Nein; denn Herr Stahlknecht hat anders argumentiert. Herr Stahlknecht hat auf Faktengrundlagen in Sachsen-Anhalt verwiesen. Ich teile diese Einschätzung insofern nicht vollständig, als ich glaube, dass der Innenminister dabei kein vollständiges Bild vor sich hat.
Denn meine Erfahrung ist die, die auch Frau Quade hier vorgetragen hat. Auch aus eigener Anschauung kann ich eine ganze Reihe an Beispielen für Racial Profiling nennen.
Ich habe Herrn Stahlknecht nicht so verstanden, dass er verneint hat, dass es das Problem von Rassismus auch bei der Polizei geben kann. Wir ziehen daraus bloß unterschiedliche Konsequenzen. Das ist auch unter politischen Mitbewerbern legitim.
Als tatsächlich beschämend empfinde ich es, wenn ein Problem vollständig geleugnet wird. Das hat Horst Seehofer getan und das tun Sie hier. Das ist aus meiner Sicht an so einer Stelle die Schwierigkeit. - Vielen Dank.
Damit ist der Debattenbeitrag beendet. Wir kommen jetzt zur nächsten Fraktion. Für die CDUFraktion spricht der Abg. Herr Schulenburg.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen! Der Umgang mit Menschen anderer Nationalität und Hautfarbe sowie die Wahrung ihrer Menschen- und Grundrechte ist ein ganz wesentlicher Bestandteil der Ausbildung unserer Polizeivollzugsbeamten an der Fachhochschule der Polizei. Im Vordergrund steht dabei die strikte Beachtung des Diskriminierungsverbots. Neben dem Umgang mit Ausländern wird vermittelt, wie sich Polizeibeamte gegenüber Personen anderer Religionen und Rassen richtig zu verhalten haben, wobei natürlich auch auf etwaige kulturelle Hintergründe eingegangen wird.
Ein Racial Profiling wird in der Ausbildung und in der Praxis als rechtswidrig eingestuft. Darüber hinaus ist das Diskriminierungsverbot Bestandteil einer Vielzahl von Fortbildungsseminaren, die Eingriffsbefugnisse der Polizei beinhalten. Außerdem dürfen wir bitte nicht vergessen, dass gemäß § 6 Abs. 3 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt niemand wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Behinderung, seiner sexuellen Identität, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt werden darf. Eine willkürliche Auswahl von Passanten nach Hautfarbe oder scheinbarer Rassenzugehörigkeit oder nach anderen menschenverachtenden Grundsätzen findet nicht statt.
Ein Racial Profiling kommt bei der Polizei in Sachsen-Anhalt nicht zur Anwendung. Wenn das Racial Profiling erwiesenermaßen keine Methode in unserer Landespolizei ist und in der Aus- und Fortbildung unserer Polizisten als rechtswidrig vermittelt wird, dann stelle ich mir die Frage, woran die empirische Forschung mit einer Studie anknüpfen soll. Es kann sich ja dann nur um die Darstellungen oder Behauptungen von Betroffenen handeln, dass sie sich durch polizeiliches Ein
schreiten diskriminiert fühlen. Ich bezweifle, dass so eine Studie im Kampf gegen Rassismus und bei den ständigen Bemühungen zur Verbesserung der Arbeit unserer Landesverwaltung hilfreich sein wird.
Sollte es in unserem Land tatsächlich Betroffene geben, dann können sich diese an die Beschwerdestelle wenden, wo die Vorwürfe ernst genommen werden. Es gibt keinen strukturellen Rassismus bei der Polizei.
Deshalb steht meine Fraktion Ihrem Antrag ablehnend gegenüber. Unsere Koalitionspartner sehen noch Beratungsbedarf. Daher bitte ich um Zustimmung für eine Überweisung des Antrages in den Innenausschuss. - Herzlichen Dank.
Ich sehe keine Wortmeldungen zu diesem Redebeitrag. Deswegen können wir nach der Reinigung des Rednerpultes in der Debatte fortfahren mit dem abschließenden Beitrag von Frau Quade. - Frau Quade, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal klar machen, worum es bei Racial Profiling geht. Wenn es objektive und konkrete Hinweise gibt, wenn also zum Beispiel jemand in der Vorwoche kontrolliert wurde, dabei ein Verstoß festgestellt wurde und die Person aufgrund dieser Erfahrung erneut kontrolliert wird, dann haben wir damit absolut kein Problem. Wenn aber immer nur die Angehörigen einer Gruppe kontrolliert werden oder wenn jemand, der gestern, vorgestern und vorvorgestern kontrolliert worden ist, ohne dass dabei ein Verstoß gegen irgendein Gesetz festgestellt worden ist, morgen, übermorgen oder überübermorgen erneut kontrolliert wird, dann ist es Racial Profiling. Das ist ein Problem.
Herr Minister, zu Ihrem Beitrag. Offenkundig haben Sie unseren Antrag nicht verstanden. Der Einzige, der hier in der Debatte die These aufgemacht hat, alle Polizisten seien Rassisten, sind Sie. Davon wird in unserem Antrag aber nicht gesprochen. Im Gegenteil werden in ihm explizit mögliche Ursachen aufgefächert. Das ist keineswegs einzig und allein Rassismus. Auch die Option, dass es überhaupt nicht rassistisch intendiert
ist, aber so wirkt, ist eine der möglichen Ursachen von Racial Profiling. Die haben wir explizit aufgemacht. Sie wollten das offenkundig nicht hören. Sie müssten in der Lage sein, zwischen rassistischen Einstellungen und rassistisch wirkenden Maßnahmen zu differenzieren.
Zur Frage der Beschwerden. Herr Schulenburg, Herr Minister! Ich will noch einmal auf den Bericht der Expertenkommission an den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen abstellen, die nach einem Besuch, unter anderem in Dessau, nicht nur feststellte, dass Menschen afrikanischer Abstammung in der Bundesrepublik jeden Tag Opfer von Racial Profiling werden, sondern auch, dass durch das Fehlen eines unabhängigen Beschwerdemechanismus auf Bundes- und Landesebene in Deutschland keine effektive Rechtsdurchsetzung gegen Racial Profiling stattfindet. Die niedrigen Zahlen der Beschwerdestelle sind deswegen aussagelos.
In der Tat glaube ich, dass das einen Innenminister, noch dazu einen, der der Überzeugung ist, dass Rassismus eben kein Problem bei der Polizei ist, besorgen und bekümmern sollte.
Dass die AfD abdreht, wenn irgendwo das Stichwort Rassismus aufkommt, ist die eine Sache. Dass Sie dann aber nicht einmal mehr in der Lage oder eben nicht willens sind, einen Antrag richtig zu lesen, ist bezeichnend. Damit, Herr Minister, bleiben Sie hinter Ihren Möglichkeiten zurück. Herr Erben hat zutreffend gefragt: Wenn es kein Problem gibt, wovor haben Sie dann Angst?
Damit sind wir am Ende der Debatte angelangt. Ich habe den Antrag auf Überweisung vernommen, und zwar in den Innenausschuss. Gibt es weitere Überweisungsbegehren? - Das scheint nicht der Fall zu sein.
Wer für die Überweisung des Antrages in der Drs. 7/6534 in den Innenausschuss ist, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Die Fraktion der AfD und zwei fraktionslose Abgeordnete. Stimmenthaltungen? - Sehe ich nicht. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich in den Innenausschuss überwiesen worden. Wir schließen damit Tagesordnungspunkt 25.
Außerdem kann ich verkünden, dass sich die Fraktionen darauf geeinigt haben, den eigentlich für morgen vorgesehenen letzten Tagesordnungspunkt 35 noch heute nach dem Tagesordnungspunkt 32 zu behandeln. - Nachdem dies klar ist, führen wir jetzt den Wechsel durch.
Die klinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Sachsen-Anhalt flächendeckend krisenfest gestalten
Danke, Herr Präsident. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Erneut ist die gesundheitliche Versorgung in unserem Land Thema eines Antrages meiner Fraktion. Das Gute daran ist, dass offensichtlich bereits andere politische Akteure aus unserem Bundesland dazu eine durchaus positive Wertung dieser notwendigen Forderung nach mehr Unterstützung für die Kinder- und Jugendmedizin veröffentlicht haben.
„Die derzeitige Finanzierung von Kinderkliniken bringe viele Einrichtungen auf dem Land in wirtschaftliche Bedrängnis. Kinderkliniken schließen, Kinder und Jugendliche können nicht mehr wohnortnah medizinisch versorgt werden.“
Weiter fordert der Zitierte „eine generelle Neustrukturierung der Krankenhausfinanzierung auf Bundesebene.“
„Derzeit werden über die Fallpauschalen ausschließlich Leistungen finanziert. Notwendig sei stattdessen eine Krankenhausfinanzierung, die auch Vorhaltekosten für bestimmte Angebote insbesondere auf dem Land übernimmt, damit eine Grundversorgung gesichert werden kann.“
Na, von wem mögen wohl diese Zitate sein? - Ich will Sie nicht lange auf die Folter spannen. Ich habe jetzt keinen Geringeren als unseren Ministerpräsidenten zitiert.
Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, hat nun ihrerseits eine Bundesratsinitiative zur Beratung in der Länderkam
mer am 18. September 2020 auf den Weg gebracht, deren Ziel es ist, ein neues Finanzierungssystem für die Kinder- und Jugendstationen in den Krankenhäusern jenseits des bestehenden DRG-Systems zu installieren. Hierin eingeschlossen ist auch eine auskömmliche Finanzierung der Geburtsmedizin, die unserer Meinung nach schon lange überfällig ist. Wir möchten mit unserem Antrag erreichen, dass sich das Land Sachsen-Anhalt dieser Initiative anschließt. Es ist für Sie in der Regierungskoalition nun leichter, da sich Ihr Ministerpräsident in die gleiche Richtung geäußert hat. Also trauen Sie sich ruhig!
Das Thema der Unterfinanzierung der Kinder- und Jugendmedizin ist nicht neu. Selbst nach der Einschätzung des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus, InEK, wird darauf theoretisch - ich sage bewusst „theoretisch“ - bereits reagiert. Auch hierzu habe ich ein Zitat:
„Der Differenzierungsgrad des pauschalierenden Entgeltsystems ist im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin inzwischen so hoch, dass er faktisch der häufig geforderten gesonderten Finanzierung stationärer Leistungen für Kinder und Jugendliche entspricht.“
Wie immer ist die Realität aber eine andere. Kinder- und Jugendkliniken schließen, weil mal Fachärzte und -ärztinnen und mal Pflegekräfte fehlen. Niederlassungen von langjährig tätigen Fachärzten und -ärztinnen müssen aufgegeben werden, weil die Nachfolge nicht gesichert ist. Trotz einer festgestellten Unterversorgung gelingt es nicht, junge Absolventen in diesen Regionen tätig werden zu lassen. Das Fazit ist: Die in Rede stehende Forderung bleibt aktuell und berechtigt.