Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren und zur Verbesserung der Verteidigung im Hochwasserschutz
Einbringer ist der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Herr Dr. Aeikens. Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute zur Einbringung eines Gesetzentwurfes zur Beschleunigung von Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren und zur Verbesserung der Verteidigung im Hochwasserschutz kommen.
Uns allen ist noch das Hochwasser im Juni 2013 mit seinen verheerenden Folgen und seiner immensen Schadensbilanz präsent. Seit 2002 haben wir Hochwasserschäden in der Größenordnung von ca. 5 Milliarden € zu verzeichnen.
Sie wissen, wir arbeiten engagiert daran, den Hochwasserschutz in Sachsen-Anhalt zu verbessern. Inzwischen entsprechen mehr als 55 % unserer Deiche den DIN-Normen. Wir arbeiten an der Zurverfügungstellung von Retentionsräumen und Poldern. Bis Ende dieses Jahres werden wir Entscheidungsvorschläge dazu unterbreiten, wo wir zusätzliche Retentionsflächen schaffen wollen. Der eingeschlagene Weg ist richtig.
Aber wir wünschen uns schnellere Maßnahmen, um den Hochwasserschutz zügiger verbessern zu können. Der landespolitische Spielraum - das müssen wir an dieser Stelle auch sehen - ist begrenzt, aber die Landesregierung ist gewillt, diesen Spielraum zu nutzen, und unterbreitet aus diesem Grunde den heute vorliegenden Gesetzentwurf. Er beinhaltet Regelungen, die den präventiven Hochwasserschutz weiter verbessern. Hierzu zählt zunächst die Verkürzung von Verfahrensdauern bei Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren.
Dabei sollen natürlich die notwendigen Beteiligungsrechte und insbesondere die naturschutzfachlichen Voraussetzungen beachtet werden.
Zwar entspricht unsere Verfahrensdauer durchaus dem Bundesdurchschnitt. Aber eine Verkürzung der Verfahrensdauer - ich glaube, darin stimmen mir alle zu - bedeutet schnelleren Hochwasserschutz. Den Bürgerinnen und Bürgern, die von Hochwassergefahren bedroht sind, möchten wir nicht länger unnötig lange Verfahren zumuten.
Erstens. Eine Verfahrensbeschleunigung soll dadurch erreicht werden, dass DIN-gerechte Sanierungsmaßnahmen an Deichen auf der vorhandenen Trasse, auch wenn sich der Trassenverlauf nur geringfügig ändert, keiner Planfeststellung und Plangenehmigung bedürfen.
Zweitens. Künftig sollen bereits im Planfeststellungsverfahren für Flutungspolder Regelungen für den Ausgleich der Flächeninanspruchnahme getroffen werden.
Drittens. Der Gesetzentwurf sieht mit einer vorzeitigen Besitzeinweisung oder Veränderungssperre eine Anpassung der Rechtslage beispielsweise an das Straßenbaurecht vor. Das oberste Ziel bleibt natürlich eine einvernehmliche Lösung mit den bisherigen Flächeneigentümern.
Viertens. Flankiert werden sollen die Regelungen durch eine engere Verzahnung der Zusammenarbeit der Wasser- und Feuerwehren.
Fünftens. Wir wollen erleichterte Möglichkeiten zur Ableitung von Oberflächen- und Drainagewasser in der kommunalen Kanalisation schaffen.
Sechstens haben wir eine Optionsmöglichkeit zur Verlängerung der Geltungsdauer von Planfeststellungs- und Plangenehmigungsbeschlüssen aufgenommen.
Zudem, meine Damen und Herren, wird mit dem Gesetzentwurf eine Vorgabe des Landesverfassungsgerichtes zur Anpassung der Umlage von Gewässerunterhaltungskosten umgesetzt, wonach auch die entstehenden Verwaltungskosten umlagefähig sein müssen.
Neben die vorgesehenen Änderungen im Wassergesetz tritt eine korrespondierende Regelung im Naturschutzgesetz des Landes. Das Talsperrenbetriebsgesetz soll darüber hinaus eine Anpassung zum Zweck einer besseren Bewirtschaftung von hochwasserschutzrelevanten Wasserspeicheran
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sachsen-Anhalt hat seit der Flut 2002 im Hochwasserschutz viel geleistet. Ich bin dem Landeshochwasserbetrieb sowie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre engagierte Arbeit außerordentlich dankbar. Aber wir wollen mithilfe einer novellierten gesetzlichen Situation unser Tempo weiter steigern und Hochwasserschutz für alle Bürgerinnen
Vielen Dank, Herr Minister. - Es wurde eine Fünfminutendebatte vereinbart. Sie eröffnet der Kollege Lüderitz für die Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, nun ist endlich das mit dem großen und sperrigen Titel zur Verbesserung des Hochwasserschutzes angekündigte Gesetz - wir erinnern uns bestimmt noch an die Debatten, die wir im Jahr 2013 dazu geführt haben - in das parlamentarische Verfahren gegangen. Aber der Titel verspricht mehr, als der Inhalt hergibt.
Man hat in dieses Artikelgesetz vieles hineingepackt, was aus der Sicht des Ministeriums noch zu ändern war und eigentlich gar nicht zur Überschrift passt. Vieles von dem, was man für einen besseren Hochwasserschutz noch im Jahr 2013 vollmundig angekündigt hat, hat man weggelassen. Man hat auch manches so sehr abgespeckt, sodass Verbesserungen im Hochwasserschutz, insbesondere im vorbeugenden Bereich, weiterhin sehr diffus bleiben. Dazu sage ich später noch mehr.
Kritisch muss ich auch anmerken, dass sich die Landesregierung zwei Jahre Zeit genommen hat, um dieses Artikelgesetz vorzulegen. Der Gesetzgeber, der Landtag, hat wenige Wochen Zeit, um über bestimmte Inhalte, die nicht immer einfach sind - der Minister hat es eben schon gesagt -, zu diskutieren.
Aber einig sind wir uns, denke ich, darin, dass noch in dieser Legislaturperiode gerade vor dem Hintergrund des Hochwassers 2013 dazu ein Gesetzespaket beschlossen werden muss. Diesbezüglich haben wir den Betroffenen gegenüber eine Bringepflicht.
Ich mache stichpunktartig einige Anmerkungen zu den Artikeln 1 bis 3 und 5. Auf Artikel 4 möchte ich dann etwas näher eingehen.
In Artikel 1 geht es um die Landesanstalt für Altlastenfreistellung. Die Ausdehnung auf die Wasserkörper halte ich für richtig und überfällig. Ob das aber für unsere LAF so kostenneutral verläuft, bin ich eher skeptisch. Wenn ich allein an die Problematik Staßfurt und Bode denke, komme ich zu der Auffassung, dass das nicht zum Nulltarif zu haben sein wird.
Der Artikel 2 hat neben redaktionellen Anpassungen nichts anderes zum Ziel als eine Aufgabenrochade, um der Personalengpässe beim LHW etwas Herr zu werden. Man schiebt es jetzt in den Talsperrenbetrieb. Wenn wir die Polderflächen so umsetzen, wie wir sie vorgesehen haben, dann wird der Talsperrenbetrieb mit dem jetzigen Personal und den jetzigen Zuschüssen dieses Problem nicht beherrschen.
Artikel 3 enthält die förmliche Anpassung und Artikel 5 fixiert die Änderungen des Wassergesetzes im Naturschutzgesetz.
Ich komme nun zu Artikel 4. Es geht also um die Änderungen im Wassergesetz unseres Landes. Hierin werden erhebliche Veränderungen bzw. Ergänzungen vorgeschlagen, die von meiner Fraktion sehr unterschiedlich bewertet werden. Dass Wasserwehren mit den Feuerwehren identisch sein dürfen, ist gelebte Praxis. Die Anfügung, dass die Feuerwehr dem zustimmen muss, ist nur recht und billig.
Auch die Verordnungsermächtigung, die sich auf das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes bezieht, ist nachvollziehbar.
Aus wasserwirtschaftlicher Sicht ist auch die Einleitungsmöglichkeit in die Mischkanalisation sinnvoll. Sie würde in den betroffenen Regionen eine erhebliche Entlastung mit sich bringen.
Aber den Gemeinden die Regelung der Anschluss- und Benutzungsbedingungen zu übertragen und auf die zwingende Geltung des Kommunalabgabengesetzes zu verweisen, birgt eine Menge Sprengstoff. Dazu bin ich auf die Anhörung der Betroffenen gespannt.
Kommen wir zu § 94. Ich denke, hierzu wird es den meisten Redebedarf geben, so wie es schon in der Anhörung der Landesregierung der Fall war. Hierbei geht es um die Problematik des technischen Hochwasserschutzes, des Trassenverlaufes und um die Eigentumsproblematik.
Hinsichtlich des Vorhabens, Wiederherstellungsmaßnahmen ohne Planfeststellung zu ermöglichen, wenn sich der bisherige Trassenverlauf nicht ändert, bestand eigentlich Konsens. Das wollten wir bereits im Jahr 2013.
Die Einfügung des Wortes „unwesentlich“ halte ich für nicht glücklich. Das führt unweigerlich zu Rechtsstreitigkeiten und damit wiederum zu längeren Verfahren.
Die Streckung der Planfeststellungsbeschlüsse auf fünf Jahre konterkariert die Zielstellung, die Schlagzahl bei Hochwasserschutzvorhaben zu erhöhen. Wir wollten bei der Umsetzung eigentlich schneller werden. Das hat der Minister eben mehrfach betont.
Die Änderungen in § 94 Abs. 3 sind nachvollziehbar. Aber hinsichtlich des neuen Absatzes 3a ist zu erörtern, inwieweit der Haushaltsgesetzgeber betroffen ist. Hierbei geht es um den Bau und die Übernahme von Hochwasserschutzanlagen durch das Land.
Damit komme ich zu den heiß diskutierten §§ 94a und b. Es geht um die vorzeitige Besitzeinweisung und Enteignung. Für mich als Umweltpolitiker ist das nachvollziehbar. Aber inwieweit die Juristen das ebenso sehen, vermag ich hier und heute nicht zu beurteilen. Auch diesbezüglich wird es erheblichen Klärungsbedarf geben.
Das Gleiche trifft auf die Duldung von Ausbau und Unterhaltung zu. Auch das sehe ich durchaus positiv. Aber dass man sich nicht durchgerungen hat, eine generelle Entschädigungspflicht bei der Inanspruchnahme der Polderflächen gesetzlich vorzuschlagen, empfinde ich als einen großen Mangel. Nach der letzten Flut war anderes versprochen worden.
Somit bleibt festzustellen, dass wir das Gesetz nicht nur an den Umweltausschuss überweisen sollten. Es bedarf unseres Erachtens auch einer Mitberatung im Ausschuss für Inneres und Sport, im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie im Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung. Auch eine umfängliche Anhörung ist zwingend erforderlich. Das alles muss möglichst zügig geschehen, ohne dabei auf Gründlichkeit zu verzichten. - Danke.
Vielen Dank. - Für die Fraktion der SPD spricht jetzt der Kollege Bergmann. Bitte, Herr Abgeordneter.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich freue mich, heute noch einmal das Thema Hochwasser und Hochwasserschutz aufgreifen zu dürfen. Es ist jetzt schon mehr als zwei Jahre her, als uns die letzte große Flut im Land erreicht hat.
In gewisser Weise freue ich mich auch darüber, dass man uns nicht die so oft nachgesagte Hochwasserdemenz anhängen kann, sondern dass das Thema noch immer aktuell ist, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass wir das Gesetz etwas schneller vorgelegt bekommen hätten, Herr Minister, weil wir beschleunigen wollten. Aber wir schaffen das noch in dieser Legislaturperiode. Darin bin ich mir sicher.