Protokoll der Sitzung vom 15.10.2020

Für die Erreichung des Ziels, ein möglichst breites Spektrum von Kindern und Jugendlichen anzusprechen, führt der Bericht aus, dass „regionalspezifische Jugendbefragungen, Sozialformanalysen oder auch Fortbildungen von Jugendhilfe

trägern und Ehrenamtlichen hilfreich“ sein können. Bereits aus der Vielzahl der aufgezeigten Handlungsmöglichkeiten wird deutlich, dass der Bericht selbst nicht den Anspruch erhebt, bestmögliche Handlungsansätze identifiziert zu haben, sondern sich vielmehr als Initiator eines weiteren Diskussionsprozesses versteht.

Unabhängig davon sind auch die dem vorliegenden Antrag zugrunde liegenden Schlussfolgerungen aus den Berichten leider nicht überzeugend. So liegt die tarifgerechte Bezahlung von Fachkräften in der Kinder- und Jugendhilfe in der Verantwortung der Arbeitgeber und nicht des Landes. Und das Land hat im Gegenteil anders, als Sie es ausgeführt haben, sehr wohl dort für seinen Anteil, der nicht gerade unerheblich ist, die tarifgerechte Bezahlung und immer wieder auch jede Steigerung in seinen Forderungen mit umfasst.

(Zustimmung)

Ich finde es ein bisschen schäbig, wenn das nicht dargestellt wird. Wir haben die Tarifsteigerung jetzt im Gesetz, auch für die Projekte und für die institutionellen Förderungen.

Und die Einhaltung qualitativer und quantitativer Mindeststandards für die örtliche Jugendhilfeplanung kann durch die Landesregierung bzw. Landesverwaltung nicht zur Voraussetzung der Auszahlung der Landesförderung nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes gemacht werden.

Sie wissen, dass wir schon in der letzten Legislaturperiode mit dem Landkreistag sowie mit dem Städte- und Gemeindebund darüber verhandelt haben, dass wir überhaupt erst mal eine Jugendhilfeplanung als Voraussetzung für die Auszahlung der Landesförderung haben müssen. Das ist uns, denke ich, erfolgreich gelungen.

Leichter zu realisieren dürften dagegen die Vorstellungen der Fraktion DIE LINKE sein, den Jugendmedienschutz als Bestandteil der Kinder- und Jugendhilfeplanung zu etablieren.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben Ihnen, ausgehend von dem vorliegenden Bericht, bereits im Ausschuss gesagt, dass dieser als Grundlage unseres weiteren Handelns angesehen wird. Wir haben Ihnen auch zugesichert, dass in die Erarbeitung des Jugendpolitischen Programms auch dieser Jugendbericht einfließen wird und sich dort weiterentwickeln wird. Wir haben Ihnen ferner zugesichert, dass das alsbald passiert, nicht erst im nächsten Jahr und nicht erst in der nächsten Legislaturperiode. - Herzlichen Dank.

(Beifall)

Frau Ministerin, es gibt eine Frage von Frau Heiß. Die kann sie jetzt auch stellen. - Bitte sehr, Frau Heiß.

Danke. - Ich habe sogar zwei Fragen. Frau Grimm-Benne, weil Sie sagten, dass wir jetzt, wenige Wochen, nachdem der Bericht im Sozialausschuss behandelt worden sei, bereits einen Forderungskatalog stellten, ist meine erste Frage: Der Bericht liegt dem Sozialministerium vom externen Dienstleister seit Ende 2018 vor. Was hat Sie in der Zeit zwischen 2018 und September 2019 davon abgehalten, die Empfehlungen, die dort getätigt wurden, zu berücksichtigen?

Die zweite Frage ist: Entspricht die zweiprozentige Dynamisierung in § 31 KJHG der vollständigen Höhe der letzten Tariferhöhung?

Bitte, Frau Ministerin.

Zur zweiten Frage, ob die Dynamisierung immer dem Tarifabschluss entspricht. Es ist ja immer zunächst eine Vorleistung. Es wird hinterher immer wieder geguckt: Was haben die Tarifpartner verhandelt? - Das wird dann sozusagen nachgereicht. Sie wissen auch, dass immer geguckt wird: Was wird erwartet? Was ist beim letzten Mal verhandelt worden? - Deshalb wird in zwei Jahren immer wieder auch nachjustiert. Das ist übrigens anhand der Petition deutlich geworden, in der Sie, glaube ich, zweieinhalb Prozent gefordert haben. Auch die tatsächlichen Tarifsteigerungen sind nachweisbar in den Bereich „Jugendförderung“ eingepreist worden.

Nun zu Ihrer ersten Frage. Das haben wir bereits sehr umfangreich ausgeführt. Auch die Staatssekretärin hat im Ausschuss die Gründe dafür dargelegt, warum das so spät gekommen ist. Das kann man nun beklagen oder wir können zusehen, dass wir bei diesen Handlungsempfehlungen schnellstmöglich in die Umsetzung gehen. Wir haben zugesichert, dass Sie schon die ersten Ergebnisse in diesem Jahr mitbekommen, wenn das Jugendpolitische Programm da ist.

Nein, Frau Heiß. Wir befinden uns in einer Dreiminutendebatte. Da können Fragen nur eine Minute in Anspruch nehmen. Ich lasse in einer Dreiminutendebatte pro Fraktion auch nur eine Frage zu. Deswegen sind wir nun am Ende,

denn aus den anderen Fraktionen gibt es keine Fragen. - Frau Ministerin, danke.

Wir können jetzt in die Debatte der Fraktionen einsteigen. Es beginnt auch hier wiederum für die Fraktion der CDU der Abg. Herr Krull. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration im Rahmen der Sitzung am 2. September umfänglich mit kinder- und jugendpolitischen Themen auseinandergesetzt. Dazu gehörte auch der siebente Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung.

Nicht zu Unrecht wird im vorliegenden Ursprungsantrag von den Antragstellern die verspätete Vorlage kritisiert. Das haben übrigens praktisch alle Fraktionen getan, die sich damals zu Wort gemeldet haben. Kritisch wurde auch reflektiert, dass das sehr umfangreiche Papier - wenn man die Anlagen rausrechnet mit rund 350 Seiten - nicht über eine kompakte Zusammenfassung verfügte.

Auf einige Kernaussagen des Kinder- und Jugendberichts sind Sie, Frau Heiß, hier sowohl in Ihrer Rede als auch im Antrag eingegangen. Im Ausschuss wurden diese und weitere diskutiert, genauso, dass sich der Inhalt grundsätzlich im Jugendpolitischen Programm des Landes Sachsen-Anhalt wiederfinden soll, welches derzeit erarbeitet wird; es klang schon an. Man kann jetzt beklagen, dass mal wieder alles zu spät ist. Und von dieser Möglichkeit haben Sie sowohl in Ihrem Antrag als auch in Ihrem Vortrag ausreichend Gebrauch gemacht.

Was Sie aber jetzt machen, meine sehr geehrten Damen und Herren der LINKEN, das ist schon nicht einmal mehr ein ambitionierter Zeitplan, sondern es ist einfach unrealistisch. Und das wissen Sie auch.

Auch wenn Sie von einem Dialog mit den örtlichen Trägern der Jugendhilfe sprechen, fordern Sie nicht weniger als einen massiven Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung, indem Sie verbindliche Personalschlüssel für die Jugendämter vorschreiben wollen. Ja, die Jugendämter in unserem Land sind unterschiedlich aufgestellt, was die Ressourcen betrifft. Das hat nicht zuletzt die Große Anfrage gezeigt, über die wir hier auch schon debattiert haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Allgemein sieht der Antragstext so aus, als ob der Forderungskatalog der freien Träger der Jugendhilfe Basis für diesen war. Das ist sicherlich ein Verfahren, das aus deren Sicht und auch aus der Sicht der Antragsteller nicht zu beanstanden ist.

Aber es ist halt ein Unterschied, ob Sie in der Opposition sind oder Regierungsverantwortung tragen. Denn wir sind nicht in der Lage, einfach immer neue finanzielle Forderungen aufzustellen. Wir als regierungstragende Fraktionen stehen in dieser Hinsicht vor der Herausforderung, die Bedarfe an die begrenzten finanziellen Möglichkeiten anzupassen.

In diesem Sinne haben wir als regierungstragende Fraktionen einen Alternativantrag vorgelegt, der den ganzen Sachverhalt auf eine realistische Ebene hebt. Dabei geht es um die Frage der Kinderarmut, die im Regelfall Familienarmut ist. In diesem Sinne sind für uns als CDU-Landtagsfraktion eine erfolgreiche Wirtschafts- und Ansiedlungspolitik und damit der Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen die besten Mittel zur Armutsbekämpfung, wobei man sich darüber streiten könnte, was man eigentlich als Armut in unserem Land definiert.

Wir wollen die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen stärken. An dieser Stelle möchte ich die Kommunen ausdrücklich ermuntern, die Chancen des § 80 KVG - Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen - noch stärker zu nutzen. Das Programm „Jugend und Kommune“ wurde hier schon mehrfach angesprochen.

Neben der Versorgung mit ausreichender Bandbreite für Internetanwendungen und der Verfügbarkeit von internetfähigen Endgeräten ist vor allem die Mobilität ein Thema für viele junge Menschen in unserem Bundesland.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind aber genauso realistisch, dass viele der angesprochenen Themen und noch viele weitere, zum Beispiel die in der vergangenen Woche gefassten Beschlüsse des Kinder- und Jugendrings, Teile einer inhaltlichen Ausrichtung der CDU-Alleinregierung im kommenden Jahr sein werden oder gegebenenfalls Teil eines Koalitionsvertrages.

In diesem Sinne bitte ich für heute um die Beschlussfassung zum vorliegenden Alternativantrag.

(Zustimmung)

Danke. Wir haben auch hierzu eine Frage von Frau Heiß. Wollen Sie die beantworten, Herr Krull?

Natürlich werde ich diese Frage beantworten.

Natürlich, sagt er. - Dann kann Frau Heiß sie natürlich auch stellen.

Vielen Dank, Herr Krull. - Ich habe eine Frage zu Ihrer Formulierung, dass die Erhöhung der Qualitätsstandards ein Eingriff in die kommunale Hoheit sei. Wie haben Sie das denn genannt, als - 2013 muss es gewesen sein - Qualitätsstandards im Bereich der Kinderförderung im Land etabliert wurden?

Herr Krull kann antworten.

Wenn wir als Land Standards festlegen, ist das natürlich immer ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Dabei müssen wir darüber reden, wie wir gemäß der Konnexität auch entsprechend finanzielle Mittel übertragen. Das ist ein altes Thema. Das jetzt aber kurz vor dem Ende zu bringen und einfach so einzugreifen - - Sie haben doch vorhin in einem Redebeitrag gehört, wie die kommunalen Spitzenverbände darüber denken. So etwas auf den Weg zu bringen, ohne es vorher auch einmal mit den kommunalen Spitzenverbänden diskutiert zu haben, halte ich für nicht gerechtfertigt.

Damit sind wir am Ende des Redebeitrags angelangt. Das gibt dem Abgeordneten der AfD, dem Herrn Wald, die Möglichkeit, sich langsam auf den Weg zu machen und das Wort zu ergreifen. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Landesregierung bekennt sich ausdrücklich zur Bekämpfung von Kinderarmut und deren Folgen. So steht es in der Beschlussrealisierung zur Bekämpfung von Kinderarmut, welche im Dezember 2019 veröffentlicht wurde. Heute, fast ein Jahr später, muss die Kenia-Koalition eingestehen, dass sie diesem Bekenntnis nicht gerecht geworden ist.

Erst vor wenigen Monaten habe ich die Landesregierung gefragt, wie es um die Kinderarmut in unserem Land bestellt ist. Die Zahlen sind erschütternd: Mehr als 16 % der Kinder in SachsenAnhalt sind betroffen. Das sind mehr als 52 000 kleine Menschen, für die Armut zum prägenden Element ihrer Jugendzeit wird. Schlimmer noch: In Ballungsgebieten liegt der Anteil mitunter jenseits der 20-%-Marke. In der Stadt Halle ist sogar mehr als jedes vierte Kind betroffen.

Und jetzt kommt der Hammer: Diese Zahlen stammen vom März 2020; die wirtschaftliche Katas

trophe der letzten Monate ist dabei noch nicht berücksichtigt worden.

Wir können nur erahnen, welchen immensen Schaden das Versagen der Regierung in der Coronakrise langfristig verursachen wird. Fest steht jedoch, dass gerade diejenigen, die durch ihre prekäre Beschäftigung ohnehin nur wenige Möglichkeiten hatten, sich Rücklagen zu schaffen, besonders unter der Krise zu leiden haben. Es sind die sozialen Abbruchkanten, die in diesen Tagen immer steiler werden. Immer mehr Kleinunternehmer, Selbstständige und Angestellte rutschen ins Prekariat ab. Gleichzeitig wächst die Zahl jener, die vor Corona noch über die Runden kamen, nun aber nicht mehr von ihrem Lohn leben können und auf staatliche Hilfen angewiesen sind.

Dass diese Entwicklung die Kinder am härtesten trifft, wissen Sie, werte Abgeordnete, alle selbst am besten. Es muss etwas geschehen, aber nicht so, wie sich das die Kollegen der Linkspartei ausgemalt haben. Wir halten den im Antrag eingeforderten Zeitrahmen der Konzepterstellung von weniger als zwei Monaten für vollkommen unrealistisch. Die Erstellung eines umsetzbaren Konzeptes in dieser kurzen Zeit ist einer Landesregierung, deren Kinder- und Jugendbericht mehr als ein Jahr zu spät kam, nicht zuzutrauen. Das sieht sie im Übrigen auch selbst. Dazu müssen Sie bloß einmal in den heutigen Alternativantrag der Kenia-Koalition schauen: Werden, wollen, befindet sich in Erstellung - ein Schaufensterantrag, der nur von der eigenen Untätigkeit ablenken soll.

(Beifall)

Leider schießt DIE LINKE mit ihrem Antrag indes über das Ziel hinaus. Für vollkommen unnötig, ja schädlich, halten wir zudem die geforderte Einführung der Medienpädagogik in das Programm „Bildung elementar“. Ich möchte daran erinnern: Es handelt sich bei diesem Bildungsprogramm um einen Leitfaden für Kindertageseinrichtungen. Die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft, die virtuelle Durchdringung von Gemeinschaften - alles das sind Hauptfaktoren für die Entfremdung der Menschen voneinander.

Wir können nur mutmaßen, weshalb die Kollegen der LINKEN den Nachwuchs schon im Kindergartenalter dem wuchernden Netzwerk der Datenkraken ausliefern wollen.

Herr Wald.

Solche Vorstöße - -

Stopp! Herr Wald, Sie haben Ihre Redezeit bereits um 30 Sekunden überschritten.