Protokoll der Sitzung vom 15.12.2020

(Zuruf: Sicher, das wolltet Ihr doch nicht, kostenfreies Schulessen!)

Lassen Sie uns auch darüber reden, die Kosten für die Selbstbeteiligung für Kinder und Frauen in den Frauenschutzhäusern zu übernehmen und dem Beispiel der Stadt Leipzig, bezogen auf die

Obdachlosenunterkünfte, zu folgen. Kinder und Jugendliche zeigen sich in unserem Land in hohem Maße mit uns solidarisch. Lassen wir sie nicht im Stich, sondern zeigen wir uns mit ihnen ebenso solidarisch. Zeigen wir Kindern und Jugendlichen endlich, dass sie tatsächlich unser höchstes Gut sind, und setzen wir uns gemeinsam für eine Kindergrundsicherung im Bund ein.

(Beifall)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir brauchen dringend Solidarität mit Menschen, in letzter Zeit vor allem mit Familien, die von Abschiebung bedroht sind. Es ist schlichtweg

(Zuruf: Oh!)

unverantwortlich, in der momentanen Situation Menschen abzuschieben, sie auf Reisen zu schicken

(Zuruf: Ihr tut wirklich alles für die Bürgerin- nen und Bürger!)

und sie zu Kontakten mit anderen Menschen zu zwingen.

(Beifall)

Und fällt Ihnen nicht auf, dass das genau die Aktivitäten sind, die uns durch die Eindämmungsverordnung untersagt worden sind bzw. von denen dringend abgeraten wird? Warum setzen wir hier zweierlei Maß? Warum werden Familien, wie es gerade in Magdeburg geschehen ist und wie es bei einem Preisträger des Integrationspreises des Landes Sachsen-Anhalt kurz bevorsteht, quer durch die Welt in Länder geschickt, in denen die Gesundheitsvorsorge nicht nur unklar, sondern schlecht ist? Es geht hier nicht um die Erfüllung von Sollzahlen der Innenminister. Es geht um Menschen!

(Beifall)

Im Übrigen bringen Sie durch diese Verfahren auch die Beamten unnötig in Gefahr, die die Abschiebungen umsetzen müssen. Setzen wir uns gemeinsam für ein bundesweites Abschiebemoratorium ein, nutzen die Möglichkeit einer Entfristung auf Landesebene und vergessen wir bei all unseren Sorgen nicht das Elend auf Moria.

(Zustimmung)

Sehr geehrte Damen und Herren! Als LINKE steht für uns fest: Wir wollen einen solidarischen Lockdown. Unser Grundsatz lautet: Wer sich zum Schutz anderer Menschen solidarisch zeigt, darf nicht in eine existenzielle Not stürzen.

(Beifall)

Ein Blick auf die letzten Monate zeigt jedoch: Je höher das Einkommen ist, desto besser kommt man durch die Krise. Das ist ein Skandal.

(Zustimmung)

Wir alle konnten die Analysen lesen: Aldi, Lidl und Amazon sind die Großverdiener und Großverdienerinnen in der und durch die Pandemie. Eine aktuelle Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts zeigt, dass 40 % der Arbeitnehmerinnen weniger Einkommen haben. Geringverdiener büßen am meisten ein. Die Ungleichheit in Deutschland nimmt zu. Der soziale Frieden ist in Gefahr. Das Spannende ist, dass diese Einschätzung von 90 % der Befragten genau so geteilt wird.

Leiharbeiter und Minijobber wurden in den letzten Monaten besonders oft entlassen. Wer im Niedriglohnbereich wie zum Beispiel in der Gastronomie oder im Einzelhandel arbeitet, kann bei Kita- und Schulschließungen nicht einfach ins Homeoffice geschickt werden. Das heißt: Die Lösung ist die Reduzierung der Arbeitszeit und damit noch weniger Entgelt am Ende des Monats.

Und spannend ist Folgendes: Bei jedem zweiten Arbeitnehmer mit Tarifvertrag wird das Kurzarbeitergeld des Staates durch die Firma aufgestockt. Sie erhalten doppelt so viel Geld wie Arbeitnehmer ohne Tarifvertrag.

Brisant - und das muss uns zum Nachdenken bringen - ist allerdings die folgende Tatsache: Mit zunehmenden Einkommensverlusten sinkt die Zustimmung zum Krisenmanagement. Daher fordern wir ganz klar für Beschäftigte im Niedriglohnbereich eine Anhebung des Kurzarbeitergeldes auf 100 %.

(Beifall)

Auch ich möchte an die sogenannten Novemberhilfen erinnern. Ihrem Namen werden sie auf jeden Fall nicht gerecht. Bisher ist kein Cent geflossen. Nun kommt neben der Veranstaltungs-, der Gast- und der Beherbergungsbranche der Einzelhandel dazu. Wir brauchen eine schnelle Hilfe für unsere Gewerbetreibenden. Es ist zu erwarten, dass auch hier die Hilfsprogramme der Bundesregierung wieder länger brauchen.

Um Härten auch für Gewerbetreibende zu verhindern, brauchen wir mindestens ein Kündigungsmoratorium. Ich erinnere daran, dass es das im Frühjahr schon einmal gab. Es ist nur im Juni 2020 ausgelaufen. Das muss jetzt dringend für das komplette Jahr 2021 geregelt werden. Wenn Gewerbetreibende aufgrund der Pandemie in Zahlungsschwierigkeiten kommen, dürfen sie nicht gekündigt werden. Wir würden ansonsten hier gemeinsam einem Ladensterben in unseren Innenstädten zuschauen müssen.

Und wir brauchen die Möglichkeit, dass diese Gewerbetreibenden bzw. die Gewerbemieterinnen und Gewerbemieter ihre Miete mindern können.

Dafür braucht es eine klare Regelung. Da frage ich auch: Wer bezahlt die Krise? - Bisher ist es so, dass Vermieter und Vermieterinnen kaum Einbußen durch die Krise verzeichnen mussten. Sie bekommen weiterhin ihre kompletten Einnahmen. In fast allen Bereichen sieht das anders aus. Also, wenn wir von einem solidarischen Lockdown reden, sollten wir auch die Vermieter und Vermieterinnen dazu heranziehen, ihren solidarischen Beitrag zu leisten.

(Zustimmung)

Und um auch das noch kurz zu sagen: Wer bezahlt die Krise? - Darüber werden wir hier zu reden haben. Ich bitte Sie, wir haben ein Konzept, eine Idee mit der Vermögensabgabe auf den Tisch gelegt, die auch bereits unter Adenauer Thema war und umgesetzt worden ist und die verfassungskonform ist. Bitte lassen Sie uns darüber reden, weil ich ansonsten die Sorge habe, dass die Schwächsten und die Ärmsten diese Krise zu bezahlen haben.

(Beifall)

Die „Volksstimme“ schrieb in ihrem gestrigen Kommentar mit Blick auf das Wochenende von einer Verzweiflungstat der Regierenden. Nun, das ist leicht aufgeschrieben. Aber ja, wir haben tatsächlich kostbare Zeit verloren. Daher fordern wir dringend, dass professioneller, nachvollziehbarer und vorausschauender gehandelt wird. Wir haben alle nicht den Königsweg in der Tasche, den wir heute hier präsentieren können. Doch wir brauchen einen Stufenplan, nicht in Richtung härterer Maßnahmen und auch nicht in Richtung: Wer ist der schnellste Lockerer? Und wir brauchen keinen Wettstreit zwischen den Ländern.

Nein, wir brauchen ein beidseitiges Treppengeländer, basierend auf Zahlen und Fakten, damit die Menschen in unserem Land wissen, wohin die Reise geht. Ich habe dem Ministerpräsidenten ganz bewusst die Frage gestellt: Wie wird es ab dem 11. Januar 2021 weitergehen? - Er hat mir diese Frage bedauerlicherweise nicht beantwortet.

Aber diese Frage werden wir alle, die wir hier sitzen, in den nächsten Tage natürlich gestellt bekommen. Darauf müssen wir gemeinsam Antworten finden.

(Zustimmung)

Die Menschen brauchen und verlangen berechtigterweise von uns eine gewisse Planbarkeit für das nächste Jahr. Da brauchen wir logische und nicht sich widersprechende Entscheidungen. Ich nehme da nur das eine Beispiel heraus: Der Profisport wird weiterhin möglich sein, der Vereinssport ist es nicht. Das meine ich mit Widersprüchen in den Maßnahmen.

Unser derzeit wichtigstes Gut - da teile ich ausdrücklich die Ausführungen von Frau Dr. Pähle und des Ministerpräsidenten dazu - ist die hohe Akzeptanz in der Bevölkerung für unsere Maßnahmen. Diese dürfen wir nicht fahrlässig verspielen.

(Zustimmung)

Deswegen werbe ich auch heute darum, dass wir uns in Sachsen-Anhalt dafür einsetzen, dass es einen Pandemierat gibt. Wir brauchen die Mitglieder des Landtages, der Landesregierung und Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft. Wir brauchen gesellschaftliche Akteure, um gemeinsam darüber zu beraten: Was muss jetzt entschieden werden und wie schaffen wir es, so viele Menschen wie möglich auf diesem Weg mitzunehmen? - Wir brauchen Transparenz und Kontroverse und keine Abnickrunden; denn es muss ein nachvollziehbarer Prozess sein, um Vertrauen in die Maßnahmen zu erwecken.

(Zustimmung)

Und da dürfen wir auch nie vergessen, dass wir über erhebliche Grundrechtseingriffe reden. Dafür sind weder die Ministerpräsidentenkonferenz noch die Landesregierung legitimiert. Daher ist es das Mindeste, den Landtag auf diese Weise mitzunehmen.

Da Sie bereits mehrfach hier genervt geäußert haben, dass Sie daran nichts ändern wollen, werde ich auch immer und immer wieder darauf hinweisen, wie wichtig die Einbeziehung des Landtages für die Akzeptanz der Maßnahmen ist. Wir reden hier über die Schicksale von Menschen, von denen wir gewählt worden sind und für die wir Verantwortung tragen.

Vor diesem Hintergrund empfand ich es geradezu als Frechheit, dass die Landesregierung gegenüber dem Landesverfassungsgericht behauptet hat, dass die Verordnungen durch den Landtag gebilligt worden sind. Herr Ministerpräsident, ich sage ausdrücklich, auch das, was wir heute hier getan haben, ist weder eine Beteiligung des Parlamentes noch eine Billigung Ihrer Verordnungen.

(Zustimmung - Zurufe: Was hast du denn sonst gemacht? - Unverständlich!)

Frau Dr. Pähle hat sehr intensiv zum Impfantrag ausgeführt. Ich halte es kurz. Nach unserer Ansicht soll der Impfstoff für alle Menschen in Deutschland zur Verfügung stehen. Wir werben selbstverständlich für eine hohe Impfbereitschaft. Es spricht derzeit auch sehr viel dafür, dass die Menschen sehr wohl dazu bereit sind. Insofern kann ich nur ganz kurz sagen, dass Ihr Antrag überflüssig ist. - Vielen Dank.

(Zustimmung)

Vielen Dank, Frau von Angern. Ich habe Wortmeldungen. Das heißt, es gibt zwei Kurzinterventionen und eine Wortmeldung. Von Herrn Farle kommt die erste Kurzintervention. Dann ist Herr Poggenburg an der Reihe. Dann folgt eine Fragestellung von Herrn Jan Wenzel Schmidt. - Sie haben jetzt das Wort.

Irgendjemand spricht da rein.

Nein, es hat niemand reingesprochen. Es hat nur jemand vergessen, sein Handy auszumachen.

Bitte, Herr Farle.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die mRNAImpfstoffe können bei Frauen zu Unfruchtbarkeit und zu schweren allergischen Reaktionen führen. Trotzdem ist dieser Impfstoff in Großbritannien bereits zugelassen worden.