Sehr geehrter Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Falls es Ihnen nicht aufgefallen ist, habe ich dafür Verständnis; denn Sie beschäftigen sich ja nicht tiefer gehend mit politischen Prozessen, die auf EU-Ebene abgehen.
Der Begriff „Remigration“ ist ein aktueller Begriff in der Diskussion zwischen allen Staaten der Europäischen Union. Wenn Sie dazu nachgelesen hätten, hätten Sie mitgekriegt, dass Deutschland dabei ganz alleine gestanden hat, während in allen anderen Ländern aktiv darüber diskutiert wird und Konzepte entwickelt werden, wie man diejenigen, die sich ohne legale Aufenthalts
genehmigung und ohne entsprechende Duldung in der EU befinden, langsam aber sicher wieder dahin schicken soll, woher sie gekommen sind, nämlich in ihre Heimat, damit sie dort mitzuhelfen können, die Situation in ihren Ländern zu verbessern.
Bitte machen Sie sich einmal schlau und nehmen Sie die neuen Prozesse, die auf EU-Ebene stattfinden, wahr. Daher kommt auch der Titel dieses Redebeitrags. Wenn Sie das gelesen haben, dann können wir weiter diskutieren. - Vielen Dank.
(Zustimmung - Zuruf - Robert Farle, AfD: Sie haben überhaupt keine Ahnung, was dort los ist! Die wollen alle Remigration ma- chen!)
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! In der Tat ist es die x-te Variation der alten Naziparole „Ausländer raus!“, da hat Herr Erben völlig recht.
Zu den aktuellen Begriffen, Herr Farle, glaube ich nicht, dass Sie der Richtige sind, um darüber Auskunft zu geben.
Remigration ist aktuell, da haben Sie recht. Das ist der aktuelle Kampfbegriff der neuen Rechten. Das ist in keiner Weise überraschend, dass Sie sich dieses Begriffes bedienen. Der Kern der Politik der AfD ist Rassismus und Sie bedienen sich der Begriffe der neuen Rechten, die es vermag, für wirklich alte, falsche und abzulehnende Konzepte neue Begriffe zu finden. Das macht die Idee nicht neuer.
Für die Realität im Umgang mit Migration und Asyl ganz konkret vor Ort in den Gemeinden, in den Kreisen, auch hier in Sachsen-Anhalt, sind glücklicherweise nicht Figuren wie Herr Kirchner oder Herr Farle entscheidend, sondern es sind die Menschen, die sich etwa bei der „Seebrücke“ engagieren, die seit Jahren Geflüchtete unterstützen und für deren Rechte streiten. Die Sprachtreffs organisieren, die bei Behördengängen begleiten.
Das sind Menschen, die sich nicht entmutigen lassen von politischen Entscheidungen, die durchaus geeignet wären, einem die Hoffnung zu nehmen.
Die antragstellende Fraktion will die Landesregierung durch den Landtag nun dazu auffordern lassen, für einen Aufnahmestopp für Migrantinnen und Migranten und für Asylsuchende zu werben. Das ist nicht einmal mit dem inzwischen faktisch entkernten Asylrecht in der Bundesrepublik machbar. Es ist politisch falsch und mit Blick auf die Situation von Asylsuchenden menschenrechtlich schlicht nicht tragbar.
Mit dem sogenannten New Pact on Migration and Asylum hat die EU-Kommission erst im September Vorschläge vorgelegt, welche die Situation von Geflüchteten und Migrantinnen und Migranten, wenn sie umgesetzt werden würden, weiter verschärfen und verschlechtern würde. Diese Vorschläge folgen einem Muster. Ich erinnere kurz an den Asylkompromiss, der im Dezember 1992 den rassistischen Morden in Mölln folgte.
Diese Vorschläge wurden vorgelegt, nachdem sich die europäische Staatengemeinschaft nach den verheerenden Bränden im Geflüchtetenlager in Moria nicht darauf einigen konnte, die betroffenen Menschen in anderen europäischen Staaten unterzubringen.
Der Pakt sieht unter anderem Regeln vor, die es Staaten ermöglichen, sich statt an der Unterbringung von Geflüchteten an deren Abschiebung zu beteiligen und beschreibt das mit der zynischen Wortneuschöpfung der Abschiebepatenschaften.
Eine Kehrtwende, meine Damen und Herren, die die AfD-Fraktion hier einfordert, wäre es, wenn die europäischen Staaten endlich das tun würden, was Geflüchtete, was internationale Gremien, was Menschenrechtsorganisationen und die „Seebrücke“ seit Langem und zu Recht einfordern, statt sich von der extremen Rechten treiben zu lassen.
Eine Kehrtwende wäre es, Geflüchtete nicht im Mittelmeer sterben zu lassen, statt auf Abschottung auf Aufnahme zu setzen und Menschen als Menschen zu behandeln. Denn ja, wir haben Platz. - Danke.
Ich sehe hierzu keine Wortmeldungen. Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Herr Striegel kann sich gleich auf den Weg machen. Abg. Herr Striegel spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie bekommen gleich das Wort. Bitte.
haben es schon deutlich gemacht, der Antrag der AfD-Fraktion hätte tatsächlich auch einfach lauten können „Ausländer raus!“. Der volksverhetzende Charakter Ihres Antrags wäre damit von Anfang an deutlich geworden.
Es überrascht jedoch niemanden, dass Sie die Aspekte des Asyl- und Immigrationspakets der EU-Kommission begrüßen, die dazu führen, dass weniger Menschen nach Deutschland und Sachsen-Anhalt migrieren können. Es ist doch kein Geheimnis, dass Ihnen kulturelle Vielfalt widerstrebt und Sie den aberwitzigen Traum von einem homogenen deutschen Volk verfolgen.
Herr Kirchner, was ist denn das Problem, wenn ein Viertel der Deutschen einen Migrationshintergrund hat? Welche Rolle spielt das? Warum ist das wichtig?
Ihre ganze Rede strotzte davon, dass Sie es als Problem beschrieben haben. Dazu passt auch, dass Sie in dem Antrag die Teile des Asyl- und Migrationspakts ablehnen, die eine gezieltere Verteilung der Geflüchteten zwischen den Mitgliedstaaten vorsehen, wodurch die momentan überforderten Staaten Südeuropas entlastet werden sollen. Dass dabei die Sorge um den Konsens in der Europäischen Gemeinschaft als Vorwand von Ihnen genutzt wird, erscheint lächerlich im Hinblick auf die Tatsache, dass Sie seit Ihrer Gründung eine europafeindliche Partei sind
und im Jahr 2019 in Ihrem Leitantrag zur Europawahl sogar den Austritt Deutschlands aus der EU forderten.
Welches Geistes Kind die Abgeordneten der AfDFraktion sind, beweisen sie auch damit, dass sie die Bundesregierung dafür kritisieren, in einer humanitären Katastrophenlage, wie sie im Geflüchtetenlager Moria existiert, dringend benötigte Hilfe zu leisten. Dass noch dazu Fluchtursachen von Ihnen als - Zitat - „perverse Sogwirkung“ bezeichnet werden, entlarvt Sie umso deutlicher. Darauf lässt sich nur eines erwidern: Nicht die vielfältigen Gründe der Geflüchteten, die nach Europa fliehen, sind pervers, sondern Ihr Antrag ist es.
vielen hilfreichen Maßnahmen im Kampf gegen die Klimakrise ist, als menschenfeindlich zu bezeichnen.
Allerdings erweist sich dieser Antrag nicht nur als menschenverachtend, sondern er ist auch von Falschaussagen geprägt. Die Entscheidung der Bundesregierung im Sommer 2015 war eben keineswegs rechtswidrig. In Bezug auf die Situation im Sommer 2015 wird immer wieder behauptet, Deutschland hätte nach den Regeln der Dublin-IIIVerordnung keine Geflüchteten aufnehmen dürfen. Das ist falsch. Nach Artikel 17 dieser Verordnung kann jeder Staat vom sogenannten Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen. Das bedeutet, dass es Deutschland erlaubt ist, Asylverfahren zu prüfen, auch wenn es gar nicht zuständig ist.
Das Argument des vermeintlichen Rechtsbruchs, dass Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen gern benutzen, verfolgt einzig und allein das strategische Ziel, die deutsche Politik und das deutsche System zu delegitimieren.
Ich möchte an Sie zum Schluss noch ein paar Worte richten. Wer mit Worten zündelt, der trägt am Feuer Schuld.
Es muss sich niemand darüber wundern, dass sich rassistische Einstellungen verfestigen und die Zahl rechtsextremistischer Vorfälle in Deutschland ansteigt, wenn solche hetzerischen Anträge von einer Fraktion einer im Parlament vertretenen Partei vorgelegt werden.
Als Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellen wir Ihrem Rassismus ein weltoffenes und tolerantes Sachsen-Anhalt entgegen. Wir stehen für gelingende Zuwanderung statt nationalistischer Einfältigkeit. - Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Striegel. Auch hierzu sehe ich keine Wortmeldungen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion wird der Abg. Herr Schulenburg sprechen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte, geschätzte Kollegen! Die Fraktion DIE LINKE wollte damals mit ihrem Antrag vom April dieses Jahres „Humanitäre Katastrophe abwenden“ die Probleme in den Aufnahmelagern der EU in der Ägäis durch einen Alleingang Sachsen-Anhalts lösen.
Wir mussten uns wiederholt mit der linken Grundforderung nach einem Bleiberecht für alle auseinandersetzen. Ihrem Verständnis nach soll jeder, der auf welchem Weg und aus welchen Gründen auch immer nach Deutschland kommt, seien es auch nur rein wirtschaftliche, hier bleiben und leben dürfen.
Heute dürfen wir eine Debatte über einen Antrag der AfD-Fraktion führen, eine Kehrtwende durch einen sofortigen Aufnahmestopp einzuleiten, um die so wörtlich „perverse Sogwirkung des deutschen Sozialsystems“ zu beenden.