damit wenigstens innerhalb dieses durch Zufall entstandenen Ergebnisses eine Möglichkeit gegeben ist, dem auch wissenschaftlich nachzukommen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben es schon angedeutet, auch während Ihrer Rede. Mich interessiert in dem Zusammenhang mit Corona auch das Thema Strukturwandel. Wird das jetzt miteinander verbunden? Resultieren aus den Coronahilfen jetzt auch Zuschüsse für den Strukturwandel oder ist dieses Thema erst einmal auf Eis gelegt?
Das sind zwei völlig unterschiedliche Blöcke bezüglich der finanziellen Darstellung. Wie gesagt, das Gesetz zu den haushälterischen Festlegungen soll in den nächsten zwei bis drei Wochen in Berlin endlich in dem Sinne vom Tisch, dass es verabschiedet wird.
Wir setzten bei all den Maßnahmen, die wir durchführen, auf die Grundwirtschaftsstruktur, die wir im Lande besitzen. Es ergibt keinen Sinn, unabhängig davon, ob es die Coronamittel oder die Strukturmittel für die Landkreise mit entsprechenden Revieren sind, in völlig neue Sektoren hineinzugehen, in denen wir überhaupt keine Basis haben, in denen wir überhaupt keine Erfahrung haben und in denen wir keine wissenschaftliche Expertise haben.
Vielmehr müssen wir auf unsere Energiewirtschaft und auf unsere Rohstoffwirtschaft aufsetzen. Wir müssen aufsetzen auf die Chemie mit all ihren Facetten vom Bereich Pharma über Total, also über den Bereich der Kraftstoffe, bis hin zur Düngemittelproduktion usw. usf. In all diesen Bereich sind neue Geschäftsfelder einschließlich der Wertschöpfungsketten zu erschließen.
Ich habe vorhin das Beispiel Zellstoffwerk gebracht. Mein erster Anruf ging an den Geschäftsführer und ich habe gefragt: Du produzierst doch Zellstoff und wir haben nichts; kannst du uns nicht ein paar Tonnen rüberschicken? - Er sagte: Den Zellstoff kann man maximal für sanitäre Funktionen einsetzten, weil die Verarbeitung, die Schlussfertigung und das Anbringen der Gummis dort nicht vorgesehen sind.
Dann haben wir uns gesagt: Es kann nicht sein, dass wir das teilweise mit großen Containern und der entsprechenden NO2- und CO2-Produktion von Containerschiffen über den halben Globus transportieren, nur um 0,7 Cent pro Maske zu sparen.
Natürlich könnte es an bestimmten Stellen für uns teurer werden. Das muss aber auch nicht für alles gelten. Es muss eine strategische Reserve vorhanden sein. Die gab es in beiden Systemen bis 1990. Gott sei Dank ist das im Bereich der Lebensmittelversorgung erhalten geblieben, gegen das ständige Votum des Bundesrechnungshofs. Denn selbstverständlich verursachen die Kühlung und die Lagerkapazitäten Kosten. Ich glaube es sind 40 Millionen €, die man im Bundeshaushalt einsparen wollte.
Jetzt waren wir froh, als bestimmte Sachen eben nicht mehr aus dem Ausland geliefert werden konnten, weil die Grenzen geschlossen waren, dass wir noch einige Dinge gelagert hatten. Genauso müssen wir das auch in den anderen Be
reichen machen. Wir brauchen eine klar definierte Lagerhaltung. Das gehört zur Aufgabe eines Nationalstaates.
Ich denke, wir sind durch die guten Jahre etwas leichtsinniger geworden und sind den Berichten der Landesrechnungshöfe und des Bundesrechnungshofs gefolgt. Eine Konsequenz wird sein, dass wir daraus die Lehren ziehen.
Es ist genau 13 Uhr. Wir bedanken uns, Herr Ministerpräsident. - Wir steigen jetzt in die Mittagspause ein. Bevor wir das tun, nenne ich noch einmal die korrigierten Redezeiten für die sich anschließende Debatte: AfD 30 Minuten, SPD 20 Minuten, DIE LINKE 25 Minuten, GRÜNE 13 Minuten und CDU 40 Minuten. Das sind insgesamt 138 Minuten, also etwa zwei Stunden und 20 Minuten. Die Redezeit muss nicht ausgenutzt werden, sie kann es aber.
Die Redereihenfolge und die Redezeiten - das will ich noch einmal nennen - gestalten sich wie folgt: AfD 30 Minuten, SPD 20 Minuten, DIE LINKE 25 Minuten, GRÜNE 13 Minuten und CDU 40 Minuten.
Als Erster hat der Abg. Herr Kirchner für die Fraktion der AfD das Wort. Herr Kirchner, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Vom Verordnungsbestatter der sachsen-anhaltischen Wirtschaft zum Heilsbringer dieses Landes aufzusteigen ist schon ein sehr nobler Selbstanspruch, Herr Ministerpräsident.
Baue auf und reiße nieder, dann hast du Arbeit immer wieder - das ist das, was mir einfällt, wenn ich an die Covid-19-Krankheit und die Maßnahmen, die zu ihrer Bekämpfung hier in Sachsen
Anhalt eingeleitet wurden, denke. Denn die durch Ihr Regierungshandeln angeordnete Vollbremsung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens reißt leider vieles nieder, was wir in 30 Jahren nach der Wiedererrichtung SachsenAnhalts mühevoll aufgebaut haben.
Vieles von dem, was jetzt in Scherben liegt, hätte vermieden werden können; ja, es hätte vermieden werden müssen. Genau das wäre der Auftrag gewesen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident gemeinsam mit Ihrer Regierung. Man muss es hier so deutlich sagen: Dabei haben Sie leider des Öfteren auch versagt.
Den Schaden haben dabei selbstverständlich nicht Sie. Nein, Sie erfreuen sich ja bester Umfragewerte. Den Schaden haben wieder einmal die Bürger unseres Landes. Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob es nicht eigentlich paradox ist, dass sich Herr Haseloff aktuell noch einer solch enormen Wählergunst erfreuen kann. Ich sage, nein, das ist es natürlich nicht.
In Krisenzeiten bauen die Bürger auf, wenn auch nur scheinbar, rasches und konsequentes Handeln der aktuellen Machthaber. Dass man damit sogar wiederholt Bundeskanzler werden kann, bewies zuletzt Gerhard Schröder im Jahr 2002. Durch seine Leadership in Gummistiefeln versenkte Schröder seinen damaligen Herausforderer Edmund Stoiber sprichwörtlich im Elbehochwasser und konnte seine rot-grüne Regierung fortführen, leider auch zum Schaden unseres Landes. Es war jene Regierung, welche bekanntlich unter anderem dafür verantwortlich war, dass sich unsere Bundesrepublik erstmals an einem Krieg beteiligte, an einem Krieg gegen einen souveränen Staat und ohne UN-Mandat. Das war sogar noch vor seiner Wiederwahl.
Sie sehen, meine Damen und Herren, Höhenflüge bei Umfragewerten in Krisenzeiten sind nicht wirklich aussagekräftig und bis zur Wahl im nächsten Jahr fließt noch eine ganze Menge Wasser die Elbe hinab. Was uns bis dahin noch erwartet, das wird sich zeigen.
Meine Damen und Herren! Kommen wir zurück zum Thema und gehen dabei an den Anfang. Doch wo ist eigentlich der Anfang zu finden? - Vielleicht im Jahr 2002, als das schwere akute Atemwegssyndrom, genannt SARS, erstmals beobachtet wurde und als Pandemie knapp 800 Todesopfer kostete? Vielleicht im Jahr 2012 - damals hatten wir es mit dem MERS-Coronavirus zu tun? Vielleicht im Jahr 2013, als der Deutsche Bundestag über Katastrophenszenarien diskutierte, unter anderem darüber, wie Deutschland auf eine zukünftige SARS-Pandemie zu reagieren hat?
Oder vielleicht noch früher, nämlich im Jahr 2006, als der hiesige Landtag nach den SARS-Erfahrungen einen Pandemieplan für Sachsen-Anhalt diskutierte? - Ausweislich der Drs. 7/6078 vom 26. Mai dieses Jahres, in der die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des Kollegen Matthias Lieschke vorliegt, trat der Pandemieplan übrigens zwar bereits am 21. März 2006 in Kraft, umgesetzt wurde er aber erst im Rahmen der Coronaviruspandemie nach 14 Jahren
Oder finden wir den Anfang - schließlich haben wir es hier mit einer neuen weltweiten Dimension eines Coronavirus zu tun - im Jahr 2019? - Es war nämlich im März 2019, als epidemiologische Studien voraussagten, dass es in Kürze eine erneute Coronapandemie geben werde. Man konnte damals nur noch nicht genau sagen, wann und wo, aber China werde der Hotspot sein, so hieß es.
Im Dezember 2019 kam es dann tatsächlich zum Ausbruch des SARS-CoV-2, zu deutsch schweres akutes Atemwegssyndrom. Das Coronavirus 2, umgangssprachlich als neuartiges Coronavirus bezeichnet, brach in China aus. Bekanntlich verursacht eine Infektion mit diesem Virus die neuartige Atemwegserkrankung Covid-19.
Gehen wir an dieser Stelle nicht weiter darauf ein, dass der Ausbruch des neuartigen Virus seit dem Jahr 2003 eine annähernd 17-jährige Vorgeschichte hatte; es gab also genügend Zeit, um sich auf eine derartige Lage vorzubereiten. Das war eine Chance, welche in Deutschland im Bund und im Land Sachsen-Anhalt annähernd ungenutzt liegen gelassen wurde.
Nehmen wir also den Dezember letzten Jahres als Einstieg und schauen, was dann passierte. Man könnte an dieser Stelle auch sagen: Schauen wir, wie schnell es dilettantische Regierungen schaffen, eine noch relativ gesunde Volkswirtschaft in einem halben Jahr zugrunde zu richten und dabei gleichzeitig eine der größten gesellschaftlichen Krisen zu verantworten. Wie gesagt, die Pandemie nahm ab Dezember letzten Jahres ihren Lauf. Ende Januar 2020 wurde das Virus erstmals auf bundesdeutschem Boden nachgewiesen; das war am 27. Januar. Um zu realisieren und zu erkennen, dass Corona in Europa angekommen ist, brauchte Bundesgesundheitsminister Spahn von der CDU dann auch nur einen weiteren Monat.
Danach brauchte es noch einen weiteren Monat, bis die ersten Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Virus in Bund und Ländern beschlossen wurden. Das war dann bereits Ende März.
Wie es anders hätte laufen können in einem angeblich so hoch entwickelten Land wie dem unseren bzw. hätte laufen müssen - so müsste man es besser sagen -, zeigt uns beispielsweise Taiwan mit seinen knapp 23,5 Millionen Einwohnern, in der Nähe der Küste der Volksrepublik China gelegen. In Taiwan begann die Reaktionskette nach Bekanntwerden des Ausbruchs in Wuhan bereits am 31. Dezember 2019.
In einem Artikel vom 24. April auf „www.zeit.de“ findet sich ein interessanter Bericht mit dem Titel „Coronavirus in Taiwan - ein Leuchtturm in der Coronakrise“.
Darin ist beschrieben, dass es am 3. März, so der Autor, dort keine Ausgangsbeschränkungen gebe. Im Artikel heißt es weiter:
„Universitäten, Schulen, Restaurants und Geschäfte sind geöffnet, sogar die Fitnessstudios. Stand heute (24. April) sind in Taiwan, in einem Land, in dem seit Beginn der Krise im Januar intensiv getestet wird, 428 Menschen mit dem Virus infiziert worden. Lediglich sechs Menschen starben. Bei einer Gesamtbevölkerung von 23,6 Millionen Menschen ist das eine unter allen entwickelten Industrieländern herausragende Quote.“
Den Titel „herausragende Quote“ oder vielleicht den Titel „herausragende Maßnahmen“ hätte ich bei uns in Deutschland und in Sachsen-Anhalt erwartet. Das meine ich selbstverständlich nicht abschätzig gegenüber anderen Ländern. Vielmehr müssen wir das hier einfach erwarten dürfen, zumindest dann, wenn Sie immer so gern vom hoch entwickelten reichen Deutschland sprechen, das dabei noch der ganzen Welt helfen und zum Vorbild dienen soll.
Kommen wir noch einmal zurück zum Beispiel Taiwan. Wie gesagt, gab es dort bereits am 3. März keine Einschränkungen mehr, als die Eindämmungsvollbremsungen hier überhaupt erst angeordnet wurden. Ja, in Deutschland vergingen währenddessen annähernd zwei Monate ungenutzt.
Was dann passierte, ist hinlänglich bekannt, und ich fasse noch einmal kurz die wichtigsten Punkte zusammen. Zwar verzichtete die Regierung auf eine allgemeine Ausgangssperre, doch wurden weitreichende Kontaktverbote verhängt, welche große Teile des Wirtschaftslebens und nahezu das gesamte öffentliche Leben zum Erliegen brachten. Schulen und Universitäten wurden geschlossen. Wer die Möglichkeit hatte, in Heimarbeit seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen, wurde aufgefordert, dies zu tun. Die Gastronomie wurde weitestgehend geschlossen. Touristische Übernachtungen wurden untergesagt. Der Besuch
von Altersheimen wurde verboten. Im öffentlichen Raum sollte ein Mindestabstand von 1,5 m eingehalten werden. Grenzen wurden geschlossen. Dienstleistungen, die einen nahen körperlichen Kontakt erfordern, wurden untersagt. Die Versammlungsfreiheit wurde aufgehoben. Inzwischen besteht eine flächendeckende Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr sowie im Einzelhandel, nachdem von Herrn Spahn vorher von der Wirkungslosigkeit und teilweise sogar von der Schädlichkeit dieser Masken die Rede war.