Protokoll der Sitzung vom 23.04.2015

(Unruhe)

Frau Professor Dalbert hatte eigentlich noch das Wort.

Genau, ich hatte noch das Wort. Danke, Herr Präsident. Aber da der Minister einen Zwischenruf gemacht hat, nehme ich Bezug auf den Zwischenruf.

Wenn der Landtag sich bis zum 30. Mai nicht entscheidet, den Letter of Intent zu kündigen - darauf haben Sie in Ihrem Zwischenruf Bezug genommen -, dann - so verstehe ich es - wird der Vertrag unterzeichnet. Ich würde Sie bitten, eine klare Auskunft zu geben über die Vereinbarung, die im Letter of Intent zur Kündigung des Letter of Intent und zu dem Termin der Vertragsunterzeichnung am 30. Mai stehen.

Der Landtag hat es verdient, dass wir eine sehr klare Rechtsauskunft zu der Frage bekommen, was passiert, wenn wir heute nicht sagen, wir wollen den Letter of Intent kündigen, damit der Vertrag nicht unterzeichnet wird. Wie ist dann das Prozedere?

Die zweite Frage stelle ich gern noch einmal, Herr Minister. Ich habe Sie nicht danach gefragt, was Ihre Gründe waren, einen Letter of Intent mit Microsoft zu unterzeichnen, sondern ich habe Sie gefragt, was Ihr Vergleich erbracht hat zwischen den Alternativsystemen, die mit freier Software arbeiten und bei denen der Quellcode allgemein zugänglich ist, und Microsoft als einem proprietären System, bei dem der Quellcode geheim ist und beim Unternehmen bleibt. Der Vergleich dieser Aspekte ist grundlegend, um eine Internetlösung im Lande auch für die Bildung einzuführen.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Noch einmal zu der ersten Frage. Bis zu diesem Termin im Mai sollen sich beide Vertragspartner positionieren. Zunächst muss das ohnehin in der Staatssekretärsrunde und im Kabinett erörtert werden.

Zudem war klar, dass das Parlament informiert wird. Findet es keine Akzeptanz, weder vom Inhalt noch vom Zeitablauf her, ist der Letter of Intent für uns nicht mehr aktuell. Das kann heißen, dass man den Zeitraum verlängert oder generell davon Abstand nimmt - nicht mehr und nicht weniger.

Das ist nicht unüblich, auch nicht in anderen Bereichen, in denen man sich mit Partnern auf engere Gespräche einigt.

Zum zweiten Thema. Wir haben uns mit mehreren Systemen beschäftigt. Das habe ich vorhin gesagt. SAP und andere bieten Bildungsplattformen an. Fujitsu wollte das in Bayern machen. Alle haben davon abgeraten, offene Systeme zu nutzen. Sie werden unterstellen, dass das nachvollziehbar sei, weil sie das Monopol haben wollten.

Wenn man so wie wir nicht so viel Geld hat und Zeit aufholen muss, ist es angebracht, etwas zu nehmen, was woanders bereits praktisch umgesetzt werden konnte. Das war der Beweggrund für uns.

Auch bei Dataport hatte ich anfangs alle gegen mich. Man meinte, wir könnten es allein machen. Ich habe darauf hingewiesen, dass wir weder das Geld noch das Know-how noch das Personal dafür haben.

Es ist in diesem Bereich anscheinend so, dass es, wenn du mit neuen Ideen kommst, ganz viele Hinweise gibt, die sicherlich auch berechtigt sind; aber wir müssen weiterkommen. Wenn irgendetwas nicht funktioniert, stehen wir letztlich in der Verantwortung - nicht mehr und nicht weniger.

Jetzt stellt die Kollegin Tiedge Ihre Frage.

Herr Minister, seit Monaten ist bekannt, dass im Mai keine Landtagssitzung stattfindet. Zum Zeitpunkt der Unterschrift unter die Vereinbarung haben Sie das auch ganz genau gewusst. Nun frage ich Sie: Wie wollten Sie eine Mehrheitsentscheidung des Landtags herbeiführen, um diese Vereinbarung durch den Landtag absegnen zu lassen? Wollten Sie eine Sondersitzung des Landtages einberufen, um diesen Vertrag zu ermöglichen? Wie wollen Sie agieren, wenn der Antrag heute vielleicht doch eine Mehrheit bekommt? Gibt es von Ihnen dann die definitive Aussage, dass Sie den Vertrag nicht unterzeichnen werden?

Die zweite Frage beantworte ich eindeutig mit Ja. Erstens. Ich unterstelle Michael Richter bestimmt nicht - ich würde Sie bitten, das auch nicht zu tun -, dass er das gemacht hätte, weil angeblich keine Landtagssitzung war. Auf dem Niveau sollten wir hier nicht miteinander umgehen.

(Unruhe bei der Linken)

Sie haben heute Abend die Chance. Ich weiß, dass es eine Sitzung gibt. Ich bin ja ganz ruhig. Warum ist immer nur eine Seite in der Lage, hier so aufzubrausen?

Ich versuche, ein Sachthema herüberzubringen.

(Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

Sie werden heute Abend Herrn Richter fragen können, wie er sich den zeitlichen Ablauf vorgestellt hat. Aber ich bitte darum, nicht zu unterstellen, dass wir irgendwie an einem Parlament vorbei einen so gravierenden Vertrag unterschreiben lassen wollten.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Frau Bull, DIE LINKE: Wo hätten Sie es denn dann gern gemacht? - Zuruf von Herrn Lan- ge, DIE LINKE)

Langsam, langsam, langsam. Herr Minister, wir haben ein offensichtlich schwieriges Thema. Jetzt müssen wir das ganz cool abarbeiten. Herr Fraktionsvorsitzender Gallert, entnehme ich Ihrer Körperhaltung eine Wortmeldung?

(Herr Gallert, DIE LINKE; schüttelt den Kopf)

- Nein. Sie sind so - - Dann ist jetzt erneut Herr Höhn dran.

(Herr Höhn, DIE LINKE, winkt ab)

Das hat sich erledigt. Und Sie? - Das ist auch erledigt. Herr Minister, Sie können sich setzen.

(Heiterkeit bei der SPD und bei der CDU)

Jetzt spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Schachtschneider. Wenn ich das richtig sehe, dann müssten Sie jetzt jungfräuliche Gefühle entwickeln. Es ist Ihre erste Rede. Viel Glück!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Für meine erste Rede hätte ich mir kein spannenderes Thema wünschen können als dieses Thema. Jetzt muss ich versuchen, mit diesen gegensätzlichen Standpunkten umzugehen.

Ich versuche einmal, es wieder auf das Normale herunterzubrechen. Ich komme zum sogenannten Letter of Intent zurück, der eigentlich eine bloße Absichtserklärung bzw. eine Grundsatzvereinba

rung ist. Die soll die strategische Ausrichtung des Bildungswesens in unserem Land vollziehen.

Dagegen hat die CDU-Fraktion generell keine Einwände. Gerade im Hinblick auf Stark III muss man neben der Modernisierung der Hardware natürlich auch eine einheitliche, kompatible und aufeinander aufbauende Software und Vernetzung im Blick haben. Eine vereinheitlichte digitale Infrastruktur in der gesamten Bildungslandschaft - dieser Punkt kam vorhin nicht - von der frühkindlichen Bildung über die weiterführenden Schulen bis zu den Universitäten ist doch ein erstrebenswertes Ziel.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

IT-Lern- und Arbeitsplätze für alle Kinder und Jugendliche sowie Pädagogen im Land bereits ab der frühkindlichen Bildung bieten die Chance, in allen Bildungseinrichtungen für möglichst gute und optimierte Qualitätsstandards zu sorgen.

Es ist notwendig, moderne Arbeitsmethoden und -mittel, wozu auch IT-Lernarbeitsplätze als Kommunikationsplattform dienen, in der Bildungslandschaft Sachsen-Anhalts einzusetzen. Dieses Ziel - ich denke, dass ich da für alle Damen und Herren hier im Hause spreche - sollte von uns nicht zu weit in die Zukunft geschoben werden.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Lange, DIE LINKE: Das hat Herr Wagner schon gesagt! - Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Völlig richtig, Herr Kollege!)

Der Weg bis zum Abschluss der einzelnen Verträge sollte aber unbedingt durch die zuständige Ausschüsse des Landtages begleitet werden. Wenn man sich der Komplexität dieses Vorhabens stellt, dann ergeben sich durchaus einige Fragen. Diese, meine Damen und meine Herren, möchte ich hier gern stellen.

Die erste Frage lautet: Welche Gründe gab es für die schnelle Unterzeichnung des Letter of Intent?

Die zweite Frage: Welche Maßnahmen zur Schulung des Personals in den Schulen - ich meine auch die Schulen in freier Trägerschaft - sind geplant worden? Wie viele zusätzliche Personalstellen sind geplant worden und für welchen Zeitraum?

Eine nächste Frage: Wie soll die Schulung bzw. Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas, die sich teilweise in kommunaler oder in freier Trägerschaft befinden, erfolgen?

Die Frage wurde vorhin schon gestellt: Wie erfolgt die Einbindung des Landesinstitutes für Schulqualität und Lehrerfortbildung Sachsen-Anhalt Lisa und des Landesbeauftragten für den Datenschutz?

Ich komme zur abschließenden Frage: Welche finanziellen Mittel sind für alle diese Maßnahmen eingeplant worden?

Aufgrund dieser offenen Fragen beantragt die CDU-Fraktion, den Antrag in den Finanzausschuss und in den Ausschuss für Bildung und Kultur zu überweisen.

Lassen Sie mich zum Schluss vielleicht noch aus aktuellem Anlass auf den „Volksstimme“-Artikel von heute zu sprechen kommen. Es ist sehr schön, wenn über solche wichtigen Themen öffentlich diskutiert wird. Aber wenn Ängste geschürt werden und mit Zahlen gearbeitet wird, die ich eigentlich gar nicht kenne - ich erwähne nur die 5 € pro Schüler -, bzw. schon Edward Snowden und die NSA ins Spiel gebracht werden, dann verhindern wir vielleicht, ohne es zu wollen, Dinge, die eigentlich in die richtige Zielrichtung gehen.

Dazu möchte ich ganz gern den Verband der IT- und Multimedia-Industrie Sachsen-Anhalts zitieren. Er spricht auch von der Quasi-Monopolstellung von Microsoft. Aber er sagt im nächsten Satz, dass genau das das sein wird, was jeder Schüler, der ins Berufsleben startet, dort vorfinden wird, und dass letztlich ganz wenige bis gar keine Alternativen bekannt sind. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Schachtschneider. Herr Kollege Schachtschneider, laufen Sie nicht weg. Auch für Sie gibt es zwei Fragesteller. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie im Gegensatz zu Vertretern der Landesregierung antworten können.

Das würde ich auch tun.

Das ist sehr nett von Ihnen. Als erster Fragesteller hat sich Herr Höhn gemeldet. - Bitte.