Protokoll der Sitzung vom 15.10.2015

keiten.

Anhand der abgestimmten Zielvorgabe erarbeitete die Arbeitsgruppe in mehreren Schritten die Linienführung und band diese in eine zeitliche Planung ein. In diesen Überlegungen sind das schulisch Leistbare, auch unter Beachtung zeitlicher, personeller und finanzieller Ressourcen, sowie die Beiträge und Angebote der Partner zu berücksichtigen und darzustellen.

Ein erster Entwurf ist von der Arbeitsgruppe zum Ende des Jahres unter der Federführung des MK avisiert. Dieser wird dann in der Arbeitsgruppe zu diskutieren sein. Sie sehen also das Fazit: Wir haben die Debatte zum Thema Berufs- und Studienorientierung am Gymnasium aufgegriffen und dem Beschlussvorschlag bereits entgegengearbeitet. Insofern bitte ich, ihm zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke, Herr Minister. - Es ist eine Dreiminutendebatte vereinbart worden. Als erste Rednerin spricht Frau Professor Dr. Dalbert für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist natürlich ein schöner Tag für die Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir haben den Antrag eingebracht. Ich freue mich, dass sich unser Antrag in der ganzen Linie durchgesetzt hat. Wir hatten auch eine schöne, sehr konstruktive Anhörung, weil alle an einem Strang gezogen haben. Insofern ist es auch eine gute Beschlussempfehlung geworden.

Ich möchte einen kritischen Punkt aufgreifen. Herr Minister, Sie haben eben mit einem Zungenschlag gesagt, die Orientierung erfolge an den Sekundarschulen. Ich verstehe den Punkt 1 anders und er war auch in der Debatte anders gemeint. Wir haben zwei Änderungen. Zum einen haben wir gesagt, die Berufsorientierung soll in allen Schulen, auch an den Gymnasien, verbindlich sein und sie soll systematisch sein. Denn in der Anhörung ist auch angemerkt worden, dass es große Differenzen zwischen den Schulen gibt. Es gibt Sekundarschulen, die machen das toll, die sind wirklich vorbildlich. Dazu kann man nur sagen, so muss es sein. Bei anderen Schulen ist es anders.

Wir haben in der Debatte sehr deutlich gesagt: Wir wollen auf der Landesebene zumindest den Rahmen schaffen - Unterricht hängt immer von den Personen ab -, damit es nicht vom Zufall abhängig ist, ob das betreffende Kind eine Berufsorientierung bekommt, je nachdem, auf welche Schule es geht. Also: alle Schulen und systematisch.

Ich finde auch, dass unser Antrag durch die Anhörung - das räume ich gern ein - noch an Detailtreue und Spezifik gewonnen hat, die sich in der Beschlussempfehlung wiederfindet, der Hinweis auf die Schulprogramme, der Hinweis darauf, dass sich der Unterricht und die Praktika abwechseln sollen, dass die Aufstiegschancen ein Thema sein sollen. Das habe ich selbst hier in verschiedenen Kontexten immer wieder angemahnt. Das ist hier aufgeführt worden. Das ist eine gute Sache.

Auch dass der Punkt, dass Schülerinnen und Schüler lernen, sich selbst und ihre Potenziale einzuschätzen, aufgenommen wurde, ist eine gute Sache. Zu den Formblättern haben in der Anhörung Vertreter aus der Industrie und dem Unternehmertum gesagt, Papier ist geduldig. Ich glaube, der Gedanke, der dahinter steht, ist gut. Aber ob uns das wirklich weiter bringt, weiß ich nicht.

Insgesamt ist es ein wirklich guter Beschluss. Ich freue mich darüber. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird der Beschlussempfehlung mit großer Freude zustimmen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Frau Kollegin. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Keindorf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der uns vorliegenden Beschlussempfehlung wird ein zentrales Anliegen aus dem CDU-Strategiepapier „Berufliche Bildung“ umgesetzt.

(Zustimmung bei der CDU - Ah! und Oh! bei der LINKEN - Lachen bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Herr Güssau, CDU: End- lich! Das musste einmal gesagt werden!)

Einige Gymnasien in unserem Land gehen bei der Berufsorientierung schon mit gutem Beispiel voran, unter anderem das Südstadtgymnasium in Halle. Unsere Aufgabe ist es jetzt, die flächendeckende Verbindlichkeit für alle Schulformen herzustellen.

Auf zwei Aspekte gehe ich in aller Kürze ein. Erstens. Es muss gelingen, die hohen Quoten der Studienabbrecher an den Hochschulen und Universitäten sowie die hohe Zahl der vorzeitig gelösten Ausbildungsverträge weiter zu senken. Die Gründe dafür sind vielfältig, dazu wurde hier im Plenum schon ausreichend debattiert. Mit einer systematischen Berufs- und Studienorientierung im Gymnasium kann es noch besser gelingen, junge Menschen entsprechend dem regionalen Fachkräftebedarf auf die vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten und beruflichen Aufstiegschancen, die unser Land bereithält, hinzuweisen.

(Unruhe bei der LINKEN)

Schließlich werden in der Wirtschaft auch leistungsstarke Abiturienten mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung benötigt. Ich nenne nur einige Stichworte: Unternehmensnachfolge, Energiewende und Elektromobilität.

Zweitens. Für die CDU-Fraktion ist ebenso klar, dass die Berufsorientierung gerade in den Sekundarschulen weiter verstetigt werden muss. So ist auch Punkt 1 der Beschlussempfehlung zu verstehen. Denn in den Sekundarschulen lernen die qualifizierten Fachkräfte von morgen.

Ich bin davon überzeugt, dass mit der Beschlussempfehlung das Thema Fachkräftesicherung in unserem Land ein weiteres gutes Stück vorangebracht wird. Ich bitte deshalb um Ihre Zustimmung. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Kollege Keindorf. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Frau Görke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn alle verantwortlich zeichnen, dann waren wir es wohl auch.

(Beifall bei der LINKEN)

Der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegte Antrag ist bereits seit einiger Zeit im parlamentarischen Raum. Es herrscht im Grundsatz eine fraktionsübergreifende Einigkeit, wie gerade demonstriert wurde.

Diese Einigkeit ist ganz sicher nicht Ausdruck einer ausufernden Harmonie, sondern es ist ein Reagieren auf die Bedürfnisse einer sich wandelnden Gesellschaft. Dazu gehört auch, dass tradiertes Wissen in seinen Grundfesten erschüttert werden darf. Hier spreche ich von dem alten Ansatz, Abiturienten seien die künftige akademische Elite und die anderen, allgemeinen Schulen das Rückgrat der Wirtschaft, des Handels und des Gewerbes.

Die Durchlässigkeit von Bildungsgängen in der beruflichen Bildung, die wir explizit befürworten, erfordert aber ein Beschreiten anderer Wege und eine Mitnahme aller. Längst endet die duale Ausbildung nicht im Berufsleben, sondern mündet dann in eine akademische Laufbahn. Auch diese Möglichkeiten sollten nachhaltiger in allen Schulformen publiziert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Antragsteller beziehen sich in ihrem Antrag auf den Berufsbildungsbericht 2012. Inzwischen liegt uns auch der Berufsbildungsbericht des Jahres 2014 sowohl in digitaler Form als auch in Hochglanzoptik vor. Glänzend ist hieran allerdings lediglich die Aufmachung. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Insbesondere die Zahl der Ausbildungsabbrüche ist leider auf einem hohen Niveau geblieben, hat sich sogar leicht erhöht.

Sachsen-Anhalt findet sich einmal mehr im RoteLaterne-Bereich wieder. Umso mehr darf es verwundern, dass sich die Berufsorientierungsprojekte „Brafo“ und „Mobi-Kig“ ausdrücklich nicht an die Gymnasien richten. Im Februar 2015 wurde für 9 000 Schülerinnen und Schüler in 25 Losen das Programm „Brafo“, welches sich aus ESF-Mitteln finanziert, auf den Weg gebracht. Nicht einbezogen werden die Gymnasien; ganz im Gegenteil: Bei den Zugangsvoraussetzungen wird explizit darauf hingewiesen, dass nur Schüler ohne gymnasialen Bildungsgang antragsberechtigt sind.

Schauen wir in ein großes Flächenland, nämlich Nordrhein-Westfalen. Dort wurde ESF-gestützt ein Programm aufgelegt, welches genau dem heute zu behandelnden Antrag entspricht, nämlich eine verbindliche Berufs- und Studienorientierung für alle Schülerinnen und Schüler zu etablieren. Das ist innovativ und der richtige Weg,

(Beifall bei der LINKEN)

weg von der Zweiklassenbildung hin zu Möglichkeiten einer echten Bildungsdurchlässigkeit und Chancennutzung. Denn es liegt ebenfalls im Interesse der Gesellschaft, Sekundarschüler auf Möglichkeiten akademischer Bildung aufmerksam zu

machen. Ja, auch eine Berufsorientierung an Gymnasien kann für die Lebensplanung wichtig sein. Sie ist wesentlich bei der Entscheidungsfindung.

Ganz sicher kann es auch passieren, dass ein gymnasialer Schüler sagt: O Gott, in der Fernsehkochshow sah das alles ganz toll aus, aber in der Praxis ist das anders; ich setze mich lieber auf den Hosenboden und studiere doch. Das ist auch richtig und notwendig; denn es verhindert eine verpatzte Karriere. Es hilft, Enttäuschungen zu minimieren, es schont Ressourcen und es eröffnet gute Perspektiven sowohl für die jungen Menschen als auch für die Hochschulen als auch für die Wirtschaft. Es ist einfach ein Stück Lebenswirklichkeit.

Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass es zahlreiche gute Initiativen und zahlreiche Kooperationen zwischen Schulen und der Bundesagentur, den weiterführenden Fach- und Hochschulen sowie Betrieben gibt. Dies alles ist lobenswert und zeigt die Bereitschaft der Akteure. Aber eine generelle Verpflichtung lässt sich daraus nicht ableiten.

Wie uns im Brief des Kultusministeriums versichert wird, ist Lebensläufe schreiben und Bewerbung üben keine gute Berufsorientierung. Ich komme zum Schluss. Unsere Fraktion unterstützt ausdrücklich die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Kultur. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Wanzek.

Frau Präsidentin! Liebe Kollegin Görke! Ganz kurz zwei Dinge: Genau deshalb sind wir dafür, eine systematische Berufs- und Studienorientierung durchzuführen, weil wir Abbrüche verhindern wollen. Zum Berufsbildungsbericht möchte ich aber sagen: Passen Sie bei den Abbrecherzahlen auf.

Das haben wir in der Anhörung gehabt. Es wird nur geschaut, wer seine Ausbildung abgebrochen hat; es wird aber nicht erhoben, ob jemand, der beispielsweise eine Ausbildung als Koch abgebrochen hat, dann vielleicht Schornsteinfeger geworden ist. Die bloße Zahl ist wahrscheinlich zu hoch.

(Zuruf von der CDU: Das ist jetzt aber ein schlechtes Beispiel! - Weitere Zurufe von der CDU)

- Das war nur ein Beispiel. - Die GRÜNEN haben gerade gesagt, es sei gut, dass sie den Antrag eingebracht haben. Ich hatte schon bei der Einbringung damals gesagt, Kollegin Pähle und ich wollten eigentlich in der nächsten Sitzung auch einen Antrag dazu einbringen. Dann hätten wir ihn gleich so detailliert gehabt, dann hätten wir ihn nicht erweitern müssen.

Dieser Beschluss ist ein Fortschritt im Bereich der systematischen Berufs- und Studienorientierung. Ich denke, die Schulen werden sich auf den Weg machen. Wenn dann der Leitfaden für das Gymnasium vorliegt, werden wir uns damit beschäftigen und prüfen, ob er funktioniert. Ich bitte um Zustimmung zur Beschlussempfehlung. - Danke.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir stimmen über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Kultur in der Drs. 6/4431 ab. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit ist der Beschlussempfehlung gefolgt worden. Der Tagesordnungspunkt 32 ist erledigt.

Wir sind am Ende der 98. Sitzung angelangt. Ich berufe die 99. Sitzung des Landtages für morgen, 9 Uhr, ein. Wir beginnen mit der Regierungserklärung. - Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.

Schluss der Sitzung: 19.23 Uhr.