Protokoll der Sitzung vom 11.06.2020

Punkt 7 nimmt die Kommunen in den Blick. Sie sind zentrale Handlungsorte. Als solche müssen wir sie anerkennen und besser fördern und ihnen wieder mehr finanziellen Spielraum geben. Es ist gut, dass es jetzt auch einen Rettungsschirm gibt, unter dem sich die Kommunen versammeln können. Aber ich glaube, da müssen wir auch im Land noch einmal deutlich gucken, wie wir mehr tun können.

Achtens. Der Wert von Bildung ist nicht nur verbal, sondern auch tatsächlich anzuerkennen. Von der Grundschule bis zur Volluniversität müssen wir diesen Rohstoff unseres Landes neu schätzen lernen und durch finanzielle sowie personelle Stärkung dauerhaft aufwerten. Aber auch hier gilt, was in allen anderen Bereichen gilt: Wir brauchen auch neue Konzepte. Einfach nur mehr von dem Bisherigen wird uns nicht weiterhelfen.

Last, but not least der neunte Punkt: Nachhaltigkeit als oberstes Kriterium. Alles, was wir tun, von der Projektidee bis zur Finanzierung, muss daraufhin abgeprüft werden, welche Folgen sich daraus für die Generation nach uns und den Ressourcenverbrauch ergeben. Sie erinnern sich an meine Nachfrage an den MP betreffend den sogenannten Nachhaltigkeitscheck. Das will ich jetzt nicht noch weiter ausführen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben nur den einen Planeten, und verschenkte Chancen kommen in keinem Bereich zurück. Bei allem, was wir jetzt in Gang setzen, müssen wir darauf achten, dass wir der größten Herausforderung, die unser Land seit seiner Gründung zu bewältigen hat, so begegnen, dass unsere Kinder und Kindeskinder die Lasten tragen können.

Das gilt auch für den Bereich der Finanzen. Es ist klar: Bei allem, was wir jetzt zusätzlich ausgeben, kommen wir an einen Punkt, an dem wir noch genauer, noch zielgerichteter überlegen müssen, wofür wir Geld ausgeben, und im Umkehrschluss natürlich, wofür wir es nicht mehr ausgeben. Wir stehen am Scheideweg, entweder die Vergangenheit zu zementieren oder unser Land modern und damit zukunftsfest aufzustellen.

Deshalb ist es wichtig, in Zukunftstechnologien wie den grünen Wasserstoff zu investieren. Ich betone hier ausdrücklich das Wort „grün“, nicht weil meine Partei so heißt, sondern weil nur dann wirklich eine Zukunftstechnologie etabliert wird. Wenn wir grauen Wasserstoff fördern, Wasserstoff aus Kohle, haben wir nichts gewonnen.

Wir müssen unsere Infrastruktur digitaler machen, unsere Verkehre CO2-freier, unsere Wirtschaftsweise ressourcenschonender und rückstandsfrei.

Es gilt, in allen Wirtschaftsbereichen umzusteuern: mehr Ökolandbau, mehr Wertschätzung für Lebensmittel, mehr regionale Wirtschaftskreisläufe statt Abhängigkeit von internationalen Lieferketten.

Wir brauchen auch Instrumente, die diese Wirtschaftsweise fördern. Wir brauchen zum Beispiel Klimazuschüsse und Nachhaltigkeitsboni, um unsere kleinteilige Wirtschaft angemessen durch die aktuellen Herausforderungen, die Coronakrise und die Klimakrise, zu führen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung)

Damit kommen wir zum letzten Redner in der Aussprache zur Regierungserklärung. Herr Borgwardt hat das Wort für die Fraktion der CDU,

(Zuruf)

nachdem der Tisch gesäubert sein wird. Herr Borgwardt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ich ein bisschen Zeit habe, gestatten Sie mir ein paar Vorbemerkungen, liebe Kollegen.

Also, manches, habe ich gedacht, ist in der Krise anders als sonst. Die eine Oppositionsfraktion kenne ich ja noch nicht so lange. Die andere Oppositionsfraktion, die der Herr Lippmann repräsentiert, kenne ich zumindest seit 2002 direkt als Abgeordneter. Das sind, wenn ich jetzt mal rechne, etwas mehr als 18 Jahre.

Seit 18 Jahren, ob es um Trockenheit ging oder ob es jetzt um Corona geht, sehe ich immer dieselben Instrumente, mit denen man etwas ändern möchte. Das hat sich nicht geändert. Vermögensabgabe, all die Dinge. Ich will einfach mal sagen: Daran kann man ja glauben.

(Zuruf)

Aber jetzt fragen wir mal: Was haben diese ständigen Monstranzen denn tatsächlich gebracht? - Wenn ich LINKER wäre - AfDler stelle ich mir gar nicht vor -, würde ich schizophren werden.

(Zuruf)

Sie postulieren permanent diese Vorschläge, und offensichtlich verstehen die Wähler sie nicht, oder es sind die falschen Wähler, weil wir es grundsätzlich nicht erlebt haben, dass das bei der Wählerschaft bzw. bei der Mehrheit der Bürger durchdringt.

(Zuruf)

- Na klar, da sind die Wähler falsch. Das ist aber eine schwierige Diskussion, Herr Lippmann. 76 % Zustimmung für den Ministerpräsidenten, und ich sage Ihnen mal, woher das kommt.

Das kommt - da bin ich jetzt ehrlich, und das freut möglicherweise auch meine Koalitionspartner - nicht allein durch seine Persönlichkeit oder weil Herr Dr. Haseloff in der CDU ist, sondern daher, dass wir in dieser Landesregierung einen - ich sage mal - gesunden Mix haben. Die Hälfte ist CDU, die anderen haben ein Achtel bzw. ein Viertel. Die Menschen wollen nämlich nicht, dass eine ideologische Seite überwiegt.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

- Ja, Conny, aber bei 5 % stehen bleiben ist auch schwierig.

(Heiterkeit - Zuruf)

- Ja, da können wir uns einpegeln. - Aber mal ganz locker, liebe Kollegen. Ich will einfach sagen: Geht doch mal von den alten Mustern weg. Ich persönlich glaube, dass wir all die Dinge mit sehr großer Verantwortung und mit Augenmaß gemacht haben; sonst hätten wir nicht diese breite Zustimmung und Akzeptanz.

Alles andere kann gern bewiesen werden, wenn die Mehrheitsverhältnisse sich einmal ändern. Aber ich glaube nicht, dass das bei der nächsten Wahl passiert. Wir können ja daran arbeiten, und dann schauen wir mal. Möglicherweise liegt das an den Instrumenten, die Sie permanent als etwas präsentieren, was uns nach vorne bringt. - Meine Damen und Herren, so viel als Vorbemerkung.

Seit Mitte Mai zeigen Lageberichte, dass trotz der landesweit durchgeführten Lockerungen die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Sachsen-Anhalt gering ist. Infektionsketten sind daher gut nachvollziehbar, und genügend freie Intensivbetten können derzeit vorgehalten werden. Darum begrüßen wir den von der Landesregierung vorgelegten und vom Ministerpräsidenten angesprochenen Sachsen-Anhalt-Plan ausdrücklich, der sich ja maßgeblich in der sechsten Eindämmungsverordnung wiederfindet.

Bereits in der Landtagssitzung im Mai habe ich deutlich gemacht, dass wir mit der Coronakrise die größte politische und gesellschaftliche Herausforderung der Nachkriegsgeschichte durchleben. Weltweit wurden und werden wir auf eine gewaltige Bewährungsprobe gestellt. Dabei ging und geht es nicht um weniger als um das Leben und die Gesundheit der Menschen.

Hunderttausende Menschen sind an dem Virus erkrankt oder gar gestorben. Und ein endgültiges Ende der Pandemie ist auch heute leider noch nicht in Sicht. Die Eindämmung der Virusver

breitung und das Durchbrechen von Infektionsketten dauern weiter an. Gesundheitsexperten und Virologen gehen davon aus, dass wir noch lange mit diesem Virus leben müssen.

So drastisch die Maßnahmen auch gewesen sind, die die Landesregierung in den vergangenen Wochen veranlasste, sie waren aus der Sicht der CDU-Fraktion richtig und notwendig. Sie haben geholfen, die Fallzahlen der Infizierten und Toten in Sachsen-Anhalt so gering zu halten.

Das ist ein Verdienst der Bundes- und der Landesregierung, vor allem aber der Menschen - meine Vorredner gingen darauf schon ein -, die sich bisher an die Regelungen und die PandemieVerordnung gehalten haben.

Dafür gilt der Dank meiner Fraktion allen Beteiligten; auch das habe ich wiederholt deutlich gemacht. Die Folgen für die Wirtschaft werden voraussichtlich erst in den kommenden Monaten sichtbar werden.

Meine Damen und Herren! Stets haben wir als CDU-Fraktion gemeinsam mit unseren Regierungsmitgliedern die Veränderungen der einzelnen Verordnungen intensiv in den Fraktionsveranstaltungen diskutiert. Dabei waren wir logischerweise auch nicht immer einer Meinung. Dennoch war es ein äußerst konstruktiver Prozess, der jeweils in weiteren Lockerungsmaßnahmen endete.

Diesen Prozess der letzten Wochen möchte ich kurz Revue passieren lassen. Mit der vierten Verordnung haben sich die Infektionszahlen in unserem Land auf einem konstanten Niveau gehalten. Warum hat die CDU-Fraktion die Landesregierung um eine entsprechende Reaktion gebeten? - Am Dienstag, den 28. April 2020 haben wir in der CDU-Fraktion einen Beschluss mit elf konkreten Punkten zur schrittweisen Öffnung der vierten Verordnung gefasst.

Wir haben vor allem die genehmigte Verkaufsfläche von 800 m² kritisiert. Wir waren immer der Ansicht, dass viele Einzelhändler ihre Verkaufsfläche problemlos verkleinern könnten. Zudem hat meine Fraktion immer eine Begrenzung von Besucherzahlen favorisiert. So hätte eine Ungleichbehandlung von Autohäusern und Baumärkten gegenüber anderen Geschäften vermieden werden können. Darum haben wir offensiv dafür geworben, dass jedes Geschäft unabhängig von seiner Größe öffnen darf, sofern Hygiene- und Schutzmaßnahmen eingehalten werden.

Wir haben um klare Regeln für die Öffnung von Schwimmbädern und Autokinos gebeten, damit die Kommunen eine gewisse Planungssicherheit haben. Ebenso haben wir uns als Fraktion sehr frühzeitig für die Öffnung der Gastronomie starkgemacht. Ich muss dazu sagen: Ich bin ausdrück

lich auch dem Kollegen Willingmann dankbar, weil wir uns darüber mehr als einig waren.

Zudem haben wir uns für eine finanzielle Unterstützung für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern eingesetzt. Auch an dieser Stelle hat die Coronakrise ihre Spuren hinterlassen.

Des Weiteren haben wir uns für eine Maskenpflicht erst ab dem vollendeten sechsten Lebensjahr ausgesprochen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir als Koalition sehr intensiv dabei geblieben sind, dass wir das verändert haben.

Für die CDU-Fraktion stand und steht zu diesem Zeitpunkt der Schutz der Gesundheit der Menschen an erster Stelle. Um jedoch die Herausforderung zu bewältigen und die Folgen der Pandemie zu minimieren, war die Wiederherstellung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens unerlässlich. Wir begrüßen daher ausdrücklich, dass in der Kabinettssitzung vom 2. Mai 2020 die Mehrheit unserer formulierten Lockerungen in der fünften Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus beschlossen worden sind.

Unsere Bürgerinnen und Bürger haben sich mit großer Disziplin an die einschneidenden Einschränkungen gehalten. Dass Sachsen-Anhalt verhältnismäßig wenige Infizierungen hat, ist das Ergebnis dieser Umsicht. Aus diesem Grund war es richtig und wichtig, dass die Landesregierung versucht hat, Schritt für Schritt einen Teil des öffentlichen Lebens wieder in Gang zu setzen.

Stets haben wir den mutigen Weg unseres Ministerpräsidenten gegenüber seinen Kollegen begrüßt. Wir alle entsinnen uns noch, dass wir die Kritik in allen Medien hatten, als wir die Regelung von zwei auf fünf hatten; und einen Tag später der Kollege aus Bayern, der zehnmal so hohe Infektionszahlen hatte wie wir, noch einen draufsetzen musste. So ist das gelegentlich in der Politik, lieber Reiner, manche sind eben gleicher. Wir haben uns davon nicht beirren lassen, und das war auch gut so.

Die Coronapandemie schränkt nicht nur das öffentliche Leben ein, meine Damen und Herren, sondern hat weite Teile der Wirtschaft lahmgelegt. Das ist hier zu Recht kritisiert worden. Besonders betroffen war davon das Gewerbe rund um den Tourismus.

(Zuruf: Ja!)

Darum hat meine Fraktion bereits in der Fraktionssitzung vom 5. Mai 2020 beschlossen, in einem ersten Schritt in Abstimmung mit den Nachbarländern die Gastronomie und autarke Beherbergungen in Ferienhäusern und Ferienwohnungen spätestens bis zum 18. Mai 2020 wieder zu ermöglichen. Auch hierbei waren die

selben Beteiligten als Unterstützung dabei; das darf ich ausdrücklich noch einmal sagen.

Unser Ziel war es: Im Rahmen der Einhaltung der bestehenden Kontaktbeschränkungen sollten Restaurants, Gaststätten, Biergärten, Cafés mindestens im Außenbereich öffnen dürfen.