Als Fazit möchte ich hier festhalten: Aus unserer Sicht ist eine Reform des Hartz-IV-Systems längst überfällig. Aber ich fürchte, dass diese Reform nur mit anderen Mehrheitsverhältnissen auf Bundesebene umgesetzt werden kann. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der Zeit werde ich versuchen, mich kurzzufassen. Ich komme aber nicht umhin, zu Herrn Weihrich zu sagen: Es ist schon erstaunlich, wie die GRÜNEN sich beim Thema Hartz IV vom Acker machen, obwohl sie es einmal selber beschlossen haben.
(Zuruf von Herrn Weihrich, GRÜNE) - Ich komme gleich noch einmal darauf zurück. Als wir die Debatte „Zehn Jahre Hartz IV“ hier geführt haben, Frau Dirlich, musste ich ja am anderen Tag in der Zeitung lesen, dass Sie die SPD schonen wollen. Deshalb will ich mich heute revanchieren und Sie auch ein wenig schonen. (Frau Dirlich, DIE LINKE: Soll nie wieder vorkommen! - Zuruf von der CDU: Schade!)
Dennoch will ich deutlich machen - das habe ich in der Debatte auch gesagt -, dass auch wir Sozialdemokraten meinen, bei Hartz IV ist einiges zu verändern und weiterzuentwickeln. Das Wichtigste, was wir erst einmal getan haben, ist die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns gewesen, um den Niedriglohnbereich einzudämmen. Ich glaube, es muss in der Zukunft darum gehen, vor dem Hintergrund neuer Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt zu einer Weiterentwicklung zu kommen.
Bei dem, was Sie hier aufgeschrieben haben - die Zeit lässt es ja nicht zu, auf alle zehn Punkte einzugehen -, glaube ich, wird eines sichtbar. Hierbei sind wir in einem Zielkonflikt, den wir wahrscheinlich nicht auflösen werden. Deshalb werden wir auch beantragen, diesen Antrag nicht im Ausschuss zu beraten, sondern ihn abzulehnen. Der Zielkonflikt besteht darin - ich will ihn in Kürze schildern -: Sie möchten mit einer Mindestsicherung sanktionsfrei - Sie haben viele Punkten genannt - das Problem im Prinzip so lösen, dass wir den Menschen Geld geben und sagen: Wir erwarten von euch nichts mehr in dieser Gesellschaft.
Wir haben da einen anderen Ansatz, und dieser Ansatz ist: Wir wollen Teilhabe in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt organisieren. Ich glaube, es ist gut, dass wir in diesen Bereich entsprechend investieren, dass wir die Menschen mitnehmen in dieser Gesellschaft, dass wir ihnen Angebote machen können. Von daher bin ich da nahe beim Kollegen Rotter, dass wir sagen, das mit dem Fördern und Fordern ist nach wie vor ein richtiger Ansatz. Jetzt kann man darüber streiten, wie man das im Detail macht. Aber dieser Ansatz ist richtig. Das ist etwas, was wir umsetzen möchten. Ich bin da mittlerweile auch guter Hoffnung. Wir haben das ja auch bei der „Zehn Jahre Hartz IV“Debatte miteinander diskutiert.
Mittlerweile haben wir eine ganz andere Situation auf dem Arbeitsmarkt. Wir können uns mehr um junge Menschen kümmern - ich glaube, es ist
wichtig, dass wir uns um junge Menschen und um junge Familien kümmern und schauen, dass wir dort Teilhabe und Arbeit organisieren -, als es vor zehn oder 15 Jahren der Fall war, und diese Chance sollten wir auch nutzen. Da genau setzt das an, was der Arbeitsminister an Arbeitsmarktpolitik hier im Land macht. Ich denke, diesen Weg sollten wir weitergehen.
Natürlich - auch das war schon Gegenstand der Debatte - müssen wir uns um die Menschen kümmern, bei denen wir es absolut nicht schaffen, sie auf den ersten Arbeitsmart zu vermitteln. Es ist das Stichwort „Bürgerarbeit“ gefallen. Wir wollen ein Nachfolgemodell für die Bürgerarbeit. Am liebsten wäre es uns, wenn der Bund das machen würde. Unser Ministerpräsident hat ja immer gesagt, er kriegt das hin. Wir warten noch darauf, dass er das irgendwann einmal schafft. Das wäre eigentlich der beste Weg, dass wir wieder eine Art Bürgerarbeit bekommen, die auch finanziert werden kann.
Wir sind ja auch dabei - darüber bin ich froh und daran wird ja im Ministerium gearbeitet -, ein Konzept zu erarbeiten, das sich gemeinwohlorientierter und sozialer Arbeitsmarkt nennt. Dadurch werden wir von der Größenordnung her nicht das ersetzen können, was bei der Bürgerarbeit weggefallen ist. Aber ich glaube, das ist der richtige Ansatz. Ich freue mich, wenn dieses Konzept dann vorliegt und wir mit der Umsetzung dann auch anfangen können. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Kollege Steppuhn. - Jetzt hat Frau Dirlich für DIE LINKE noch einmal das Wort. Bitte schön.
Ich werde jetzt nicht der Versuchung erliegen, noch einmal für unseren Antrag zu werben. Aber ein paar Richtigstellungen sind, finde ich, schon noch angebracht.
Herr Rotter, Sie haben es gesagt - mir ist die Zahl so auch in Erinnerung -: Rund 4 % sind überhaupt von Sanktionen betroffen. Sie haben es gesagt: 4 %. Das heißt, dass 96 %, 97 % ein Leben an den Tag legen, das solche Sanktionen völlig überflüssig macht. Dazu kommt - das haben Sie nicht gesagt, Herr Rotter -, dass der allergrößte Teil dieser Sanktionen auf Meldeversäumnisse zurückzuführen ist und eben nicht auf Arbeitsverweigerung oder auf die Weigerung zur Teilnahme an einer Maßnahme. Das macht umso deutlicher, wie überflüssig und wie schädlich dieses Sanktionssystem ist.
Es ist eben gesagt worden, es hat überhaupt keine Wirkung. Es hat natürlich eine Wirkung. Es hat die Wirkung, Leute in unsinnige Maßnahmen zu zwingen. Es hat die Wirkung, Leute in niedrig bezahlte Arbeit zu zwingen.
Es hat ferner die Wirkung, Einsparungen zu erzielen. Entschuldigen Sie, wenn ich es so deutlich sage: Man hat an vielen Stellen den Eindruck, dass es im Grunde genau darum geht,
den Leuten möglichst das Geld zu entziehen und sie nicht zu was auch immer anzuhalten. 70 000, 80 000 Menschen arbeiten in Sachsen-Anhalt, obwohl sie als Familien nicht mehr Einkommen haben, als wenn sie zu Hause auf dem Sofa blieben. Das bedeutet: Keinen von denen hat man zur Arbeit geprügelt, sondern es sind Menschen, die das wollen; sie wollen selber für sich eintreten können.
- Sie können es eben nicht. Sonst bräuchten sie nicht zum Amt zu gehen. Es ist doch Unsinn, was Sie da reden.
die den Leuten entgegengebracht wird, nämlich dass sie, sobald sie Geld vom Staat bekommen, alle Fünfe gerade sein lassen und sich für nichts mehr interessieren. Zudem erwecken wir bei ihnen den Eindruck, sie würden nicht mehr gebraucht. Das ist doch völliger Unsinn. Es ärgert mich, dass Menschen auf diese Weise behandelt werden.
Die Leute fühlen genau, wenn sie zum Amt kommen, dass ihnen genau dieses Misstrauen entgegengebracht wird, dass man ihnen kein Vertrauen entgegenbringt. Deshalb gehören diese Sanktionen abgeschafft - Punkt.
Die Debatte ist damit beendet worden. Ich habe keinen Antrag auf Abstimmung über den Antrag gehört, sondern nur auf Überweisung des Antrags. Die Federführung soll dem Ausschuss für Arbeit und Soziales übertragen werden? - Nein?
Herr Präsident, ich habe am Schluss meines Redebeitrags ganz klar die Ablehnung dieses Antrags gefordert.
Dann habe ich Sie schlecht verstanden. Das bekommen wir aber hin. - Als Erstes stimmen wir jetzt über eine Überweisung generell ab. Wer stimmt dem zu? - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen.
Dann stimmen wir jetzt über den Antrag in der Drs. 6/3817 ab. Wer stimmt dem Antrag zu? - Das sind die Antragstellerin und die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.
Anerkennung der Aufwandsentschädigungen ehrenamtlicher Bürgermeister und Stadträte als zweckgebundene Einnahmen nach § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag hat mit der Annahme der Beschlussempfehlung in der Drs. 6/3144 unter der Überschrift „Ehrenamt weiter entwickeln, bürgerschaftliches Engagement stärken“ hervorgehoben und unterstrichen - ich zitiere -:
„Das Ehrenamt ist ein elementarer Bestandteil und ein wichtiger Stützpfeiler unserer Gesellschaft. Wir werden zukünftig mehr denn je auf engagierte Bürgerinnen und Bürger angewiesen sein, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels in unserem Land. Das bürgerschaftliche Engagement und das Ehrenamt gewinnen in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen an Bedeutung, in der Politik, im sozialen Bereich, in Vereinen, Verbänden, Kirchen, in öffentlichen Funktionen, in der Selbsthilfe und auf vielen anderen Gebieten.“