Ja, auch wir sind für das Rückholen und Austesten dieser Gruppe von Insektiziden, aber jetzt, da sich die Landwirte auf diese bis dahin zugelassenen Mittel eingestellt haben, sollte eine solche Maßnahme immer damit verbunden werden, dass
Alternativen oder gar Entschädigungen angeboten werden, analog zur Forstwirtschaft. Ich erinnere nur an die Debatte, die wir noch Ende letzten Jahres in der Johanniskirche geführt haben.
Schließlich haben die Landwirte lediglich ein Mittel genutzt, das zugelassen war. Andererseits darf auch einmal hinterfragt werden, ob nicht die Wissenschaft und ebenso die Politik zu lange auf einem Auge zumindest geblinzelt haben.
Auf alle Fälle haben einschlägige Konzerne des agrarchemischen Komplexes auf Kosten der Landwirte, der Umwelt und der Allgemeinheit wieder ihr Schnäppchen gemacht.
Kurzum, meine Damen und Herren: Mit unserem Antrag wollen wir auf diesen Zusammenhang aufmerksam machen und darauf, dass es geboten ist, unbedingt etwas zu unternehmen, das zum einen kurzfristig die Situation um den Rapsanbau bei Härtefällen entlastet und das zum anderen mittel- sowie langfristig dafür sorgt, dass auch in der Anbaustruktur, in der Fruchtfolge usw. Veränderungen herbeigeführt werden oder, besser, herbeigeführt werden können.
Hierbei denke ich erstens an gegebenenfalls alternative Pflanzenschutzmittel oder bei Härtefällen gar an einen gewissen finanziellen Beistand und zweitens an die Schaffung von Rahmenbedingungen, die landwirtschaftliche ackerbauliche Maßnahmen wie eine Verbesserung der Fruchtfolge, einen mehrjährigen Ackerfutterbau usw. befördern. Auch das war schon ein Thema im Hohen Haus. Zum Letzteren zählt auch, dass wir den Zusammenhang zwischen Pflanze und Tier, zwischen Boden und Pflanze wieder in Ordnung bringen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe den Ausführungen des Abgeordneten Herrn Czeke natürlich sehr interessiert zugehört.
Ich möchte einmal zum Ausdruck bringen, was ich bei der Lektüre Ihres Antrages empfunden habe. Er ist die gesunde Mischung zwischen „sowohl“ und „als auch“, die man wählt, wenn man sich
Ich fand, das kam auch in Ihren Ausführungen zum Ausdruck. Dabei habe ich bewundert, welche Bezüge man zur Agrar- und Forstpolitik herstellen kann, wenn man über ein Pflanzenschutzmittel spricht. Dafür muss ich Ihnen ein Kompliment machen, Herr Czeke.
Ich will mich auf die fachlichen Dinge beschränken, die mit diesem Thema zusammenhängen. Die EUKommission hat zum Schutz der Bienen mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2013 ein Verbot der Rapsbeizung mit neonikotinoiden Wirkstoffen ausgesprochen. Damit stand für die Rapsaussaat im Jahr 2014 kein insektizides Saatgutbeizmittel zur Verfügung. Auf mögliche Auswirkungen des Verbots des Einsatzes dieser Pflanzenschutzmittel im Rapsanbau wurde durch den amtlichen Pflanzenschutzdienst bereits frühzeitig und umfassend hingewiesen.
Die Entwicklung des Befalls der Rapsbestände mit tierischen Schaderregern nach der Aussaat im letzten Jahr hat diese Befürchtungen leider bestätigt. Nach Schätzungen der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen ist davon auszugehen, dass insbesondere durch die Kohlfliege und den Rapserdfloh Schädigungen an den Rapspflanzen durch die nicht erfolgte Beizung auftreten werden, die zu Ertragsausfällen von 20 bis 30 % und mehr führen können.
Auch aufgrund der Ergebnisse der Untersuchungen des Pflanzenschutzdienstes Sachsen-Anhalt kann bereits jetzt festgestellt werden, dass im Herbst 2014 gegenüber dem Vorjahr ein erhöhter Befall mit Larven der kleinen Kohlfliege zu verzeichnen war. Nur vereinzelt wurde im Jahr 2014 kein Befall festgestellt. Auch war ein extrem starkes Auftreten des Rapserdflohs und örtlich begrenzt der Rübsenblattwespe zu verzeichnen.
Der starke Zuflug des Rapserdflohs, der auf völlig ungeschützte Rapsbestände traf, veranlasste viele Landwirte zum sofortigen Insektizideinsatz, um Ausfälle zu vermeiden. Eine Maßnahme allein konnte den Befall häufig nicht ausreichend wirksam stoppen. Viele Flächen wurden daher bis zu drei Mal oder auch öfter behandelt.
Somit hat der fehlende Beizschutz im Jahr 2014 bereits definitiv zu einer deutlich höheren Behandlungsquote mit Insektiziden geführt. Aus der Sicht der Landwirte sind Ertragsausfälle beim Raps sowohl hinsichtlich der Qualität als auch der Quantität sowie erhöhte Kosten durch Folgebehandlungen in den Folgemonaten absehbar.
Inwieweit die unterlassene Beizung des Rapssaatgutes mit neonikotinoiden Wirkstoffen bereits positive Wirkung auf die Bienengesundheit genommen
Wie ist die Thematik weiterhin zu behandeln? - Inwieweit kurzfristig durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und das Umweltbundesamt als zuständige Bundesbehörden adäquate Wirkstoffe zur Bekämpfung von Rapsschädlingen für das Jahr 2015 zugelassen werden, ist nach Rücksprache mit dem Bundesamt nicht bekannt.
Vor dem Hintergrund der umfassenden Prüfung von Pflanzenschutzmitteln und angesichts der hohen Anforderungen an die Umweltverträglichkeit kann jedoch davon ausgegangen werden, dass es keine schnellen Entscheidungen geben wird.
Im Rahmen der amtlichen Beratung erhalten interessierte Landwirte in Sachsen-Anhalt aktuelle Empfehlungen und Hinweise zu alternativen Maßnahmen, um das Risiko des Befalls durch Krankheiten und Schädlinge zu mindern. Das Ziel ist es, auf die stärkere Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes hinzuwirken, auch um einer weiteren Ausbreitung von sich bereits andeutenden Resistenzen gegen die zum Einsatz kommenden Pflanzenschutzmittel vorzubeugen.
Bei der Zusammenarbeit der Pflanzenschutzdienste der Länder wirkt Sachsen-Anhalt an Versuchen mit anderen insektiziden Wirkstoffen mit. Erste Ergebnisse werden allerdings frühestens im Frühjahr 2015 vorliegen.
Es gibt Überlegungen gemeinsam mit anderen interessierten Bundesländern, beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit einen Antrag auf eine Notfallzulassung für ein noch nicht für die Rapsaussaat zugelassenes Beizmittel für die Anwendung bei der Aussaat im Jahr 2015 zu stellen. Derzeit laufen die Meinungsbildung und die Abstimmung in dieser Frage mit anderen Bundesländern.
Es werden also erhebliche Anstrengungen vonseiten des Bundes und der Länder unternommen, die sich abzeichnenden Auswirkungen für die Rapsbestände und für die Umwelt möglichst gering zu halten und Lösungen zu finden. Ich kann verstehen, dass die Fraktion DIE LINKE sich den Sorgen und Nöten der Landwirte stellt und eine aktive Rolle im Umweltschutz einnehmen will.
- Genau, das wollte ich auch sagen: wir aber auch. - Aber, meine Damen und Herren von der LINKEN, nach nicht einmal einem Jahr der praktischen Wirkung des Verbots der Rapsbeizung fordern Sie sehr viel. Ihr Antrag erinnert mich an das geflügelte Wort „wasch mich, aber mach mich nicht nass“. So, Herr Czeke, funktionieren Landwirt
Vor dem Hintergrund der Forderungen in Ihrem Antrag möchte ich abschließend noch einmal Folgendes klar herausstellen: Wir brauchen klare und sachlich fundierte Ergebnisse und Erkenntnisse, um Entscheidungen zu überdenken. Der Bund und die Länder arbeiten mit ihren Behörden in Zusammenarbeit mit Landwirten an Lösungen zur Bewältigung der anstehenden Probleme in diesem Diskussionsfeld, zum Beispiel im nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Versuchswesen und im integrierten Pflanzenschutz.
Zum Schluss, meine Damen und Herren, sei angemerkt, Aktionismus hilft nicht weiter. Wir brauchen Zeit für klare Botschaften und deren Akzeptanz. Ich bitte Sie sehr herzlich, die Ergebnisse der laufenden und noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen unter anderem des Julius-Kühn-Instituts und der Bundesländer zu diesem Thema abzuwarten.
Selbstverständlich ist die Landesregierung gern bereit, über die Ergebnisse der Untersuchungen in den zuständigen Ausschüssen zu berichten. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Czeke, es ist sichtlich richtig, das Thema Neonikotinoide oder - umgangssprachlich - Neonix in den Landtag einzubringen. Denn es ist es Wert, dass man darüber spricht. Man unterliegt natürlich immer schnell der Gefahr, einer bestimmten Richtung hinterherzulaufen und vielleicht doch nicht alles zu bedenken.
Ich würde anders anfangen, bevor wir zu dem Ergebnis kommen, dass wir den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass Neonikotinoide ein Umweltgift sind, von dem man lange Zeit gedacht hat, dass es selektiv wirkt. In gewisser Weise haben Neonikotinoide eine selektive Wirkung. Wir müssen aber zunehmend feststellen, dass diese selektive Wirkung dann nicht gegeben ist, wenn diese Umweltgifte länger in der Umwelt verweilen.
So gut, wie sie gemeint sind, und so sehr sie auch helfen sollen, so schädlich scheinen sie sich in der Umwelt auszubreiten. Wir sind an einem Punkt, an dem wir noch lange nicht genau wissen, wie Neonikotinoide langfristig wirken. Deswegen habe ich
ein Problem mit der Stellungnahme des Bauernverbands in seiner Zeitschrift, in der man sich wieder für den Einsatz der Neonix ausgesprochen hat. Das geht mir, ehrlich gesagt, zu schnell.
Ich könnte mich an dieser Stelle sicherlich als Umweltpolitiker profilieren, wenn ich sagen würde, lasst uns Neonikotinoide insgesamt verbieten. Das wäre sicherlich eine Forderung, die man stellen könnte. Denn Neonikotinoide stehen nicht nur im Verdacht - das haben Herr Czeke und der Minister angesprochen -, bienenschädlich zu sein.
Wahrscheinlich geht es weit darüber hinaus. Wahrscheinlich sind sie allgemein insektenschädlich. Darüber hinaus zeichnet sich durch viele Studien ab, dass sie auch in hohem Maße die Vogelwelt beeinträchtigen, soweit es sich um Insekten fressende, also insectivore Arten handelt. All diese Dinge sind natürlich noch nicht bis zum Ende und durch die chemischen Ketten hindurch nachgewiesen. Es gibt aber entscheidende Hinweise darauf.
Ich möchte jedoch nicht erleben, dass wir eine ähnliche Situation bekommen wie bei DDT. Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass es sehr hilfreich ist. Dann hat man festgestellt, dass es Probleme gibt. Es hat fast Jahrzehnte gedauert, bis man festgestellt hat, wie sie wirken und dass sie sich schädlich auf die Umwelt auswirken.
Es ist heute schon bekannt, dass diese Stoffe - Sie haben die Namen genannt; die Damen, die das Protokoll schreiben, haben sie in weiser Voraussicht sicherlich schon nachgelesen - teilweise bis zu einem Jahr und länger in Oberflächengewässern verweilen. Dann werden sie wieder von Insekten aufgenommen und wirken entsprechend toxisch.
Wir sollten uns diese Dinge genau erläutern lassen. An der Stelle sind wir wieder bei Ihnen. Deshalb wollen wir den Antrag in die Ausschüsse überweisen. Ich möchte nicht schnell zu einem Einsatz der Neonikotinoide zurückkehren. Ich weiß auch nicht, ob eine Alternative sofort verfügbar ist.
Genauso wenig ist - das ist das Dilemma; das haben Sie, Herr Czeke, gut geschildert - der vier- oder fünffache Einsatz von Pestiziden anderer Couleur, die dann wieder weniger selektiv wirken, der Weisheit letzter Schluss. Deshalb müssen wir darauf drängen, ohne dass wir die Wissenschaft dazu zwingen können, dass man weiter daran arbeitet in der Hoffnung, zu umweltfreundlicheren Lösungen zu kommen.
Vor dem Hintergrund dieses gesamten Dilemmas freue ich mich auf die Diskussion dazu in den Ausschüssen. Es wird sicherlich erforderlich sein, die eine oder andere Stimme aus der Wissenschaft anzuhören. Gerade beim Studium der Literatur zu dieser Thematik in Vorbereitung auf die heutige
Rede bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass man Neonikotinoide vielleicht ganz vom Markt nehmen sollte. Ich habe natürlich keine alternative Lösung; das gebe ich zu. - Vielen Dank.
Danke schön, Herr Kollege Bergmann. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Frau Frederking.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bergmann, schauen wir mal, ob ich Ihrer Bitte nachkommen kann.