Herr Kollege Striegel, es gibt eine Anfrage des Abgeordneten Borgwardt. Auf die Antwort, wenn Sie sie geben möchten, sind nicht nur wir gespannt, sondern auch Schülerinnen und Schüler des Norbertusgymnasiums sowie der Integrierten Gesamtschule Regine Hildebrandt in Magdeburg.
Herr Präsident! Sehr geehrter Kollege Striegel, mit Ihrem geschichtlichen Exkurs ins 19. Jahrhundert im angelsächsischen Raum meinten Sie wahrscheinlich den Bobby und ähnliche Polizeikräfte. Sie wissen aber genau, dass das eine Verallgemeinerung ist, die das Thema hier gar nicht trifft; denn auch die Spezialeinsatzkräfte im angelsächsischen Raum haben keine Namenskennzeichnung. Namensschilder haben nur die Beamten im Streifendienst - und das hat der Minister hier ganz klar mit der Erlasslage geregelt -, die so genannten
Bobbys, und diejenigen, die ihre Städte und Einsatzbereiche haben. Die Spezialeinsatzkräfte haben keine Namensschilder. Ich wollte das hier nur sagen, weil Sie diese Verallgemeinerung gebracht haben. Die stimmt nicht.
Ich würde gern Ihre Frage dahin gehend beantworten, dass ich nicht von Namensschildern gesprochen habe, sondern von individueller Kennzeichnung. Wenn Sie unseren Gesetzentwurf gelesen haben, werden Sie festgestellt haben, dass diese auch durch Nummern erfolgen kann. Das entscheidet im Übrigen der einzelne Beamte. Ich sage sehr deutlich, dass wir eine Situation haben, in der im angelsächsischen Bereich, also in Großbritannien, der Bobby eine entsprechende Nummer oder ein Namensschild hat. Er ist also individuell gekennzeichnet.
Ich möchte noch eines sagen. Der Herr Minister hat vorhin deutlich gemacht, dass es schwierig wäre, wenn eine bestimmte Nummer vergeben würde und man diesem Beamten unter Ansage seiner Nummer nachstellte. Wir haben in dem Gesetzentwurf ausdrücklich offengelassen, welche Variante der Kennzeichnung verwendet werden sollte. Wir wollen in den Ausschüssen klären, welches die praktikabelste Variante ist. Man könnte etwa ein System wechselnder Nummern vorsehen; auch so etwas ist vorstellbar. Der Gesetzentwurf lässt explizit zu, dies auf der Grundlage einer Rechtsverordnung zu regeln. Wir müssen einfach schauen, was die praktikabelste Lösung ist.
Ich würde jetzt noch zwei Nachfragen zulassen, wenn Sie diese beantworten möchten. - Es gibt noch eine Frage von dem Kollegen Borgwardt und dann eine von dem Kollegen Wunschinski.
Die Kollegin Tiedge hat vorhin zwar gesagt, dass Mehrfachwiederholungen gelegentlich dazu anregen, etwas besser zu verstehen. Sie haben jetzt wieder eine ungerechtfertigte Verallgemeinerung vorgenommen. Ich habe vorhin ganz klar gesagt, dass nur der Bobby eine Kennzeichnung trägt. Das Verfahren ist klar. Das trifft auch in Sachsen-Anhalt mit der Erlasslage zu. Es geht um die Spezialeinsatzkräfte. Und die Spezialeinsatzkräfte haben auch keine Nummern.
Der Kollege Wunschinski möchte etwas sagen. Möchten Sie die Fragen dann im Zusammenhang beantworten?
Herr Kollege Striegel, Sie haben wiederholt gesagt, dass es in Berlin eine Kennzeichnungspflicht gibt. Wir waren in der letzten Woche in Berlin zu einer Tagung und dort wurde uns unmissverständlich gesagt, dass es diese Kennzeichnungspflicht noch nicht gibt. Es gibt lediglich eine Anweisung; es gibt dazu aber kein Gesetz. Das möchten wir an der Stelle einmal festhalten.
Ein weiterer Punkt. Mich würde einmal interessieren, wie Sie sich das bei Ihrem Gesetz vorstellen, wenn wir Verstärkung aus anderen Bundesländern brauchen, die diese Kennzeichnungspflicht nicht haben. Sollen diese Kollegen hier dann zwangsweise gekennzeichnet werden oder wie soll das gehen?
Die letzte Frage habe ich bereits beantwortet. Ich habe gesagt, dass diese Beamten dienstrechtlich weiterhin ihrem Dienstherrn unterstehen. Sie sind, wenn sie Brandenburger Kolleginnen und Kollegen sind, entsprechend zu kennzeichnen. Wenn sie Berliner Kollegen sind, sind sie auch zu kennzeichnen. Deshalb gibt es da überhaupt kein Problem. Wenn sie Hamburger Kollegen sind, sind sie nicht zu kennzeichnen. Dafür gilt einfach die übliche Rechtslage.
Ansonsten schätze ich Ihren Rechtspositivismus sehr, aber ich muss feststellen, dass es in Berlin eine Kennzeichnung gibt. Sie ist faktisch da; sie ist per Erlass gekommen. Sie ist im Übrigen mit den Gewerkschaften abgestimmt worden. Es gab dort Protest. Es gab ein Schlichtungsverfahren
und das Schlichtungsverfahren hatte ein Ergebnis. Nach diesem Ergebnis ist die Kennzeichnung zu - so glaube ich - Ende Juli eingeführt worden. Insofern haben wir die Kennzeichnung in Berlin. Sie ist auch so lange rechtens, bis ein Gericht feststellt, dass sie nicht rechtens ist. Das ist also kein Problem.
Ich komme noch einmal zu der Frage von Herrn Borgwardt. Offensichtlich haben wir eine unterschiedliche Faktenbasis. Nach meinem Wissen sind auch entsprechende Einheiten - für Großbritannien kann ich das sagen; für Nordirland weiß ich es aus eigener Anschauung sicher - gekennzeichnet. In Nordirland sind sie durch eine vierstellige Nummer gekennzeichnet. Ich glaube, es richtet sich nach der Größe der entsprechenden Poli
zeieinheit, ob vier oder fünf Zahlen verwendet werden. Aber die Kennzeichnung findet auch bei Spezialeinheiten statt.
Vielen Dank, Herr Kollege Striegel. - Wir fahren in der Debatte fort. Für die Fraktion der CDU spricht der Abgeordnete Herr Kolze.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihr Engagement in allen Ehren - besser hätten wir und auch die Polizistinnen und Polizisten unseres Landes es gefunden, wenn wir am heutigen Tag über die zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamte oder die zunehmende Gewalt bei Großdemonstrationen gesprochen hätten.
Zu hinterfragen wären hier doch vielmehr, warum denn Polizeieinsätze mit gewaltbereiten Extremisten aller Lager, mit Steinewerfern und mit Sitzblockaden inzwischen schon Normalität im Dienstalltag sind.
Polizisten werden zunehmend Opfer von Gewalt. Neben der Häufigkeit nimmt auch die Schwere der Angriffe zu. Unter jedem Einsatzanzug, meine Damen und Herren, steckt eine Polizistin oder ein Polizist, einfach ein Mensch, oft nicht älter als die Randalierer selbst.
Stattdessen reden wir heute über ein kleines Schild, mit dem sich Polizeibeamte in SachsenAnhalt bereits seit Langem im täglichen Dienstalltag schmücken. Das Tragen von Namenschildern ist im normalen Dienst - ich betone: im normalen Dienst - ausdrücklich erwünscht.
Die CDU-Fraktion im Landtag lehnt jedoch ebenso wie die Deutsche Polizeigewerkschaft die von Ihnen geforderte individuelle Zwangskennzeichnung von Polizeibeamten durch Namens- oder Nummernschild ab.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir einen Verweis auf die geltende Fassung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung unseres Landes. In § 12 ist die Legitimationspflicht von Polizeibeamten bereits geregelt. Ein Polizeibeamter hat sich auf Verlangen der von einer Maßnahme betroffenen Person auszuweisen, soweit der Zweck der Maßnahme dadurch nicht beeinträchtigt wird. Die Legitimationspflicht wird damit gerade nicht in das Belieben der handelnden Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten gestellt.
Darüber hinaus ist eine Identifizierung auch über derzeit schon bestehende taktische Kennzeichnungen, durch eine polizeiliche Videoauswertung und durch interne Zeugenbefragungen möglich.
Lassen Sie mich nun einige Argumente gegen eine individuelle Kennzeichnungspflicht durch ein Namens- oder Nummernschild aufzählen. Autonome haben schon mehrfach versucht, Beamte aufzuklären, ihre Namen herauszufinden und sogar private Fahrzeuge ausfindig zu machen. Dies würde durch die von Ihnen geforderte Kennzeichnungspflicht erleichtert.
An dieser Stelle verzichte ich auf das erneute Zitieren der Internetseite „linksunten.indymedia.org“. Das hat der Innenminister dem Hohen Haus bereits in aller Deutlichkeit zur Kenntnis gegeben.
Sehr geehrte Frau Kollegin Dalbert, Sie pflichten mir doch sicherlich darin bei, dass man - bei allem gebotenen Respekt - einen im Polizeidienst tätigen Beamten nicht mit der an der Kasse arbeitenden Frau im Supermarkt vergleichen kann, die - darauf haben Sie mehrfach hingewiesen - dazu verpflichtet ist, ein Namensschild zu tragen.
Niemand braucht sich darüber zu wundern, dass die Gewerkschaft der Polizei bereits mehrfach angekündigt hat, sich vehement gegen eine individuelle Kennzeichnung zu wehren. In Berlin, wo die Zwangskennzeichnung durch den früheren Polizeipräsidenten per Geschäftsanweisung und eben nicht durch Gesetz - diese Kraft hatte der Innensenator von Berlin nicht - vorgegeben ist, gehen vier Polizisten mit gewerkschaftlicher Unterstützung gerichtlich gegen diese Zwangskennzeichnung vor; wenn es sein muss, bis zum Verfassungsgericht. Sie werden nicht klein beigeben.
Die Anträge der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN berücksichtigen nicht die Interessen unserer Polizisten und setzen sich über diese hinweg. Für uns überwiegen jedoch die berechtigten Schutzinteressen unserer Polizistinnen und Polizisten. Der Staat hat eine Fürsorgepflicht. Wir müssen die Schützer unseres Staates schützen.
Wir sind es unseren Beamten für ihre ständige Einsatzbereitschaft schuldig, sie vor Ausforschung, vor Repressalien und vor der Veröffentlichung ihres Namens und ihrer Privatanschrift durch die politisch extreme Szene zu schützen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, die gesetzliche Umsetzung Ihres Vorhabens würde auch bedeuten, dass Polizisten zukünftig draußen nur noch das Nummernschild und drinnen das Namensschild tragen würden, allein um die Privatsphäre zu schützen. Dies hat sich bereits in Berlin gezeigt. Im Jahr 2003 hatten sich
dort noch viele Polizisten freiwillig für das Tragen des Namensschilds entschieden; nach der Anordnung zur Kennzeichnungspflicht tragen die Polizisten meist nur noch die vorgeschriebene Nummer.
Unser gemeinsames Ziel, Weltoffenheit und Bürgernähe der Polizei zu verdeutlichen und zu erreichen, dass die Beamten für die Bevölkerung, wie derzeit in Sachsen-Anhalt mit freiwillig getragenen Namensschildern, nicht namenlos sind und jederzeit mit dem Nachnamen angesprochen werden können, würde damit nicht erreicht werden. Im Falle der Umsetzung Ihres Antrages würden sich die Polizisten bewusst dafür entscheiden, Nummern- und nicht Namensschilder zu tragen.
Weltoffenheit und Bürgernähe messen wir jedoch einzig an dem Verhalten unserer Polizeibeamten und nicht an der Pflicht zum Tragen eines Schildes. Nur durch professionelles Verhalten kann Vertrauen entstehen. Ich gehe davon aus, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die überwiegende Mehrheit dieses Hohen Hauses die vorbildliche Arbeit unserer Beamten nicht in Zweifel zieht.
Unsere Polizei genießt für ihre Arbeit in weiten Teilen der Bevölkerung unseres Landes zu Recht hohes Vertrauen. Die Polizei sichert nicht zuletzt den Fortbestand unserer Rechtsordnung. Ich weise auch darauf hin, dass eine Nummer keinen ausreichenden Schutz gewährleistet. Es ist eine schwierige Aufgabe, Nummern so zu verschlüsseln, dass sie Rückschlüsse auf die Identität und den Namen nicht zulassen. Dies könnte allenfalls durch ein Zufallsprinzip bewerkstelligt werden. Eine Datenbank, auf die nur das Lagezentrum als erste Anlaufstelle bei Beschwerden und die für Beamtendelikte zuständigen Stellen Zugriff haben dürfen, muss bereits aus Gründen des Datenschutzes sicher sein.
Darüber - Herr Kollege Striegel, an dieser Stelle stimme ich Ihnen zu -, wie wir es am besten handhaben können, können wir im Ausschuss diskutieren und uns entsprechend austauschen.
Unter anderem müssen Namens- und Nummernschilder in gesonderter Produktion gefertigt werden. Die produzierenden Firmen dürfen nicht wissen, welches Namensschild zu welcher Nummer gehört. Ihren Alternativvorschlag hierzu, dass eine Kennzeichnung vor dem Einsatz aktenkundig einem bestimmten Beamten jeweils neu zugeordnet und die Auflistung darüber über einen angemessenen Zeitraum aufbewahrt werden soll, betrachten wir als nicht praktikabel. Dieses Vorgehen ist auch aus Gründen des Datenschutzes höchst problematisch.
Auf einen Punkt möchte ich insbesondere hinweisen. In dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden die Ausnahmen von
der Legitimations- und Kennzeichnungspflicht deutlich beschränkt. Die Polizisten sollen danach in Ausnahmesituation, in denen Leib, Leben oder Freiheit einer Person unmittelbar gefährdet sind, eine Ausnahme von der Kennzeichnungspflicht aktenkundig begründen. Angaben zur praktischen Umsetzung dieser Begründungs- und Dokumentationspflicht haben Sie außen vor gelassen.