auch nicht bei der Menschenkette in Garzweiler dabei sein. Wenn ich morgen demonstrieren würde, dann würde ich in Garzweiler an der Großdemonstration teilnehmen,
um mich auch klar dafür zu positionieren, dass wir den Einstieg in den Ausstieg brauchen. Ich betone es noch einmal: Es ist nicht von einem abrupten Ende die Rede. Es ist ein allmählicher Prozess und den müssen wir jetzt beginnen.
Herr Dr. Thiel hat es dankenswerterweise auch noch einmal dargelegt. Wovon reden wir denn hier in Sachsen-Anhalt? Wer sich das Modell von Gabriel genau angeschaut hat, der wird sehen, dass das Kraftwerk in Schkopau ab dem 20. Geburtstag auch in diese Klimaabgabe fallen würde. Aber der Schwellenwert für diese Klimaabgabe sinkt kontinuierlich. Also am Anfang ist der Schwellenwert so hoch, dass das noch gar nicht greifen würde. Das würde erst zu einem viel, viel späteren Zeitpunkt greifen.
Wir sind uns alle einig, dass im Jahr 2050 die Energieerzeugung CO2-neutral sein soll. Wir als GRÜNE wollen das schon früher. Aber wir sind uns erst einmal alle einig, dass das Ziel spätestens im Jahr 2050 erreicht sein wird. Dann müssen wir doch jetzt Schritte unternehmen, um dieses Ziel auch erreichen zu können. Dann macht es doch überhaupt keinen Sinn, einfach so fortzufahren wie bisher oder, wie Frau Budde es gesagt hat, den Kohleanker in die Zukunft zu werfen. Für ist das nicht der richtige Anker. Wir müssen jetzt eine neue Ära einläuten. Nach dem Atomausstieg heißt das für uns, dass wir mit dem Kohleausstieg beginnen müssen.
Danke sehr. - Das war der letzte Debattenbeitrag. Wir stimmen nun über den Antrag unter dem Tagesordnungspunkt 6 b ab. Eine Abstimmung zu der Aktuellen Debatte unter dem Tagesordnungspunkt 6 a gibt es nicht. Eine Überweisung ist von niemandem gefordert worden.
Wir stimmen zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/4006 ab. Wer stimmt dem zu? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt worden.
Dann stimmen wir jetzt über den Ursprungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der ursprünglichen Fassung in der Drs. 6/3986 ab.
Dann rufe ich Punkt 1 auf. Wer stimmt dem zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Punkt 1 ist angenommen worden.
Ich rufe Punkt 2 auf. Wer stimmt dem zu? - Das ist das gesamte Haus. Dann ist dieser Punkt ebenfalls angenommen worden.
Ich wollte Ihnen den Punkt 3 des Alternativantrages unterjubeln. Das tun wir natürlich nicht. Es sind also die beiden Punkte des Ursprungsantrags und damit der gesamte Antrag so angenommen worden. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 6.
Auch in diesem Fall wurde eine verbundene Debatte der beiden Beratungsgegenstände vereinbart. Eine gesonderte Einbringung des Gesetzentwurfes findet nicht statt. Die Redezeit je Fraktion beträgt zehn Minuten. Die Reihenfolge ist: DIE LINKE, SPD, GRÜNE und CDU. Zunächst bekommt die Antragstellerin das Wort. Für die Antragstellerin spricht die Abgeordnete Frau Bull. Bitte sehr.
die deutsche Wehrmacht bedingungslos. Der Krieg - zumindest der in Europa - ist beendet. Das Land, in dem die NSDAP demokratisch an die Macht gewählt worden war, ist zusammengebrochen, zerbombt und vor der gesamten Weltgemeinschaft delegitimiert.
Befreiung oder Niederlage? Die Gemütsstände der Deutschen dürften im Jahr 1945 höchst unterschiedlich gewesen sein; denn das Kriegsende warf Fragen auf nach Scheitern, nach Schuld, nach Vergeltung. Und der 8. Mai erneuert genau diese Fragen Jahr für Jahr aufs Neue. Deshalb war und ist die Deutung dieses Tages auch umkämpft.
Fast 20 Jahre mussten vergehen, bis sich die politischen Botschaften in der Bundesrepublik Deutschland veränderten. Es war der Sozialdemokrat Willy Brandt, der mit seinem Kniefall in Warschau 1970 ein anderes Deutschland zeigt und der sich als Kanzler eines befreiten und nicht eines besiegten Deutschlands verstehen wird.
Die DDR wiederum verband sich mit ihrer Gründung untrennbar mit der Sowjetunion, also die Befreiten mit den Befreiern. Im Jahr 1950 wurde der Tag der Befreiung als staatlicher Feiertag verankert. Auf der einen Seite standen Wille und Realität der systematischen Entnazifizierung. Gewürdigt wurden vor allem die, die sich zum Preis des eigenen Lebens oder dessen Gefährdung am Widerstand gegen die Nazis beteiligt hatten, vor allem Kommunistinnen und Kommunisten. Geehrt wurde die Rote Armee, die in der Tat die Hauptlast des Krieges getragen hatte.
Auf der anderen Seite hat es damit auch in der DDR de facto eine weitgehende Entlastung von Schuld gegeben, ist nicht wirklich gefragt worden nach der Verantwortung jedes Einzelnen. Denn es muss bezweifelt werden, dass sich entlang zufälliger geografischer Grenzen der Besatzungszonen mit einem Schlag Befreite und Unterlegene, Nazis und Widerständler, Anhänger und Zweifler voneinander trennten. Mittäterschaft ist auch in der DDR nicht wirklich ehrlich, offen und offensiv diskutiert worden.
Dabei sprechen die Zeugnisse über die letzten Monate des Krieges eine klare Sprache. Der Vernichtungskrieg hatte in seiner Endphase nichts von seinem Schrecken und seinem Fanatismus verloren. Die Befreiung war ein blutiger, ein verbissener und ein elender Kampf. Allein die Schlacht um Berlin kostete damals Hunderttausende Rotarmisten das Leben.
Auch der Justizapparat arbeitete auf Hochtouren. Ob Deserteure, Zweifler oder politisch Widerständige - die Gegner der Nationalsozialisten sollten mit dem Regime gemeinsam untergehen. Nur vier Wochen vor Kriegsende wurden Georg Elser und Friedrich Bonhoeffer nach jahrelanger Haftzeit hin
gerichtet. Todesurteile gegen die Verschwörer des 20. Juli 1944 wurden noch in den letzten Apriltagen vollstreckt. Mehr als 1 000 Häftlinge wurden auf dem Todesmarsch bei Gardelegen von der SS in die Scheune in Isenschnibbe getrieben. Sie verbluten, sie erstickten und sie verbrannten - 24 Stunden, bevor die Amerikaner Gardelegen befreiten.
Der Krieg, den die Deutschen entfesselt hatten, sprengte die Grenzen jeglicher Vorstellung. Er war von Anfang an verbunden mit der Vernichtung europäischer Jüdinnen und Juden, der Roma, der Sinti. Er zielte ab auf die Vernichtung der Slawen. Politisch und weltanschaulich Andersdenkende sollten ausgeschaltet werden - Kommunistinnen und Kommunisten, Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die Christinnen und Christen, insbesondere die der bekennenden Kirche.
Mehr als 18 Millionen Deutsche waren unter Waffen, mehr als sieben Millionen waren Mitglied der NSDAP. Bevor Auschwitz errichtet wurde, waren bereits Hunderttausende Männer, Frauen und Kinder durch die Einsatzgruppen hinter der Ostfront ertränkt, erschlagen oder erschossen worden.
Aber all diese Verbrechen konnten nicht nur von einer Handvoll Männern verübt worden sein. So treu, wie viele zu ihrem Führer standen, genauso schnell trug Hitler mit dem Ende des Krieges die Hauptverantwortung.
Nach dem, was wir heute über den Holocaust und über die Verbrechen des Zweiten Weltkrieges wissen, wird klar: Die Massenvernichtung ging einher mit Massenbeteiligung. Es war die Beteiligung der vielen. In dieser Beziehung gab es in der Tat viel zu vergessen. Zuerst gab es nur Hitler und seine Clique. Das spiegelt sich bis heute in gewisser Weise in dem Begriff „Hitler-Faschismus“ wider. Die Täter galten als Schläger und Sadisten, also als Personen, die außerhalb der Kulturnation gedacht werden konnten, mit denen man nichts zu tun hatte oder haben wollte.
Erst mit dem Eichmann-Prozess entstand das Bild vom Bürokraten und vom Apparat, der willfährig Befehle vollzog. Erst die Täterforschung seit den 90er-Jahren zeigt, wie unterschiedlich die Beteiligten, wie verschieden die mutmaßlichen Motive waren und wie unhaltbar die Trennung zwischen Schreibtischtätern, Schlägern und Sadisten oftmals ist. Rassenwahn und Überzeugung, Verrohung, Mordlust, Konkurrenz und Bereicherung - die Motive für Morde sind mannigfach.
Meine Damen und Herren! Die Mitte der Gesellschaft ist das Spannende, wenn man sich fragt, was diesen Zivilisationsbruch ermöglicht hat.
Umso mehr stellt sich immer wieder die Frage, weshalb es lediglich die Ränder der Gesellschaft sein sollten, die die Demokratie bedrohen, und weshalb ausgerechnet die Mitte gegen Unmenschliches immun sein soll. Pegida und Co. mit ihren rassistischen Ausfällen kommen aus der Mitte der Gesellschaft. Mit dieser Ambivalenz müssen wir umgehen. Die Mitte kann Menschlichkeit und Gerechtigkeit infrage stellen; dem muss aus der Mitte der Gesellschaft entgegengetreten werden.
Meine Damen und Herren! In diesen Wochen finden aus Anlass des 70. Jahrestages die Feiern zu den Befreiungen der Konzentrations- und Vernichtungslager besondere Beachtung. Die Überlebenden erinnern sich an ihre Verzweiflung, an ihre Verlorenheit, an die letzten Blicke zu ihren Eltern.
Neben der Erinnerung an tobende SS-Chargen und an die Allgegenwärtigkeit des Todes wiederholt sich immer ein Wort: Erniedrigung. Mit der Erniedrigung fing die Ausgrenzung von Menschen an, mit dem Herausdefinieren aus der Gemeinschaft, mit einer gesetzlich festgelegten und amtlich bestätigten Minderwertigkeit. Wer einmal die Bilder gesehen hat, die Jüdinnen und Juden kniend beim Putzen des Gehsteiges einer belebten Innenstadt zeigen, umringt von Schaulustigen und von Hetzern, der vergisst das nicht. Diese Bilder sind es, die uns die Frage stellen: Wo fing es an, wo fängt es an?