Es haben weitestgehend alle im Hohen Haus die Hand gehoben. Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Nein. Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig an den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft überwiesen worden. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass der Gesetzentwurf, da er auch finanzielle Auswirkungen hat, gemäß § 28
unserer Geschäftsordnung automatisch in den Ausschuss für Finanzen überwiesen worden ist. Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 9 abgearbeitet.
Die erste Beratung fand in der 64. Sitzung des Landtages am 27. März 2014 statt. Berichterstatter ist Herr Bönisch. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich berichte hier für den Ausschuss. Den Antrag, den der Präsident benannt hat, hat der Landtag in der 64. Sitzung am 27. März 2014 zur Beratung und Beschlussfassung in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN forderte die Landesregierung mit diesem Antrag auf, den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit für optionspflichtige Jugendliche in der Übergangszeit bis zur Novellierung des Staatsangehörigkeitsgesetzes zu verhindern, eine Möglichkeit zur Wiedereinbürgerung zu schaffen und sich der Bundesratsinitiative der Länder Rheinland-Pfalz, BadenWürttemberg und Schleswig-Holstein anzuschließen.
Der Ausschuss für Inneres und Sport befasste sich in der 47. Sitzung am 10. April 2014 und in der 51. Sitzung am 2. Oktober 2014 mit diesem Antrag. Zu Beginn der zweiten Ausschussberatung legten die Koalitionsfraktionen einen Beschlussvorschlag vor, der auf die aktuelle, inzwischen veränderte Rechtslage abstellt. Die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie DIE LINKE sprachen sich gegen den vorgelegten Beschlussvorschlag aus.
Die Bundesregierung hat inzwischen den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes zur Optionspflicht im
Staatsangehörigkeitsrecht beschlossen und der Bundesrat hat dem zugestimmt. Sie können das in der Beschlussempfehlung, die heute zur Entscheidung ansteht, nachlesen.
scher Eltern in Zukunft nicht mehr die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren. Wir reden hierbei von einer Gesetzesänderung, die gegenüber der geltenden Rechtslage zu einer vereinfachten Verfahrensweise und zu Erleichterungen für die Betroffenen führen wird. Die überwiegende Anzahl der bisher Optionspflichtigen wird mindestens eine der alternativen Voraussetzungen, die im Gesetz genannt sind, erfüllen.
Die Integrationsbeauftragte des Landes äußerte dem Innenausschuss gegenüber, dass die beabsichtigte Regelung für sehr viele junge Menschen von großer Bedeutung ist und dass mit dieser Regelung schätzungsweise 90 bis 95 % aller Optionspflichtigen erreicht werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausschuss für Inneres und Sport beschloss im Ergebnis seiner Beratung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der SPD die Ihnen in der Drs. 6/3479 vorliegende Beschlussempfehlung. Im Namen des Ausschusses für Inneres und Sport bitte ich Sie um Zustimmung. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Berichterstatter Bönisch. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Stahlknecht. - Der Herr Minister Stahlknecht verzichtet. Unsere Beratung nimmt heute ein Tempo auf, das ist unheimlich.
Wir treten jetzt ein in eine Fünfminutendebatte. Als Erster spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Kollege Herbst.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir holen in der Tat viel Zeit auf, aber das ist alles nichts gegen die viele Zeit, die Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland verbringen, ohne Sicherheit zu haben, wann sie die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen können,
wann sie eine Situation der Unsicherheit, in diesem Land hin- und hergerissen zu sein zwischen zwei Pässen, aber auch zwischen zwei Identitäten, endlich aufgeben können. Leider hat sich mit dem, was die Koalition im Bund zu dem Thema beschlossen hat, mit der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts, die eigentlich eher ein kleines Reförmchen ist, nicht viel verändert, meine Damen und Herren.
Wir werden der Beschlussempfehlung, die gerade vorgetragen worden ist, wie Sie sich denken können, heute nicht zustimmen, weil diese Beschluss
Unser Antrag lautete: Optionspflicht vollständig abschaffen. Dieser Überschrift und den Inhalten unseres Antrages wird die heutige Beschlussempfehlung in keiner Weise gerecht.
Es handelt sich hierbei um eine bloße Sachstandsbeschreibung dieses kleinen Reförmchens, das in Berlin gelaufen ist und das zudem ein Bestandteil eines Deals war, nämlich des unsäglichen Deals, die Lockerung mit der Aufnahme der Balkanstaaten in den Kreis der sogenannten sicheren Drittländer zu verbinden. Wir haben während der letzten Sitzung zu diesem Thema schon Stellung genommen.
Meine Damen und Herren! Die Beschlussempfehlung - das habe ich schon gesagt - ist aus unserer Sicht nicht mehr als reine Prosa. Wir hatten beantragt, dass die Landesregierung sich dafür einsetzen soll, negative Rechtsfolgen zu verhindern, sprich: den Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft. Das ist eines der schlimmsten Dinge, die in staatsbürgerschaftsrechtlicher Hinsicht jemandem passieren können.
Wir hatten darum gebeten, sich dafür einzusetzen, die Menschen, die seit dem Jahr 2000 aufgrund der Optionspflicht die deutsche Staatsbürgschaft abgeben mussten, wieder einzubürgern. Auch das ist und soll nicht geschehen.
Wir hatten zudem beantragt, dass Sachsen-Anhalt der sehr guten und progressiven Bundesratsinitiative der Länder Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein zu dem Thema beitreten sollte. Auch das, meine Damen und Herren, ist nicht passiert.
Warum wäre es so wichtig gewesen, eine wirkliche Reform des Staatsbürgerschaftsrechts auf den Weg zu bringen? - Weil es einfach dran ist, weil Sachsen-Anhalt ein Einbürgerungsland ist, weil die Bundesrepublik Deutschland längst ein Einwanderungsland ist und weil wir diese Einwanderung in unser Bundesland aus vielen Gründen brauchen, aus wirtschaftlichen, aus kulturpolitischen und aus demografiepolitischen Gründen, unabhängig von dem Status, den die Menschen haben, meine Damen und Herren.
Wir kritisieren insbesondere auch, dass die SPD auf der Bundesebene dieser Regelung, also diesem Kompromiss zugestimmt hat, weil sie sich ursprünglich ein sehr wichtiges Ziel vorgenommen hatte. Sie wollte nämlich endlich die doppelte Staatsbürgerschaft ermöglichen. Sie hatten das nicht als irgendein Wahlziel gestellt, sondern das war ganz vorn im Bundestagswahlkampf ein wichtiges Ziel, das Sie richtigerweise formuliert hatten.
Wir bedauern sehr, dass Sie erst vom Ziel der doppelten Staatsbürgerschaft abgerückt sind und dann sogar hinsichtlich der konsequenten Abschaffung des Optionszwangs eingeknickt sind und sich auf diese Kompromissregelung eingelassen haben.
Meine Damen und Herren! Es ist unzeitgemäß, es steht unseren politischen Zielen in Deutschland und in Sachsen-Anhalt übrigens im Weg.
Wir haben in der letzten Woche eine Einbürgerungsfeier oder einen Einbürgerungsempfang durchgeführt. Er fand diesmal in Halle statt. Der Herr Minister war dabei und hat noch einmal zusammengefasst, dass 257 Einbürgerungen in unserem Bundesland in der ersten Hälfte des Jahres 2014 vorgenommen werden konnten. Dazu sagen wir ganz ehrlich, dass das gut und richtig ist. Aber es ist längt nicht genug.
Denn, Herr Minister, Sie haben auch richtigerweise gesagt, dass bei uns im Bundesland etwa 20 000 Menschen potenziell die Befähigung hätten. Etwa 20 000 und sogar mehr als 20 000 Menschen erfüllen theoretisch die Bedingungen, um hier eingebürgert zu werden.
Meine Damen und Herren! Unser Ziel muss es sein, dass diese 20 000 Menschen auch eingebürgert werden und nicht scheibchenweise in so kleinen Größenordnungen wie 257 Menschen einmal hier und einmal da eingebürgert werden. Dazu muss man ganz ehrlich sagen, dass der Hauptgrund dafür, dass das nicht passiert, in der Tatsache besteht, dass die Menschen keine Lust und sogar Angst haben, eine ihrer Staatsbürgerschaften zu verlieren, weil sie diese Identität nicht aufgeben wollen.
Deswegen, meine Damen und Herren, brauchen wir nach wie vor die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts. Ich kann Ihnen versichern, dass wir uns als Bündnisgrüne sowohl hier im Land als auch auf der Bundesebene weiterhin für eine echte Abschaffung der Optionspflicht einsetzen werden.
Es ist schade, dass es in diesem Haus nicht zu mehr gekommen ist als zu dieser ziemlich windelweichen Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Herbst. - Bevor wir in der Rednerliste fortfahren, darf ich Gäste begrüßen. Auf der Pressetribüne begrüße ich ganz herzlich Damen und Herren des Kolpingvereins aus Haldensleben
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, die Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft ist ein ganz spezielles deutsches Thema, weil sich die deutsche Staatsangehörigkeit - das ist eine Besonderheit, die wir haben - nach der Abstammung richtet und nicht nach dem Ortsrecht der Geburt. Wir kennen viele Länder, in denen das anders geregelt ist.
Ja, es gab auch Zeiten, in denen gezielt gegen die doppelte Staatsbürgerschaft Landtagswahlkampf gemacht worden ist. Ich habe auch während der ersten Rede zu diesem Thema schon darauf hingewiesen.
Herr Herbst, Sie haben Recht: Natürlich hat sich die SPD immer dafür eingesetzt, dass diese doppelte Staatsbürgerschaft in Deutschland zugelassen und dass das Optionsrecht vollkommen abgeschafft wird. Dazu stehen wir weiterhin. Aber - an der Stelle folgt immer das Wort „aber“ - es ist so, dass Gesetze in einer Koalition, wenn man nicht die absolute Mehrheit hat, immer ein Kompromiss sind und dass dieses Gesetz ein Beispiel dafür ist, dass Politik immer die Kunst des Machbaren ist.