etwas dünn. - Die Koalitionsfraktionen haben sich durchgerungen. Wer ist gegen die Beschlussempfehlung des Ausschusses? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der AfD. Damit ist der Beschlussempfehlung sogar einstimmig zugestimmt worden und der Tagesordnungspunkt 20 beendet.
Einbringerin für die Fraktion DIE LINKE ist die Abg. Frau Heiß. Frau Heiß erhält hiermit das Wort. Bitte.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Am 16. März wurde dem Sozialausschuss der Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung übergeben. Am 2. September dieses Jahres wurde er dann tatsächlich im Sozialausschuss behandelt.
Der Bericht, der laut Gesetz in der Mitte der Legislaturperiode hätte vorgelegt werden sollen, kam tatsächlich anderthalb Jahre zu spät. Das sind anderthalb Jahre, in denen die Landesregierung längst hätte tätig werden können, hätte Maßnahmen ergreifen können, um die Situation junger Menschen in diesem Land zu verbessern.
Was bisher mit diesem Bericht passiert ist, ist Folgendes: Er wurde dem Sozialausschuss übergeben, einige der Ausschussmitglieder haben die 467 Seiten tatsächlich gelesen, die Staatssekretärin hat ihn im Ausschuss kurz vorgestellt und wir haben darüber diskutiert. Danach ist er wieder in der Schublade verschwunden.
Das ist uns zu wenig. Daher wollen wir den Bericht und dessen Erkenntnisse noch einmal in den Fokus stellen. Denn eine kurze Diskussion im Ausschuss kann nicht alles sein, was mit den teuer erkauften 467 Seiten passieren kann.
Der Kinder- und Jugendbericht soll die Situation der Kinder- und Jugendlichen im Land darstellen, aber auch die Bestrebungen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe aufzeigen. Er soll Vorschläge zur Weiterentwicklung der Jugendhilfe
machen und einen Überblick über die jugendpolitischen Zielvorstellungen der Landesregierung geben. Erstmals wurde dafür ein externer Dienstleister beauftragt.
Den gesetzlichen Ansprüchen ist der Bericht durchaus gerecht geworden. Kritisieren kann man Inhalt, Art und Weise des Berichts natürlich immer, aber insgesamt lässt sich sagen, dass sich die externe Beauftragung durchaus gelohnt hat. Gerade die Interviews mit den Fachkräften und die Befragungen junger Menschen haben einen deutlichen Qualitätssprung gebracht.
Warum jedoch der Bericht nach der Fertigstellung durch den externen Dienstleister noch ein Jahr lang im Ministerium überprüft werden musste, ist uns nicht verständlich und konnte auch im Sozialausschuss nicht abschließend geklärt werden. Das wird wohl ein Rätsel bleiben.
Der siebente Kinder- und Jugendbericht hat den Fokus „Jugend“. Er zeigt deutlich, dass sich die Situation junger Menschen in Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren nicht verbessert hat. Er zeigt auch, dass die Landesregierung wenig zur Verbesserung getan hat. Im Bericht zeigen sich Defizite in unterschiedlichen Bereichen, von der Jugendarbeit über den Ausbildungsmarkt bis hin zum Jugendmedienschutz.
Im Bericht wurden unter anderem folgende Dinge festgestellt: Die Hälfte der jungen Menschen ist nicht zufrieden mit Freizeit- und Beteiligungsmöglichkeiten in ihrer Umgebung. Es herrscht in vielen Bereichen der Jugendhilfe Fachkräftemangel, und die Fachkräfte, die noch da sind, sind prekär beschäftigt und unterbezahlt.
Es herrschen im Bereich der Jugendarbeit sehr unterschiedliche Bedingungen in den Regionen des Landes. Im ländlichen Raum gibt es einen Abbau von Strukturen, in den Städten einen Erhalt und manchmal sogar leichte Verbesserungen. Die strukturelle und personelle Situation im Jugendschutz wird als katastrophal bezeichnet. Das ist eine ganze Menge Holz. Und um mal im Forstvokabular zu bleiben: Das Holz liegt schon eine lange Zeit herum und es wird nicht besser. Es muss etwas damit passieren.
Wer sich zum Vergleich die vorherigen Kinder- und Jugendberichte und die diversen Kleinen Anfragen meiner Fraktion anschaut, der stellt fest, das sind alles keine neuen Erkenntnisse, wir wussten das schon vor etlichen Jahren. Es ist in der Zwischenzeit nur wenig passiert.
Zu dem Wenigen, was getan wurde, gehören die Verankerung einer zweiprozentigen Dynamisierung im KJHG, die nicht mal die regelmäßigen Tariferhöhungen abbildet, die Schaffung des Kompetenzzentrum „Jugend und Kommune“ in Stendal, obwohl mit dem Kinder- und Jugendring
seit Jahrzehnten ein zuverlässiger und erfahrener Akteur solche jugendpolitischen Schwerpunkte bearbeitet, die Weiterführung der Schulsozialarbeit, die aber genau genommen gar nicht zur Jugendhilfe gehört.
Die Liste dessen, was Sie sich laut Koalitionsvertrag vorgenommen, aber nicht umgesetzt haben, ist übrigens deutlich länger. Die Liste dessen, was außerdem noch zu tun wäre, würde diese Debatte sprengen.
An dieser Stelle hätte ich übrigens in meiner Ursprungsrede gesagt, dass Sie in Ihren Reden ganz bestimmt mit dem Jugendpolitischen Programm um die Ecke kämen, wie Sie es auch im Sozialausschuss getan haben. Dann kam gestern Ihr Alternativantrag auf den Tisch geflattert. Er sagt schon in seiner Art und Weise sehr viel aus.
Unser Antrag zum Kinder- und Jugendbericht war einer der ersten Anträge, der für diese Landtagssitzung eingereicht wurde. Das war vor 14 Tagen. Und Sie kommen einen Tag vor dieser Debatte mit so einem lieblosen Antrag um die Ecke? - Er wirkt so, als hätte sich gestern schnell jemand hingesetzt und die Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zusammengesucht. Noch mehr kann man sich kaum entlarven.
Sie argumentieren, dass mit dem Jugendpolitischen Programm alles gut werden wird, ein Programm, das sechs Monate vor der Wahl fertiggestellt wird. Welchen Effekt soll das bitte in den kommenden Monaten noch entfalten? - Es verkommt zu einem Haken an Ihrer Vorhabenliste aus dem Koalitionsvertrag. Inhaltlich ist damit in dieser Legislaturperiode nichts gewonnen.
Können dadurch mehr Jugendliche an Projekten teilnehmen? Sind dadurch die Bedingungen von Fachkräften verbessert worden? Haben Sie dadurch junge Menschen politisch beteiligt, ihnen eine bessere Perspektive gegeben? - Nein, nichts davon. Sie agieren rein auf der theoretischen Ebene. Was von all den Erkenntnissen und Papieren tatsächlich umgesetzt wird, überlassen Sie Ihren Nachfolgern.
Herr Krull sagte es im Sozialausschuss ganz deutlich: Die vielen Schlussfolgerungen müssen im zukünftigen Koalitionsvertrag Niederschlag finden. - Aha! Kann es sein, dass Sie gar nicht ernsthaft vorhatten, in dieser Legislaturperiode etwas zu tun? - Denn Sie wissen ja, dass die Menschen in der Kinder- und Jugendarbeit sehr langmütig sind, mit wenig Geld viel bewirken, mit befristeten, schlecht bezahlten Jobs auskommen, in Gebäuden mit undichten Fenstern und Dächern arbeiten, mehrere Jugendklubs gleichzeitig betreuen und natürlich bei Seminaren alle Qualitätsvorschriften und -richtlinien einhalten.
Und wenn die jungen Menschen auf dem Domplatz für das Klima protestieren, können sie sich ja nicht gleichzeitig darüber aufregen, dass ihr Jugendklub zugemacht wurde: in Schönebeck, in Biederitz, in Zerbst, in Weißenfels.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie müssen jetzt handeln. Es ist höchste Zeit, den jungen Menschen im Land und den Fachkräften eine Perspektive zu geben. Dafür braucht es unmittelbare, langfristige und nachhaltige Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel, insbesondere durch unbefristete Verträge und tarifgerechte Bezahlung,
verbindliche qualitative und quantitative Mindeststandards für die örtliche Jugendhilfeplanung, systematische und aufeinander bezogene Maßnahmen zur Armutsprävention, die Initiierung einer digitalen Ausstattungsoffensive für Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit, die Entwicklung von personellen Mindeststandards für den erzieherischen Kinder- und Jugendschutz in den Landkreisen und die Festsetzung des Jugendmedienschutzes als verbindlichen Bestandteil der örtlichen Jugendhilfeplanung. Das sind nur wenige notwendige Handlungsfelder. Im Bericht selbst werden noch deutlich mehr Themen angesprochen.
Die Handlungsnotwendigkeiten sind überwältigend und dringend. Sie dürfen nicht weiter abwarten, weitere Schleifen drehen und dabei zusehen, wie Strukturen verloren gehen. Die letzten Sozialausschusssitzungen, in denen wir uns mit Kinder- und Jugendthemen beschäftigt haben, zeigten deutlich Ihr Desinteresse. Es ist schade, dass Sie sich im Zuge solcher Sitzungen nicht den Fragen und Sorgen der ehrenamtlichen und engagierten Fachkräfte stellen. Vielleicht würden Sie die Brisanz des Themas dann noch besser einschätzen können.
Somit bleibt nur folgendes Urteil: Diese Legislaturperiode ist jugendpolitisch ein Reinfall. - Herzlichen Dank.
Warten Sie, Frau Heiß. Sie haben noch die Möglichkeit, wenn Sie es wollen, eine Frage von Herrn Erben zu beantworten. - Das nehmen Sie gern wahr. Dann hat Herr Erben die Chance, seine Frage zu stellen.
Frau Kollegin Heiß, vermutlich gehöre ich zu der Minderheit, die Ihnen hier im Haus angestrengt zugehört hat. Ich habe es getan.
Sie haben erwähnt, dass Sie a) über die aktuelle Legislaturperiode des Landtages reden. Und b) haben Sie darüber berichtet, dass in Weißenfels ein Jugendklub geschlossen worden sei. In Schönebeck mag das so gewesen sein. Können Sie mir sagen, welcher Klub das war? - Ich kenne dort nämlich keinen Klub, der geschlossen worden ist.
Es gibt mehrere Artikel in der „Mitteldeutschen Zeitung“, in der darüber berichtet wurde, dass in Weißenfels in den vergangenen Jahren mehrere Jugendklubs geschlossen worden sind - ich glaube, es war die Rede von drei Klubs -, dass nur noch einer da ist und dass der zu wenig für die Jugendlichen ist. Wie die geschlossenen Klubs genau heißen, weiß ich nicht. Aber ich kann Ihnen die Artikel in der „Mitteldeutschen Zeitung“ gern zur Verfügung stellen.
Ihnen ist aber schon bewusst, dass es bei dieser Berichterstattung um die Schließung von Jugendklubs und um die Neuformierung geht, was teilweise ein Jahrzehnt und länger, teilweise eher zwei Jahrzehnte zurückliegt. Sie haben das hier aber ein wenig anders dargestellt. Deswegen hätte ich ganz gern von Ihnen gewusst, um welches Objekt es sich hier gehandelt hat.
Ich nehme zur Kenntnis, Herr Erben, dass Sie in dem Glauben gewesen sind, ich hätte Ihnen noch einmal das Wort erteilt. - Punkt 1. Punkt 2. Deshalb hat jetzt Frau Heiß die Möglichkeit, Ihnen noch einmal zu antworten. Aber glauben Sie mir, ein drittes Mal werden Sie damit nicht mehr rechnen können. - Bitte, Frau Heiß.
Herr Erben, dass es eine lange Phase des Niedergangs von Jugendeinrichtungen gibt, das ist uns, glaube ich, beiden bewusst. Dass auch die Anzahl der Jugendlichen, gerade im Burgenlandkreis, in den letzten 20 Jahren nicht eklatant gesunken ist, konnte man in dem Artikel auch nachlesen. Das heißt, es ist ein Problem. Die Jugendklubs sind zu wenig für die dort noch wohnenden Kinder und Jugendlichen. Wann die Klubs genau geschlossen wurden, ob das vor fünf Jahren oder vor zehn Jahren war, ist, glaube ich, für die jetzt dort lebenden Jugendlichen egal, denn es gibt nur einen Jugendklub.
Danke. Das war es dann. - Wir haben jetzt die Debatte zu diesem Antrag. Da spricht als Erste für die Landesregierung Frau Ministerin GrimmBenne. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Herzlichen Dank. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Mit dem siebenten Kinder- und Jugendbericht hat die Landesregierung erstmals einen Bericht vorgelegt, der nicht nur die Leistungen und Vorstellungen der Landesregierung im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik darstellt, sondern der auch die Perspektiven der Adressaten sowie der Träger der örtlichen Jugendhilfe sowie der Träger der freien Jugendhilfe aufgreift. Damit ist aus meiner Sicht eine deutliche qualitative Verbesserung der Berichterstattung erreicht worden. Der Aufforderung der Fraktion DIE LINKE, den Bericht ernst zu nehmen, bedarf es daher nicht; denn das haben wir seit Beginn seiner Erstellung getan.
Die Erwartung der antragstellenden Fraktion, dass die in dem Bericht enthaltenen Vorschläge und Handlungsempfehlungen nur noch in einen Handlungskatalog übersetzt werden müssten, über dessen Umsetzung dann nach wenigen Wochen berichtet werden könnte, halte ich für kaum seriös.
Ich verstehe den Bericht vielmehr so, dass er eine Vielzahl von fundierten Vorschlägen beinhaltet, die in einem weiteren Schritt zu konkretisieren und auf ihre Umsetzungsmöglichkeiten hin zu überprüfen sind. Dass dabei aber auch die Experten in der örtlichen und freien Jugendhilfe einbezogen werden sollten, halte ich - insoweit stimme ich den Antragstellern zu - für sachgerecht.
Dies entspricht im Übrigen zwischenzeitlich zumindest dem selbstverständlichen Handeln des Sozialministeriums. Dass die Vorschläge und Empfehlungen des Kinder- und Jugendberichtes und auch des Berichtes über die Evaluierung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes des Landes Sachsen-Anhalt im Bereich der Förderung kommunaler Angebote nach den §§ 11 bis 14 SGB VIII dieser weiteren Bearbeitung bedürfen, kann am Beispiel der Zielgruppen-Reflexion mit Blick auf die Vielfalt in etablierten Freizeit- und Beteiligungsangeboten gezeigt werden.
Für die Erreichung des Ziels, ein möglichst breites Spektrum von Kindern und Jugendlichen anzusprechen, führt der Bericht aus, dass „regionalspezifische Jugendbefragungen, Sozialformanalysen oder auch Fortbildungen von Jugendhilfe