Protokoll der Sitzung vom 25.11.2016

Elektrofahrzeuge gibt, brauchen wir ordentliche Übergangsfristen für diejenigen, die dann noch Verbrennungsmotoren fahren. Denn es kann nicht sein, dass die schöne neue saubere Welt in den Innenstädten nur von denen genutzt werden kann, die das bezahlen können.

Bei der zweiten Sache müssen wir uns am Thema Digitalisierung und Breitbandausbau ein Beispiel nehmen. Wir dürfen die ländlichen Räume nicht abhängen. Es ist natürlich viel leichter in Städten, wo die Ballungsdichte, wo die Menschendichte viel größer ist, eine tragfähige Ladestationsstruktur zu schaffen, als auch im letzten Winkel des ländlichen Raums. Aber gerade dort ist es doch wichtig, dass es eine persönliche Mobilität gibt. Deswegen ist das ein Thema, auf das wir achten müssen und achten werden. - Die Zeit ist um, ich bin fertig.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Da kostet die Kilowattstunde einen Cent, wie in Frank- reich! Ich weiß nicht, wie die das machen!)

- Sehr schön. - Ich muss jetzt leider zum Ende kommen. Wir werden uns über das Thema heute nicht zum letzten Mal unterhalten haben. Wir haben im Ausschuss sicherlich auch noch Gelegenheit dazu, insofern ist das nicht so schlimm. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine weiteren Fragen. Oder? - Das habe ich nicht gesehen. Bitte.

Herr Grube, eine kleine Geschichte von meiner Seite. Das erste Projekt zur Elektromobilität, das ich anschieben wollte, ist nicht geglückt. Man brachte das Argument, Elektroautos seien so leise und würden nicht wahrgenommen werden. Man habe Angst, wenn man in einem Elektrofahrzeug sitze, dass man andere Verkehrsteilnehmerinnen behindern könnte. Das kann man natürlich mit Bildung und Gewöhnungsprozess usw. alles ausschalten.

Meine Frage an Sie: Sie sprachen die Anschaffungskosten an. Wie stehen Sie dazu, dass Menschen mit weniger Geld auch Elektrozweiräder fahren könnten? Sie sind offensichtlich immer von Pkw ausgegangen.

Ja, ich habe mich sehr auf die Pkw beschränkt. Natürlich können Menschen mit geringerem Einkommen auch elektrische Zweiräder fahren. Aber machen wir uns nichts vor: Leute, die wenig Geld im Geldbeutel haben, die werden ein einfaches

Fahrrad fahren. Sie werden sich kein E-Bike anschaffen. Auch das ist eher eine - ich sage einmal - Frage für obere Einkommensschichten, wenn man sich so anschaut, wer in der Regel solche Fahrzeuge kauft. Wenn ich wenig Geld im Geldbeutel hätte, dann würde ich ein ganz normales Fahrrad fahren und würde mir dort keine Batterie einbauen.

Insofern ist das ein guter Zusatznutzen. Es ist auch gut, dass ältere Menschen damit mobiler werden, aber ich glaube, das löst die soziale Frage leider am wenigsten.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Danke. - Frau Eisenreich hat für die Fraktion DIE LINKE das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Elektromobilität ist in aller Munde. Wir haben es bei dem Antrag zur Aktuellen Debatte gesehen. Auch wir bringen uns gern in diese Diskussion ein. Aber gleich vorweg: Wir setzen bei Elektromobilität in erster Linie auf die bereits vorhandene, nämlich die Schiene und den öffentlichen Verkehr.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der AfD)

An dieser Stelle möchte ich gern Frau Lüddemann ein Kompliment zurückgeben, das sie mir auf ihrer Pressekonferenz am Dienstag gemacht hat. Jetzt hätte ich in dem Antrag der GRÜNEN etwas mehr Substanz erwartet. Denn reine Debatten über die Antriebssysteme - Verbrennungsmotor versus Elektromotor oder Brennstoffzelle - beim Auto bringen uns doch keinen Schritt weiter.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der AfD)

Die entscheidende Frage ist: Wie gelingt Elektromobilität ohne Auto? Wie wird genau das attraktiver? Denn Elektroautos werden die Energiewende und einen Teil der Verkehrswende hier nicht bringen. Das funktioniert nur, wenn wir unser Verhalten komplett ändern und die Bedingungen dafür auch geschaffen werden.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das ist doch totaler Quatsch!)

Doch die Realität ist, dass der Verkehr beim Pariser Klimaschutzabkommen ausgeklammert wurde. Der CO2-Ausstoß steigt inzwischen weiter.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Das hat mehrere Ursachen. Es werden immer mehr schwere SUV zugelassen. Die Emissionsan

gaben der Autohersteller - das haben Sie auch gesagt - sind erwiesenermaßen geschwindelt, die Spritpreise sind im Keller und der Güterverkehr auf der Straße steigt. Dazu eine Zahl: Er hat seit 1990 um 60 % zugenommen und verdrängt den Verkehr auf der Schiene.

An dieser Stelle muss als erster Schritt entschieden gegengesteuert werden, anstatt die Quadratur des Kreises zu versuchen. Den Autoverkehr grün zu machen, das ist doch ein Widerspruch in sich.

Tatsache ich auch - das wurde heute schon mehrfach genannt -: In Sachsen-Anhalt sind nicht einmal 250 Elektroautos zugelassen. Es gibt zu wenige Ladestationen. Die Anschaffungskosten sind hoch, sodass sich die Anschaffung nur für Besserverdienende lohnt, die sich das leisten können. Die stellen sich allerdings mit der Prämie einen Zweitwagen hin; sie ersetzen nicht ihr Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Eben!)

Wenn man sich die Zahlen zu der im Juni 2016 beschlossenen Kaufprämie ansieht, kann einem von dem rasanten Tempo nur schwindelig werden. Bis 2019 sollen damit 300 000 Elektroautos auf die Straße gebracht werden. Doch nach einem knappen halben Jahr sind gerade einmal 5 700 Anträge gestellt worden, davon 3 000 von Privatpersonen und 2 700 von den Unternehmen selbst. Bei diesen Unternehmen handelt es sich im Wesentlichen auch noch um die Autohersteller.

Wenn das so weitergeht, werden zum Ende der Förderung gerade einmal 15 % der Gelder abgeflossen sein. Damit ist der Umweltbonus ein richtiger Rohrkrepierer geworden.

(Beifall bei der LINKEN - Cornelia Lüdde- mann, GRÜNE: Das ist richtig!)

Wirkungsgrad, Lärm-, Klima- und Gesundheitsschutz und die Endlichkeit fossiler Brennstoffe sind schlagkräftige Argumente für die Elektromobilität, aber nicht allein für das Elektroauto. Das ist nur eine Scheinlösung. Die Produktion der Batterien und Fahrzeuge sowie deren Entsorgung verbrauchen riesige Mengen an Energie und Ressourcen und sind zum Teil auch erheblich umweltschädlich.

Durch Elektroautos erhöht sich auch die Verkehrssicherheit nicht. Steht es sich etwa in einem Elektroauto schöner im Stau? Werden dadurch weniger Flächen für Straßen und Parkflächen verbraucht? - Nein, so ist es nicht.

Ein Beispiel aus einem anderen Land. Norwegen als Vorzeigeland der automobilen Elektrowelt hat den Beweis erbracht, dass durch die Propagierung elektrischer Autos ehemalige ÖPNV-Nutzer auf E-Autos umsteigen, zunehmend Zweitautos angeschafft werden und selbst kürzeste Wege mit

dem Auto erledigt werden, statt zu laufen oder mit dem Fahrrad zu fahren. Denn das Gewissen ist beruhigt, es sind ja Elektroautos. Das läuft dem Ziel, Verkehr zu vermeiden, doch komplett entgegen.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das lässt sich doch aber aus den geringen Zahlen gar nicht ableiten!)

Auch wenn durch den hohen Anteil erneuerbarer Energien in Sachsen-Anhalt Elektroautos in der Gesamt-CO2-Bilanz besser dastehen als anderswo - wer die Steckdose am eigenen Haus propagiert, wird städteplanerisch einer autofreien Stadt oder einem autofreien Wohnviertel niemals eine Chance einräumen. Autos werden weiter unsere Innenstädte und Autobahnen verstopfen und die Städte zuparken. Es wird sich nichts ändern.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Wollen Sie die Autos abschaffen?)

- Richtig. - Werfen wir doch endlich einmal unseren Autofetischismus über Bord und stärken den öffentlichen Verkehr mit Bus und Bahn!

(Beifall bei der LINKEN)

Hier sind doch schon viele Menschen elektrisch unterwegs.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das ist neu! - Ulrich Thomas, CDU: Völlig welt- fremd!)

Deshalb muss es das Ziel sein, die Bahn vollständig und nicht nur auf den Hauptstrecken zu elektrifizieren und die Angebote zu erweitern. Darüber hinaus muss der ÖPNV ausgebaut und auf elektrischen Betrieb umgestellt werden.

Wie kann man ihn attraktiver machen? - Moderate Ticketpreise statt einseitiger Belastung und damit Benachteiligung des Schienenverkehrs durch die EEG-Umlage und stark steigende Infrastrukturkosten. Das wäre ein Weg.

(Zustimmung von Monika Hohmann, DIE LINKE - Unruhe)

Wir brauchen auch keine E-Autos auf Busspuren, sondern wir brauchen Vorrang für Bus und Bahn im Straßenverkehr. Weitere Verkehrsalternativen - diese hat Minister Webel genannt - sind die Stärkung und Förderung von Fuß- und Radverkehr, die noch viel besser mit den öffentlichen Verkehrsmöglichkeiten verknüpft werden müssen. Daran hapert es im Land noch.

Elektrofahrradverkehr, Elektrocarsharing brau

chen eine entsprechende Infrastruktur, das wurde gesagt. Ausgebaute Radwege, Radschnellwege - dazu gibt es Konzepte und Ideen. Sichere Abstellplätze und Ladestationen, die aber auch für die unterschiedlichsten Hersteller kompatibel

sind - das ist noch ein großes Problem.

Herr Minister, Sie nannten die Kommunen in der Verantwortung. Dann brauchen diese aber auch die entsprechenden Gelder, das dürfen wir nicht vergessen; denn wir knapsen schon seit Jahrzehnten an der kommunalen Finanzierung.

(Beifall bei der LINKEN)

Insgesamt muss man sagen: Statt Subventionen und Steuererleichterungen für Elektroautos und Dienstwagen müssen zum Beispiel Zuschüsse für Jobtickets steuerlich freigestellt werden. Im Übrigen könnte man mit den Steuermitteln, die jetzt für diese Elektroautoprämie ausgereicht werden, 150 000 Menschen mit einer „Bahncard 100“ versorgen. Das wäre doch eine echte Alternative.

(Beifall bei der LINKEN)