Keine Frage, die interkommunale Zusammenarbeit ist ein wichtiger Baustein für den Erhalt und den Ausbau der Leistungsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung. Sie kann den Kommunen dabei helfen, die Folgen des demografischen Wandels besser zu bewältigen, und bietet damit insbesondere eine Chance für den ländlichen Raum.
Denn wir alle wollen, dass die durch die Gemeindegebietsreform entstandenen leistungsfähigeren Verwaltungseinheiten Ansprechpartner vor Ort sind, also die Aufgaben bürgerfreundlich und so weit wie möglich ortsnah und wirtschaftlich erledigen.
Durch eine erhöhte interkommunale Zusammenarbeit können strukturelle Probleme erfolgreich gelöst und effiziente Strukturen für die Aufgabenerfül
lung geschaffen werden, mithin bürokratische Hemmnisse abgebaut sowie finanzielle und personelle Ressourcen freigesetzt werden.
Für die Umsetzung dieser Koalitionsvereinbarung für die sechste Wahlperiode befindet sich ein Gesetzentwurf der Landesregierung im Mitzeichnungsverfahren der Ministerien. Minister Stahlknecht hat also seine Hausaufgaben gemacht.
Im Kern wird im Entwurf des Ministeriums für Inneres und Sport die Vorschlagsliste der kommunalen Spitzenverbände übernommen und werden Aufgaben von den Landkreisen auf die Gemeindeebene verlagert.
Neben diesen Regelungen enthält der Entwurf Vorschriften, mit denen die Kommunen von kostenintensiven Standards entlastet werden sollen. Dass dieses Mitzeichnungsverfahren nicht abgeschlossen und die Einbringung in den Landtag bisher nicht erfolgt ist, deutet auf das schwierige Abstimmungsverfahren innerhalb der Landesregierung unter den beteiligten Ministerien hin.
Durch die sehr intensive Ausschussbefassung wissen wir, dass die ressortübergreifende Willensbildung der Landesregierung in dieser Wahlperiode auch nicht mehr abgeschlossen sein wird. Vor allem die Aufgabenverlagerung bedarf eines langwierigen Abstimmungsprozesses. Das ist bis dato noch in keinem Bundesland einfach gewesen, zumal wir hier in einem für die Gebietskörperschaften wesentlichen Bereich agieren. Besonders schwierig sind die verfassungsrechtlichen Prüfungen zur Konnexität und die Ermittlung der konkreten Kosten hinsichtlich der kostenmäßigen Auswirkung der Aufgabenverlagerung.
Ein Gesetzentwurf kann jedoch erst nach erfolgter Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden hinsichtlich des Mehrbelastungsausgleichs im Landtag beraten werden. Unser Bekenntnis zu einer interkommunalen Funktionalreform, die die orts- und bürgernahe Erledigung von hierfür zweckmäßigen Aufgaben ermöglicht, gilt jedoch über das Ende der sechsten Wahlperiode hinaus.
In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte ich um Ihre Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport. - Vielen Dank.
Danke schön. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Herr Kollege Meister. Bitte, Herr Abgeordneter.
Details beim Thema „interkommunale Funktionalreform“ sind wir uns zumindest insoweit einig, dass es eine solche Reform geben sollte. Kontrovers wird es, wenn es um die konkrete Ausgestaltung geht.
Bis zu diesem Punkt sind wir in dieser Legislaturperiode jedoch leider gar nicht erst gekommen. Seit Herbst 2013 ist das nun bereits die dritte Debatte zum Thema. Leider ging es im Kern der Debatten jeweils nicht um die Ausgestaltung der Reform, sondern darum, wann die Landesregierung dem Landtag endlich einen Entwurf vorlegt, den wir beraten können.
In der Debatte am 15. November 2013 kündigte der Minister einen Gesetzentwurf für das erste Quartal 2014 an. Während einer Rede des Kollegen Brachmann leistete Minister Stahlknecht dann per Zwischenruf den eigentlich ultimativen Schwur - das Protokoll weist es aus -, da sagt er: „Das Ding kommt!“ Ein Satz wie in Stein gemeißelt. Drei Wörter, kernig, keine langatmigen Ausführungen, nur im Ergebnis leider unrichtig.
Ich bekenne, in meiner damaligen Rede schwang der Unterton mit: Na ja, Gott, wenn die Landesregierung in vier Monaten den Gesetzentwurf vorlegt, liebe LINKE, warum bedarf es dann noch so eines Antrages der Fraktion? Zumal der Minister damals ganz konkrete Bereiche genannt hatte, die Gegenstand der Diskussion sein sollten. Kollege Grünert war damals schon entschieden misstrauischer. Die Zeit hat Ihnen Recht gegeben.
Denn auch bei der zweiten Debatte zu diesem Thema, am 16. Oktober 2014 - nicht ganz mehr das erste Quartal - blieb das Ding aus, konnte der Minister nicht liefern. Ihm blieb in der Debatte nur der Verweis auf die rechtlichen Prüfungen, die Untersuchungen der kostenmäßigen Auswirkungen und die Abstimmung zwischen den Häusern. Mit einem launigen „Schau’n wir mal!“ war das Thema dann zunächst erledigt.
Das grünertsche Misstrauen hatte dazu dann aber schon um sich gegriffen. Ich selber wagte schon die Prognose, dass es wohl in dieser Legislaturperiode nichts mehr wird, und tatsächlich kommt es so.
Natürlich ist das ein kompliziertes Thema, in das viele Interessen unterschiedlicher Ebenen hineinspielen, die eine Einigung schwierig machen. Das ist klar. Aber das war auch klar. Im Innenausschuss hat Staatssekretär Professor Dr. Gundlach berichtet, es gebe erhebliche Probleme, zwischen den Ressorts einen Konsens zu erreichen. Aber genau diesen Konsens herzustellen und uns etwas vorzulegen, ist die Aufgabe der Landesregierung. Wenn dieses dann über die gesamte Legislatur
Es gab auch Verweise darauf, dass auch im parlamentarischen Raum durchaus unterschiedliche Ansichten vertreten würden. Ja, das soll vorkommen. Letztlich ist es aus meiner Oppositionssicht spekulativ. Mir ist der Gesetzentwurf bis heute nicht bekannt. Deshalb kann ich ihn auch inhaltlich leider nicht bewerten.
Aus Angst vor dem Diskurs den Entwurf gar nicht erst in den Landtag einzubringen ist Ausdruck von Unentschlossenheit und fehlender Handlungsfähigkeit.
Die uns jetzt vorliegende einstimmig verabschiedete Beschlussempfehlung des Innenausschusses ist, gelinge gesagt, ein netter Allgemeinplatz. Da kann man nicht dagegen sein. Wir stimmen zu. Ich kann aber gut verstehen, dass hier gesagt, das ist eigentlich auch eine Enthaltung wert. Einer Lösung bringt uns dieser Allgemeinplatz nicht näher.
Es bleibt nur die Hoffnung auf die nächste Legislaturperiode. Dann sollten neben den Vorschlägen der kommunalen Spitzenverbände auch die Erkenntnisse aus der Enquete-Kommission bei der Erarbeitung eines Gesetzentwurfes berücksichtigt werden. Den einstimmigen Beschluss des Ausschusses werden wir mittragen. - Danke.
Danke schön, Kollege Meister. - Für die SPDFraktion spricht jetzt die Abgeordnete Frau Schindler. Bitte, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorredner haben es ausgeführt: Die Forderung zur interkommunalen Funktionalreform gibt es schon lange. Eigentlich schon seit Beginn dieses Parlamentes gibt es immer wieder die Diskussion, auf welcher Ebene welche Aufgaben richtig und am besten angegliedert sind. Diese Aufgabe der interkommunalen Funktionalreform war immer schon wichtig, aber auch immer schon schwierig.
Ich habe dann so in Gedanken einmal zurückgeblickt, als ich das erste Mal 1990 in die benachbarte Kreisverwaltung nach Helmstedt fuhr, um dort an einem Lehrgang teilzunehmen, und uns die unterschiedlichen Ebenen der kommunalen und auch Landesverwaltung erklärt wurden. Da gab es eine vielleicht ein bisschen ironisch gemeinte Aussage: Warum hat man diese unterschiedlichen Ebenen? - Damit wir uns untereinander gut streiten können. Genau das ist so ein bisschen der Punkt. Ohne es jetzt einfach lax zu sagen, ich nehme das ernst, was diskutiert wird.
Aber die Lösungen auf dem Gebiet sind immer vielfältig, auch wenn wir uns im Innenausschuss - Herr Meister hat es gerade gesagt - oder unter den Kommunalpolitikern durchaus auch einig werden könnten. Aber fragen wir unsere Ressort- und unsere Fachpolitiker, haben wir sofort unterschiedliche Auffassungen.
In der Vergangenheit konnten wir uns noch dahinter verstecken, dass sich auch die kommunalen Spitzenverbände nicht immer einig waren über die Aufgabenübertragung. Es gab Dissens zwischen Landkreistag und Städte- und Gemeindebund. Das wissen wir auch alles. Aber seit dem 10. April 2012 liegt uns der Einigungskatalog vor, mit dem die kommunalen Spitzenverbände dieser Forderung entsprochen und gesagt haben: Das sind die Aufgaben, die wir gemeinsam vereinbart haben.
Das war dann auch der Vorstoß des Innenministers zu sagen: „Ja, auf dieser Basis können wir das tun!“ und einen Referentenentwurf zu entwickeln und diese Vorschläge in Gesetzesform zu kleiden. Es sind insgesamt elf Aufgabenbereiche, untergliedert in einzelne Teilaufgaben. Es sind teilweise einzelne Paragrafen aus dem Straßengesetz aufgelistet, 32 Einzelregelungen.
Ich gestehe, dass ich diesen Gesetzentwurf kenne und auch die Stellungnahmen, die dazu aus den Ressorts, teilweise aufgelistet, gekommen sind. Da wird dann gesagt: Ressortstellungnahme, Annahme, Ablehnung. Es hat insgesamt nur zehn Zustimmungen zu diesen 32, knapp 40, Aufgaben gegeben. Ob man dafür dann einen Gesetzentwurf macht, wo es wirklich nur um kleine Detailregelungen geht, ist fraglich.
Insgesamt müssen wir feststellen, dass wir natürlich durchaus weiterhin diese Aufgabe haben, aber uns der große Wurf noch nicht gelungen ist. Trotzdem bleibt es weiterhin Aufgabe.
Zu dem Beschlussentwurf, der uns in der letzten Innenausschusssitzung vorgelegt worden ist. Wir haben lange über den Punkt 1 diskutiert, auf den wir uns dann einigen konnten. Ich verweise auf den Punkt 2, auch diese Vorschläge der kommunalen Spitzenverbände.
Mein Vorschlag war - mit Blick auf einen wichtigen Punkt aus diesen Vorschlägen der kommunalen Spitzenverbände -, dass wir eine Beschlussfassung über diesen Tagesordnungspunkt vertagen, um eben noch das Verfassungsgerichtsurteil zum KiFöG abzuwarten. Denn ein großer Bestandteil dieses Forderungskatalogs waren das KiFöG und die Frage der Aufgabenübertragung. Weil wir im KiFöG eine andere Regelung getroffen haben, ist dem nicht gefolgt worden. Dieser Antrag ist dann nicht zur Abstimmung gekommen. Deshalb können wir auch dem Punkt 2 nicht zustimmen, weil wir eine andere gesetzliche Regelung getroffen haben.
Hier ist es so, dass wir uns nur auf diesen Punkt 1 verständigen konnten. Vielleicht ist das der Weg, dann doch durch Einzelgesetzgebungen Stück für Stück, nicht durch ein Gesamtgesetz, die Regelungen zu treffen. So wie wir es gestern gehört haben vom MLU, was eine Zuständigkeitsregelung betrifft. Das letzte Mal war es zum Straßenverkehrsrecht, zum Ordnungswidrigkeitsrecht, wo eine Zuständigkeitsregelung verändert wird. Vielleicht ist das der Weg: nicht über ein Gesamtgesetz, sondern in Einzelgesetzgebung.
Also: Es bleibt weiterhin eine Aufgabe, zu der wir uns bekennen. Daher bitte ich um Zustimmung zu der Beschlussvorlage.
Vielen Dank, Kollegin Schindler. - Die Debatte ist damit beendet. Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/4441. Wer stimmt der Beschlussempfehlung des Ausschusses zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das ist niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 21 abgearbeitet. Wir springen in der Tagesordnung wieder nach vorne.
Bericht Enquete-Kommission „Öffentliche Verwaltung konsequent voranbringen - bürgernah und zukunftsfähig gestalten“ - Drs. 6/4331
Frau Gorr, Berichterstatterin der Enquete-Kommission „Öffentliche Verwaltung konsequent voranbringen - bürgernah und zukunftsfähig gestalten“:
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag setzte in seiner 22. Sitzung am 22. März 2012 auf der Grundlage des Artikels 55 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt und gemäß § 17 der Geschäftsordnung des Landtags von Sachsen-Anhalt eine Enquete-Kommission zum Thema „Öffentliche Verwaltung konsequent voranbringen - bürgernah und zukunftsfähig gestalten“ ein.
Unter Abschnitt V des Einsetzungsbeschlusses der Enquete-Kommission in Drs. 6/968 ist bestimmt, dass die Kommission über einen Zeitraum von drei Jahren tätig sein soll und dem Landtag neben einem Abschlussbericht jährlich einen Zwischenbericht vorzulegen hat. Dieser Festlegung nachkommend, legt die Enquete-Kommission fristgemäß ihren Abschlussbericht in der Ihnen vorliegenden Drs. 6/4331 vor.
Aufgabe der Enquete-Kommission war es, dem Landtag auf der Grundlage des Status quo zu ausgewählten Schwerpunkten der öffentlichen Verwaltung Vorschläge zu unterbreiten, wie die Qualität der Verwaltungsdienstleistungen verbessert, die Effektivität und Effizienz der Verwaltungsabläufe gesteigert und mehr Bürgernähe sowie Bürgerorientierung im Verwaltungshandeln erzielt werden können. Um diese Aufgabe zu erfüllen, wurden drei Schwerpunkte festgelegt - -