Protokoll der Sitzung vom 05.06.2015

Nur, das möchte ich eben nicht. Vielmehr möchte ich sagen, wie wir es in Zukunft machen. Dafür haben wir neue Richtlinien aufstellt. Diese sind von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft und für gut befunden worden. In fünf Jahren wird eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft kommen und sagen: Das hättet ihr vor fünf Jahren noch besser machen können. Aber dann sagen Sie es uns bitte und kritisieren nicht die letzten 20 Jahre. Sagen Sie uns, was wir in den nächsten fünf Jahren besser machen wollen. Wenn Sie gute Idee haben, dann werden wir sie umsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Kollege Gallert.

Herr Möllring, wissen Sie, das zentrale Problem sowohl bei Ihrer Darstellung als bei der des Ministerpräsidenten ist, dass man sagt: Es ist einmal etwas gut gegangen - weniger als in anderen Ländern; die Statistiken kennen wir alle - und das Risikokapital an sich geht eigentlich auch, und weil einmal etwas gut gegangen ist, sind wir nicht bereit, darüber zu diskutieren, wo es massive Regelverstöße gegeben hat und wo es massive Fehler gegeben hat. Dazu sage ich, das ist klar die Differenz in unserer Positionierung.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Sie entschuldigen die Regelverstöße mit den Fällen, in denen es gut gegangen ist.

(Herr Schröder, CDU: Das haben wir nicht gemacht!)

Herr Möllring, wir kennen solche Rechnungen wie zum Beispiel bei der Hübner-Gruppe mit den 1,2 Millionen € oder wie bei Q-Cells genau. Berechnen wir doch bitte einmal alle anderen öffentlichen Mittel, die ebenfalls als Zuschüsse in die Unternehmen geflossen sind. Dann machen wir einmal einen Strich drunter und dann kommen wir zu einer ehrlichen Bilanz. Die ist rot, nicht schwarz.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Ich wusste bisher nicht, dass Sie rot so schlimm finden.

Bei der Bilanz schon.

Gut, dann sind wir uns darin einig. - Ich versuche gar nicht zu vertuschen. Als ich damals davon gehört habe, dass Herr von der Osten sich daran beteiligt hat, habe ich sofort darauf gedrungen, sich von ihm zu trennen. Nur, ich musste es vorher wissen.

Herr von der Osten hatte uns das nicht offenbart. Man hätte darüber ganz anders sprechen können, dass man sagt: Wenn einer auch mit eigenem Kapital antritt, dann kann das auch vertrauensbildend sein. Also kann man offen darüber sprechen. Wenn er sagt, ich vertraue meiner Empfehlung so, dass ich auch eigenes Kapital einbringe, dann kann man auch sagen, das ist positiv. Aber das war nicht zugelassen. Er hat es trotzdem gemacht. Das ist ein Vertrauensmissbrauch. Also muss man streichen.

Ich habe gesagt, wir haben acht Fälle, von denen ich einen noch nicht zugestehe. Das ist Probiodrug. Über den Fall will ich mit dem Landesrechnungshof streiten.

Dann kann man natürlich hinterher darüber diskutieren, ob die Worte 100-prozentig eingehalten worden sind. Aber das ist eine politische Entscheidung.

Dass Risikokapital eben das Wort „Risiko“ in sich trägt und Risiken schlagend werden können, ist klar. Deshalb kostet das auch 13 % Entgelt. Wenn es kein Risiko wäre, dann würde doch die Sparkasse hingehen und 3 oder 4 % verlangen. Aber die Sparkasse ist nicht bereit, dieses Geld zu geben.

Daher hat sich dieses Land vor 19 oder 20 Jahren entschieden, einen entsprechenden Risikokapitalfonds aufzumachen, nämlich die IBG. Damit haben wir ganz schöne Erfolge. Wir haben natürlich auch Misserfolge, wie es bei Risikokapital eben sein kann.

Q-Cells hat heute immerhin noch 450 Mitarbeiter. Das sind hoch qualifizierte und damit gut bezahlte Arbeitsplätze. Daher kann ich nicht sehen, dass das von vornherein ein Flop war.

Wir hatten, glaube ich, noch eine dritte Wortmeldung.

Die nächste Fragestellerin ist die Kollegin Tiedge. Dann hat sich noch Herr Wagner gemeldet.

Herr Minister, zunächst eine Zwischenintervention und dann eine Frage.

Sie haben den Vergleich mit dem Pathologen bemüht. Darin muss ich Ihnen widersprechen. Den überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit verbringt ein Pathologe damit, Untersuchungen an lebenden Patienten durchzuführen und nicht an Toten.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Das heißt im Umkehrschluss, dass der Aufsichtsrat sehr wohl die ganzen Jahre hätte untersuchen müssen und nicht erst im Jahr 2014.

(Oh! bei der CDU)

Meine Frage. Es ist nicht meine Lieblingsfrage aus dem Untersuchungsausschuss - keine Angst -; darauf bekomme ich sowieso keine richtige Antwort. Vielmehr lautet meine Frage: Wie viele der von Ihnen genannten Unternehmen sind zwischenzeitlich in Insolvenz gegangen?

Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil wir Unternehmen, an denen wir nicht mehr beteiligt sind, nicht mehr erfassen.

(Zuruf von Frau Tiedge, DIE LINKE)

Es folgt der Kollege Wagner.

Danke schön, Herr Präsident. - Herr Minister, ich hoffe, ich habe Sie richtig verstanden, dass Sie einen Teil Ihrer Rede auch dafür verwendet haben, das Instrument des Venture Capital grundsätzlich zu verteidigen.

Ich frage Sie dazu: Kennen Sie Personen im Land, vielleicht sogar hier im Raum, die sich grundsätzlich gegen das Instrument Venture Capital, gegebenenfalls auch unter der Maßgabe öffentlicher Beteiligungen, ausgesprochen haben?

(Zuruf: Da gibt es in jeder Fraktion jede Menge! - Weitere Zurufe)

Ich habe in meiner Rede deutlich gemacht, dass ich das für erforderlich halte. Offensichtlich hat

eine Mehrheit in diesem Hause das vor 19 Jahren auch für erforderlich gehalten, als dieses Instrument geschaffen worden ist. Dass es immer Menschen gibt, die sagen, das ist falsch, ist die Lebenserfahrung. Aber ich kann Ihnen die jetzt nicht namentlich benennen.

Aber Sie glauben, dass es Leute gibt, die diese Meinung haben?

Ich bin davon überzeugt, bei jeder politischen Entscheidung, die getroffen wird, gibt es immer jemanden, der diese für falsch hält.

Auch hier?

Möglicherweise auch hier im Landtag, möglicherweise auch vor 19 Jahren. Ich weiß es nicht.

(Herr Wagner, DIE LINKE: Okay!)

Danke schön. Weitere Fragen sehen wir nicht. - Dann fahren wir in der Aussprache zur Aktuellen Debatte fort. Es spricht nun für die Fraktion der SPD Herr Abgeordneter Erben.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will den Antragstellern für die heutige Aktuelle Debatte und auch dem Landesrechnungshof in der Wortwahl gar nicht widersprechen. Kollektives Versagen ist wahrscheinlich eine durchaus zulässige Bewertung, wenn man bedenkt, dass all die Gremienberatung wie Beteiligungsausschuss, Aufsichtsratssitzung und Prüfung, aber auch die Prüfung des Landesrechnungshofes und von EU-Behörden, nicht die Ereignisse verhindert haben, auf die der jetzt eingetretene Vertrauensverlust gegenüber der IBG zurückzuführen ist.

(Zuruf: Es geht schon noch um die Grunds- ätze!)

Man darf an der Stelle aber auch nicht vergessen, dass die Ursache der Misere nicht die mangelnde Kontrolle, sondern das Fehlverhalten eines Einzelnen, nämlich des früheren Geschäftsführers und späteren Chefs von GoodVent Herrn von der Osten war.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Zu- ruf: Jawohl!)

Das ist die eigentliche Ursache.

(Unruhe)

Ich glaube, das geriet in den letzten Wochen etwas aus dem Fokus. Wir reden eigentlich nur noch über mangelnde Kontrolle und über Kontrollversagen. Das Fehlverhalten des Herrn von der Osten, ob es nun strafrechtlich relevant ist oder nicht, gerät in der öffentlichen Debatte, vor allem auch in dem, was Opposition und teilweise auch der Rechnungshof dazu sagen, doch etwas aus dem Fokus.

(Herr Meister, GRÜNE: Wieso war das denn möglich? - Unruhe)

Im Kern geht es bei der öffentlichen Risikokapitalbeteiligung darum, dass der Staat im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung Start-ups und anderen Unternehmen unter den Arm greift, die aufgrund einer noch sehr jungen Unternehmensgeschichte, aufgrund innovativer und noch nicht etablierter technologischer Ansätze oder aufgrund kreativer neuer Geschäftsmodelle am Markt noch nicht genug Vertrauen haben und erst einmal Kapital gewinnen müssen.

Dabei liegt es meines Erachtens auf der Hand, dass dieses Engagement im staatlichen Auftrag zumindest belastet wird, wenn die Risikokapitalgesellschaft durch das Verhalten ihrer Geschäftsführung selbst Vertrauen verspielt und die staatliche Aufsicht nicht so funktioniert hat, wie sie hätte funktionieren sollen.

Das sind genug Gründe, um die Arbeit des 14. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses sorgfältig zu Ende zu führen und den gesamten Untersuchungsauftrag abzuarbeiten.