Wir müssen Maßnahmen ergreifen. Die Erfahrungen zeigen, je früher und je konsequenter gehandelt wird, desto erfolgreicher ist man. Um es klar zu sagen: Die aktuellen Maßnahmen sind richtig, sie kommen eher zu spät als zu früh.
Absolut relevant für uns ist die Aufrechterhaltung der Bildung. Die Schulschließungen im Frühjahr, die nach damaligem Kenntnisstand - und immer das ist entscheidend - richtig waren, haben auch Schaden angerichtet. Jetzt müssen wir es besser wissen und die Schule muss auch unter diesen Bedingungen funktionieren. Das ist die Aufgabe der Stunde, Herr Bildungsminister Tullner.
Wenn ich höre, dass den Schulen der Hybridunterricht vom Landesschulamt untersagt wird, wenn ich höre, dass bei geöffnetem Fenster in Jacken unterrichtet wird, dann ist das für mich erschreckend. Ich frage mich wirklich: Was hat das Landesschulamt und was haben Sie in den letzten sieben Monaten getan?
Die zweite Welle war absehbar. Meine Fraktion hat immer wieder nachgefragt und gedrängt. Jetzt scheinen wir vor den gleichen ungeklärten Fragen zu stehen wie im Frühjahr. Unterricht muss stattfinden. Kinder haben ein Recht auf Bildung.
Deshalb brauchen wir Luftreinigungsgeräte. Wir brauchen mehr Serverkapazitäten, damit die - so wird es mir berichtet - gut geeignete Plattform Moodle überhaupt genutzt werden kann. Wir brauchen eine Breitbandoffensive, damit sie tatsächlich bei allen Endverbraucherinnen und Endverbrauchern überall ankommt. Und wir brauchen landeseinheitliche Hygienekonzepte. Das muss beginnen mit einer Maskenpflicht mindestens auf den Verkehrswegen, also auf Fluren, in Treppenhäusern und auf Schulhöfen.
Kolleginnen und Kollegen! Mögen die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus noch so bitter sein, mögen sie auf den ersten Blick in der eigenen Kommune und im eigenen Umfeld nicht in Gänze nachvollziehbar sein - vielleicht noch? -, sie sind insgesamt notwendig und solidarisch. Um aber wirklich in alle Richtungen solidarisch zu sein, ist es essenziell, dass alle - dieses Mal wirklich alle -, die unter den Beschränkungen wirtschaftlich leiden, schnell und unbürokratisch entschädigt werden. Meine Fraktion begrüßt es außerordentlich, dass 75 % des Umsatzes an Ge
werbetreibende, an die Gastro-Branche, an Fitnessstudios und vor allem dieses Mal auch an die Soloselbstständigen erstattet werden.
Es muss sichergestellt werden, dass Kunst- und Kulturschaffende und Theater eine finanzielle Entschädigung erhalten. Wer im November des letzten Jahres keine Einnahmen hatte, für den muss ein Jahresdurchschnitt gebildet werden. Wer im November des letzten Jahres noch nicht am Markt war, für den muss ein Durchschnitt gebildet werden. Hierbei müssen wir Solidarität üben; denn ansonsten verlieren wir das Mittun aller Sachsen-Anhalterinnen und SachsenAnhalter.
Sollte es eine Möglichkeit geben, hierbei mit Landesmitteln zusätzlich zu helfen und eher zu helfen, als, wie ich vermute, das Geld vom Bund kommt, dann bin ich sehr dafür. Meine Fraktion ist dabei an der Seite der SPD. Dann müssen wir hier etwas tun. Ein Härtefallprogramm ist genau der richtige Weg.
Ich vermute ganz stark, dass von den Mitteln in Höhe von 500 Millionen €, die wir im Frühjahr freigegeben haben, um gegen Corona aktiv zu werden, noch nicht alles bis auf die letzte Million ausgegeben worden ist. Hierfür wäre das Geld sehr gut eingesetzt.
Kommunikation ist immer wichtig. Kommunikation ist in diesem Krisenfall wie in jedem Krisenfall ganz besonders wichtig. Wir brauchen daher eine Kampagne, um die notwendigen AHA-Regeln immer wieder zu kommunizieren. Ich stelle fest, dass das eben noch nicht bis zu dem letzten Bürger und zu der letzten Bürgerin durchgedrungen ist. Abstand, Hygiene und Alltagsmasken sind zu kommunizieren, genauso wie das Lüften und die Corona-App.
Die AHA+L+C-Regeln basieren auf dem gegenwärtigen Stand der Forschung. Das Wort „gegenwärtig“ ist hierbei sehr relevant; denn wir alle sind immer noch Lernende im Umgang mit dem Virus und den sich daraus ableitenden Maßnahmen.
Wir im Parlament haben dabei eine Vorbildfunktion zu erfüllen. Wir müssen Vorbilder sein beim Infektionsschutz. Wir müssen aber auch Vorbild sein, wenn es darum geht, dass man das Notwendige, also die Arbeit, aufrechterhält. Deswegen begrüße ich es ausdrücklich, dass wir jetzt eine Maskenpflicht hier im Hohen Hause haben. Ich finde es auch richtig, dass wir für unsere eigenen Arbeitsmethoden pandemieangepasste Variationen finden.
vertreter dieses Hohen Hauses den Grund für die Einschränkungen infrage stellen, wenn aus den Reihen der AfD Fake News über das Coronavirus verbreitet werden und wenn die grundlegenden Einschätzungen angezweifelt und Lügen verbreitet werden.
Das Gejammer über angeblich unzumutbare Einschränkungen ist auch völlig unangebracht. In den meisten Ländern rund um Deutschland weiß man, was eine Einschränkung ist. Dort gibt es nämlich Ausgangssperren, dort gibt es Besuchsverbote, dort gibt es massivste Einschränkungen von Grundrechten.
Aus tiefstem Herzen die kleine Zumutung der Coronamaßnahmen mit der DDR-Diktatur gleichzusetzen, verhöhnt die Opfer des damaligen Unrechtsstaates und ist völlig unangemessen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhalten, brauchen wir demokratische Elemente auch in der Pandemie. Es ist klar, dass dies eine längere Erscheinung ist, dass uns das Virus noch länger begleiten wird. Wir müssen uns auch ganz grundsätzlich besser auf Katastrophenszenarien vorbereiten. Deshalb begrüße ich es sehr, dass nun mehr Fraktionen, mehr Mitglieder dieses Hohen Hauses der Ermöglichung eines Notparlaments offen gegenüberstehen, dass wir dann miteinander ins Gespräch kommen, um auf der Grundlage einer Verfassungsänderung hier die nötige Vorsorge für ein sogenanntes Notparlament zu schaffen. Ich hoffe, dass uns das gelingen wird.
Im Frühjahr standen wir alle vor einer absoluten Ausnahmesituation. Alles musste schnell gehen. Jetzt aber ist klar - ich habe es bereits erwähnt -: Wir müssen länger mit dieser Situation klarkommen. In dieser Zeit darf das Parlament nicht außen vor bleiben. Die Interessen der Volksvertreter und der Beteiligungsanspruch des Parlaments lassen sich auch in diesen schwierigen Zeiten auf der Grundlage des § 80 Abs. 4 des Grundgesetzes wahren - ausdrücklich - das will ich sagen - die Interessen der Opposition eingeschlossen, als notwendiges Korrektiv in einer parlamentarischen Demokratie.
Ich halte es deshalb für notwendig, eine Einbeziehung des Parlaments festzuschreiben, am besten in einem Parlamentsbeteiligungsgesetz. Dort könnte formuliert werden, dass alle Verordnungen die Zustimmung des Parlaments brauchen. Wird die Zustimmung nicht erteilt, wird der jeweilige Teil der Verordnung nach vier Wochen außer Kraft gesetzt.
Verordnungen zu einzelnen Fachbereichen wie beispielsweise im Bildungsministerium benötigen demnach nicht die Zustimmung des Parlaments, sie müssen diesem aber frühzeitig übersandt werden, sodass der jeweils zuständige Fachausschuss die Möglichkeit hat, sein Veto einzulegen, und dem Parlament gegebenenfalls die Ablehnung empfehlen kann.
Weiterhin würde in einem Parlamentsbeteiligungsgesetz hinterlegt werden können, dass in jeder Sitzungsperiode automatisch eine Aktuelle Stunde zu dem Thema Corona gehalten und somit die Information des Parlaments gesichert ist. Mit diesen Regeln würde sichergestellt, dass die Landesregierung einerseits in Eilfällen nicht daran gehindert ist, schnell zu reagieren, das Parlament andererseits aber ausreichend beteiligt ist. Die Gesetzgebungskompetenz des Landes für diese Regeln ergibt sich, wie oben bezeichnet, aus Artikel 80 Abs. 4 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 32 des Infektionsschutzgesetzes.
Um die Entscheidungen der Landesregierung auf breitere Füße zu stellen, halten wir GRÜNE - das ist die nächste Anregung - einen Pandemierat für sinnvoll. Dieser sollte sowohl die Landesregierung als auch die Fraktionen beraten. In diesem Pandemierat würden Fachleute aus unterschiedlichen Professionen, Juristinnen, Virologen, Ärzte, Vertreter von Seniorenverbänden, des DEHOGA etc., zusammenkommen. Es wäre ein transparent arbeitendes und fachlich fundiertes Gremium zur Beratung von Landesregierung und Landtag.
Auch die Bevölkerung sollte stärker einbezogen werden. Wir müssen die getroffenen Maßnahmen noch besser kommunizieren. Einige von Ihnen werden sich daran erinnern, dass ich im letzten Plenum die Methode Bürgerrat für SachsenAnhalt angeregt habe. Das lässt sich in Teilen auch auf die Kommunikation der hier besprochenen Maßnahmen übersetzen.
In Baden-Württemberg ist in der letzten Woche beschlossen worden, ein Bürgerforum ins Leben zu rufen. 50 per Losverfahren zusammenkommende Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen, mit unterschiedlichen Erfahrungen, mit unterschiedlichen Alltagskompetenzen, mit ihren Ansichten und Meinungen kommen zusammen und beraten über Corona, über die Maßnahmen zu Corona und über die Auswirkungen
von Corona. Ich denke, das kann die Akzeptanz der Maßnahmen deutlich erhöhen und gibt auch den Entscheidern Hinweise darauf, wo gegebenenfalls nachzusteuern ist.
Ich denke, das würde auch Sachsen-Anhalt gut zu Gesicht stehen. Das würde auch mancher skeptischen Argumentation der Bürger den Boden entziehen. Ich glaube, über mehr Information können wir mehr Verständnis erreichen. Nur wenn die Bürger die Maßnahmen verstehen, werden sie sie auch nachvollziehen können.
Meine Damen und Herren! Die Stärke Deutschlands liegt im Föderalismus, der dafür sorgt, dass verschiedene Sichtweisen zusammenkommen
und beachtet werden, um auf der Bundesebene tatsächlich adäquate Antworten zu geben. In unserer Demokratie liegt die Stärke in der Transparenz und in dem Austausch zwischen unterschiedlichen politischen Ebenen und unterschiedlicher politischer Meinungen. Dass dies auch in der Coronakrise gegeben ist, dafür müssen wir die Grundlagen schaffen.
Meine geehrten Kolleginnen und Kollegen! Auch ich finde nicht jede Maßnahme bis ins Detail vollständig nachvollziehbar, für mich persönlich, in meiner kleinen Welt. Aber darum geht es auch gar nicht. Es geht nicht um jede einzelne Maßnahme. Es geht darum, grundsätzlich Kontakte zu minimieren, dort, wo es möglich ist.
Gerade heute wurde in Mecklenburg-Vorpommern eine repräsentative Umfrage veröffentlicht. Dieses Land ist vom Grundsatz her mit uns vergleichbar. Es gibt niedrige Inzidenzzahlen, es ist ein ostdeutsches Bundesland etc. Ein Anteil von 58 % der Bürgerinnen und Bürger spricht sich für die ergriffenen Maßnahmen aus und hält diese für richtig. Weitere 25 % sagen, ich will sogar noch härtere Maßnahmen. Insofern sind wir hier auf einem sehr, sehr guten Weg. Niemand muss Angst davor haben, mit den Bürgern über die beschlossenen Maßnahmen zu kommunizieren.
Entscheidend ist, dass wir in bundesweiter Solidarität handeln. Das finde ich unmittelbar und gänzlich nachvollziehbar. Dass zur Abwendung eines nationalen Gesundheitsnotstandes jeder seinen Beitrag leisten muss und auch wir alles dafür tun müssen, dass auf der Coronalandkarte Deutschland nicht weiter in Richtung Dunkelrot wandert, wie unsere Nachbarländer, muss unser Ziel sein.
Meine drei wesentlichen Anregungen noch einmal zusammengefasst: die Beteiligung des Parlaments auf zu schaffender Grundlage, die Beratung von Landesregierung und Parlament durch einen Pandemierat und die Beteiligung der Bevölkerung über ein Bürgerforum. Das Mögliche
Danke. Ich sehe keine Wortmeldungen. Deswegen können wir diesen Debattenbeitrag jetzt beenden. Als Nächster spricht zu uns der fraktionslose Abg. Herr Diederichs. - Herr Diederichs, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit geraumer Zeit stelle ich mir die Frage: Verwandelt die Coronakrise die Demokratie in Deutschland? - Dieser Eindruck entsteht zwangsläufig, wenn man beobachtet, auf welche Weise weitreichende Entscheidungen zur Eindämmung der Coronapandemie getroffen werden. Wer, wie die 16 Länderchefs und die Kanzlerin am Mittwoch der vorangegangenen Woche, vorab keine Debatte und Abstimmung zu Vorschlägen mehr zulässt, der setzt sich über die Aufgaben und Interessen sämtlicher Bürgerschaften, Landtage und des Bundestages hinweg. Mehr noch: Er degradiert die Abgeordneten zu Statisten.
Die Folge solchen Handelns ist: Deutschland wird schleichend, doch unweigerlich in eine Zeit manövriert, die wir vor 30 Jahren hierzulande überwunden geglaubt hatten. Dieser Entwicklung muss deutlich entgegengewirkt werden. Wir dürfen nicht länger tolerieren, dass Parlamente auf der Bundes- und der Landesebene auf diese Art und Weise ignoriert werden, schon gar nicht, wenn es um massive Einschränkungen der Grundrechte geht.