Protokoll der Sitzung vom 23.04.2015

Viertens. Wie hatte der CEO eigentlich vor, den Datenschutz zu gewährleisten? - Aus der Vereinbarung geht hervor, dass die Personendaten von allen Lehrerinnen und Lehrern sowie allen Schülerinnen und Schülern, also ca. 200 000 Menschen im Land, zentral in einem Verzeichnis bei Microsoft landen sollen. Mir ist zunächst weniger wichtig, wo diese Daten gespeichert werden. Mir ist erst einmal wichtig, wer über die Daten verfügt.

Dass der Landesbeauftragte für den Datenschutz nicht einmal Bescheid wusste, geschweige denn offiziell konsultiert wurde, das schlägt dabei dem Fass den Boden aus.

(Beifall bei der LINKEN)

Datenschutz muss immanenter Teil unserer Schulen bleiben, auch der digitalen Schulen. Das muss die Absicht des Landes sein. Diese Absicht müssen Vertreter des Landes gegenüber potenziellen Partnern auch formulieren.

Fünftens. Wann soll denn die Anbindung des Lisa in den Prozess erfolgen? - Wir haben in SachsenAnhalt ein eigenes Landesinstitut, welches unter anderem den Bildungsserver betreibt und welches Lehrmaterialien unseren Schulen zur Verfügung stellt. Mit der Umsetzung von Programmen wie Stark III werden die Schulen des Landes komplett darauf zurückgreifen können.

Zudem ist das Lisa die Institution, die sicherstellt, dass die Digitalisierung des staatlichen Bildungsbereiches eben auch unter pädagogisch sinnträchtigen Gesichtspunkten erfolgt. Digitalisierung bedeutet für Schule eben nicht nur mehr Technik, sie muss pädagogischen Grundsätzen folgen und eine sinnvolle Erweiterung von bisherigen Unterrichtsmodellen sein. Das ist auch eine Forderung der LINKEN.

(Beifall bei der LINKEN)

Es geht darum, die Digitalisierung der Schulen zu nutzen, um mit diesen neuen Möglichkeiten die Lehr-Lern-Kultur entscheidend voranzubringen.

Ausgerechnet jene Pädagogen, die sich hier seit Jahren um die Medienbildung bemühen, werden vor Abschluss der Vereinbarung nicht einmal zur Kenntnis genommen.

Sechstens. Wie erfolgt die Anbindung der AG Medienkompetenz des Kultusministeriums?

(Herr Henke, DIE LINKE: Gute Frage!)

Nun hat die Landesregierung der letzten Legislaturperiode nicht umsonst eine solche Arbeitsgruppe eingesetzt. Der Unmut vieler in dieser AG aufgrund der Tatsache, dass deren Vorschläge nur in ungenügendem Maße in politische und operationa

lisierte Programme münden oder sogar Umsetzung finden, ist sehr groß. Aber die AG hat über Jahre im Auftrag der Regierung gearbeitet. Es gibt keinen Grund, sich über die eigenen Gremien so lapidar hinwegzusetzen.

Siebentens. Wie soll die Anbindung der Schulträger erfolgen? - Die Vereinbarung mit Microsoft spricht davon, Lizenzen bereitzustellen - soweit okay - und alle Schulen mit Zugängen auszustatten, die Lehr-Lern-Inhalte betreffen. Die Schulträger sind aber die Kommunen und die Frage der Lehrmittelfreiheit ist offen. Wollte die Regierung wieder über die Kommunen hinweg entscheiden?

Ich bin dafür, dass wir Vereinheitlichung in der IT durch die Digitalisierung tatsächlich schaffen. Eine eindeutige Meinung, wie Lehrmittelfreiheit in Zeiten von Vernetzung und eines Bildungsservers nun genau aussieht, kann ich heute auch nicht formulieren. Aber ich hege doch den Wunsch, nicht einfach in solche Fallstricke hineingeschickt zu werden und die Schulträger zu den Landesabsichten auch zu befragen. Kommunikation ist ja wohl das Mindeste, was man hier mit den Kommunen leisten kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Achtens. Wie geschieht die Anbindung der Wirtschaft? - Gut, die wusste offensichtlich Bescheid.

Neuntens. Gab es nicht auch Absichten, den öffentlichen Dienstleister Dataport mit der IT-Ausstattung zu betrauen? - Ich weiß jetzt nicht, inwiefern Dataport sich zurzeit zu seiner Möglichkeit geäußert hat, in Sachsen-Anhalts Schullandschaft IT-Beschaffungen zu tätigen. Dataport sollte für das Land auch günstiger werden und auch der einheimischen Wirtschaft Anschlussaufträge bereitstellen.

Microsoft hat meines Wissens keine Niederlassung in Sachsen-Anhalt. Mit dem zentralen Dienstleister sollten doch finanzielle Synergien drin sein. Zwar hat das Finanzministerium bei Einzelplan 19 eigene Mittel zur IT-Ausstattung der Schulen eingestellt, doch gerade dieser Bereich ist nicht Kern der Vereinbarung, die nun auf der Cebit vorgestellt worden ist.

Kämen Aussagen bzw. Nichtaussagen zur Finanzierung dieses Vorhabens in dieser oder in einer ähnlichen Weise von uns, wir wären doch von Ihnen bereits als regierungsunfähig attribuiert worden, und in dem Fall sogar gar nicht einmal zu Unrecht.

Zehntens. Wie informieren Sie die Öffentlichkeit, unsere Schüler, die Lehrer und die Eltern? - Natürlich werden sich Eltern fragen, ob sie ein Widerspruchsrecht datenschutzrechtlicher Art für ihre minderjährigen Kinder haben. Natürlich wird die Öffentlichkeit genau hinschauen, welche Nicht

absprachen in Sachsen-Anhalt kabinettsintern stattfinden.

Natürlich werden viele Schülerinnen und Schüler es nicht wollen, dass ihre Aktionen in den CloudAnwendungen bei einem wirtschaftlichen Partner als Datenpunkte anfallen und angehäuft werden.

Ich erkenne nicht, dass die Öffentlichkeit bei einer solch sensiblen Maßnahme durch die Regierung in einer angemessenen Form informiert worden ist. Auch das ist ja wohl nichts anderes als eine Selbstverständlichkeit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was sollen und können wir nun also in dieser Situation tun? - Die erste Maßnahme, die wir hier und heute diskutieren, ist die Kündigung des Letters of Intent seitens des Landes. Es ist für uns als Landtag - nicht nur als Opposition - die einzige Möglichkeit, diesem Schnellschuss der Regierung einen verbindlichen Auftrag entgegenzusetzen.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Doch es muss auch weitere Folgen geben. Dies ist nicht unser letzter Antrag zur Medienbildung in unserem Land, den wir in dieser Legislaturperiode noch stellen werden. Wir wollen Medienbildung sicherstellen, indem Schülerinnen und Schüler mit der gegebenen Vielfalt der IT-Technologie vertraut gemacht werden und somit in der Anwendung von Technik die entsprechende Kompetenz erwerben können.

Bei den Lehr-Lern-Materialien wollen wir uns auch den Open Educational Resources, OER, öffnen.

(Zustimmung von Herrn Lange, DIE LINKE)

Sie können Teil eines vielfältigen Bildungsangebotes sein. Sogar in der KMK gibt es bereits eine Arbeitsgruppe, die sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt.

Mittelfristig wollen wir eine erfolgreiche Medienbildung in Sachsen-Anhalt realisieren. Das geht nur, wenn die Regierung die Personen und Institutionen im Land auch anhört, statt sie zu verprellen, und lernt, dass die digitale Schule ein Raum der Pädagogik bleibt.

DIE LINKE will, dass die Digitalisierung vor der Schule nicht Halt macht. Als Ort hochwertiger Bildung muss die Digitalisierung in den Schulen mit den richtigen pädagogischen Mitteln als Herausforderung verstanden werden. Digitalisierung ist eben nicht nur einfach mehr Technik, sondern einem höheren Nutzen digitaler Technik folgt auch tatsächlich ein höherer Zweck: die Sicherstellung des Bildungsniveaus in unseren dann digitalen Schulen. - Haben Sie vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. - Für die Landesregierung spricht jetzt der Finanzminister, Herr Minister Bullerjahn. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wäre dankbar, wenn wir uns am Anfang alle darauf verständigen würden, dass wir das Thema „IT in Schulen“ als etwas sehr Wichtiges ansehen.

Ich habe mir letztens sogar eine Rede einer ehemaligen Kollegin aus dem Landtag herausgeholt, die für DIE LINKE im Bundestag dazu gesprochen hat. Sie hat gesagt, dass man endlich Taten folgen lassen sollte.

(Herr Lange, DIE LINKE: Ja sicher, aber die richtigen! - Heiterkeit und Zustimmung bei der LINKEN)

So läuft das mit IT seit mehr als 20 Jahren in Sachsen-Anhalt. Es gibt so viele Leute, die mir dauernd erzählen, was man alles nicht machen sollte, was alles hätte gemacht werden müssen, wer alles hätte gefragt werden müssen und woran es gelegen hat, dass andere es nicht gemacht haben.

(Unruhe)

Deswegen bin ich froh - das wird Sie nicht verwundern -, dass Michael Richter dies unterschrieben hat. Ich werde Ihnen auch sagen, warum.

Seit mehr als zwei, drei Jahren ist das Finanzministerium damit beschäftigt - nach der Bündelung der Zuständigkeiten bei IT -, endlich einmal dafür zu sorgen, dass es ein neues Landesdatennetz gibt. Sehr viele haben vorher Hinweise gegeben. Jene, die hier schon sehr lange sitzen, wissen, wie viele kluge Sprüche es von außen gab, die sich darauf bezogen, was man hätte berücksichtigen sollen.

Jetzt sind wir dabei, die Ausschreibung fertig zu bekommen. Ich hoffe, dass der Zuschlag dieses Jahr noch erfolgt;

(Frau Bull, DIE LINKE: Die Welt ist bunt!)

denn alle beschweren sich, dass am E-Mail-Server oder sonst wo irgendwelche Probleme auftreten.

Ein weiteres Thema. Es war das Finanzministerium - niemand anders -, das Stark III in die Welt gesetzt hat, und zwar mit Blick auf die Komponente Bildung. Es waren nicht diejenigen, die hierzu seit ewigen Zeiten das Wort führen. Wir als Finanzministerium haben damals darauf gedrungen, und zwar nicht so blauäugig, wie es manche hinstellen wollen nach dem Motto: Wir stellen irgendwelche Geräte hin und dann sind die armen Lehrer und die armen Kinder überfordert.

Das Finanzministerium selbst war vor eineinhalb Jahren am Hasso-Plattner-Institut und hat dort mit SAP gesprochen, übrigens unter Beteiligung des Staatssekretärs des Kultusministeriums. Wir selbst waren dabei, mit Fujitsu zu sprechen, die eine Plattform für Bayern aufbauen wollten. Auch das erfolgte übrigens unter Teilnahme des Staatssekretärs des Kultusministeriums.

Es gab also Gespräche mit vielen Anbietern, wobei klar war, dass ich diese Diskussion mit Ihnen überhaupt nicht führen werde, ob nun Open Source oder Microsoft oder ein Konkurrent oder wie auch immer.

Das MK hat ein Schreiben an alle Schulen gerichtet. Mehr als 90, 95 % arbeiten bereits heute mit Microsoft. Hier werden doch Debatten geführt, die völlig am Leben vorbeigehen!

(Herr Lange, DIE LINKE: Nein!)

Wir selbst unterstützen mit viel Geld

(Zuruf von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE)