Das sind Fragen, die sich sicherlich auch andere Regionen in der Bundesrepublik stellen. Ja, ich finde, Ehrlichkeit muss zum Geschäft gehören. Realitätssinn und Zuversicht umschreiben, glaube ich, richtig, wie wir handeln müssen.
Ich denke, die genannten Fragen umreißen schon, dass den nicht zu bestreitenden Erfolgen der letzten 25 Jahre - auf die wir zu Recht stolz sind und
von denen wir erzählen müssen, um unser Land nicht, wie es Professor Böhmer sagte, dem Selbstmitleid zu überlassen - aber auch große Baustellen und Herausforderungen in Gegenwart und Zukunft gegenüberstehen.
Ich möchte auf die größte Baustelle der Gegenwart eingehen. Gestern ist im Zuge der Debatte zum Nachtragshaushalt überwiegend sehr verantwortungsvoll, wie ich finde, mit dem Thema Flüchtlinge umgegangen und diskutiert worden. Was uns unterscheidet, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ist nicht die abstrakte Frage, ob Flüchtlingsbewegungen begrenzt werden müssen. Natürlich kann keine Gesellschaft einen unbegrenzten Flüchtlingszuzug verkraften. Aber das Land Sachsen-Anhalt hat kein Machtmittel in der Hand, um darauf Einfluss zu nehmen. Das wissen wir alle.
Uns unterscheidet, dass uns das Hier und Jetzt Kopfzerbrechen bereitet und Ihnen die Zukunft. Realitätssinn und Zuversicht sind hierbei nötig, gerade hierbei. Die Anerkennung der Realität widerspricht nicht der Notwendigkeit, diesen Prozess zu gestalten. Das heißt selbstverständlich - jeder hier im Raum wird das unterschreiben -, klare Regeln aufzustellen.
die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Integration in unsere Arbeitsgesellschaft - denn das sind wir - und die deutsche Sprache und Kultur.
Für uns, die wir offen sind für gesellschaftliche Integration, heißt das aber auch: Wir müssen Bedenken, Sorgen, Ängste ernst nehmen und anerkennen. Unser Land erwartet jetzt 40 000 Flüchtlinge, lese ich heute in der Zeitung. Ich stelle einmal die Frage: Wäre es nicht besser gewesen, das ehrlich zu sagen?
79 % der jetzt Ankommenden sind Syrer, 90 % haben eine Bleibeperspektive. Ich nenne nur die Zahlen; überlegen Sie selbst, welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind. Ich habe in den letzten Tagen gelernt, dass es, egal wie vorsichtig ich mich dabei ausdrücke, immer so geschrieben wird, wie es gerade ins Bild passt. Deshalb gebe ich Ihnen nur die Fragen mit. Mag jeder selbst überlegen, welche Herausforderungen das an uns stellt und welche Konsequenzen das hat.
die kommunale Unterbringung, noch nicht in geordneten Bahnen verläuft und dass sich ständig neue Probleme auftun. Wir alle wissen das von unseren Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern und wir wissen es auch selbst.
Es ist gut, dass wir bei der Lösung dieser akuten Probleme an einem Strang ziehen. Wir wollen das weiterhin tun, und zwar auch bei der Frage der Erstattung der Kosten für die Kommunen.
Herr Ministerpräsident, wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich versuchen, alle Fraktionen mitzunehmen. Ich glaube, dass das eine Aufgabe ist, die alle Demokraten zusammen stemmen müssen, bei der alle Demokraten zusammenstehen müssen und bei der jeder Hinweis und jede Idee wichtig sind. Vielleicht überlegen wir einmal gemeinsam, wie nicht nur das Kabinett gemeinsam an diese Aufgabe herangeht, sondern - -
- Der Flüchtlingsgipfel wird dafür nicht ausreichen; es reicht nicht, sich alle acht Wochen allgemein zusammenzusetzen. - Ich meine das ernst: Lassen Sie uns einfach einmal überlegen, wie wir die Fraktionen so einbeziehen können, damit wir uns mit diesem Thema nicht in der Öffentlichkeit auseinandersetzen müssen, sondern gemeinsam geordnete, kluge Wege finden, wie wir die Situation hier bewältigen. Ich glaube, dass alle Fraktionen in diesem Landtag dazu bereit sind.
Realistisch und zuversichtlich zu sein, heißt aber auch: Ein Land, das einen Verlust von einer Million Menschen in 25 Jahren verkraften muss, wird auch Zuzug brauchen. Den Zuzug von einigen Tausend Menschen verkraften wir, wenn wir es klug machen und wenn die Regeln klar sind.
Heute beschäftigen uns die so nicht erwarteten Flüchtlingsströme. Wir müssen doch zugeben, dass wir alle von dieser Massivität überrascht worden sind. Vorsorge oder eine geordnete Aufnahme sind nicht die Realität. Daraus entstehen die Spannungen. Das verursacht die Probleme. Deshalb müssen wir parallel schon heute daran arbeiten, dass ein geordneter Zuzug möglich ist - schnell. Dafür brauchen wir ein Zuwanderungsgesetz in der Bundesrepublik, und zwar eines, das den Übergang vom Flüchtlingsstatus oder vom Asylstatus in den Zuwanderungsstatus ermöglicht.
In Ihrem Dreiklang zur Flüchtlingspolitik aus Begrenzen, Beschleunigen, Zurückführen fehlen mir die Menschen. Es geht um die Menschen, die hier sind und hier bleiben werden. Mir fehlt auch der Mehrwert für unser Land, der Gewinn, auch wenn sich angesichts der hohen Kostenlast, die wir momentan haben, nicht alle diesen Gewinn vorstellen können.
Es gehört auch viel Fantasie dazu, das stimmt. Wenn wir uns aber nur darauf beschränken, den Menschen ein Dach über dem Kopf zu geben, und ansonsten zuschauen, dass sie nach abgeschlossenem Verfahren nach Westdeutschland weiterziehen, dann bleiben uns nur die Kosten und die anderen haben den Bevölkerungsgewinn. Lassen Sie uns darüber einmal nachdenken.
Deshalb könnte unser gemeinsamer Dreiklang in der Flüchtlingspolitik sein: anständig ankommen lassen und aufnehmen, schnell entscheiden, aber auch zurückschicken. Ich habe Ihnen die Zahlen genannt: 79 % und 90 % - das ist nicht mehr das Problem des Tages, das sind noch Notwendigkeiten aus der Vergangenheit. Heute sind die Ankommenden andere. Ich wiederhole: anständig aufnehmen, schnell entscheiden, bewusst integrieren.
All das, meine Damen und Herren, ohne zu vergessen, dass es Aufgaben neben der Flüchtlingspolitik gibt, die noch bis vor acht Wochen unsere alltäglichen Aufgaben waren: Entwicklung unseres Landes als Wirtschaftsstandort, bessere Löhne und Arbeit für unsere Bürgerinnen und Bürger, ohne dabei zu vergessen, dass es Aufgaben gibt, die ohnehin anstehen: die Lehrerversorgung, der KitaAusbau, die Nachwuchsgewinnung bei der Polizei, die Stärkung des Kulturlandes Sachsen-Anhalt, der Ausbau der digitalen Infrastruktur, die Entwicklung unserer ländlichen Räume und die Entwicklung des Landes Sachsen-Anhalt als Hochschulstandort.
Ich möchte den Dank am Ende der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten an die bisherigen Ministerpräsidenten unseres Landes aufnehmen. Sie alle haben Verdienste um das Land er
Nach 25 Jahren erleben wir wieder eine Welt im Umbruch mit Anforderungen an uns als Gesellschaft, die es in diesem Ausmaß noch nie gab. Es gab jedenfalls über ganz viele Jahrzehnte nicht die Situation, dass in dieser Massivität die verfehlte internationale Politik in Form von Flüchtlingsströmen in unser kuschliges Europa kommt. Für SachsenAnhalt heißt es in dieser Situation, mit Zuversicht und Realismus in die Zukunft zu gehen, Herausforderungen anzunehmen, Ziele abzustecken und Weichen zu stellen. Mit weniger, meine Damen und Herren, sollten wir uns nicht zufriedengeben.
(Starker Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN, von Herrn Schröder, CDU, von Frau Brakebusch, CDU, und von Herrn Herbst, GRÜNE)
Danke schön, Kollegin Budde. - Als Nächste spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Fraktionsvorsitzende Frau Professor Dr. Dalbert.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist richtig: Sachsen-Anhalt hat in 25 Jahren viel erreicht. Es ist ein Land, das sich sehen lassen kann, ein erfolgreiches Land, ein liebenswertes Land, ein Land mit selbstbewussten Menschen, mit Menschen, die gelernt haben, unter schwierigen Bedingungen gute Ergebnisse zu erzielen, mit Menschen, die sich nichts gefallen lassen, die auf die Straßen gehen, wenn ihnen die Politik dieser Landesregierung nicht passt, ob es die Theaterleute sind, ob es die Lehrerinnen und Lehrer sind oder ob es die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind, die mit den Feuerwehrautos vor dem Landtag protestieren.
Sachsen-Anhalt ist in diesem Sinne auf einem guten Weg. Aber ist Sachsen-Anhalt wirklich auf einem guten Weg? - Dazu sage ich Ihnen: In den letzten vier Jahren ist Sachsen-Anhalt ganz sicher nicht auf einem guten Weg.
Beginnen wir mit der wirtschaftlichen Situation, weil diese entscheidend ist für die Lage des Landes. Herr Ministerpräsident, ich bin doch sehr verwundert darüber, dass Sie hier Zahlen als Erfolg verkaufen wollen, die doch genau der Beleg des Gegenteils sind. Sie haben das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes angeführt. Genau bei diesem Punkt teilen wir uns mit Mecklenburg-Vorpommern die Rote Laterne. Alle anderen ostdeutschen Länder sind besser als wir. Auch das gehört zur Wahrheit.
Auch beim verfügbaren Einkommen pro Einwohner oder beim Vermögen öffentlicher Hand pro Einwohner bilden wir das Schlusslicht aller 16 Bundesländer in der Bundesrepublik Deutschland. Auch das gehört zur Wahrheit.
Sie haben in einem Punkt Recht: Wenn man guckt, wie man die Wirtschaft vorantreiben kann, dann sind Forschung und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen wichtig. Mittlerweile haben wir sogar 15 außeruniversitäre Forschungsinstitute, die in ihrer Kooperation mit der Wirtschaft im Land ein starkes Pfund für die wirtschaftliche Entwicklung darstellen. Aber auch dazu muss ich Ihnen sagen, Herr Ministerpräsident: Eine Landesregierung, die die Hochschulen als Spartopf für den Landeshaushalt missbraucht, gefährdet diesen Erfolg.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Wirtschaftsentwicklung ist die Internationalisierung. Wenn Sie sich die Außenhandelsbilanz anschauen, Herr Ministerpräsident, dann sehen Sie einen klaren Beleg für das Versagen dieser Landesregierung. Seit 2010 ist die Außenhandelsbilanz um 270 % geschrumpft. Seit 2011, seitdem diese Landesregierung Verantwortung übernommen hat, importieren wir mehr, als wir exportieren. Es wäre eine Aufgabe erfolgreicher Wirtschaftspolitik, unserer kleinteiligen Wirtschaftsstruktur bei der Internationalisierung und bei der Erschließung neuer Märkte unter die Arme zu greifen.
Natürlich braucht es für eine gute wirtschaftliche Entwicklung Weltoffenheit. Damit kommen wir zu dem Thema, das uns alle zunehmend mehr beschäftigt und in den letzten Tagen auch in diesem Hohen Haus sehr beschäftigt hat: der Umgang mit den Menschen, die zu uns nach Sachsen-Anhalt kommen und hier Zuflucht suchen.