Der Rechtsrahmen zum Energierecht ist, glaube ich, einer der sich stetig ändernden Rechtsrahmen. Wir haben heute eine andere Gesetzgebung als vor einem Jahr. In diesem Jahr sind viele Gesetzesänderungen, speziell zum EEG und zum Netzausbau, beschlossen worden.
Vor dem Hintergrund der sich ständig ändernden Gesetzgebung sind wir der Auffassung, diese Regelungen mit dem neuen Koalitionspartner zusammen noch einmal wiederholen zu müssen, um die Landesregierung in dem Bemühen, die Netzausbaukosten gerade hier für Ostdeutschland, für Sachsen-Anhalt zu minimieren, zu unterstützen. Wir sollten uns über die neuen gesetzlichen Regelungen im Umweltausschuss unterhalten und uns dort berichten lassen, welche Auswirkungen diese neue gesetzliche Regelung auf SachsenAnhalt hat.
Netzentgelte machen ca. 10 bis 25 % der Stromrechnung aus. Für private Haushalte lag - das sind die derzeitig letzten statistischen Zahlen, die vorliegen - im Jahr 2013 die Spanne der Netzentgelte in den Bundesländern zwischen 5,1 und 8,5 Cent pro Kilowattstunde. Dabei ist aber immer wieder zu beachten, dass vor allen Dingen in den ost- und norddeutschen Ländern die Belastung durch die Netzentgeltkosten besonders hoch ist.
Die Ursachen dafür sind vielfältig. Die Ursachen sind einerseits natürlich die hohen Investitionen, die direkt nach der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern, gerade auch in das Stromnetz, notwendig waren und jetzt natürlich höhere Abschreibungen der Unternehmen nach sich ziehen. Dies wird verstärkt durch die geringe Anzahl der Verbraucher, die in den ostdeutschen Ländern leben, durch den geringen Industrialisierungsgrad und die niedrige Bevölkerungsdichte.
Natürlich hätte auch ich in den neuen Ländern gern wesentlich mehr Abnehmer. Ich würde mir auch wünschen, dass sich die Industrie, wie es bei der Entwicklung vor 150 Jahren war, dort ansiedelt, wo Energie erzeugt wird. Aber wir stehen - das habe ich auch gestern in dem Redebeitrag zur Windenergienutzung gesagt - zur Energiewende; wir stellen die Energiewende nicht infrage.
Sachsen-Anhalt beteiligt sich an der Energiewende, eben weil wir ein Flächenland sind und geeignete Voraussetzungen haben, um erneuerbare Energien zu erzeugen und in das Stromnetz einzubringen. Wir fordern aber, dass die Kosten, die daraus entstehen, auch bundesweit einheitlich getragen werden.
Es ist eine gesamtdeutsche Aufgabe und diese gesamtdeutsche Aufgabe muss gemeinsam geleistet werden.
Der Ausbau der Stromnetze wird durch viele verschiedene Gesetze geregelt, das habe ich schon angesprochen. Das Erneuerbare-EnergienGesetz und das Energiewirtschaftsgesetz sind die wesentlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen. Es gibt eine Stromnetzentgeltverordnung, eine Anreizregulierungsverordnung - viele Regularien, ich habe es schon erwähnt.
Mit der jüngsten Änderung der Anreizregulierungsverordnung im Juli 2016 findet ein Systemwechsel statt, der zur Beschleunigung und zur Effizienz beim Netzausbau beitragen soll. Insbesondere für uns in Sachsen-Anhalt ist das wichtig. Wir sind von großen Netzausbauvorhaben betroffen. Ich erinnere nur an den Süd-Ost-Link, der durch 50Hertz realisiert werden soll. Deshalb haben wir in unserem Antrag formuliert, dass wir der Auffassung sind, dass sich der Umweltausschuss mit der angesprochenen Änderung, insbesondere der Anreizregulierung, befassen soll und die Auswirkungen für Sachsen-Anhalt ermitteln soll.
ein, sondern in die Verteilnetze. Deshalb ist geregelt worden, dass hier die sogenannten vermiedenen Netzentgelte gezahlt werden. Das sollte ein Anreiz für die Erzeuger erneuerbarer Energien sein, die eben in die Verteilnetze einspeisen, sodass ein größerer Ausbau von Energienetzen nicht notwendig ist. Dieser Anreiz ist aber nicht zustande gekommen bzw. dieses Ziel ist verfehlt worden.
Deshalb - so haben wir das auch in unserem Antrag dargelegt - möchten wir, dass die vermiedenen Netzentgelte abgeschafft werden. Wir wollen aber eine Ausnahme für KWK-Anlagen; denn KWK-Anlagen erfüllen das, sie speisen nämlich gezielt bei dem Verbraucher ein und regeln den Eigenverbrauch meistens selbst.
Es ist wichtig, dass dieser Effekt unterstützt wird und dass die vermiedenen Netzentgelte richtig zugeordnet werden.
Alle weiteren Regulierungen, die RedispatchMaßnahmen, die genauso notwendig sind, um das Stromnetz stabil zu halten, werden den Netzbetreibern ebenfalls vergütet. Hierzu gibt es verschiedene Regulierungen für die verschiedenen Bundesländer. Sie wirken sich aufgrund des massiven Ausbaus in den neuen Bundesländern hier natürlich stärker aus. Deshalb fordern wir eine bundesweite Überwälzung dieser Kosten.
Insgesamt möchten wir mit unserem Antrag die Bemühungen unserer Landesregierung beim Bund um die neuen gesetzlichen Regelungen mit den hier vorgegebenen Maßnahmen unterstützen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abg. Schindler. - Bevor wir in die Fünfminutendebatte einsteigen, wird für die Landesregierung Frau Ministerin Prof. Dalbert sprechen. Sie haben das Wort, bitte.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Sachsen-Anhalt ist Vorreiter der Energiewende. Wir haben das Ziel, das sich die Bundesregierung für das Jahr 2035 gesetzt hat, bereits erreicht, nämlich dass der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch zwischen 55 und 60 % liegt. Sachsen-Anhalt liegt schon heute bei 62,3 %. Ich denke, das ist ein Ergebnis, auf das wir hier in Sachsen-Anhalt stolz sein können.
Es wurde aber auch dargestellt, dass mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien die Stromnetze immer stärker in Bedrängnis geraten. Immer häufiger sind Eingriffe der Netzbetreiber notwendig, die Kosten - das sind die sogenannten Redispatch-Kosten, die dann entstehen - nehmen permanent zu. So hat sich etwa die Zahl der notwendigen Netzeingriffe in den Jahren 2015 und 2016 deutlich spürbar erhöht.
Diese Eingriffe ins Netz kosten eben Geld, und zwar das Geld der Stromverbraucher und Stromverbraucherinnen in Sachsen-Anhalt. Bei 50Hertz Transmission, dem ostdeutschen überregionalen Übertragungsnetzbetreiber, lagen diese Kosten im Jahr 2015 bereits bei über 200 Millionen €, für das Jahr 2016 werden sogar Kosten in Höhe von 350 Millionen € prognostiziert. Deswegen hat 50Hertz die Übertragungsnetzentgelte im Jahr 2016 um 30 % erhöht und vor wenigen Tagen für das Jahr 2017 eine Erhöhung um weitere 45 % angekündigt.
Diese Netzkosten werden nach den geltenden Regelungen allein von den Verbrauchern und Verbraucherinnen der Netzregion in Ostdeutschland getragen. Die Netzentgelte bei uns in Ostdeutschland sind schon heute deutlich höher als in den meisten westdeutschen Bundesländern. Diese Belastung wird sich weiter verstärken. Dem müssen wir dringend entgegensteuern. Diese Kosten belasten nicht nur die Haushaltskunden, sondern auch den Wirtschaftsstandort. Das ist klar.
Im Sommer 2016 wurde eine ganze Reihe von Gesetzesvorhaben im Energiebereich abgeschlossen; Kollegin Schindler hat sie schon genannt. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte im Jahr 2015 in seinem Weißbuch von einer fairen Lastenverteilung gesprochen, doch leider muss ich feststellen: Die inzwischen in Angriff genommenen Umsetzungsschritte sind absolut unzureichend.
Daher halten wir als Landesregierung unverändert an zwei zentralen Forderungen fest, die der Landtag bereits in der vorherigen Legislaturperiode erhoben hat und die sich auch im Koalitionsvertrag wiederfinden.
Es geht erstens um die bundesweite Angleichung der Netzentgelte auf der Übertragungsnetzebene - wohlgemerkt nur auf dieser Ebene, da hier auch überregional wirkende Investitionen getätigt werden. So sind etwa die Netzkosten des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz, bedingt durch die Energiewende, höher als die der drei anderen Übertragungsnetzbetreiber. Die Energiewende ist eine nationale Aufgabe, und deswegen denken wir, dass hierbei auch eine überregionale Lastenverteilung stattfinden muss.
Die Bundesregierung hat vor einigen Wochen bereits zugesichert, hierfür kurzfristig Regelungen zu treffen. Dagegen gibt es natürlich Widerstand aus westdeutschen Bundesländern, für die das eine Erhöhung bedeuten würde, weil diese in der Energiewende hinterherhinken, zum Beispiel NRW. Wir fordern den Bund auf: Er muss dennoch unverzüglich handeln; denn diese Ungleichverteilung muss beendet werden. - Erster Punkt.
Zweiter Punkt. Ebenso wichtig ist die sofortige Abschaffung der sogenannten vermiedenen Netzentgelte für volatil einspeisende Anlagen, also für Solar- und Windenergieanlagen. Die Betreiber von Energieerzeugungsanlagen erhalten dabei, in Abhängigkeit von ihrer Erzeugungsleistung, durch den Netzbetreiber eine Vergütung ausgezahlt.
Als man die vermiedenen Netzentgelte eingeführt hat, stand dahinter der Gedanke, dass durch die dezentrale Einspeisung der Energie der Netzausbau auf vorgelagerter Netzebene vermieden werden kann. Mittlerweile ist allen bewusst, dass vor allem bei volatilen Anlagen das Gegenteil der Fall ist. Volatile Anlagen sind ein wesentlicher Treiber des Netzausbaus und belasten damit ausschließlich die Netzkosten für die Verbraucher in den Ausbauregionen.
Deswegen mahnen wir schon seit Langem an, dass diese sogenannten vermiedenen Netzentgelte für volatil einspeisende Anlagen, also Wind- und Sonnenenergieerzeuger, abgeschafft werden müssen. Und das käme den Verbrauchern und Verbraucherinnen zugute; denn die Betreiber erhielten über das EEG eine Kompensation. Der einzige Lastenträger ist also der Verbraucher, die Verbraucherin.
Auch hierzu will die Bundesregierung im Herbst 2016 Entwürfe vorlegen. Wenn ich mir das, was man schon erkennen kann, so ansehe, stelle ich fest: Es gibt zwar den einen oder anderen sinnvollen Ansatz, aber insgesamt finde ich das im Moment sehr enttäuschend. Es geht grundsätzlich in die falsche Richtung; denn die Bundesregierung will die schrittweise vollständige Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte für alle Erzeugungsanlagen in Angriff nehmen.
Für alle Erzeugungsanlagen heißt nicht nur für die volatilen, sondern auch für die, die nicht volatil sind, also auch für die Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Das würde diese Anlagen, ihr Geschäftsmodell gefährden. Genau diese Anlagen tragen zur Stabilisierung der Netze bei. Deswegen macht es überhaupt keinen Sinn, ihr Wirtschaftsmodell zu gefährden, indem man für diese Anlagen die sogenannten vermiedenen Netzentgelte abschafft. Diese Anlagen kann man steuern, sie stabilisieren die Netze.
Einige letzte Sätze zu dem dritten Punkt Ihres Antrags. Darin geht es um die Berichtspflicht in den Ausschüssen zu den Auswirkungen der novellierten Anreizregulierungsverordnung auf den Netzausbau. Wenn wir im Ausschuss berichten sollen, werden wir dort selbstverständlich berichten, und wir stellen uns jeder Diskussion.
Ich weise jedoch darauf hin, dass die Neuregelungen im Strombereich erst im Jahr 2019, beginnend mit der dritten Regulierungsperiode, überhaupt Anwendung finden. Erst dann können wir eigentlich über Erfahrungen berichten. Insofern hat uns dieser dritte Punkt nicht ganz überzeugt, aber selbstverständlich berichten wir über alles, worüber der Gesetzgeber, die Abgeordneten, einen Bericht haben wollen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin Prof. Dr. Dalbert. - Wir steigen jetzt in die Fünfminutendebatte ein. Der erste Debattenredner ist der Abg. Herr Lieschke von der AfD-Fraktion. Sie haben das Wort, bitte.
Danke schön. - Werte Präsidentin! Werte Abgeordnete! Jede Energiepolitik muss drei Ziele verfolgen: Die Stromerzeugung muss sicher, kostengünstig und umweltverträglich sein. Dieser Grundsatz war im deutschen Energieversorgungssystem immer gegeben, zumindest bis zum Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz: EEG.
Kurz gesagt: Das EEG sorgt für enorme Kostensteigerungen. Diese Art der Subventionspolitik ist eine klare Abkehr von der sozialen Marktwirtschaft hin zu einer staatlichen Planwirtschaft. Es erfolgt eine Umverteilung des Vermögens der Bevölkerung an die Subventionsempfänger. Diese Art der Förderpolitik kann keine tragende Säule der sogenannten Energiewende sein.
Die in dem Antrag geforderte Systemintegration der erneuerbaren Energien, die Abregelung von EEG-Anlagen sowie das Redispatch werden zu deutlichen Kostensteigerungen beim Netzausbau führen.
Redispatch - ein schönes Wort. Ich würde das einmal übersetzen: Unter Redispatch sind Eingriffe in die Erzeugungsleistung von Kraftwerken zu verstehen, um Leitungsabschnitte vor einer Überlast zu schützen. Droht an einer bestimmten Stelle im Netz ein Engpass, werden Kraftwerke diesseits des Engpasses angewiesen, ihre Einspeisung zu drosseln, während Anlagen jenseits
des Engpasses ihre Einspeiseleistung erhöhen müssen. Auf diese Weise wird ein Lastfluss erzeugt, der dem Engpass entgegenwirkt.
In Sachsen-Anhalt musste zum Beispiel der Betreiber Mitnetz im vergangenen Jahr 534-mal Anlagen abschalten. Ich glaube, dabei sind diese Fledermausabschaltungen gar nicht erfasst.
Diese Netzengpässe führen immer wieder zu Abschaltungen der so umweltverträglichen Windkraft- oder Fotovoltaikanlagen. Die Eigentümer erhalten natürlich trotzdem einen Großteil ihrer Einspeisevergütung - dank unserer Subventionspolitik. Eine tolle Sache, zumindest für die Energielieferanten.
Auf der anderen Seite des Engpasses, wo zu wenig Strom anliegt, müssen veraltete Kraftwerke hochgefahren werden. Auch diese Kosten zahlt der normale Bürger.
Hierbei ist auch die Wissenschaft gefragt. Eine vernünftige Innovationsförderung im Bereich der großen Stromspeicher wäre sicherlich viel nachhaltiger; denn diese Stromspeicher haben wir nicht und es sind keine rentablen Lösungen in Sicht.