Protokoll der Sitzung vom 27.02.2015

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 24. Juli 2014 konnten wir den letzten der neuen Theaterverträge mit der TOO Halle GmbH unterzeichnen. Damit ist dann ein zweijähriger und sehr intensiver Diskussionsprozess zur Gestaltung einer neuen Theater- und Orchestervertragsstruktur zu Ende gegangen und, wie ich finde, mit verlässlichen und langfristigen Perspektiven aus der Sicht gerade auch der Landesregierung.

Für die neue Generation der Theater- und der Orchesterverträge lässt sich folgendes zusammenfassende Bild zeichnen. In Sachsen-Anhalt wird es auch weiterhin eine mehr als respektable Theater- und Orchesterlandschaft geben. Sowohl in den drei Oberzentren als auch in der sogenannten Fläche unterstützt das Land die Angebote der kommunalen Träger. Es sind Angebote, die sich sehen lassen können.

Zwei Drittel aller Theater und Orchester bekommen gemessen an den alten Verträgen nun jährlich mehr Geld. Die Dynamisierung aller Verträge ist ein beachtlicher Qualitätssprung, der auch bundesweit Beachtung gefunden hat. Die erstmals auf fünf Jahre ausgedehnte Vertragslaufzeit ist in der Kulturlandschaft ebenfalls als eine gute Rahmenbedingung, die viele andere Einrichtungen und Institution sicherlich auch gern hätten, wahrgenommen worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Theater- und Orchesterstruktur wird sich trotz langer Vertragslaufzeiten und der Dynamisierung für Rahmenbedingungen offen zeigen müssen, die sich auch weiterhin verändern. Damit meine ich nicht nur die finanziellen Möglichkeiten der Trägerkommunen. Vielmehr meine ich die veränderten Gewohnheiten hinsichtlich des Kultuskonsums, einen Wandel in der Sicht auf Angebotsstrukturen in der Theaterlandschaft ebenso wie die demografischen Veränderungen in den Regionen.

Als ein Beispiel will ich nur das Thema Theaterpädagogik nennen. In diesem Bereich entwickelt sich einiges in Bezug auf Nachfrage und Angebot auch deutlich weiter. Auch Kooperationsformen nicht nur zwischen den Standorten und den Häusern, sondern auch über das Theater- und Orchestergenre hinaus sind neu zu bedenken.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, will ich jetzt hier auch nicht lange über die unterschiedlichsten Interessen und verschiedensten Formen der Diskussion sinnieren. Wir konnten zusammen auch einiges erreichen. Letztlich bin ich froh, dass wir für alle Standorte, gerade auch für die, für die die Zuschüsse des Landes angepasst wurden, eine vernünftige Perspektive finden, aufschreiben und letztlich auch unterzeichnen konnten.

Auch im neuen Doppelhaushalt wird der Etat für die Unterstützung kommunaler Theater und Orchester ca. ein Drittel des gesamten Kulturhaushaltes ausmachen. Das ist der größte Einzelposten. Der Ausstieg aus den Kettenhaustarifverträgen ist verabredet worden. Das heißt, dass die neuen dynamisierten Verträge quasi auch eine Ära der heimlichen Kürzungen beenden. Darüber ist hier im Haus selten breit diskutiert worden. Es soll aber doch einmal gesagt werden.

Wenn wir das nicht dynamisieren würden, wenn man die Fördersumme konstant lässt, bedeutete das jedes Jahr quasi eine nominale Kürzung in Höhe von 2 %. Diese Kürzungen sind in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in der Regel von den Theatern durch Personalabbau, Haustarifverträge und auch durch einen Verzicht auf Angebote erwirtschaftet worden.

Mit der Dynamisierung, die die Träger und das Land zu gleichen Teilen tragen, setzen wir hier ein deutliches und klares Stoppzeichen. Ich freue mich sehr, dass wir mit dem Doppelhaushalt 2015/2016 auch anderen institutionell geförderten Einrichtungen im Kulturbereich eine Dynamisierung zukommen lassen können. Das ist ein Qualitätsgewinn in der Kulturförderung.

Sachsen-Anhalt hat in einem zugegebenermaßen nicht einfachen Prozess nicht nur einen schwierigen, aber nötigen kulturpolitischen Diskurs abgeschlossen. Im Bereich der Theater und Orchester ist ein Strukturwandel dort eingeleitet worden, wo es notwendig war, der der Kultursparte auch über den Vertragszeitraum 2014 bis 2020 hinaus eine gute und verlässliche Perspektive sichert und der auch ein in künstlerischer und kultureller Hinsicht anspruchsvolles und vom Publikum nachgefragtes Theater- und Musikangebot flächendeckend im Land vorhalten kann. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke schön, Herr Minister Dorgerloh. - Wir treten in die Aussprache ein. Es beginnt Herr Abgeordneter Güssau für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich vertrete heute unseren kulturpolitischen Sprecher Herrn Dr. Schellenberger.

(Herr Scheurell, CDU: Ein Lokführer! - Herr Hoffmann, DIE LINKE: Glückwunsch!)

- Danke. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir debattieren über ein Thema, das in den zurückliegenden zwei Jahren teilweise heftige Emotionen insbesondere bei den Kulturschaffenden in der Theater- und Orchesterszene hervorgerufen hat.

Der Anlass waren die beabsichtigten und inzwischen auch vollzogenen Anpassungen in diesem Teilbereich der Kultur. Der heutige Stand lautet, dass wir einen beschlossenen Doppelhaushalt mit einer Gültigkeit bis Ende 2016 haben. Die finanziellen Mittel sind festgezurrt. Es bestehen klare Verhältnisse und Planungssicherheit. Die Verträge sind neu geschlossen worden.

Für diesen Teilbereich der Kultur - sprich: die Theater und Orchester - will ich festhalten, dass im Jahr 2013 die finanzielle Ausstattung bei 36,1 Millionen € lag. Dieser Ansatz wurde im Jahr 2014 um ca. 6 Millionen € zurückgefahren und für die Jahre 2015 und 2016 auf dem Niveau von knapp 30 Millionen € verstetigt.

Der Minister sagte, dass es sich mit einem Volumen von fast einem Drittel des Kulturhaushaltes um den größten Einzelposten im Bereich Kultur handelt. Zusätzlich wurden aber auch die notwendigen Strukturanpassungsmaßnahmen im Bereich der Theater und Orchester mit hohen Beträgen unterstützt.

Neu dazu kam die Dynamisierung. Da möchte ich an dieser Stelle für das Protokoll erwähnen, dass daran der Kollege Miesterfeldt einen sehr großen Anteil hat, bei dem ich mich dafür noch einmal herzlich bedanken möchte.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU, und von Frau Koch-Kupfer, CDU)

Bedanken möchte ich mich aber auch beim Kollegen Barthel.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Etat für den Gesamtbereich Kultur insgesamt seit dem Jahr 2013 immer angestiegen ist. Im Jahr 2013 waren es 85 Millionen €. Eine Erhöhung um 1 Million € kam im Jahr 2014 dazu. Eine Erhöhung um 4 Millionen € kam im Jahr 2015 dazu. Im Jahr 2016 gab es eine Erhöhung um weitere 3 Millionen €, sodass wir sagen können, wir landen bei 93 Millionen € im Gesamtbereich Kultur.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! On Top erreichen uns im Zusammenhang mit dem Luther- und dem Bauhaus-Jubiläum zusätzliche 75 Millionen € für den Gesamtbereich Kultur. Dessau wollen wir auch nicht vergessen. Ich sage nur, dass es für den Bau des Museums eine Förderung in Höhe von 12,5 Millionen € vom Bund gibt.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU, und von Frau Koch-Kupfer, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun hat der Kultusminister am vergangenen Montag angekündigt, in den kommenden Jahren zusätzliche Mittel aus EU-Fonds für den Bereich der Kultur bereitzustellen. Wir werden uns das Thema in der nächsten Ausschusssitzung noch einmal genauer

anhören. Wir werden das Thema auch aufmerksam begleiten.

Rückblickend auf die schwierige Phase in den Jahren 2013 und 2014 möchte ich resümieren, dass sich der Lärm und die Aufregung wegen der neuen Strukturen gelegt haben. Ich bin optimistisch, dass sich die Theater und Orchester endlich im ruhigen Fahrwasser befinden. Sie und auch der Minister mit seiner Kultusverwaltung müssen nicht mehr in diesem Bereich auf Sicht fahren. Alle können nun wieder Gas geben. Es gibt Verträge, die mit Leben ausgefüllt werden.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Wie immer, wenn bewährte Strukturen angefasst und reformiert werden sollen, kommt es im ersten Moment zu Kritik und manchmal auch zu Unmut bei den Betroffenen. Die war zwar nicht immer sachlich, aber manchmal auch künstlerisch originell. Mir persönlich - dieser kleine Schwenk sei mir an dieser Stelle gestattet - ist eine Variante im Anhaltischen Theater aufgefallen. Sie kennen es vielleicht: „Haseloff und Bullerjahn -“

(Herr Scheurell, CDU: Ja!)

„stoppt den irren Rotstiftwahn“.

(Zustimmung von Herr Scheurell, CDU)

Das war damals lustig gemeint. Aber bei den dargestellten Finanzmitteln im Gesamtbereich Kultur war das, was man dort formuliert hat, im Nachgang auch etwas irre.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass die Theater und Orchester ihrer Aufgabe und ihrem Anspruch auf Vermittlung hochwertiger Kultur auch unter den neuen Strukturen gerecht werden, sich also in der Öffentlichkeit in der Zukunft erfolgreich präsentieren werden.

Ich komme zum letzten Satz. Der Ausschuss hat den Beschluss einstimmig gefasst. Ich bitte auch Sie um Zustimmung. - Herzlichen Dank.

Danke schön, Kollege Güssau. - Als nächste Rednerin spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Professor Dr. Dalbert.

(Herr Scheurell, CDU: Das toppt die jetzt nicht!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann natürlich hinsichtlich der Frage, ob der Antrag der Fraktion DIE LINKE erledigt ist, ganz unterschiedlicher Auffassung sein. Man kann sagen, er ist erledigt, weil die Politik der Landesregie

rung sozusagen walzenartig darüber hinweg gegangen ist.

(Herr Grünert, DIE LINKE: Ja!)

Dann ist er erledigt. Man kann aber auch sagen, dass da durchaus Punkte drin sind, die eben nicht erledigt sind. Wenn wir uns den vierten Punkt des Antrages der Fraktion DIE LINKE anschauen, dann stellen wir fest, dass er einen Geist atmet, den wir im Lande nicht wiederfinden, wenn hier mit Bezug auf den Kulturkonvent gesagt wird, dass wir ein Moratorium brauchen, damit die Betroffen selbst und in Ruhe einen Plan fassen können, der eine für unser Land gute Theater- und Orchesterlandschaft beschreibt.

Das ist eben nicht passiert. Die dafür benötigte Zeit haben die Kultureinrichtungen eben nicht bekommen. Schon gar nicht haben sie ein Moratorium bis zum Jahr 2018 bekommen. In diesem Zeitraum sollten sie dieselben Gelder bekommen, damit sie einen solchen Plan in Ruhe ausarbeiten können.

Insofern kommt es ein bisschen darauf an, wie man auf den Antrag blickt, ob man also sagt, er hat sich faktisch erledigt, oder ob man sagt, es stehen noch Aufgaben darin, die der Bearbeitung harren.

Unabhängig davon bleibt das Grundproblem, das aus der Sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hinter der ganzen Auseinandersetzung steht, völlig unbearbeitet. Es geht nämlich um die Frage, wie wichtig uns eigentlich die Kultur ist. Wie viel Geld wollen wir für die Kultur in den Haushalt einstellen? Da haben wir jetzt von der CDU gehört, dass das ohnehin alles schon zu viel ist, weil das schon anwächst. Dazu hat meine Fraktion eine deutlich andere Meinung. Das war die erste Frage.

Ich komme zur zweiten Frage, die wir nicht bearbeitet haben, die aber hinter den Problemen steckt. Wir müssen einmal darüber diskutieren, welche Kultur wir überhaupt meinen. Meinen wir die Kultur der Steine oder meinen wir auch die Kultur der Köpfe. Es geht also um die Frage, welche Kultur wir haben wollen.

Genauso stellt sich die Frage, ob wir eine Kultur des Bewahrens und der Erbauung wollen oder ob wir auch eine Kultur des Verstörens haben wollen. Da sage ich, eine Gesellschaft lebt auch davon, dass wir auch eine Kultur des Verstörens haben, dass uns die Kultur aufweckt und Anstöße bietet. Wir durften gerade erleben, wie die Kultur des Verstörens zumindest beim Abgeordneten Güssau einen nachhaltigen Eindruck erweckt hat.

Insofern denke ich, dass wir da noch einiges zu tun haben, um der Kultur hier im Lande den Stellenwert einzuräumen, den sie unseres Erachtens haben soll. Nach der Meinung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN soll es nicht nur um das

Bewahren und um die Erbauung gehen, sondern auch um die Verstörung durch Kultur. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Kollegin Dalbert. - Als nächster Redner spricht für die Fraktion der SPD Herr Abgeordneter Miesterfeldt.