Protokoll der Sitzung vom 07.05.2020

Meine Damen und Herren! Hochschulpolitik ist keine Politik der schnellen Entscheidungen und der kurzfristigen Antworten. Deshalb bin ich froh, dass wir ein Gesetz verabschieden werden, das es möglich macht, in Sachsen-Anhalt auch in den nächsten Jahren ein modernes Gesetz zu haben. Das ist ein gutes Signal.

Ich möchte an der Stelle um die Zustimmung zu dem Gesetzentwurf bitten. Den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE werden wir ebenso wie im Ausschuss ablehnen. - Vielen Dank.

(Zustimmung)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Dr. Pähle für den Redebeitrag. - Für DIE LINKE spricht der Abg. Herr Lange. Herr Lange, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren! Das Hochschulgesetz in seiner jetzigen neuen Fassung war eine schwere Geburt. Dass wir es jetzt verabschieden, ist gut, aber dem Ganzen ging eine jahrelange Erarbeitung voraus. Es gab viel Streit in der Koalition, auch oft deutlich hörbar. Wir haben intensive Beratungen im Ausschuss durchgeführt und verabschieden jetzt das Gesetz.

Das Fazit für mich vorweg: Es hätte schlimmer kommen können.

(Heiterkeit)

Allerdings ist der große Wurf auch nicht gelungen.

(Heiterkeit)

- Mehr Lob kann es nicht geben.

Erstens. Eines der ganz großen Themen, um das sich auch gestritten wurde, war die demokratische Mitbestimmung. An dieser Stelle bleibt DIE LINKE dabei: Hochschulautonomie und Hochschuldemokratie sind zwei Seiten einer Medaille und gehören zusammen. Die gleichberechtigte Mitbestimmung in der Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden wäre genau der richtige Schritt hin zur Modernität gewesen; leider ist das an der schwarzen Bremse gescheitert.

Heute liegt noch einmal der Änderungsantrag vor, der einen gangbaren Weg enthält, den selbst der Minister aufgezeigt hat. Sie können sich also noch einmal entscheiden.

Außerdem halten wir es für richtig, die Stärkung der Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen auch in ihrer rechtlichen Situation ebenso wie die Stärkung der Gleichstel

lungs- und Behindertenbeauftragten noch mehr voranzutreiben.

Zweitens. Dass das Studienkolleg als gemeinsame Einrichtung der Universität Halle und der Hochschule Anhalt gesetzlich verankert bleibt, freut mich, das freut aber auch insbesondere die Betroffenen. Aber an dieser Stelle ist das Hochschulgesetz zu liberal, wenn es um die privaten Studienkollegs geht. Hier wird Missbrauch betrieben, und hier müssen wir dafür sorgen, dass es zumindest untergesetzlich entsprechende Entscheidungen gibt, die das einschränken. Unser Änderungsantrag macht diesbezüglich Vorschläge.

Drittens. Die Abschaffung der Langzeitstudiengebühren ist doch ein längst fälliger Schritt. Sie haben keine Lenkungswirkung - die haben sie völlig verfehlt - und sie sind ein Fehlanreiz für die Hochschulen.

(Zuruf: So, so!)

Aber dass die Zweitstudiengebühren noch immer im Hochschulgesetz verankert bleiben, ist ein Anachronismus, wenn wir uns über lebensbegleitendes Lernen Gedanken machen. Deswegen machen wir erneut den Vorschlag, die Zweitstudiengebühren zu streichen.

(Zustimmung)

Viertens. DIE LINKE will - dafür sind wir bekannt - gute Beschäftigungsbedingungen. Wir möchten die Mitbestimmung stärken, insbesondere der Sozialpartner, der Gewerkschaften. Wir halten es für richtig, dass Dauerstellen für Daueraufgaben vergeben werden.

Wir schlagen einen Rahmenkodex für gute Beschäftigungsbedingungen vor. Das ist ein guter Weg. Sie haben es selbst gesagt. Es ist natürlich schon ein wenig auf den Weg gebracht worden, sogar mehr als man manchmal erwarten konnte. Trotzdem, glaube ich, ist noch mehr drin. Wir haben einen Vorschlag vorgelegt.

Wir möchten die Lehrbeauftragten so vergüten wie die Angestellten. Das wäre eine faire Entlohnung.

Fünftens. Bitter stößt uns auf, dass der Landesrechnungshof seine Prüfrechte bei Beteiligungen de facto verliert. Es bleibt abzuwarten, inwieweit das Gründungsgeschehen durch den Gesetzentwurf tatsächlich stimuliert wird. Aber ich möchte betonen, Hauptaufgabe der Hochschulen sind Forschung und Lehre und ist nicht das Gründungsgeschehen. Dort können Sie unterstützen.

(Zustimmung)

Wir setzen auf die Wissenschaft.

(Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU)

- Drittmittel. - Herr Borgwardt, quaken Sie nicht wieder dazwischen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Die haben da- mit sehr viel zu tun!)

- Eben nicht. - Lassen Sie uns dafür sorgen, dass das nicht hinten runterfällt und die Hochschulen zu unternehmerischen Hochschulen werden.

(Zuruf: Die fallen doch nicht hinten runter!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war eine lange Beratung. Eines möchte ich sagen: Ich bedanke mich für den fairen Umgang im Ausschuss, insbesondere im Wissenschaftsaus

schuss. Es sind tatsächlich viele Dinge, die ich angemerkt habe oder die meine Fraktion angemerkt hat, aufgegriffen worden. Das ist, denke ich, ein guter Umgang miteinander.

DIE LINKE hat sich als konstruktive Opposition mit umfangreichen Änderungen eingebracht. Im Gegensatz zur AfD, die sich aufbläst, sich permanent der Stimme enthalten hat und keinen einzigen Vorschlag gemacht hat.

Ich freue mich darüber, dass einiges aufgegriffen wurde. Wir werden die Landesregierung bei der Implementierung der Regelungen entsprechend begleiten, kritisch begleiten, aber wir bleiben konstruktiv. - Danke.

(Beifall)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Lange für den Redebeitrag. - Für BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN spricht jetzt der Abg. Herr Meister. Herr Meister, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der heutigen Befassung geht ein sich über einen langen Zeitraum hinweg erstreckender Prozess zur Erarbeitung des neuen Hochschulgesetzes zu Ende. Nach fast vier verhandlungsintensiven Jahren und weiteren Anpassungen infolge der Anhörungen im vergangenen Dezember im Fachausschuss haben wir es unter breiter Beteiligung geschafft, das Hochschulgesetz auf die Zielgerade zu bringen. Das Ergebnis beweist die Gestaltungsfähigkeit der Koalition in schwierigen Zeiten und kann sich sehen lassen.

(Beifall)

Trotz unserer ja so unterschiedlichen Ausgangsposition in vielen Punkten ist es gelungen, eine modernere Form des Hochschulgesetzes auf den Weg zu bringen.

Zur Opposition. Herr Lange, das war ein geradezu überschwängliches Lob, so würde ich es einmal

ins Protokoll nehmen. Herr Tillschneider, dass Ihnen das nicht gefällt, war durchaus zu erwarten.

Die Zeit wird nicht reichen, sämtliche Änderungen oder gar die Diskussionen, die zu den Änderungen oder auch zu Verwerfungen von Änderungsideen führten, darzustellen. Einige Schlaglichter möchte ich aber benennen.

Ein grundsätzlicher Gedanke, der uns trug, war die Verbesserung der Studienbedingungen. Daher finden sich viele größere und kleinere Veränderungen gerade in diesem Bereich. Besonders beachtet und prominent ist dabei die Abschaffung der Langzeitstudiengebühren. Ab dem kommenden Semester werden die Zeiten des Studierens mit diesem finanziellen Damoklesschwert vorbei sein.

In der Praxis immer wieder heiß diskutiert ist der Nachweis einer Prüfungsunfähigkeit. Er wird deutlich vereinfacht. Zugleich wird das Studium durch das Recht auf ein bedingungsloses Teilzeitstudium flexibler. Damit reagiert das Hochschulgesetz auf die Realität vieler Studierender und kommt denjenigen entgegen, die für ihren Lebensunterhalt arbeiten müssen, familiären Pflichten nachgehen oder berufsbegleitend studieren.

Auch die häufig diskutierte Frage der Anwesenheitspflicht wird klargestellt. Sie besteht im Regelfall gerade nicht. Aber nicht nur das, wir verbessern auch die Durchlässigkeit zwischen der beruflichen und der akademischen Laufbahn für mehr Bildungschancen und die Potenzialentfaltung möglichst vieler junger Menschen im Land. Auch ausländische Studierende werden an dieser Stelle künftig mehr Möglichkeiten haben.

Auch in puncto Gleichstellung schaffen wir mit der Ausweitung des AGG auf die Studierenden und die Stärkung des Stimmrechts der Gleichstellungsbeauftragten deutliche Verbesserungen.

(Zustimmung)

Gleiches gilt für die Rechte Promovierender, die eine eigene Vertretung erhalten.

Ein weiteres grundsätzliches Anliegen war die Stärkung der Autonomie unserer Hochschulen. Sie können künftig in Personalfragen eigenverantwortlicher entscheiden, so gibt es zum Beispiel durch die Übertragung des vollständigen Berufungsrechts auf die Hochschulen künftig mehr Flexibilität bei der Berufung neuerer Professorinnen und Professoren.

Auch das Tenure-Track-Verfahren bietet Spielräume für den Gewinn und die Sicherung von klugen Köpfen und erlaubt endlich eine bessere Planbarkeit des Karriereweges für junge Akademikerinnen und Akademiker.

Obwohl es uns nicht gelungen ist, die Viertelparität einzuführen - versucht haben wir es; das ist eine andere Geschichte -,