Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Der Landtag von Sachsen-Anhalt befasst sich heute dank eines Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN mit der großen Weltpolitik, mit der auf der neoliberalen Ideologie beruhenden Idee, dass Staaten über Steuersätze in Konkurrenz zueinander treten sollten.
Die antragstellende Fraktion hat erkannt, dass Deutschland einen solchen Wettbewerb nicht gewinnen kann. Herzlichen Glückwunsch, liebe GRÜNE, Sie nähern sich der LINKEN an.
Es sei mir gestattet, daran zu erinnern, dass dieser Steuerwettbewerb hier in Europa, den Sie mit Ihrem Antrag bekämpfen wollen, von einer Bundesregierung aus SPD und GRÜNEN, sekundiert von der CDU, im Jahr 2001 losgetreten wurde.
Damals glaubten Sie, aus dem Wettbewerb um die niedrigsten Steuern, verbunden mit dem Abbau von Sozialstandards und der Etablierung eines Niedriglohnsektors, Vorteile für Deutschland ziehen zu können - ein Trugschluss.
Der Vorteil des Standorts Deutschland waren immer seine gut ausgebildeten Arbeitskräfte, seine Infrastruktur und seine rechtlichen und sozialen Standards. Der Preis für Ihren Trugschluss war hoch: Die Entreicherung der öffentlichen Hand durch großzügige Steuergeschenke an Unternehmen minderte die Fähigkeiten unseres Landes, in seine traditionellen Standortvorteile investieren zu können, was ein Blick auf die zurückgegangene Investitionsquote in allen Bundesländern beispielhaft belegt.
Der Steuerwettbewerb war und ist für Deutschland nicht zu gewinnen. Schön, dass sich diese Erkenntnis durchsetzt. Auch hier gilt wie immer:
Den Wettbewerb um die Steuertarife können wir bei der Körperschaftsteuer gut erkennen. Das ist an dem Kampf um Unternehmenssitze, und sei es auch nur in Form eines Briefkastens, gut erkennbar.
Was sagen Sie aber zum Wettbewerb um die Spitzensteuersätze bei der Einkommensteuer? Der Durchschnitt in der Eurozone liegt bei 50 %, der deutsche Spitzensteuersatz mit allen Zuschlägen bei 47,5 %.
Die Büchse der Pandora haben SPD und GRÜNE im Jahr 2001 geöffnet. Die Versuche, sie zu schließen, empfinden wir als löblich.
Schön, dass Ihr Anliegen im März 2015 hier in Sachsen-Anhalt ankommt. Ultimativ fordern Sie die Landesregierung auf, sich mit Bundesratsinitiativen für eine europäische Harmonisierung von Besteuerungsgrundlagen und für Mindeststeuersätze einzusetzen. Sie fordern, die Steuervermeidung durch Patent- und Lizenzboxen europaweit zu verbieten, sowie ein nationales und europäisches Register für Steuergestaltung nach britischem Vorbild. All das unterstützen wir, liebe Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Was erwarten Sie von einer solchen Bundesratsinitiative unserer Landesregierung?
Sie wissen doch, dass die von einem Grünen geführte baden-württembergische Landesregierung hierzu eine Bundesratsinitiative gestartet hat, die dort bereits am 23. Mai 2014 eine Mehrheit fand. Was, liebe Grüne, finden Sie an einer Wiederholungsinitiative unserer Landesregierung wirkmächtiger als an der von einer von Grünen geführten Landesregierung? Was erwarten Sie von Herrn Haseloff?
Neu ist die Forderung nach der Zerlegung von Konzernbilanzen in nationale Einzelreporte. Diese grüne Forderung aus einem Antrag Ihrer Bundestagsfraktion vom September 2014 erreichte uns heute. Dagegen ist grundsätzlich nichts zu sagen, aber anzumerken wäre, dass das Festhalten am deutschen Maßgeblichkeitsgrundsatz das größte
Nicht verstanden habe ich Ihre Forderung nach Doppelbesteuerungsabkommen. Das klingt zumindest interessant. Den Rest erklären Sie mir bitte bei Gelegenheit.
Kurz und gut: Wir unterstützen Ihre erhobenen Forderungen substanziell, wissen aber nicht, was Sie von einer erneuten Bundesratsinitiative erwarten. Aus diesem Grund würden wir uns zu Ihrem Antrag der Stimme enthalten.
Jetzt sage ich, dass wir uns dem Koalitionsantrag anschließen. Auch er enthält viele richtige Forderungen, die in der Art ihrer Aufmachung so unschädlich sind, dass sogar wir zustimmen können.
Darin steht letztlich viel Richtiges. Es wird zwar schwierig werden, sie auf diese Art und Weise umzusetzen, die Unterstützung dafür sollte aber das gesamte Haus geben. - Ich danke Ihnen.
(Herr Meister, GRÜNE, stolpert auf dem Weg zum Rednerpult - Oh! bei der CDU - Herr Gallert, DIE LINKE: Er ist doch geschubst worden!)
Ja, ja, das ist die schwarz-grüne Ecke da. - Eigentlich wollte ich nichts mehr sagen, aber es kamen jetzt doch ein paar Punkte, bei denen ich nicht an mich halten kann. Dass Rot-Grün schuld ist an der Globalisierung und dass Rot-Grün schuld ist daran, dass wir einen internationalen Steuerwettbewerb haben - ich bitte Sie, das ist doch nicht ihr Ernst. Das ist natürlich nicht der Punkt.
Was erwarten wir uns davon? - Wir haben natürlich die Problematik, dass in öffentlichen Berichten zu lesen war, Deutschland erwägt ernsthaft, Lizenzboxen einzuführen. Ich meine, das wäre ein Schritt in die andere Richtung, eine Drehung um 180 Grad. Das ist kein Ergebnis, das Jahre zurückliegt, sondern diese Berichte konnte man in den letzten zwei, drei Monaten lesen.
Insofern meine ich tatsächlich, dass es Sinn macht, sich als Land jetzt zu positionieren und das zu tun. Insofern hilft uns auch ein Antrag aus dem Jahr 2014 im Bundesrat nicht weiter, sondern man muss etwas zu Lizenzboxen sagen. Und man kann das Wort „Lizenzboxen“ auch nicht einfach in den
Raum werfen, sondern man muss das schon in den Gesamtkontext einordnen. Das meinen wir mit den anderen Punkten auch, indem wir die Transparenz und dergleichen in den Antrag hineingenommen haben.
Wenn DIE LINKE sagt, der Alternativantrag ist sogar so unschädlich, dass sie ihm zustimmen kann - wir werden uns beim Alternativantrag der Stimme enthalten, weil er unserer Meinung nach zu unschädlich ist.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Inhaltlich kann ich mich wie so oft in der Vergangenheit den Ausführungen meiner Kollegin Niestädt anschließen. Ich würde, mit Ihrem Einverständnis, Frau Präsidentin, gern noch einige persönliche Worte an Sie richten, weil das vermutlich für längere Zeit die letzte Gelegenheit sein wird, hier vor dem Hohen Haus zu sprechen.
Ich gebe zu, ich stehe noch immer unter dem Eindruck der gestrigen Wahl. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass das Ereignis für mich so beeindruckend war, weil mir die Hürde der Zweidrittelmehrheit von Anfang an sehr präsent war und der Gesetzgeber diese Hürde nicht ohne Grund bei Ereignissen mit besonderer Tragweite eingezogen hat. Insofern war es für mich nicht selbstverständlich, dass das mit einem solchen Ergebnis vollzogen wird.
Es ist das eine, dass einem alle ihre Unterstützung zusichern, aber es ist etwas anderes, dass diese Vereinbarung dann in der geheimen Wahl auch tatsächlich umgesetzt wird. Eine Kollegin hat mir gestern gesagt, die geheime Wahl sei die Stunde der U-Boote. Es gibt viele prominente Beispiele, bei denen man dies in der Vergangenheit beobachten konnte.
Insofern ist die Geschlossenheit, mit der gestern die Vereinbarung, die zwischen den drei Fraktionen getroffen wurde, vollzogen wurde, etwas, das mich wahrscheinlich lange verfolgen wird. Denn ich weiß sehr wohl, dass sich daraus ein großer Auftrag und eine große Erwartungshaltung ergeben und dass Sie mit diesem Vertrauensvorschuss, den Sie geleistet haben, natürlich die Erwartung verbinden, dass ich das Amt so wahrnehmen werde, dass es überparteilich und unabhängig ausgeübt wird.
Ich habe mich bemüht, bei den Vorstellungsrunden bei Ihnen diesen Eindruck zu hinterlassen. Ich habe in allen Fraktionen ähnliche Worte gefunden
und habe offen über meine Ambitionen und Pläne gesprochen. Es ist bemerkenswert, wie unterschiedlich die Wertung ausfällt, wenn man sich die Zeitungen anschaut. Während die drei Fraktionen, denen ich gestern die Wahl zu verdanken habe, offenbar davon überzeugt sind, dass es gelingen kann, gab es auch eine Reaktion, die mich ein Stück weit auch betroffen gemacht hat - das gebe ich zu -, weil ich nicht weiß, was ich an meiner Wortwahl falsch gemacht habe, dass man mit einer relativ harten Rhetorik die Kommentierung über die Medien gewählt hat, was meine Person angeht.
Das finde ich auch insofern etwas problematisch: Wenn man Unabhängigkeit und Fairness fordert, dann, meine ich, kann ich auch als Person erwarten, dass man mir zumindest die Chance gibt, über die Ausübung des Amts und über die Wahrnehmung den Beweis anzutreten, dass all diese Bedenken möglicherweise falsch sind. Das will ich gern tun.
Ich möchte ausdrücklich Frau Professor Dalbert und ihrer Fraktion und Frau Budde und ihrer Fraktion sowie natürlich in besonderem Maße André Schröder, meinem Fraktionsvorsitzenden, und meinen Fraktionskolleginnen und -kollegen dafür danken, dass sie den Mut hatten, mich vorzuschlagen, dass sie auch gestern geschlossen an meiner Seite standen und dass sie mir ihre Zustimmung gegeben haben.
Ich darf Ihnen versichern: Ich werde keinen Persönlichkeitswandel durchmachen. Der Herr Barthel, den Sie hier im Landtag erlebt haben als Person, mit all den Schwächen und Stärken, wird auch im Rechnungshof eine neue Heimat finden.
Ich weiß sehr wohl - das habe ich auch den Medien gesagt und das werde ich auch in meiner täglichen Arbeit beweisen -, dass es einen großen Unterschied macht, ob man das Rollenverhalten eines Landtagsabgeordneten hier im Landtag wahrnimmt oder ob man der Präsident eines Landesrechnungshofes sein wird. Ich bin kein Narr. Ich bin auch nicht leichtfertig und werde das Amt und die Tragweite des Amtes nicht unterschätzen. Ich werde mit der gebotenen Vorsicht und mit der gebotenen Sorgfalt agieren.
Ich darf Ihnen hier noch einmal ganz klar danke sagen. Ohne Sie wäre das nicht möglich gewesen. Dass die Zweidrittelmehrheit deutlich übertroffen wurde, ist ein starkes Signal. Das zeugt aus meiner Sicht auch von der Handlungsfähigkeit dieser Koalition und auch von der Handlungsfähigkeit eines Dreierbündnisses. Es ist eine Vereinbarung geschlossen worden. Dazu würde ich gern noch zwei Sätze sagen.
Das ist eine Vereinbarung, die zum parlamentarischen Geschäft gehört. Es ist eine ureigene Aufgabe der Parlamentarier, Mehrheiten zu organisieren und gerade bei Entscheidungen mit Verfassungsrang Pakete zu schnüren und sich vorher zusammenzusetzen und zu verabreden, wie man das machen kann. Das ist keine Kungelei.