Protokoll der Sitzung vom 05.06.2015

(Zustimmung von Frau Budde, SPD, und von Herrn Harms, CDU)

Das ist eine ganz große schwarze Null. Da kann der Landesrechnungshof vielleicht sagen: Kaufmännisch kann man das anders rechnen. Aber wenn man das hineingegebene Geld und das, was man herausbekommen hat, betrachtet, ist die Differenz positiv, nämlich 1,2 Millionen €.

Und außerdem: Allein in den Unternehmen der Hübners, von denen wir uns getrennt haben, sind mehr als 700 Menschen beschäftigt. Bei der gesamten Schlossgruppe sind weit mehr als 1 000 Menschen beschäftigt. Sie können also nicht sagen, dass das alles falsch war. Vielleicht ist nicht immer - darin gebe ich Ihnen Recht - alles so gemacht worden, wie es die Vorschriften vorsahen. Deshalb haben wir inzwischen auch Konsequenzen gezogen.

Als im Sommer 2013 das „Handelsblatt“ bei uns anfragte, was mit Herrn von der Osten ist, ob er sich privat beteiligt hat, haben wir sofort die Konsequenzen gezogen und die Trennung von Herrn von der Osten eingeleitet. Das war nicht ganz so leicht, wie ich es mir vorgestellt habe, weil die Verträge sehr kompliziert sind, aber wir haben uns inzwischen von ihm getrennt. Wir haben neu ausgeschrieben. Am 1. Juli 2015 wird eine neue Managementgesellschaft die IBG führen; dann können wir weiter darüber diskutieren.

Zum Versagen. Allein der Aufsichtsrat der IBG hat im Jahr 2014 sämtliche internen Prozessabläufe und Kontrollmechanismen in der IBG intensiv durchleuchtet und Verbesserungsvorschläge erarbeitet.

(Frau Tiedge, DIE LINKE: Das hätte er vor- her machen sollen! - Zuruf von Herrn Strie- gel, GRÜNE)

- Wissen Sie, der Pathologe ist der schlaueste Arzt.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der SPD - Herr Gallert, DIE LINKE: Der Auf- sichtsrat war leider erst der Pathologe!)

Allein der Aufsichtsrat hat im letzten Jahr intensiv sämtliche internen Prozesse - - Wissen Sie, hinterher kann man immer sagen, dass alles hätte anders sein müssen. Das weiß ich auch. Es ist natürlich etwas ganz anderes, wenn ich Zeit habe,

etwas prüfen kann und dann sage: Menschenskinder, vor zehn Jahren hättet ihr aber anders entscheiden können. Das weiß ich auch. Aber glauben Sie mir, wenn der Pathologe entsprechende Entscheidungen trifft, dann ist es sowieso zu spät.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der SPD - Unruhe)

Wir haben im Aufsichtsrat vorübergehend einen sechsmonatigen Stopp

(Zuruf von Frau Tiedge, DIE LINKE)

- ich komme noch zu den Prüfungen - für das neue Geschäft ausgesprochen. Diese Zeit wurde genutzt, um Prozessketten zu verbessern, zu standardisieren. Dabei kam es dem Aufsichtsrat beispielsweise darauf an, dass die Grundsatzkriterien - kleine und mittlere Unternehmen, Vorhaben in Sachsen-Anhalt, kein Unternehmen in Schwierigkeiten - nicht nur beim Eingehen der Beteiligung, sondern während der gesamten Beteiligung geprüft werden und auch entsprechend dokumentiert werden. Des Weiteren hat der Aufsichtsrat die Musterverträge für Beteiligungen überarbeiten lassen, damit für den Fall, dass ein Beteiligungsunternehmen ein Grundsatzkriterium nicht oder nicht mehr erfüllt, Sanktionsmöglichkeiten wie Vetorecht, Kündigungsrechte usw. verankert werden.

Erst nachdem eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die verbesserten Prozessabläufe und Kontrollmechanismen überprüft hat und grünes Licht gegeben hat, ist das neue Geschäft Ende 2014 wieder aufgenommen worden. Gleichzeitig haben wir natürlich durch entsprechende Anwaltskanzleien ständig prüfen lassen, ob es Pflichtverletzungen der früheren Managementgesellschaften um Herrn von der Osten gegeben hat und ob gegebenenfalls Schadensersatzansprüche bestehen oder durchgesetzt werden müssen.

Auch den Entwurf der Prüfungsmitteilung des Landesrechnungshofes haben wir Anfang des Jahres bereits zum Anlass genommen, wichtige Anregungen und Hinweise des Landesrechnungshofes umgehend in die Tat umzusetzen. Das war ein Entwurf. Dies ist auch ein Entwurf. Das sind die Prüfungsmitteilungen, die mir am letzten Montag mit der Post zugegangen sind. Jedenfalls habe ich sie am Montag auf meinem Schreibtisch gefunden. Daraus stand: Vertraulich - persönlich!

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Am nächsten Tag konnte ich das meiste zusammengefasst in der Zeitung lesen, was mir die Arbeit sehr erleichtert.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Haben Sie sie an den Ministerpräsidenten weitergeleitet? - La- chen bei der CDU und bei der SPD)

- Nein, an den Ministerpräsidenten habe ich es nicht weitergeleitet, weil darin steht, ich soll binnen

drei Monaten dazu Stellung nehmen. Es ist, glaube ich, nicht üblich, dass ein Minister solche Unterlagen an die Staatskanzlei schickt mit der Bitte um Sachbearbeitung.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Das müssen wir tun.

Ich möchte Ihnen Folgendes sagen: Auf diesen 112 Seiten plus Anlagen sind ab der Seite 72 acht Unternehmen als Einzelfälle aufgeführt - acht von 162 Unternehmen. Das entspricht nicht einmal 5 %. Das heißt, 95 % stehen hier überhaupt nicht drin. Da steht zum Beispiel auch Probiodrug, weil es vielleicht nicht zu 100 % den Richtlinien entsprochen hat. Der Rechnungshof schreibt hier, wir sollen die Richtlinie so anpassen, dass die Beteiligung an Probiodrug dann wieder den Richtlinien entspricht. Gut, das kann man hinterher machen.

Ich möchte aber sagen: Probiodrug ist ein Erfolgsmodell. Die sind im letzten Jahr mit einer Kapitalerhöhung an die Börse gegangen und haben in Amsterdam von privaten Leuten immerhin Mittel in Höhe von 22,5 Millionen € eingesammelt, von Leuten, die in dieses Unternehmen Vertrauen haben. Dann ist es mir nicht egal - darüber möchte ich mit dem Rechnungshof gern reden - - Das ist ein innovatives Unternehmen. Wenn es diesem Unternehmen gelingt, ein Medikament gegen Alzheimer zu finden, dann ist unsere Beteiligung von einem Tag auf den anderen Milliarden wert

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Nun zu dem Vorwurf des angeblichen kollektiven Versagens. Wenn ein Verkehrsunfall passiert, hat jemand versagt. Das ist klar.

(Herr Striegel, GRÜNE: Die Landesregie- rung!)

Aber dieser Vorwurf erweckt den Eindruck, dass die IBG in den letzten Jahren nicht oder nicht sorgfältig geprüft worden sei. Das ist aber falsch. Die IBG und auch die Beteiligungen der IBG sind in den letzten Jahren natürlich regelmäßig von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften im Rahmen des Jahresabschlussberichtes geprüft worden, sind vom Landesrechnungshof mehrfach geprüft worden, der keinerlei Beanstandungen hatte bzw. Beanstandungen, die abgestellt worden sind.

Sie sind von der europäischen Prüfbehörde geprüft worden; diese hat Deloitte & Touche beauftragt. Ich darf das Ergebnis vorlesen. In den Mitteilungen steht: Ergebnis der Prüfung war, dass das Gesamtsystem IBG in die Kategorie II - Funktionsfähigkeit vorhanden - eingestuft wurde. Die Prüfung ergab insbesondere keine Hinweise auf Förderung von Nicht-KMU, Unternehmen in Schwierigkeiten oder Unternehmen ohne Betriebsstätte in Sachsen-Anhalt. Es wurden einige wenige Hand

lungsempfehlungen gegeben. Und weiter steht darin: Im Jahr 2012 fand eine Folgeprüfung statt, die ebenfalls keine Beanstandung ergeben hat. Es wurde vielmehr festgestellt, dass die Handlungsempfehlung aus der Prüfung im Jahr 2012 umgesetzt worden sind.

Die Generaldirektion Regio hat geprüft. Der Europäische Rechnungshof hat geprüft. Es hat im Rahmen von Vor-Ort-Kontrollen - vielleicht nicht häufig genug - Prüfungen der zwischengeschalteten Stelle und der europäischen Verwaltungsbehörde gegeben.

Es kommt also nicht darauf an, wie häufig man prüft, sondern dass man genau prüft. Das werden wir in Zukunft auch tun. Aber wir können insgesamt sagen: Die IBG ist mit ihren Beteiligungen eine absolute Erfolgsgeschichte. Darüber sollte man in diesem Land reden, und nicht darüber, ob in acht Fällen oder in fünf Fällen oder in wie vielen Fällen die Richtlinien nicht zu 100 % eingehalten wurden. Jedes Mal, wenn wir sie nicht richtig einhalten, ist das ein Mal zu viel, das gebe ich zu. Aber 95 % stehen in diesem Bericht gar nicht drin und über diese 95 % und über diesen Erfolg sollten wir reden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Herr Minister, es gibt drei Nachfragen von den Abgeordneten Kollege Weihrich, Kollege Gallert und Kollegin Tiedge. Bevor der erste Fragesteller zu Wort kommt, können wir Gäste in unserem Hause willkommen heißen, nämlich Schülerinnen und Schüler des Hegel-Gymnasiums in Magdeburg. Herzlichen willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Sehr geehrter Herr Minister Möllring, Sie haben einen schönen Vergleich gebracht, den Vergleich mit dem Pathologen, der letztlich an der Leiche arbeitet. Insofern fand ich diesen Vergleich ganz passend für die IBG.

(Herr Schröder, CDU: Sie haben den Ver- gleich nicht verstanden! - Weitere Zurufe von der CDU)

- Lassen Sie mich ausreden, dann können Sie Ihre Fragen stellen. - Hier geht es darum, noch einmal nachzufragen: Wie erklären Sie denn, dass es zu diesen Verfehlungen gekommen ist, die der Landesrechnungshof festgestellt hat? Es gab doch in der Vergangenheit massive Verfehlungen bei der Kontrolle der Mittel, die ausgegeben wurden. Sie haben in ein paar Sätzen gesagt, wie darauf reagiert wird. Aber für die Vergangenheit muss doch klargestellt werden, dass mehr getan werden muss, um für die Zukunft solche Dinge auszu

schließen. Das, was sie jetzt für die Zukunft dargelegt haben, ist nicht ausreichend.

(Zuruf von der CDU)

Meine erste Frage ist: Was tun Sie, um das zu verbessern?

Die zweite Frage, die sich mir im Hinblick auf die Haftung und aus meiner Sicht letztlich auch mit Blick auf den Aufsichtsrat stellt: Was ist, wenn die EU tatsächlich dazu kommt, Mittel zurückzufordern? Dazu würde ich auch gern eine Stellungnahme von Ihnen haben wollen.

Erst einmal gibt es im Moment noch gar keinen Anlass zu glauben, dass die EU Mittel zurückfordert, weil auch in der IBG Mittelrückflüsse zu verzeichnen sind. Diese Rückflüsse sind nach herrschender Ansicht - jedenfalls bisher; das ist von der EU auch immer so anerkannt worden - originäre Landesmittel, sodass sie, wenn wir sie eventuell fälschlicherweise verausgabt hätten, nicht von der EU zurückgefordert werden können; vielmehr wären das dann Landesmittel gewesen.

Zweitens habe ich gesagt, dass wir die Prozessabläufe verbessert haben und dass wir uns das auch von einer Wirtschaftsfördergesellschaft haben bescheinigen lassen.

Zudem werden wir mit dem Landesrechnungshof darüber reden - ich habe das Beispiel Probiodrug genannt -, dass man eben sagt: Ändert eure Grundsätze, eure Richtlinien! Dann ist Probiodrug in Ordnung, weil sie eben Forschung und Entwicklung betreiben und weil sie im Moment noch nichts produzieren, was sie verkaufen können, sondern im Moment nur Kosten produzieren.

Aber wie gesagt, die Entwicklung eines Medikaments dauert eben zehn, 20 Jahre. Dann muss man eben auch einmal eine Zeitlang investieren.

Wir haben diese Forscher in Halle, die das offensichtlich können. Wenn Privatleute in Amsterdam 22,5 Millionen € auf den Tisch legen, dann habe die sich vorher mit dieser Firma beschäftigt und vertrauen offensichtlich dieser Firma. Deshalb werden wir mit dem Rechnungshof darüber sprechen müssen.

Ich will auch etwas zu K57 und der Hübner-Gruppe sagen. Das hat sicherlich nicht 100-prozentig den Grundsätzen entsprochen. Es wäre vielleicht besser gewesen, damals vor den Ausschuss zu gehen und zu sagen: Passt auf, wir haben hier zwei Möglichkeiten: Entweder wir tun gar nichts - dann ist das Geld weg und dann sind die Arbeitsplätze weg - oder wir treten noch einmal mit Geld an und helfen dieser Gruppe, erhalten die Arbeitsplätze und sichern uns das Geld so gut wie möglich.

Dass dieser Weg Erfolg gehabt hat, habe ich gesagt, weil wir im November des letzten Jahres 1,2 Millionen € mehr bekommen haben, als wir eingezahlt haben. Also ist hier gar nicht von Leichen die Rede. Sondern das ist einfach nur das Sprichwort, dass man hinterher immer alles besser weiß und dass es einfach ist, nach zehn oder fünf Jahren jemandem zu sagen, wie man es hätte besser machen können.

Nur, das möchte ich eben nicht. Vielmehr möchte ich sagen, wie wir es in Zukunft machen. Dafür haben wir neue Richtlinien aufstellt. Diese sind von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft und für gut befunden worden. In fünf Jahren wird eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft kommen und sagen: Das hättet ihr vor fünf Jahren noch besser machen können. Aber dann sagen Sie es uns bitte und kritisieren nicht die letzten 20 Jahre. Sagen Sie uns, was wir in den nächsten fünf Jahren besser machen wollen. Wenn Sie gute Idee haben, dann werden wir sie umsetzen.