Protokoll der Sitzung vom 15.10.2020

men natürlich trotzdem an der Debatte teil. Dazu kann man ja das eine oder andere sagen. Aber tatsächlich hat das in dieser Phase und in dieser Form hier nichts zu suchen.

Über Gemeindefinanzen - ja, und wenn wir dann über den Landeshaushalt und über die Auswirkungen reden - ja. Aber jetzt im Vorfeld auf die eine oder andere Seite Einfluss zunehmen, das finde ich nicht angemessen.

Das haben wir bisher auch noch nicht gemacht. Ich kann mich an keine andere Situation erinnern, bei der wir im Landtag eine Tarifdebatte geführt hätten, wenn draußen die Gewerkschaften kämpfen. Das haben wir noch nicht gemacht.

Das stößt mir sauer auf, weil mir auch klar ist, dass das natürlich eine politische Instrumentalisierung ist. Sie sagen: So, da möchten wir jetzt nach vorn gehen und das möchten wir zeigen. Angriffsmodus - das war das, was vom Parteitag übrig geblieben ist. Genau das sehen wir hier umgesetzt und das finde ich nicht gut.

(Zustimmung)

Vielen Dank, Herr Meister. - Wir kommen zum nächsten und letzten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Thomas, natürlich erst, wenn das Pult vorbereitet ist. Jetzt dürfen Sie, Herr Thomas.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Wenn man dem Thema dieser Debatte etwas Positives abgewinnen möchte, dann möchte ich mich zumindest im Namen meiner Fraktion im Rahmen dieser Debatte bei allen Beschäftigten in den Landesbehörden, in den Ministerien, in den kommunalen Strukturen, bei Polizei und Feuerwehr dafür bedanken, dass sie bereits über Monate hinweg das öffentliche Leben mitten in der Coronapandemie für uns aufrechterhalten.

Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Bundes, der Länder und in den Kommunen erbringen täglich engagiert und kompetent für unsere Gesellschaft notwendige Dienstleistungen. Sie erbringen sie für uns, für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Das ist eine großartige Leistung, die unter den aktuell erschwerten Bedingungen unser aller Respekt verdient.

Meine Damen und Herren! Es ist vollkommen legitim, dass man unter diesen erschwerten Bedingungen nicht nur über Applaus nachdenkt, sondern auch über andere Wertungen, über andere Arten der Belobigung und der Wertschätzung. Natürlich denkt man auch über Geld nach, und das ist vollkommen legitim.

Natürlich haben wir als CDU und auch ich als Abgeordneter aus dem Harz ein großes Interesse daran, dass sich die Lebensbedingungen zwischen Ost und West weiter angleichen und damit auch die Löhne und Gehälter. Es gehört aber auch zur Ehrlichkeit dazu - die vermisse ich immer bei der LINKEN, die das ja immer sehr einseitig betrachten -: Es muss eben auch jemanden geben, der das alles bezahlt.

(Zustimmung)

Ich sage Ihnen als jemand, der seit 30 Jahren selbstständig ist und Angestellte hat, es ist nicht immer so einfach, seine Angestellten zu bezahlen. Gerne würden wir dem einen oder anderen mehr Geld geben, wenn es denn die Marktlage hergeben würde.

Nun haben wir heute die Diskussion über den öffentlichen Dienst, meine Damen und Herren. Schauen wir uns doch einmal die Lohnentwicklungen in den letzten zehn Jahren im öffentlichen Dienst an. Die war nämlich so schlecht nicht. Das war auch alles möglich, weil wir in den letzten zehn Jahren eine Konjunktur hatten, die das zuließ, die durchaus die Steuereinnahmen sprudeln ließ und die eine positive Entwicklung nahm.

Seit dem Jahr 2010 - lassen Sie mich das ausführen - gab es, wenn man TV-L und TVöD zusammenrechnet, insgesamt elf Tarifrunden. Man kann also feststellen, dass der öffentliche Dienst seinen Anteil am Aufschwung durchaus erhalten hat.

Seit März dieses Jahres haben wir aber eine andere Situation in Deutschland und auch bei uns in Sachsen-Anhalt. Wenn man den einen oder anderen Debattenbeitrag verfolgt hat, habe ich das Gefühl, es haben noch nicht alle gemerkt, in welchem schweren Fahrwasser wir uns gerade bewegen.

Der Lockdown hat nicht nur die Konjunktur ausgebremst, sondern er sorgt in vielen Unternehmen und zahlreichen Branchen für schmerzhafte Einschnitte. Diese Einschnitte - ich denke dabei nur an die sprudelnden Steuereinnahmen - wirken sich dann auch auf die Einnahmesituation der öffentlichen Hand aus. Wir hatten das Thema gestern schon in der Diskussion über die Gewerbesteuer.

Ich kann nur alle ermuntern, damit in den kommenden Jahren sehr vorsichtig umzugehen, vor allen Dingen diejenigen unter uns, die in kommunalen Parlamenten ein Mandat antreten durften. Alle, die jetzt schon dabei sind, kommunale Haushalte aufzustellen, wissen, wovon ich gerade rede und wie schwer es sein wird, diese ausgeglichen darzustellen.

Meine Damen und Herren! Wir als CDU-Fraktion haben die Maßnahmen der Bundes- und der

Landesregierung zur Pandemiebekämpfung stets als angemessen bezeichnet. Wir wollen - dafür stehen wir auch als CDU-Fraktion in SachsenAnhalt - möglichst schnell wieder zurück zur Normalität in diesen Zeiten.

Aber wir betrachten natürlich auch den Schutz des menschlichen Lebens mit höchster Priorität. Deswegen haben wir die umfangreichen - eigentlich muss man sagen, die historisch einmaligen - finanziellen Hilfsmaßnahmen des Bundes und des Landes ausdrücklich begrüßt.

Meine Damen und Herren! Ich bin an dieser Stelle den Kolleginnen und Kollegen der Koalition, aber auch unserem Finanzminister Michael Richter - dem ich von dieser Stelle aus weiterhin gute Besserung wünschen möchte - sehr dankbar,

(Zustimmung)

dass wir durch die schnelle Bereitstellung der Hilfsgelder die Handlungsfähigkeit der Koalition im Sinne unserer Wirtschaft unter Beweis gestellt haben.

Wenn man sich die Zahlen ansieht, dann kann einem schon leicht schwindelig werden. Bei uns in Sachsen-Anhalt waren es 500 Millionen €, die das Parlament kurzfristig für die Nothilfen, Zuschüsse und Darlehen bereitgestellt hat. Ungleich höher ist der aktuelle Bewilligungsstand des Bundes, der sich mit 70,4 Milliarden € in ganz anderen Dimensionen bewegt.

Meine Damen und Herren! Ich will Ihnen diese Zahlen bewusst vor Augen führen, damit Sie alle zumindest ein Gefühl dafür bekommen, in welcher angespannten finanziellen und ökonomischen Situation wir uns derzeit befinden. Wir befinden uns in einer Krise; ich will das noch einmal deutlich sagen.

Hinzu kommen noch die Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe für Bund, Länder und Kommunen zum einen bei den Steuereinnahmen aus dem Gewerbe und zum anderen auch bei den Lohn- und Einkommensteuerausfällen. Da werden wir uns am Ende des Jahres alle verdutzt die Augen reiben.

Dazu kommt noch, dass viele Konzerne, aber auch mittelständische Zulieferer angekündigt haben, Personal in Größenordnungen abzubauen. Ganze Branchen haben wegen der Coronaeinschränkungen keine Öffnungsperspektive oder sie kommen deswegen in die Unwirtschaftlichkeit.

Insgesamt befanden sich über den gesamten Zeitraum des Lockdown deutschlandweit zwölf Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kurzarbeit, aktuell sind es noch knapp vier Millionen Beschäftigte. Wie viele von ihnen wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren werden, das wissen wir noch nicht.

Herr Lippmann, über diese Menschen habe ich heute von Ihnen nichts gehört, auch dazu nicht, wie wir mit diesen Schicksalen umgehen und wie wir diesen Leuten wieder Mut machen und ihnen eine Perspektive aufzeigen, damit sie wieder Geld verdienen können.

(Zustimmung)

Deswegen habe ich wenig Verständnis für Ihre Rede und für diese einseitige Betrachtung einer bestimmten Klientel, das genau von dem Geld lebt oder leben muss, das andere für sie erwirtschaften. Deswegen will ich Ihnen auch den Vorwurf machen, dass Ihre Debatte zwei schwere Webfehler hat.

Grundsätzlich ist es legitim, dass man sich für die Beschäftigen im öffentlichen Dienst starkmacht. Aber in einer Zeit, in der die Verhandlungen zwischen Bund, Kommunen und Gewerkschaften laufen, ist der Landtag von SachsenAnhalt schlicht und ergreifend der falsche Ort für diese Form der Tarifdiskussion.

(Zustimmung)

Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat sich immer für die Autonomie der Tarifparteien starkgemacht. Daran wird auch in Zukunft nicht gerüttelt.

Im Übrigen macht es sich DIE LINKE sehr leicht, indem sie einfach die Forderungen der Gewerkschaften übernimmt. Erfahrungsgemäß - das ist heute wieder bestätigt worden - hören wir nichts zu der Finanzierung dieser Forderungen und dazu, woher dieses Geld denn kommen soll. Immer wieder neue Schulden aufzunehmen ist nicht besonders nachhaltig, weil sich die kommenden Generationen jetzt schon fragen werden, wer das alles einmal bezahlen soll.

Das ist natürlich ein typisch linker Weg, der nicht besonders weitsichtig und schon gar nicht verantwortungsvoll ist. Wir reden hier über das Geld der Steuerzahler. Zumindest die CDU-Fraktion hat im Gegensatz zu der LINKEN den Anspruch, dieses Geld maß- und verantwortungsvoll zu verwalten.

Nun komme ich zu dem zweiten Webfehler in Ihrer Aktuellen Debatte. Das hat schlicht etwas mit Solidarität zu tun. Wenn Sie schon die Forderungen der Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst im Maßstab eins zu eins übernehmen, warum fordern Sie dann nicht auch zeitgleich höhere Löhne für Mittelstand und Handwerk, für Kleinst- und Familienunternehmen oder für Soloselbstständige und Freiberufler? Und bitte erklären Sie gleich noch, woher dieses Geld kommen soll. - Meine Damen und Herren! Auch dazu habe ich heute von der LINKEN nichts gehört.

(Zustimmung)

So sehr, wie wir alle den öffentlich Beschäftigten höhere Löhne gönnen, so wenig kann man angesichts der aktuellen Situation verstehen, warum ausgerechnet der öffentliche Dienst für höhere Löhne vorprescht. Wir befinden uns in einer ernsthaften wirtschaftlichen Krise. Während viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in eine höchst ungewisse persönliche Zukunft blicken, führen ausgerechnet jene, deren Arbeitsplatz im Regelfall besonders gesichert ist, eine tarifliche Auseinandersetzung.

Wir als CDU-Fraktion fordern Entscheidungen mit Maß und Mitte ein. Es ist einfach ein fatales Signal für alle Beschäftigten in Deutschland und in Sachsen-Anhalt, wenn einzelne Berufsgruppen für höhere Löhne vorpreschen. Sie spalten damit nicht nur die Arbeitnehmerschaft, sie spalten auch unsere Gesellschaft, weil das einfach ein großer Teil der Gesellschaft in der momentanen Situation nicht versteht.

Wir brauchen keine Wahlkampf- oder Gewerkschaftsrhetorik, sondern wir brauchen eine sachliche Auseinandersetzung über die finanziellen Spielräume des Bundes, der Länder und auch der Kommunen. Genau diese Diskussion sollten wir den Tarifpartnern überlassen und darüber nicht im Landtag diskutieren, meine Damen und Herren.

(Zustimmung)

Es ist einfach ein Armutszeugnis, dass Sie versuchen, Tarifpolitik und die finanzielle Lage der Kommunen gegeneinander auszuspielen.

Ich will Ihnen noch etwas sagen, weil Sie immer auf die schlechte Finanzierung hinweisen: Wir als Kenia-Koalition haben in den letzten Jahren für eine solide kommunale Finanzierung gesorgt, mehr als wir im Koalitionsvertrag verabredet haben.

Sachsen-Anhalts Kommunen und Landkreise erhalten mit dem neuen kommunalen Investmentprogrammen statt 20 Millionen € nun 80 Millionen € pro Jahr zur freien Verfügung. Das sind 160 Millionen € für beide Jahre für die kommunale Selbstverwaltung. Es war uns als CDU-Fraktion besonders wichtig, auch dass wir die 1,628 Milliarden € im FAG festgeschrieben haben. Wir werden - das haben wir bereits fest verabredet - den Kommunen bei den Coronahilfen weiter unter die Arme greifen.

Meine Damen und Herren! Sie sehen, das Problem der Tariferhöhungen ist sehr komplex. Ich möchte an dieser Stelle für Vernunft, für Solidarität sowie für Maß und Mitte werben. - Vielen Dank.

(Zustimmung)

Vielen Dank, Herr Thomas. Es gibt eine Frage, sind Sie bereit dafür? - Also, Herr Lippmann, Sie dürfen jetzt Ihre Frage stellen. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Thomas, Ihr Beitrag provoziert ein Korreferat, das ich natürlich nicht halten werde. Eine Bemerkung: Wir haben die Fragen, die Sie an uns gerichtet haben - und das wissen Sie auch -, an vielen Stellen sehr oft beantwortet, nur jetzt nicht hier. Denn Ziel der Aktuellen Debatte war es, uns zu einer Auseinandersetzung zu äußern, die uns im öffentlichen Dienst betrifft.

Sie haben die angeblich komfortable Tarifsituation des öffentlichen Dienstes in den letzten zehn Jahren angesprochen. Ich frage Sie: Sie haben aber im Blick, was genau davor passiert ist? - Wir haben nämlich von 2004 bis 2008, damals noch im BAT, vier Nullrunden gehabt.

Die Ablösung des BAT durch den TVöD und den TV-L ist ausdrücklich damit begründet worden, dass das gesamte Tarifniveau des öffentlichen Dienstes um mehr als 10 % bis teilweise 15 % abgesenkt werden sollte. Das, was in den letzten zehn Jahren passiert ist, waren gewisse Nachholprozesse, weil man irgendwann feststellen musste, dass der öffentliche Dienst als Arbeitgeber in der Konkurrenz zu anderen Bereichen so unattraktiv geworden ist, dass man niemanden mehr findet. Das gehört zur Wahrheit auch dazu. Ich frage Sie: Haben Sie das auch im Blick?