Protokoll der Sitzung vom 10.09.2020

Vielen Dank, Herr Vizepräsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Gallert,

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Sehr geehrte Frau Kollegin Dr. Pähle!)

der Antrag der Fraktion DIE LINKE liegt seit einem Jahr im Ausschuss für Bildung und Kultur. Ihre Kritik, dass er nicht auf die Tagesordnung gesetzt wurde, kann ich verstehen. Ich will aber trotzdem noch einmal auf das Thema hinweisen, zu dem Sie hier ausgeführt haben. Ich erinnere mich, dass wir schon damals einen Disput darüber geführt haben, wer sich zuerst bewegen muss - der Bund oder die Länder. Ich glaube, ich habe damals ausgeführt, dass es der Bund sein muss, nämlich durch eine Änderung des Grundgesetzes.

(Zustimmung)

Ich weiß, dass Sie das anders sehen. Aber ich möchte an dieser Stelle aus dem Gesetzentwurf der Fraktionen der FDP, der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag zitieren.

(Zuruf: Das ist spannend, oder?)

Anscheinend haben nämlich Ihre Kolleginnen und Kollegen im Bundestag doch eher Einsicht in meine Argumentation.

(Zurufe)

Denn ich lese in der Problembeschreibung - ich zitiere -:

„Für die rechtssichere Ablösung der Staatsleistungen durch die Länder ist ein Grundsätzegesetz des Bundes Voraussetzung, das die Grundsätze der Ablösung durch die Länder regelt.“

Mit anderen Worten: Der Bund ist am Zug.

Dieser Gesetzentwurf liegt jetzt im Bundestag; er wurde eingebracht und wird dort erörtert.

(Zuruf)

Ich glaube - darin stimme ich in der Argumentation mit Ihnen überein -, mittlerweile gibt es einen erhöhten Druck, genau darüber zu diskutieren. Das wird im Bundestag auch erfolgen.

Auch die Kirchen wissen mittlerweile, an welcher Stelle sie unter Druck geraten, und sagen selbst, die Einnahmen aus den Staatskirchenverträgen machen, berechnet für die gesamte Bundesrepublik, ungefähr 3 % ihres Finanzvolumens aus. Insofern ist ein Gespräch notwendig. Ja, das Gespräch ist notwendig, weil wir natürlich über die Ablösung reden müssen.

Ich will einmal darstellen, worüber wir ganz konkret bezogen auf Sachsen-Anhalt reden. In ihrem

Gesetzentwurf schlagen FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor, den Betrag mal 18,6 zu nehmen, um die Staatsleistungen abzulösen. Wir reden für Sachsen-Anhalt über eine Summe von 703 Millionen €.

(Zurufe)

Das Land ist in der Pflicht, diese Summe zu zahlen, allein das Land. Der Bund verhandelt, schafft die Möglichkeiten - die Länder zahlen. Wenn man dem folgt, was die Kirchen veranschlagen - das muss man nicht, aber nehmen wir es einmal an -, dann landen wir bei einer Summe von 950 Millionen € für Sachsen-Anhalt.

(Zurufe)

Unsere jährlichen Zahlungen in Höhe von 38 Millionen € an beide Kirchen gewähren uns, so glaube ich, noch eine lange, lange Zeit, bevor wir diese Summe erreichen. Also lassen Sie uns klug über diese Dinge reden. Lassen Sie uns mit Augenmaß über diese Dinge reden.

Das Argument der CDU-Fraktion, zum Beispiel über die Prolongation nachzudenken und darüber mit den Kirchen zu verhandeln, ist, so glaube ich, etwas, dem sich niemand komplett verwehrt, auch die Kirchen nicht. Das wäre ein Weg. Aber tun wir nicht so, als ob die Auflösung der Staatskirchenverträge ein einfacher Fingerwisch ist, insbesondere ein Fingerwisch für den Landeshaushalt von Sachsen-Anhalt. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung)

Frau Dr. Pähle, Herr Gallert hat sich zu Wort gemeldet. - Herr Gallert, Sie haben das Wort.

Danke, Frau Dr. Pähle, dass Sie die Zahlen ausgerechnet und vorgelesen haben. Ich will nur darauf verweisen, dass ich für die Option einer finanziellen Ablösung damals tatsächlich sogar den Vorschlag gebracht habe, nicht das 18,7Fache, sondern 20-Fache anzulegen.

Dann sind wir bei ungefähr 950 Millionen €.

Na ja, gut, okay. Also, damit wären wir mit den Kirchen schon relativ nah beieinander. Ich habe aber damals auch gesagt: Wer nur einmal kurz überlegt, welche langfristigen Folgen es hat, wenn man dieses Geld aufnehmen kann - als öffentliche Hand übrigens gerade umsonst, und zwar nahezu unbefristet mit Nullzins -, und einmal gegenrech

net, was es bedeutet, jedes Jahr 38,5 Millionen €, dynamisiert nach der Entwicklung der Einkommen im öffentlichen Dienst, zu zahlen, dann muss man kein Mathematiker sein, um zu wissen, was für die Landeskasse tausendmal besser ist.

Man muss übrigens auch wissen, dass das Modell, das ich vor einem Jahr hier vorgeschlagen habe, ein Modell ist, das unter anderem Prof. Germann als Kirchenjurist und Kirchenlobbyist - so sage ich es einmal; ein Lobbyist ist nicht immer etwas Schlechtes - ebenfalls ausdrücklich vorgeschlagen hat. Es wäre für uns als Land tausendmal besser, als es so laufen zu lassen, wie wir es jetzt haben. Darüber hinaus

Herr Gallert.

- ja, okay - könnte ich noch eine andere Option aufzeigen. Das kann ich aber nicht mehr tun, weil meine Redezeit zu Ende ist.

Frau Dr. Pähle, Sie haben jetzt das Wort.

Dass alles so zu belassen ist, wie es ist, das habe ich in meiner Rede nicht gesagt, Herr Kollege Gallert. Ich habe gesagt, gerade das Thema der Steigerungen ist eines, das man in Sachsen-Anhalt - wir sind das einzige Bundesland, das so verfährt - mit den Vertretern der Kirchen besprechen muss und kann.

Ich möchte nur auf eines hinweisen. Das hat etwas mit Prioritätensetzung zu tun und möglicherweise sind die Prioritäten unterschiedlich - das glaube ich aber nicht. Ihren Hinweis, man könne diese Summen unter den jetzigen Bedingungen einfach als Kredit aufnehmen und damit sei man die Last los, kann ich verstehen.

Nehmen wir an, wir würden über eine Summe von 850 Millionen € reden. Ich habe mit dem 25Fachen des Betrages gerechnet, dann komme ich auf 950 Millionen €; bei dem 20-Fachen wäre es ein bisschen weniger. Aber sagen wir einmal, wir reden über eine Summe von 850 Millionen €. Wenn sich Sachsen-Anhalt entschließen würde, einen Kredit über 850 Millionen € aufzunehmen, dann wäre meine erste Priorität, dieses Geld in die Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt zu stecken und nicht in die Ablösung der Staatskirchenverträge.

(Beifall)

An dieser Stelle würde ich mir dann doch eher den anderen Weg wünschen und erst einmal über

die Steigerungsraten mit den Kirchen verhandeln. Das andere würde ich möglicherweise an einem anderen Punkt machen. Aber aktuell wäre meine Prioritätensetzung eine andere.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Das steht doch nicht gegeneinander!)

- Doch, es steht immer alles gegeneinander.

Frau Dr. Pähle, es gibt noch zwei weitere Wortmeldungen. - Herr Schmidt, Sie haben das Wort.

Danke. - Sehr geehrte Frau Dr. Pähle, Sie sprachen gerade von einer Ablösesumme von rund 750 Millionen €.Jetzt frage ich mich, wofür diese Ablösesumme steht. Welche Liegenschaften in Sachsen-Anhalt, in dem heutigen Sachsen-Anhalt, wurden denn der Kirche enteignet? Was wurde denn weggenommen? Denn es geht maximal um ein kleines Stück Land in der Nähe von Quedlinburg und das ist bei Weitem keine 750 Millionen € wert.

Frau Dr. Pähle, Sie haben das Wort.

Herr Schmidt, wir können uns gern noch einmal über alte Karten und auch Register beugen und uns anschauen, was der Kirche in Sachsen-Anhalt einmal gehört hat. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die Schlosskirche in Wittenberg nach der Sanierung wieder an die Kirche übereignet wurde. Sie war nämlich vorher nicht in ihrem Besitz. Mit anderen Worten: Anscheinend gibt es doch Liegenschaften, die auch in Sachsen-Anhalt der Kirche entzogen wurden. Und auf dieser Grundlage wurde dieser Vertrag damals geschlossen.

Auch an dieser Stelle gilt: Ein Vertrag ist ein Vertrag ist ein Vertrag. Der erste Schritt ist eine Grundgesetzänderung mit der Möglichkeit, dass die Länder ablösen. Genau an diesem Punkt stehen wir jetzt.

Herr Lange hat sich noch zu Wort gemeldet. - Einen Moment bitte, Herr Lange. Herr Schmidt hat eine kleine Nachfrage. - Bitte, Herr Schmidt.

Dann wiederhole ich die Frage: Wofür die 750 Millionen €? Sie als regierungstragende Fraktionen werden sich doch sicherlich damit beschäftigt haben und, bevor Sie 750 Millionen € in den

Raum stellen, geguckt haben, um welche Grundstücke und Ländereien es überhaupt geht.

Frau Dr. Pähle, Sie haben das Wort.

Nein, Herr Schmidt, darum geht es nicht, sondern es geht um ein Berechnungsmodell, und zwar auf der Grundlage dessen, was das Land bisher jährlich an die Kirchen zahlt,

(Zurufe)