Laut § 13 soll es den Jugendlichen ermöglicht werden, religiöse Speisevorschriften zu befolgen; so soll es sein. Dieser Paragraf müsste aber wenigstens unter einen Aufwands- oder Kapazitätsvorbehalt gestellt werden, was nicht heißt, dass auf religiöse Speisen verzichtet werden muss. Es bedeutet nur, dass persönliche Befindlichkeiten nicht der Maßstab sein können. Wie stellen sich diese Herren das vor? Nicht nur Halal-Speisen, sondern dann auch in HalalTöpfen oder Speisen konsequenterweise durch Halal-Köche zubereitet? Oder dann im Ramadan auch nicht tagsüber essen, wie es bei uns üblich ist, sondern dann macht die Küche nachts auf? - Ich weiß es nicht.
Frau Keding, sind Sie anwesend? - Ja. Sie sind doch eine intelligente Frau. Auch Ihnen müsste einleuchten, dass das ein unverhältnismäßiger Aufwand wäre, zumindest in unseren Augen.
Laut § 14 werden den Jugendlichen schulische und berufliche Entwicklungsmaßnahmen angeboten. Ja, wie jetzt, frage ich mal. Können sich dann notorische Schulschwänzer aussuchen, ob sie diese Angebote annehmen oder nicht? Angebote kann man, muss man aber nicht annehmen. Wohin soll das führen? - Dann können wir dem Straffälligen auch gleich freistellen, ob er den Arrest überhaupt antritt.
Was sagte der erfahrene Anstaltsleiter aus dem MJ im Ausschuss? - „‘Angebot‘ ist schon eine ganze Menge“, war er der Meinung, „mehr kann man nicht verlangen.“ - Doch, mein Herr, kann man und muss man. Es muss eine Pflicht sein, schulpflichtige Jugendliche zu beschulen, solange sie sich im Jugendarrest befinden.
Unsere letzte Änderung in § 20 richtet sich - das möchte ich hier deutlich betonen - nicht an katholische Priester oder an evangelische Pfarrer, auch nicht an jüdische Rabbis, nein, sie richtet sich an islamische Geistliche.
Auf die Frage, wie die Landesregierung sicherstellen will, dass moslemische Jugendliche zum Beispiel nicht durch islamische Seelsorger im Arrest radikalisiert werden und ob diese Geistlichen einer, ich sage mal, behördlichen Sicherheitsprüfung unterzogen werden, meinte der MJ-Vertreter, dass er „schon mehrere Anstalten geleitet“ hat, „aber noch nie Probleme mit dieser Religion hatte“. Gott sei Dank, sage ich dann, gibt es mit dieser Religion - ja, eigentlich weltweit - keine Probleme.
Ich möchte betonen, dass diese drei Forderungen in unserem Änderungsantrag lediglich Mindestanforderungen unsererseits sind.
Abschließend möchte ich hervorheben: Wem unsere Regeln oder Vorschriften auch im Jugendarrest nicht passen, der möge sich doch gern so verhalten, dass er mit einem Arrest erst gar keine Bekanntschaft schließt. Oder - dies nur als Angebot - er könnte alternativ in ein Land seiner Wahl reisen, in dem religiöse Glaubens- oder Speisevorschriften Staatsdoktrin sind. - Vielen Dank auch dafür, dass Sie unserem Änderungsantrag zustimmen.
Fragen sehe ich keine. Dann danke ich Herrn Höse für den Redebeitrag. - Für die SPD spricht die Abg. Frau Schindler. Frau Schindler, Sie haben jetzt das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Schon als die Landesregierung im vergangenen Jahr den vorliegenden Gesetzentwurf hier einbrachte, betonte ich, dass es sich um eine längst überfällige Regelung handelt; denn es ist bekannt, dass wir schon in der letzten Legislaturperiode über die Frage der Regelung des Jugendarrestes gesprochen haben, dabei aber zu keinem Ergebnis gekommen sind. Deshalb ist es umso erfreulicher, dass wir das in dieser Legislaturperiode geschafft haben.
Mit dem Gesetz für die landesrechtliche Ebene haben wir endlich Klarheit in dem Sachverhalt geschaffen, welcher für die betroffenen Jugendlichen und Heranwachsenden doch einen erheblichen Grundrechtseingriff darstellt. Ich möchte an der Stelle betonen: Die Arrestanten sind keine Strafgefangenen. Es handelt sich beim Jugendarrest nicht um eine mildere Alternative zum Strafvollzug.
Für die Betroffenen ist es trotzdem ein klarer Einschnitt in das bisherige Leben und damit ein Warnsignal, was bedeutet: Bis hierher und nicht weiter! Jedem Arrestanten muss die Bedeutung der von ihm begangenen Taten sowie der entsprechenden Schäden klar werden. Hierbei ist es jedoch - anders als im Strafvollzug - auch nicht nur die reine Sanktionsmaßnahme. Aus diesem Grund begrüßen wir die in den §§ 4 und 5 formulierten erzieherisch gestalteten Vorkehrungen des Jugendarrests.
Der Arrest soll die Arrestanten in die Lage versetzen, ihr Verhalten zu reflektieren, Unterstützung anzunehmen und schließlich die Probleme in eigener Verantwortung zu lösen. Es handelt sich dabei letztendlich um Maßnahmen, die
Es ist aus unserer Sicht dabei bedauerlich, dass in dem vorliegenden Gesetzentwurf einige Maßnahmen dem pädagogisch angelegten Auftrag des Jugendarrests nicht entsprechen.
Insbesondere die Möglichkeit einer Unterbringung von Arrestanten in einem sogenannten besonders gesicherten Arrestraum gemäß § 24 Abs. 2 stellt keine angemessene Maßnahme im Jugendarrest dar. Wir haben in der Anhörung und in der nachfolgenden Diskussion sehr intensiv darüber beraten. Wir haben den Gesetzentwurf an dieser Stelle insoweit abmildern können, als die Aufenthaltsdauer im gesonderten Arrestraum auf sechs Stunden reduziert wird; das war eine kleine Korrektur.
Wir hätten uns an mancher Stelle mehr gewünscht. Dennoch können und möchten wir dem Gesetzentwurf zustimmen. Wir sind zufrieden, dass dieses jetzt endlich zu einem Abschluss kommt. Ich bitte daher um Zustimmung zu den beiden Beschlussempfehlungen. Den Änderungsantrag der AfD lehnen wir ebenso wie schon im Ausschuss ab. - Vielen Dank.
Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Schindler für ihren Redebeitrag. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht nun die Abg. Frau von Angern. Frau von Angern, Sie haben jetzt das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wie Sie wissen, lehnen wir als Fraktion DIE LINKE das Instrument des Jugendarrestes ab,
das auch nicht erst seit gestern, sondern schon seit Längerem. Ich sage auch ganz klar: Wir sehen das als Instrument, das nachgewiesenermaßen fehlgeht, das also nicht den Erfordernissen oder den Problemen gerecht wird, die die Jugendlichen oder auch Heranwachsenden haben.
Nichtsdestotrotz - deswegen enthalten wir uns heute auch der Stimme zu dem Gesetzentwurf - bedarf es einer gesetzlichen Grundlage, und das tatsächlich nicht erst seit der letzten Wahlperiode, sondern bereits seit 2006. Die beiden Herren, die vor mir sitzen, waren zu der Zeit noch Mitglieder des Rechtsausschusses. Damals hatte der BGH
geurteilt, dass jeder Grundrechtseingriff einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Ich finde, es ist ein Armutszeugnis, dass wir bis ins Jahr 2020, also 14 Jahre, gebraucht haben, um in diesem Bereich tatsächlich eine gesetzliche Grundlage für den Vollzug zu schaffen.
Sie wissen, wir hatten bereits in der letzten Wahlperiode einen Gesetzentwurf zu dieser Thematik vorgelegt. Ich fand, es war der bessere Gesetzentwurf; aber darüber lässt sich auch politisch streiten. Ich bedauere, dass viele Punkte, die in der Anhörung im Rechtsausschuss eine Rolle gespielt haben, insbesondere auch zur Prävention, zu Frühen Hilfen, zur Nachsorge für die Jugendlichen, keinen Einzug in den Gesetzentwurf gefunden haben. Aber schlussendlich haben Sie das zu vertreten.
Ich bedauere auch einmal mehr, dass unser Antrag heute mit einer großen Mehrheit abgelehnt werden wird. Die Begründung im Ausschuss war, dass er nunmehr erledigt sei. Das sehe ich ausdrücklich nicht so. Ich denke, darin sind wir uns auch einig; denn spätestens bei der großen Baustelle Schulgesetz Sachsen-Anhalt müssen wir uns nach wie vor dieser Situation stellen:
Wir haben es mit einer Ordnungswidrigkeit zu tun, wenn sich Jugendliche der Schule verweigern. Wir zeigen dabei den harten Staat, der sich anschickt, eine tatsächlich mögliche und im Raum stehende Maßnahme zu treffen, um den Jugendlichen zu helfen. In diesem Zusammenhang schaue ich auf die aktuelle Debatte, die vom Ministerpräsidenten losgestoßen worden ist zu dem Thema, kein Bußgeld für Massenverweigerer zu erheben. Dabei geht es um den Schutz von Menschen; dazu gibt es keine Alternativen. Für Schulverweigerer gibt es sehr wohl und vor allem sehr wohl sinnvollere Alternativen. Insofern ist es ein völlig falsches Signal in die Bevölkerung hinein.
Wir werden an dem Thema dranbleiben; das kann ich Ihnen versprechen, nicht zuletzt, weil uns auch die Europäische Union bei den europäischen Grundsätzen für die von Sanktionen und Maßnahmen betroffenen jugendlichen Straftäterinnen sehr deutliche Worte ins Stammbuch geschrieben hat.
Wir werben auch weiterhin, auch in der nächsten Wahlperiode, darum, dass eben nicht am Standort Roter Ochse festgehalten wird, dass es eine klare Trennung von Jugendarrest und Strafvollzug in Sachsen-Anhalt gibt, dass wir auch freie und andere Formen von Jugendarrest finden. Dazu gibt es gute Ideen in anderen Bundesländern. Ich bedauere, dass insoweit bei Ihnen wenig Kreativität an den Tag gelegt wird. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau von Angern für ihren Redebeitrag. - Für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel. Herr Striegel, Sie haben jetzt das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Jugendarrest stellt einen unter Umständen gewichtigen Grundrechtseingriff dar. Deswegen ist es richtig, dass wir ihn endlich auf eine tragfähige gesetzliche Grundlage stellen. Der vorliegende Gesetzentwurf liefert brauchbare Ansätze; dennoch ist der Jugendarrest in dieser Form kein grünes Herzensprojekt. Es steht auch weiterhin zu befürchten, dass der Jugendarrest weniger als pädagogische Maßnahme denn als Strafe empfunden wird und so sein Ziel verfehlt. Die Kollegin Frau von Angern hat auf die Probleme verwiesen.
Mich beschleichen angesichts der Ausgestaltung und der Situation der Arrestdurchführung grundsätzliche Zweifel, ob ein Arrest von einigen Tagen oder Wochen dem gesetzten Ziel genügen kann. Schaut man sich die eingegangenen Stellungnahmen und das Protokoll über die mündliche Anhörung zu diesem Gesetzentwurf an, dann stellt man fest: Alle Stellungnahmen aus der pädagogischen Praxis durchzieht ein sehr skeptischer Grundton. Die Einschätzungen bewegen sich oft zwischen den Begriffen - ich zitiere - „wirkungslos“ bis hin zu „unter Umständen sogar schädlich“. In Teilen sehe ich das ähnlich.
Ich glaube allerdings auch, dass der Jugendarrest, zeitnah und als Ultima Ratio angewandt, in Einzelfällen einen richtigen Anstoß geben kann, dies aber nur dann, wenn er eben nicht als Schuss vor den Bug, sondern pädagogisch durchdacht und mit nachhaltigen Anschlussmöglichkeiten für die Jugendlichen vollzogen wird. Das allerdings schaffen wir nicht, wenn wir eine Haftstrafe light verhängen. Ich bin deshalb froh, dass wir im parlamentarischen Verfahren zum Beispiel die Absonderung in einen gesondert gesicherten Haftraum von 24 auf sechs Stunden verkürzt haben.
Ganz grundsätzlich aber müssen wir uns klarmachen: Als Gesellschaft fahren wir allemal besser, wenn wir den Fokus mehr auf Prävention legen. Der Jugendarrest greift offensichtlich in vielen Fällen erst dort, wo das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Die vorliegenden Defizite in der Entwicklung der Betroffenen auszugleichen ist wesentlich schwerer, als im Vorhinein besser hinzuschauen und stützende Angebote zu unterbreiten. Hiermit können wir wirklich gewinn
Auch hierzu sehe ich keine Fragen. Dann danke ich Herrn Striegel für den Redebeitrag. - Für die CDU spricht jetzt der Abg. Herr Sturm. Herr Sturm, Sie haben jetzt das Wort.
Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Für den Vollzug des Jugendarrestes besteht in Sachsen-Anhalt derzeit keine eigene Rechtsgrundlage. Die nähere Ausgestaltung des Jugendarrestes erfolgte bislang nur durch die Jugendarrestvollzugsordnung, eine bundeseinheitliche Rechtsverordnung aus den 70er-Jahren.
Die Situation ist verfassungsrechtlich sehr unbefriedigend und wird der Bedeutung des Jugendarrestes nicht gerecht. Daher wollen wir heute in Umsetzung der Koalitionsvereinbarung den Ihnen vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zum Vollzug des Jugendarrestes beschließen. Dieser Entwurf wird nach Auffassung meiner Fraktion dem gemeinsamen Vorhaben gerecht, einen Rechtsrahmen für einen humanen und zeitgemäßen Jugendarrest in Sachsen-Anhalt zu schaffen. Auch bei diesem Vorhaben hat es sich bewährt, landeseigene Regelungen und Grundlagen eines Musterentwurfs einer Länderarbeitsgruppe zu erarbeiten. Der Gesetzentwurf regelt die wesentlichen Eingriffsermächtigungen sowie die Gestaltung des Vollzugs.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Jugendarrest ist keine Strafe im rechtlichen Sinne, sondern ein Zuchtmittel. Er wird verhängt, wenn eine Verwarnung oder eine Erteilung von Weisungen und Auflagen nicht mehr ausreichen, um einem Jugendlichen begangenes Unrecht vor Augen zu führen. Aus der Sicht meiner Fraktion ist insbesondere der sogenannte Warnschussarrest ein geeignetes Mittel, eine Verhaltensänderung herbeizuführen, indem erstmals Verantwortung für das Handeln übernommen werden muss.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die neuen gesetzlichen Grundlagen verfolgen vordergründig das Ziel, junge Menschen für ein eigenverantwortliches Leben zu befähigen, insbesondere im Hinblick auf einen strukturierten Tagesablauf. Daneben kommen der Stärkung der Sozialkompetenz, der Vermittlung von Werten und der Befähigung zu einer gewaltfreien Streitbeteiligung besondere Bedeutung zu.
Am Anfang steht natürlich die umfassende systematische und fundierte Anamnese, um den komplexen und vielschichtigen Problemen der Jugendlichen während der oft kurzen Aufenthaltsdauer gerecht werden zu können. Behandlungsmaßnahmen, etwa intensive Gespräche in Einzel- und Gruppen-Settings, werden festgeschrieben.
Meine Fraktion ist davon überzeugt, dass die neuen gesetzlichen Grundlagen geeignet sind, den jungen Arrestanten den nötigen Impuls für eine veränderte Lebenseinstellung zu geben. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung. - Vielen Dank.
Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren. Ich schlage vor, als Erstes über den Änderungsantrag der AfD-Fraktion in der Drs. 7/6727 abzustimmen. Wer für diesen Antrag stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das die AfD Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Regierungskoalition und die Fraktion DIE LINKE. Stimmenthaltungen? - Eine Stimmenthaltung eines fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden.