Protokoll der Sitzung vom 24.11.2016

Der dritte Punkt, den ich schon jetzt nennen möchte, liegt mir mindestens genauso am Herzen. Das ist die Aufklärung des Skandals um die Beraterverträge. Dabei geht es mir aber nicht um die Aufwärmung längst bekannter Tatsachen - das ist eine Angelegenheit des Untersuchungsausschusses -, sondern es geht mir um die Frage: Haben wir es mit einem Netzwerk, mit dem „BullerjahnNetzwerk“ zu tun, wie es die „Volksstimme“ formuliert hat? Mir stellt sich ernsthaft die Frage: Haben wir sogar die Situation, dass selbst der Ministerpräsident Herr Haseloff in diesem Zusammenhang genannt werden muss? Denn er war als Wirtschaftsminister im Aufsichtsrat der Investitionsbeteiligungsgesellschaft verantwortlich.

Etwas, das ich gar nicht wusste, weil ich mich damals noch nicht um Landespolitik gekümmert habe, ist: Dieser Untersuchungsausschuss, den es schon einmal gegeben hat, ist eigentlich ausgegangen wie das Hornberger Schießen. Das kann man natürlich nicht unberücksichtigt lassen. - Das wäre der dritte Komplex.

Bevor wir nicht all das aufgearbeitet haben - ich sage einmal, es sieht manchmal aus wie ein Sumpf;

(Beifall bei der AfD)

ich kann es nicht anders sagen -, werden wir - -

(Daniel Roi, AfD: Es ist einer!)

- Bitte nicht zwischendurch. Dass wir uns gut finden, das wissen wir ja.

(Heiterkeit bei der AfD)

Wir sind nicht in allem gut und liegen auch nicht mit allem richtig,

(Ulrich Thomas, CDU: Das finde ich schön!)

aber wir sind auf dem Weg. So.

(Minister André Schröder: Wir sind aber beim Doppelhaushalt!)

Was ich sagen wollte: Bevor man das Alte nicht richtig aufgearbeitet hat, kann man nicht wirklich einen Neuanfang machen. Den brauchen wir aber. Das wäre dieser Punkt.

Dann sehe ich, wie es mit der Zeit wieder einmal aussehen wird. Ich muss langsam ein bisschen die Realität beleuchten. Dazu werde ich einfach Überschriften aus Presseartikeln zu einzelnen Ministerien und Bereichen nennen. Dann wird die wahre Finanzsituation in unserem Lande deutlich.

Am Ende komme ich dann zu einer Schlussfanfare, nämlich zu der Frage: Was muss man von einer verantwortungsbewussten Regierung in diesem Land erwarten? Welche Prioritäten müssen von uns wirklich gesetzt werden? - Ich sage dazu schon jetzt in der Vorbemerkung: Das Schlimmste, das wir haben, ist, dass im Land keine richtige Wirtschaftspolitik gemacht wird. Dass jetzt ein Staatssekretär gegangen ist, ist die eine Sache. Das kann niemanden mit Freude erfüllen.

(Frank Scheurell, CDU: Er ist ja Minister geworden!)

- Bitte?

(Frank Scheurell, CDU: Er ist ja Minister geworden! - Minister André Schröder: Der Staatssekretär!)

- Ja. - Die Erwartung, die man hier äußern müsste, wäre, dass wirklich neue Impulse gegeben werden, um bei der Schaffung und bei der Sicherung von Arbeitsplätzen vorwärtszukommen. Dazu muss man möglicherweise auch unbequem werden in Richtung Berlin, denen die Wirtschaftskraft dieses Landes offensichtlich ziemlich egal ist; denn sonst würden sie langsam die Sanktionen beenden und andere Dinge tun.

(Beifall bei der AfD)

So. Das war die Gliederung der Sache.

Herr Farle, darf ich Sie kurz unterbrechen? Ihre Zeit läuft dabei nicht weiter.

Ich würde die Zeit gern kurz nutzen, um Schülerinnen und Schüler des Dr.-Frank-Gymnasiums Staßfurt recht herzlich bei uns im Hohen Hause zu begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Jetzt läuft Ihre Zeit weiter.

Alles okay. - Um zu der Frage Stellung zu nehmen: Wenn man eine Bilanz analysiert - so etwas Ähnliches ist dieser Haushaltsplan auch, auch wenn es Kameralistik ist -, dann weiß man, dass es weiche und harte Faktoren gibt, um eine Sache zu erkennen.

Wenn man sich zum Beispiel die Bilanz einer großen AG ansieht, dann liest man als Fachmann eigentlich zunächst den Anhang. Das ist vielleicht absurd. Vorn sind Tausende Zahlen, aber man fängt damit an, hinten den Anhang zu lesen. Warum? - Dort kann man erkennen, an welchen Stellen frisiert worden ist, entweder um den Gewinn nach oben zu fahren oder um den Gewinn nach unten zu fahren.

An den Abschreibungsmethoden erkennt man - wenn die Abschreibung sehr hoch gewählt ist -, ob der Gewinn heruntergefahren werden soll. Dann sollen die Aktionäre weniger Geld bekommen. Warum? - Der Firma geht es sehr gut und sie will Gewinne in ihrem Geschäftsbetrieb behalten.

So gibt es eine Reihe von Faktoren. Ich bin nicht hier, um über so etwas zu sprechen. Beim Haushaltsplan gibt es aber auch diese weichen Faktoren. Diese weichen Faktoren sind in Gesetzesform im ersten Teil des Haushaltsplanentwurfs enthalten, und zwar an dessen Ende. In § 16 - Sonderregelungen - kann man lesen:

„Dem Sondervermögen ‚Grundstock des Landes Sachsen-Anhalt‘ werden in den Haushaltsjahren 2017 und 2018 jeweils 12 000 000 € entnommen. Davon werden jährlich 6 000 000 € dem Einzelplan 20 und 6 000 000 € den Einzelplänen 09 und 15 zugeführt.“

Man kann das auf Deutsch so formulieren: Das Land versilbert Grundstücke. Warum? - Um eine Deckung des Haushalts zu ermöglichen. Man verkauft aber nicht Grundstücke, wenn man das Geld dafür nicht dringend nötig hat. Denn eines ist auch klar: Die Grundstücke sind der Grundstock; das ist die Basis für die Sicherheiten für das Vermögen des Landes. Hier wird nun damit begonnen, das zu versilbern.

§ 16 Abs. 2 lautet:

„In den Haushaltsjahren 2017 und 2018 werden keine Zuführungen nach § 5 Abs. 3 Nrn. 2 und 2a des Pensionsfondsgesetzes geleistet.“

Das heißt, wir nehmen keine Zuführungen an den Pensionsfonds für die Alterssicherung vor, obwohl diese eigentlich vorgesehen sind. Wir verlagern

diese Zuführungen - das hat der Finanzminister sehr deutlich gesagt; es wird im laufenden Betrieb einiges erhöht, es kommt immer scheibchenweise etwas hinzu -, aber die normalerweise in dieser Höhe vorgesehenen Zuführungen werden wir nicht vornehmen.

Das bedeutet im Klartext, dass am Pensionsfonds gespart wird, dass man sich die Mittel, die man dafür ausgeben will, besorgt, um sie dem Haushalt zur Verfügung zu stellen.

(Minister André Schröder: Auf 1 Milliarde € wächst er auf!)

- Dass das Haushaltsvolumen - Herr Schröder, wir wollen nicht in Einzelgespräche verfallen, aber das ist sehr interessant - gar nichts darüber aussagt, inwieweit unsere eigenen Finanzmittel unmittelbar betroffen sind, das wissen wir alle; denn ein erheblicher Teil dieser Mittel sind EU-Zuschüsse und andere Dinge. Sie kommen auf der einen Seite herein und gehen auf der anderen Seite hinaus; sie blähen den Haushalt auf. Das macht jedes Unternehmen in der Bilanz.

In Absatz 3 heißt es:

„Im Haushaltsjahr 2017 werden abweichend von § 3 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Steuerschwankungsreserve des Landes Sachsen-Anhalt keine Mittel an die Steuerschwankungsreserve zugeführt.“

Wann verzichtet man auf die Zuführung von Mitteln? - Man tut es dann, wenn man kein Geld hat. Dann führt man der Steuerschwankungsreserve kein Geld zu. Wenn man aber zu viel Geld hat oder sich in einer gesunden Haushaltslage befindet, dann wird man natürlich auch Mittel für Notfälle ansparen. Wir haben aber eine Art Notfall und der Notfallpatient ist der Haushalt. Dieser wird durch eine Nichtzuführung an die Steuerschwankungsreserve bedient.

Absatz 4 lautet:

„Im Haushaltsjahr 2017 wird abweichend von § 5 Abs. 4 Satz 3 des Gesetzes über die Steuerschwankungsreserve des Landes Sachsen-Anhalt aus der Rücklage ein Betrag von 175 000 000 € entnommen.“

Ihre Begründung trifft sicherlich zu, dass wegen der Gewerbesteuer - ich glaube, es war die Filiale der Deutschen Bank - in irgendeinem kleinen Ort weniger Mittel vom Bund geflossen sind. Das erspare ich mir im Einzelnen. Tatsache ist doch aber: Wir müssen diese 175 Millionen € erst einmal aus der Steuerschwankungsreserve herausnehmen, um überhaupt zu diesem sogenannten Haushaltsausgleich zu kommen. Das heißt, wir finanzieren den Haushalt, der eben an Mangelerscheinungen leidet, dadurch, dass wir die Rücklagen reduzieren.

In Absatz 5 heißt es:

„Der Talsperrenbetrieb führt im Haushaltsjahr 2017 aus seinen liquiden Mitteln einen Betrag in Höhe von 10 000 000 € an den Landeshaushalt ab. Das Ministerium der Finanzen ist ermächtigt, die Entnahme an den Landeshaushalt gegenüber dem Talsperrenbetrieb über das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie anzuweisen.“

Das zeigt, dass wir nicht nur in gewisser Weise eine Notlage haben, sondern dass wir eine etwas verschärfte Form einer Notlage haben. Denn normalerweise nimmt man keine Mittel heraus, die für den Hochwasserschutz oder solche Zwecke gedacht sind, wie etwa den Talsperrenbetrieb. Hiermit wird aber auf Mittel zurückgegriffen, auf die das Finanzministerium nicht unmittelbar zugreifen kann, sondern auf 10 Millionen €, die der Talsperrenbetrieb verwaltet. Man holt sich also über den Umweg über ein anderes Ministerium Geld heran, um dem Ziel des Ausgleichs einigermaßen nahezukommen.

Zum Schluss haben wir Absatz 6 in § 16 - Sondervermögen -, in dem es um die veranschlagten globalen Minderausgaben geht. Ich habe eine Übersicht über das, was damit gemeint ist; darauf werde ich gleich eingehen.

Die Festlegung: jedes Ressort spart soundso viel, oder die Festlegung: einzelne Ressorts müssen prozentual soundso viel sparen, also globale Minderausgaben leisten - das ist eigentlich ein Mittel, das man dann wählt, wenn man keinen Ausgleich hinbekommt und nicht sagen kann, wo was wie genau eingespart wird. Dann schreibt man eine globale Minderausgabe fest und vertraut darauf, dass es im laufenden Betrieb schon irgendwie gelingen wird, das Geld einzusparen.

Meine Damen und Herren! Ich wollte auch auf das Gesetz Bezug nehmen, und nicht nur auf Presseartikel. Diese ganze Geschichte, wie die Landesregierung Finanzlöcher zudeckt, kann man auch nachlesen unter der Überschrift: „Die Kassentricks von ‘Kenia’“. Das war ein Artikel von einem Herrn Jens Schmidt in der „Volksstimme“. Dieser hat mitbekommen: Buchungstrick Nr. 1 ist: höhere Einnahmen über die vorliegende Steuerschätzung.