Protokoll der Sitzung vom 12.06.2020

(Zuruf: Och, nee!)

Er hat klargemacht, dass er diesen auch noch den Weg zu deren Büros zeigen wird, und dies in einer Situation, in der wir fast täglich von Angriffen im realen Leben oder im Netz auf Politiker, egal, ob es sich um Bundes-, Landes-, oder Kommunalpolitiker handelt, lesen.

(Zustimmung)

Diese Verharmlosung schlägt tatsächlich dem Fass den Boden aus.

(Beifall - Zuruf)

Ich bin mir sicher, dass wir darüber in Gemeinsamkeit der Demokraten im Ältestenrat diskutieren werden und eine Antwort finden werden. Ich lade die Fraktionsvorsitzenden und die Mitglieder des Ältestenrates der aus meiner Sicht demokratischen Fraktionen hier im Landtag herzlich dazu ein. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall - Zuruf: Dann sitzen wir ja allein dort!)

Ich sehe keinen weiteren Redebedarf und wir führen jetzt einen Wechsel durch.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir fahren nun in unserer Tagesordnung fort.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 22

Aktuelle Debatte

Rechtsextremes Preppernetzwerk reicht bis in die AfD-Landtagsfraktion - Vorgänge jetzt aufklären, Demokratie und Gesellschaft schützen!

Antrag Fraktion SPD - Drs. 7/6144

Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Die Landesregierung hat ebenfalls eine Redezeit von zehn Minuten. Es wurde folgende Reihenfolge vereinbart: SPD, AfD, GRÜNE, DIE LINKE, CDU. Zunächst hat die Antragstellerin das Wort. Für die SPD-Fraktion spricht der Abg. Herr Erben. - Herr Erben, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich Gunnar G. das erste Mal in einer Sitzung des Stabes „Außergewöhnliche Ereignisse des Burgenlandkreises“ sah, hätte ich im Leben nicht gedacht, dass seine Anwesenheit Gegenstand einer Landtagsdebatte sein würde.

Wie wir alle habe ich durch die Recherchen der „taz“ erfahren, dass er eine zweite Seite haben soll. Auf der einen Seite Zahnarzt und engagierter Reservist in den Diensten der Bundeswehr. Auf der anderen Seite offensichtlich Teil eines rechtsextremen Preppernetzwerkes.

Die Grundlage der Erkenntnisse sind geleakte Chat-Protokolle vergleichbar mit den Fällen Hannibal oder auch Nordkreuz. Das Netzwerk ordnet sich rund um die Mitglieder der Burschenschaft Germania, in der seit Jahren großteilig Reservisten der Bundeswehr aktiv sind.

In mehreren Chats, zum Beispiel mit dem vielsagenden Namen „Endkampf“, planen sie seit dem Jahr 2015 eine Kampfvorsorge für den Tag X. Für einen solchen vorzusorgen, das ist bei Preppern erst einmal typisch. Es handelt sich um eine heterogene Bewegung, die den Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung befürchtet. Sie bevorraten sich, um autark zu überleben.

(Zuruf)

Was heißt Tag X aber im Fall der Endkampfgruppe? - Für die Mitglieder rund um Gunnar G. und Michael S. - letzterer dürfte Ihnen gut bekannt sein - bedeutet es, den Beginn eines herbeifanta

sierten, aber wohl auch irgendwie herbeigesehnten - ich zitiere - Rassenkrieges.

In diesem Fall wollten sie sich zunächst in einem sächsischen Dorf bei Krostitz verschanzen und dann den Ort übernehmen. Ihre Sprache ist unverhohlen rassistisch und gewaltverherrlichend. Es wird von Kopfschüssen fabuliert und davon, dass Menschen, vor allem Flüchtlinge, an die Wand zu stellen sein. Verrohung und Menschenverachtung sind in vielen der Nachrichten Usus.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Es bleibt deswegen auch nicht bei den Vorreden. Schnell geht es um das Beschaffen von Waffen und Munition, bevorzugt illegal. Und diese Waffen wollen natürlich auch beherrscht werden, weswegen man regelmäßig an Schießübungen teilnimmt.

Die potenziellen und leider teils verjährten Straftaten, auf die die Chats verweisen, sind daher vielfältig: Verstoß gegen das Waffengesetz, Rezeptbetrug, gefälschte Schießnachweise, Schießübungen auf illegal betriebenen Schießanlagen usw.

Was diese Gruppen aber besonders macht, sind die aktive Vernetzungsarbeit der beteiligten Personen und ihre Verwurzelung in teils zutiefst rechtsextremen Milieus.

Die Leipziger Germania ist quasi das Paradebeispiel für eine Burschenschaft, die nicht mehr völkisch nationalistisch, sondern rechtsextrem ist. Intensive Verbindungen und Überschneidungen mit der NPD, mit der Identitären Bewegung sind an der Tagesordnung. Ein Privatkonzert mit Neonazis wie Michael „Lunikoff“ Regener ist scheinbar ebenso normal, wie Sonnenwendfeiern, die gleichzeitig Schießtraining sind.

Eng verbunden ist die Halle-Leobener Burschenschaft Germania. Das ist bei Weitem nicht die einzige Verbindung nach Sachsen-Anhalt. Liest man, wer in der Gruppe aktiv war, fühlt man sich an eine Mitarbeiterliste der AfD-Landtagsfraktion erinnert.

Der tonangebende Gründer der Gruppe Michael S. war bis zum Jahr 2019 Sozialreferent der Fraktion. Hannes R. war bis mindestens Ende 2019 im Pressebereich der Fraktion tätig und John H., der zuvor mit Besuchen bei italienischen Faschisten aufgefallen war, im Bereich Inneres.

Zu den Mitgliedern der AfD-Fraktion sage ich deswegen ganz deutlich: Denken Sie nicht, dass wir uns hier die Hose mit der Kneifzange anziehen.

(Zuruf: Das denken wir nicht, das wissen wir!)

Sie wissen und wussten ganz genau,

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

aus welchen Milieus Sie Ihre Mitarbeiter rekrutieren. Denn der Apfel der Mitarbeiter fällt bekanntlich nicht weit vom Stamm der Abgeordneten.

(Zustimmung - Zuruf)

Das Michael S. die Stimmung in Ihrer Fraktion - ich zitiere - als ausgelassen hitleristisch - Zitatende - bezeichnete, verwundert hier sicherlich kaum jemanden. Widerlich ist es trotzdem.

(Zuruf. Er hat nicht gesagt, in welcher Frak- tion! Vielleicht war es ja in Ihrer!)

Herr Kirchner, es mag sein, dass Sie Michael S. bei Kenntnis der Chats nicht eingestellt hätten, wie Sie es der Presse sagten. Bei der Rekrutierung vieler Ihrer Mitarbeiter aus dem Milieu rechtsextremer Burschenschaften hat Ihre Fraktion aber keinerlei Hemmnisse gehabt, ebenso wie viele andere Landtagsfraktionen nicht.

Wollen Sie mir wirklich erzählen, dass hier zeitweise gleich mehrere rechtsextreme Mitarbeiter beschäftigt waren und das alles Zufall ist?

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Nein, das war kein Zufall, das hat System. Sie sind keine bürgerlichen Biedermänner, sondern der parlamentarische Arm der extremen Rechten in diesem Lande.

(Beifall)

- Herr Kirchner, Sie winken ab. Sie versuchen ja nicht einmal mehr, dies zu kaschieren.

(Oliver Kirchner, AfD: Ich erkläre es Ihnen gleich! - Weitere Zurufe)

Denn der Auftritt Ihres Kollegen Büttner vorhin war ein beredtes Beispiel dafür, dass Sie es überhaupt nicht mehr versuchen zu kaschieren.

(Beifall)

Indem Sie solchen Leuten Zugang zu den Parlamenten und zu sensiblen Informationen in diesem Hause gewähren, sind Sie selbst eine Gefahr für die Demokratie.

(Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Während bei der AfD sicherlich Hopfen und Malz verloren ist, können wir nicht einfach hinnehmen, dass Rechtsextreme in die Bundeswehr oder in Reservistenkameradschaften einsickern und diese unterwandern. Im vorliegenden Fall haben sich die Akteure der Gruppe, obwohl sie eigentlich eher in Leipzig aktiv waren, gezielt das Kreisverbindungskommando des Burgenlandeskreises

auserkoren.