Protokoll der Sitzung vom 14.10.2020

In diesem Parlament vertritt allein die AfD die Interessen der arbeitenden Menschen, der Leistungsträger und des Mittelstands, und wir sagen klar, woher das Geld kommen muss, um unseren Haushalt zu sanieren. Wir wollen nicht 70 Milliarden in Wiederaufbauprogramme in Italien investieren, damit sie dort ihre Steuern senken und viel früher in Rente gehen können als unsere Menschen. Wir wollen auch nicht 40 % Steigerung der Mittel im EU-Haushalt, damit diese Mittel zu unseren Lasten umverteilt werden.

(Zuruf: Wie wollen wir das in Sachsen-An- halt denn verhindern?)

- Ja, wir müssen damit mal anfangen. Wir müssen mal einen Marsch auf Berlin machen. Dann müsst ihr eurer Regierungskoalition klarmachen, dass es so nicht geht.

Herr Farle, Ihre Redezeit ist beendet.

Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

Ich habe schon ein paar Sekunden zugegeben.

Jetzt können Sie mir noch eine Frage stellen.

Ich habe keine Wortmeldungen gesehen, Herr Farle, und somit ist Ihr Redebeitrag beendet. Vielen Dank. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht nun der Abg. Herr Meister. - Bitte, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Überschrift des vorliegenden Antrags „Erbe der Landesregierung: 5 Milliarden Fehlbetrag bis 2025“ klingt ein klein wenig vorwurfsvoll und hat einiges an ungläubiger Heiterkeit ausgelöst. Kenia hat in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen tatsächlich erhebliche Mehrausgaben veranlasst. Auch ein allzu knauseriger Umgang mit den Rücklagen ist wahrlich kein Vorwurf, den man allzu oft hört. Aber egal, was wir in dieser Richtung auch immer getan haben, wir waren zu keinem Zeitpunkt in der Lage zu sagen: Wir geben jetzt einmal x € mehr aus - für Polizisten, Lehrer, Kitas, Kommunen und, und, und -, ohne dass die Fraktion DIE LINKE sofort kritisch anmerkt, die Erhöhungen seien völlig unzureichend und es bedürfe wenigstens - allerwenigstens - der doppelten Aufwendungen.

(Beifall)

Auch morgen werden wir dazu noch entsprechende Punkte zu verhandeln haben. Das kann man ja alles machen; aber aus dieser Position heraus der stets wegen zu geringer Ausgaben kritisierten Landesregierung das Erbe eines Fehlbetrages vorzuwerfen ist schlicht absurd.

(Beifall - Zurufe)

Diese Überschrift verlässt den Bereich der finanzpolitischen Argumentationen und ist eher eine - durchaus chancenreiche - Bewerbung um einen Satirepreis.

(Beifall)

Im November 2017 hatten wir den Antrag der LINKEN „Den Mangel beenden - Nachtragshaushalt jetzt!“ - Ich erkenne ein Muster. Damals forderte DIE LINKE 515 Millionen € Mehrausgaben, und zwar sofort. Ich hatte Ihnen damals vorgerechnet, dass unsere Deckungslücke zum damaligen Zeitpunkt 860 Millionen beträgt. Was dies für Folgen hat, wenn man so weitermacht, und was die Problemlage ist, wenn man nach Ihrem Antrag verfahren würde - dass wir im Juni 2019 auch die letzte Rücklage verfrühstückt haben -, traf ungefähr zeitlich ein, obwohl wir Ihrem Beispiel gar nicht gefolgt sind. Man kann also sehen, dass ich recht hatte. Ihr Vorwurf war: Sparhaushalt. Das war damals das Spardiktat, das Sie machten. Nun kommen Sie mit dem gegenteiligen Vorwurf.

(Zurufe von der LINKEN)

Inhaltlich verfolgt Ihr Antrag das Ziel eines weiteren Nachtragshaushalts. Tatsächlich ist nicht auszuschließen, dass wir zukünftig doch noch einen zweiten Nachtragshaushalt brauchen, je nachdem, wie sich die ausgabenseitigen Anforderungen an das Land entwickeln. Aktuell ist er nicht sinnvoll.

Die Frage ist: Was soll im Nachtragshaushalt stehen? Damit meine ich keine beliebige Auflistung von Wünschen, die wir alle haben. Dabei komme ich auf mehr als eine Milliarde, das ist gar kein Problem. Der Antrag ist völlig unkonkret, suggeriert aber - auch im Vergleich mit anderen Bundesländern -, wir bräuchten ihn zur Schuldenaufnahme. Das ist schlicht falsch.

Wenn wir beim Vollzug unseres bestehenden Haushalts in Unterdeckungen laufen - wovon leider coronabedingt auszugehen ist -, können wir diese auch durch Kreditaufnahmen ausgleichen. Diese Rechtslage weicht durchaus von der in anderen Bundesländern ab. Deshalb ist ein direkter Vergleich der schlichten Zahlen, wer wann was beschließt, so nicht sinnvoll. Dafür brauchen wir also keinen Nachtragshaushalt. Wir bräuchten ihn aber dann, wenn wir neue Mehrausgaben haben und das Volumen des bestehenden Nachtragshaushalts dafür nicht mehr ausreicht. Bisher ist dies nicht der Fall. Ob das so bleibt, werden wir sehen.

Die Idee, losgelöst von Bundes- und Europrogrammen ein eigenes Konjunkturprogramm des Landes loszutreten - so könnte man in Teilen die Begründung des Antrags verstehen -, würde zwar tatsächlich einen Nachtragshaushalt erfordern. Sie ist aber wenig sinnvoll, da eine nachhaltige Wirkung solcher isolierten Bemühungen nicht zu erwarten ist. Was wir tatsächlich brauchen und auch tun, das ist gezielte Hilfe immer dort, wo diese erforderlich ist. Dabei kann man sich gut in Diskussionen begeben, ob man dort jeweils genug getan hat und ob es so angemessen war.

Corona als Vorwand zu nehmen, um mehr Schulden aufzunehmen als nötig, und das dann in euphemistisch als „Sondervermögen“ bezeichneten Schattenhaushalten zu parken - das ist letztlich Ihr Vorschlag -, ist erfrischend offenherzig, aber rechtswidrig.

(Beifall)

Die Kritik im Antrag am kurzen Tilgungszeitraum kann ich nachvollziehen. Eine kurzfristige Rückführung einer gegebenenfalls im laufenden Haushalt oder in der Zeit danach erfolgenden Kreditaufnahme ist zumindest ambitioniert. Praktische Auswirkungen hat diese Frage jetzt jedoch nicht. Sie ist ohnehin mit der Vorlage der neuen Haushalte und der Planung durch den Landtag zu entscheiden.

Im Übrigen ist das überhaupt keine rasend innovative Forderung. Von unseren Schulden der Jahre 1990/1991 - das ist jetzt 30 Jahre her - haben wir exakt 0 € getilgt. Die jetzt von der Fraktion DIE LINKE angepeilte vollständige Tilgung innerhalb von 30 Jahren ist dagegen fast von einer neoliberalen Hektik umweht.

(Heiterkeit - Zustimmung)

Mit dem letzten Punkt - der Bund soll die Probleme bezahlen - wärmt man natürlich das Herz eines jeden Landesfinanzers. Das ist klar. Möglicherweise stößt das auf der Bundesebene auf Bedenken. Ich merke es an. In diesem letzten Punkt wirft die Fraktion DIE LINKE - das ist dem Antrag zugutezuhalten - die berechtigte und auch soziale Frage auf, wie wir als Gesamtgesellschaft mit den jetzt entstehenden Lasten umgehen, auf welche Schultern wir die Lasten wie verteilen. Für einen umfassenden, abschließenden und konkreten Zahlungsplan in diesem Sinne ist es, meine ich, im Moment zu früh. Dass dafür die sprichwörtlich starken Schultern gefragt sein müssen, halte ich aber tatsächlich für ein Erfordernis.

Insgesamt richtet sich der Antrag - seine Überschrift macht es deutlich - vor allem auf das beginnende Wahlkampfgeschehen. Solche Anträge werden wir in nächster Zeit vermutlich öfter sehen. Das ist legitim, wenn auch in der parlamentarischen Praxis vielleicht nicht hundertprozentig hilfreich.

Ich werbe für eine Ablehnung des vorliegenden Antrages.

(Zustimmung)

Vielen Dank, Herr Meister. Es gibt eine Wortmeldung.

(Zuruf)

- Ja, Sie sind bereit. - Herr Abg. Gallert, Sie können jetzt Ihre Frage stellen.

(Olaf Meister, GRÜNE: Wir sind für unsere Sachlichkeit berüchtigt, ja!)

Sie haben jetzt das Wort, Herr Abg. Gallert.

Herr Meister, das ist unabhängig davon, wie man Formulierungen interpretieren kann und gewollte Missverständnisse aufbaut, auch immer lustig.

Am Ende des Tages ist doch entscheidend: Wie beantworten wir die Frage, die Sie gerade am Ende Ihres Redebeitrages offen gelassen haben, nämlich wer bezahlt wie diese Krise? Die Formulierung „starke Schultern müssen mehr tragen als schwache“ liegt auf einer solchen Abstraktionsebene, dass wir alle bequem darunter hindurch kommen.

Die Frage ist doch: Welches sind die Vorstellungen der GRÜNEN zur zukünftigen Verteilung der Lasten, die jetzt durch Defizite entstehen? Wie stehen Sie zu einer Vermögensabgabe? Wenn Sie dafür sind, auf welche Vermögen soll diese erhoben werden? Wie stehen Sie zu einer weiteren

Flexibilisierung der Schuldenaufnahme? Wie stehen Sie zur Kürzung von öffentlichen Haushalten?

Das sind die entscheidenden Fragen. Vielleicht können Sie mir diese kurz in zwei Minuten konkret beantworten,

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)

und zwar unterhalb der Abstraktionsebene, dass wir doch alle für „gut“ sind. Damit wäre mir sehr geholfen. - Danke.

Herr Meister, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Gallert! Ich weiß nicht, wo das bewusste Missverständnis gewesen sein soll.

(Zuruf)

Ich habe es so zitiert, wie ich es wahrgenommen habe. Dann müssten Sie mich gegebenenfalls konkret darauf hinweisen.

Wir diskutieren natürlich über die Situation im Land Sachsen-Anhalt. Ich bin jetzt nicht in der Lage, Ihnen die starke Schulter zu präsentieren, über die ich sage: Darauf verteilen wir die Last wie folgt.

Ich stehe für einen finanzpolitisch starken Staat, der in der Lage ist, das, was erforderlich ist, auch tatsächlich zu leisten, sei es im Gesundheitssystem, sei es in der Sicherheit, also die gesamte Rubrik. Insofern möchte ich keine Kürzungen erleben, die unsere Handlungsfähigkeit beeinträchtigen. Wenn ich das nicht will, dann muss fairerweise sagen, dass ich das über Steuern finanzieren will. Wenn ich sage, ich möchte das über Steuern finanzieren - darum drückt man sich auch gerne; das höre ich von Ihnen auch nicht; doch, Sie haben es im Antrag in der Begründung stehen -, dann muss ich auf der Bundesebene - dort werden die Steuern erhoben - sagen, wohin die Reise geht.

Zu der Frage, wie die Coronalasten konkret verteilt werden sollen, muss ich passen. Es tut mir leid, aber ich werde jetzt keine konkrete Antwort geben können im Sinne von: Ab folgendem Einkommen erwarte ich folgenden Einkommenssteuersatz und folgende Millionenbeträge.

(Zuruf von Wulf Gallert, DIE LINKE)

- Nein, das kann ich Ihnen hier jetzt nicht bieten. Ich kann Ihnen nur die Richtung nennen, in die wir wollen. - Danke.

Vielen Dank, Herr Meister. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion