nur ein paar Beispiele aufzählen, wie die Berufsorientierung an Schulen - abgekürzt Brafo -, das Programm
„Sachsen-Anhalt - Weiterbildung Betrieb“ oder „Sachsen-Anhalt - Weiterbildung direkt“, die präventive Arbeitsmarktförderung oder das Landesprogramm „Zukunftschance assistierte Ausbildung“, die Förderung der überbetrieblichen Lehrlingsausbildung oder die Landesinitiative „Fachkraft im Fokus“ usw.
Dass die duale Berufsausbildung eine hervorragende Sache ist und von vielen inzwischen nachgemacht wird, wird nicht nur in Südeuropa deutlich.
Der Meisterbrief ist selbstverständlich. Daran müssen wir festhalten. Ihn müssen wir verteidigen. Denn der Meisterbrief ist eine wichtige Zertifizierung für unser Handwerk.
Für Sachsen-Anhalt - darauf hat Herr Mormann auch schon hingewiesen - ist die Nachfolgeregelung ein wichtiges Thema. Jede erfolgreiche Übergabe oder Übernahme trägt zur Standortsicherung bei. Deshalb engagieren wir uns schon seit Langem gemeinsam mit den gewerblichen Kammern, um die Unternehmen mit dem Problem des Generationswechsels nicht allein zu lassen.
Wir unterstützen die Unternehmensnachfolge mit dem Förderprogramm der Investitionsbank, dem KMU-Darlehensfonds und dem Ego-Existenzgründerdarlehen. Bei fehlenden Sicherheiten können Unternehmen auch Bürgschaften erhalten. Aber auch mit der Ego-Existenzgründungsoffensive unterstützen wir die Unternehmensnachfolge.
Zum Abschluss möchte ich noch einmal festhalten, Sachsen-Anhalt setzt seit jeher mit Erfolg auf eine mittelständische Wirtschaftsstruktur und damit auch auf ein starkes Handwerk. Die Landesregierung unterstützt das Handwerk auch in Zukunft mit guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Um langfristig im Wettbewerb bestehen zu können, sowohl national als auch international, ist es notwenig, die Wettbewerbsfähigkeit gerade auch der Handwerksbetriebe als ein Kern des Mittelstandes zu forcieren. Hierbei wollen wir das Handwerk unterstützen. Deshalb begrüßen wir den Antrag. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. Der Herr Kollege Czeke würde Sie gern etwas fragen. Wollen Sie antworten?
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, die Bundesregierung hat auf der europäischen Ebene der Abschaffung des Meisterbriefes zugestimmt. Wie wollen Sie dann den Meisterbrief, den ich absolut unterstütze, in Sachsen-Anhalt erhalten?
Wir halten - darin sind wir uns, glaube ich, alle einig - sehr viel von dem Meisterbrief. Wir wissen aber, dass nach europäischem Recht eben auch Unternehmensgründungen ohne Meisterbrief möglich sind. Aber trotzdem kann man für den Meisterbrief werben und alle Kunden, die einen Auftrag zu vergeben haben, auffordern, Betriebe zu wählen, die von einem Meister geführt werden oder die entsprechende Meister haben.
Nach dem europäischen Recht und wegen der Niederlassungsfreiheit werden wir niemanden daran hindern können, ein Unternehmen zu gründen, auch wenn kein Meisterbrief in seinem Büro hängt. Aber ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass das eine hohe Qualifikation ist. Das sollten wir weiter unterstützen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eröffnet jetzt der Abgeordnete Herr Meister die Fünfminutendebatte.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, der Namenswitz muss sein. Den hatten wir auch schon bei der Handwerkskammer.
Gegen den Antrag kann man ja nun wirklich schlecht sein. Detailliert zählt er in 14 Punkten erforderliche bzw. mögliche Handlungsfelder im Bereich des Handwerks auf: Fachkräftemangel, Ausbildung, Frauen im Handwerk, Berufsbilder, Vereinbarkeit von Familie und Beruf usw.
vorliegenden Antrag gelingt es in 14 Punkten, ausschließlich nette - ich möchte schon fast sagen: flauschige - Ziele zu benennen, ohne auch nur im Ansatz Maßnahmen zur Erreichung der Ziele zu benennen.
„Die Landesregierung soll sich dafür einsetzen, eine familienbewusste und gesundheitsorientierte Unternehmensführung und lebensphasenorientierte Personalpolitik zu fördern“.
Was ist beabsichtigt? Ist ein Förderprogramm geplant oder eine Marketingkampagne? Wollt ihr eine Gesetzesänderung? Oder soll der Ministerpräsident persönlich den Handwerkern einfach einmal ins Gewissen reden, damit sie eine gesundheitsorientierte Unternehmensführung einführen?
Ein weiterer Punkt: Frauen im Handwerk sollen unterstützt werden. - Das ist völlig richtig. Aber die Frage ist doch, wie.
Also, was will der Antrag erreichen? - Es gibt für diese Ziele unterschiedliche Wege, die man beschreiten kann, möglicherweise auch unterschiedliche Auffassungen darüber, wie man die Ziele erreichen kann, welchen Weg man gehen sollte. Das müsste diskutiert werden. Das ist auf der Basis heute hier nicht möglich, da wir eben nur die Punkte haben.
Wenn wir den Antrag einfach so beschließen würden, wie er jetzt vorliegt, würde Folgendes passieren: Es wird zur Kenntnis genommen, wird abgeheftet, liegt dann ordentlich im Archiv und verhält sich ruhig. Dabei fragt man sich natürlich nach dem Sinn des Antrages.
Da der Antrag allerdings tatsächlich zumindest die grundsätzlichen Handlungsfelder korrekt benennt, wäre dies ärgerlich. Daher unser Änderungsantrag. Der Änderungsantrag lässt inhaltlich alles so, wie es ist, fordert aber, die zur Erreichung der dann ja beschlossenen Ziele erforderlichen Maßnahmen im zuständigen Fachausschuss zu besprechen und über die Umsetzung zu berichten. Dann wird man sehen, wie ernst der Antrag tatsächlich gemeint ist und was dahinter steht.